Vermietung nach Unfall

Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 21-22

Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 21-22

Landgericht Wuppertal 9 S 172/21 vom 24.03.2022
(Vorinstanz Amtsgericht Wuppertal 31 C 79/21 vom 29.10.2021)

1. Auf die Wirksamkeit der Formulierungen der vorgelegten Abtretungserklärung kommt es nicht an.
2. Die Beklagte hat mit der außergerichtlichen Regulierung ein deklaratorisches Schuldanerkenntnis abgegeben mit der Folge, dass sie sich nicht mehr auf eine fehlende Aktivlegitimation des Klägers berufen kann.
3. Mit ihrem Regulierungsschreiben hat die Beklagte einen Anerkenntnisvertrag angeboten, auch wenn sie nicht vorbehaltlos gezahlt hat, denn es Bestand für den Kläger eine Ungewissheit über das Bestehen der Schuld.
4. Die Schätzung erforderlicher Mietwagenkosten erfolgt anhand des Mischmodells Fracke zuzüglich Nebenkosten.
5. Desinfektionskosten, die nicht vertraglich vereinbart sind, sind nicht erstattungsfähig.

Zusammenfassung: Das Landgericht Wuppertal spricht entgegen der Entscheidung des Erstgerichtes weitere Mietwagenkosten zu. Dazu wird das Mischmodell Fracke angewendet. Auch die Kosten für angefallene Nebenleistungen sind entgegen der Ansicht der Beklagten zu erstatten. Zur Klärung der Frage der Aktivlegitimation komme es nicht auf das Abtretungsformular an, weil die Beklagte außergerichtlich die geforderten Schadenersatzbeträge teilweise ausgezahlt hatte.

Bedeutung für die Praxis: Vor Gericht wird weiter heftig um die Aktivlegitimation aus abgetretenem Recht gestritten. Viele Gerichte prüfen und bestätigen die Rechtmäßigkeit der Formulierungen der vorgelegten Abtretungserklärungen, manche Gerichte jedoch mit teilweise abenteuerlichen Begründungen nicht. Hier nun verweist eine Berufungskammer entgegen einer anderen Kammer desselben Gerichtes darauf, dass die Beklagte außergerichtlich nach Eingang der Rechnung und der Abtretungsurkunde an den Zessionar gezahlt hatte und damit ein deklaratorisches Schuldanerkenntnis verbunden ist, an das sie auch im Rahmen einer Klage gebunden ist. Die Beklagte wird als Schuldner präkludiert mit Einreden und mit echten rechtshindernden oder -vernichtenden Tatsachen. Nach dieser Auffassung sind alle Streitigkeiten um die Aktivlegitimation auszuschließen, sofern der Schädiger auf die Abtretung hin an den Vermieter gezahlt hat.
Zu den Punkten Eigenersparnisabzug und Höhe erstattungsfähiger Nebenkosten nimmt das Gericht eine absolute Mindermeinung ein, die auch nicht näher begründet wird. Insofern ist hier auf ausführlichen Vortrag zu achten.

Andere Entscheidungen in dem Zusammenhang mit derselben Stoßrichtung:

OLG Karlsruhe 1 U 25/18 vom 14.01.2019 (BAV-Urteilsdatenbank)
BGH, Urteil vom 30. Mai 2008 – V ZR 184/07 –, Rn. 12 www.bundesgerichtshof.de

 

 

Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 20-22

Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 20-22

Oberlandesgericht Frankfurt/Main 4 U 312/21 vom 06.04.2022 (Beschluss)
(Vorinstanz Landgericht Wiesbaden 1 O 146/21 vom 18.11.2021)

1. Die Schaden-Schätzung des Erstgerichtes anhand des Mischmodells Fracke ist nicht zu beanstanden.
2. Geschädigte, die zum Normaltarif bereits eine Ersatzmobilität gefunden haben, müssen sich nicht nach günstigeren Angeboten erkundigen.
3. Die Verurteilung der Beklagten durch das Erstgericht zur Zahlung von Schadenersatz auch für in Anspruch genommene Nebenleistungen wird bestätigt (wie Haftungsreduzierung, Zweitfahrer, Zustellen, Abholen, Navigationsgerät, Notdienstgebühr).
4. Insbesondere weist das OLG auf die Ersatzfähigkeit der Kosten für Winterreifen hin und darauf, dass der BGH das bejaht hat.

Zusammenfassung: Das OLG Frankfurt bestätigt eine erstinstanzliche Entscheidung des Landgerichts Wiesbaden vollumfänglich. Es wird die Anwendung der Fracke-Methode bestätig. Auch sämtliche Nebenkosten-Forderungen seien erstattungsfähig. Der Beklagten wird geraten, die Berufung gegen das erstinstanzliche Urteil zurückzunehmen.

Bedeutung für die Praxis: Das Landgericht Wiesbaden hat wiederholt entschieden, dass die Schätzung der erforderlichen Mietwagenkosten zur Bestimmung des angemessenen Schadenersatzes nach einem Haftpflicht-Unfall anhand des Mischmodells der Listen der Firmen Schwacke und Fraunhofer erfolgen kann. Eine örtliche Haftpflichtversicherung wollte die alleinige Anwendbarkeit der Fraunhofer-Liste feststellen lassen und ist damit am Landgericht gescheitert. In einem Hinweisbeschluss wurde das vom Oberlandesgericht Frankfurt bestätigt.
Das OLG hat sich nicht zur Sichtweise des Erstgerichtes geäußert, welcher konkrete Vortrag gegen diese Linie zur Überzeugungsbildung geeignet wäre. Hier hatte das Landgericht einige fragwürdige Positionen vertreten. Zum Beispiel habe – mit dem Blick auf die Anwendbarkeit der Fraunhofer-Liste – das Internet heute bereits eine hohe Bedeutung. Als wenn es darum ginge! Internetangebote für Mietwagen sind mit spezifischen Bedingungen verbunden. Hier liegt der Hase im Pfeffer. Ob ein Jeder mit dem Internet umgeht, das ist in der Mietwagendiskussion nicht der Punkt, sondern ob ich als Geschädigter mit Vorbuchungsfrist agieren, im Internet bestellen, eine Kreditkarte einsetzen, eine Vorfinanzierung und Kaution stemmen kann, den Rückgabezeitpunkt benennen kann … all das wären Bedingungen einer Mietwagenbuchung im Internet.
Ein weiterer Kritikpunkt: Dass der Markt immer wieder erheblichen Preisschwankungen unterliegt, spricht für und nicht gegen die Anwendbarkeit der Schwacke-Werte anstatt der Fraunhofer-Werte. Denn ein extrem niedriger Schadenersatzbetrag für den Geschädigten (Fraunhofer) bedeutet im Fall zufällig zum Unfallzeitpunkt gerade hoher tatsächlicher Preise, dass der Geschädigte zu diesem Preis keinen Mietwagen im Internet finden kann bzw. ex post sein Anspruch unzumutbar beschnitten würde. Große Schwankungen spiegeln sich zudem eher in der hohen Bandbreite der Werte der Schwacke-Liste zwischen Minimum und Maximum wieder, nicht jedoch in der niedrigen Bandbreite der Werte der Fraunhofer-Liste, unter andrem vielleicht aufgrund der langen Vorbuchungsfrist, die bei Fraunhofer angewendet wird.
Das OLG musste sich in seinem Beschluss damit nicht befassen. Doch sollten diese Zusammenhänge nicht aus dem Blick geraten.

 

Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 19-22

Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 19-22

Amtsgericht Nürnberg 23 C 4061/21 vom 15.10.2021

1. Die Schwacke-Liste ist zur Feststellung der erforderlichen Höhe der Mietwagenkosten geeignet, Verweis auf Berufungsgericht, örtliches OLG und BGH.
2. Zur Wahrung einer einheitlichen Rechtsprechung wird ein Abzug vorgenommen.
3. Ein weiterer Abzug wegen ersparter Eigenkosten des Geschädigten ist in Höhe von 3 Prozent angemessen und ausreichend.
4. Eine grundsätzliche Erkundigungspflicht des Geschädigten am Mietwagenmarkt ist nicht zu unterstellen.
5. Auch wenn der Fahrbedarf im konkreten Fall unter der allgemeinen 20-Kilometer-Grenze gelegen hat, war die Anmietung während der Corona-Zeit erforderlich und der Geschädigte nicht auf alternative Mobilitätsformen wie ÖPNV oder Taxi zu verweisen.

Zusammenfassung: Das Amtsgericht Nürnberg spricht dem Geschädigten weiteren Schadenersatz nach Anmietung eines Ersatzfahrzeuges auch unterhalb der 20 km-Grenze zu, da eine Verweisung auf Bus, Bahn und Taxi während der Corona-Pandemie unverhältnismäßig gewesen wäre. Die Höhe der erstattungsfähigen Kosten wird anhand Schwacke mit Abschlag geschätzt.

Bedeutung für die Praxis: Professionelle Vermieter wussten während Corona bereits, dass sie auch dann Geschädigte mobil halten konnten, wenn diese ihren Fahrbedarf möglicherweise nicht sicher oberhalb 20 km pro Tag prognostizieren konnten. In solchen Fällen ist jedoch nicht davon auszugehen, dass Haftpflichtversicherer freiwillig Schadenkosten ausgleichen, wenn der Mieter tatsächlich nur wenige Kilometer unterwegs gewesen sind. Letztlich kommt es auch auf den Einzelfall an. Das Urteil des AG Nürnberg betrifft jedoch einen typischen Fall. Der Geschädigte hätte nicht auf den öffentlichen Verkehr verwiesen werden können, weil er dort ein erheblich höheres Ansteckungsrisiko mit dem Corona-Virus gehabt hätte. Bereits, dass er ein solches höheres Risiko nachvollziehbar befürchten musste sowie, dass er es im Taxi oder in der Straßenbahn nicht vollständig selbst hätte beeinflussen können, lässt die Anmietung des Ersatzwagens auch bei geringer Nutzung als gerechtfertigt erscheinen.

 

Gerichtlichen Vortrag konkretisieren

Versicherer behalten ihre Strategie bei, auf die Anwendung lediglich der Fraunhofer-Liste zu beharren. Mit einer kleinen Auswahl von Internet-Beispielen wird darauf verwiesen, dass Schwacke nicht verwendbar sei.

Auszug aus einem aktuellen Urteil:

„Die Beklagte vertritt die Auffassung, dass die Ermittlung der Schadenshöhe allein auf Grundlage der Mietpreisliste des Fraunhofer Institut es vorzunehmen sei, da die Schwacke Liste eine um geeignete Geschäftsgrundlage darstelle. Als Beleg hierfür führt sie jeweils drei konkrete Mietwagen Angebote von unterschiedlichen Anbietern an.“

Das ist selbstverständlich als unsinnig zu bezeichnen, doch es wirkt. Immer wieder gibt es Urteile pro Fraunhofer, von Amtsgerichten bis hin zu Oberlandesgerichten. Die lehnen also dann das Mischmodell Fracke ab, weil sie so starke Zweifel an Schwacke haben. Und diese Zweifel kommen durch zwar unpassende, schadenrechtlich sinnlose Internetbeispiele, die tausendfach mit den Schriftsätzen der Versicherer zu Gericht gelangen.

Dem entgegenwirken lässt sich mit eigenen Internetscreenshots, die Sie zumindest für ca. 60 Standorte von Aachen bis Zwickau hier bekommen können, für 2020, 2021 und auch zukünftig für 2022. Wer das nicht nutzt, wird eventuell schon bald vor dem Problem stehen, dass auch sein Amtsgericht oder Landgericht den Argumenten der Versichereranwälte aufgesessen ist. Dann kann es zu spät sein.

Wer sich für einen fallbezogene Unterstützung interessiert, kann hier erfahren, ob verwertbare Argumente in unserer Schublade liegen und für welchen Preis sie aufbereitet zur Verfügung gestellt werden können: mail@bav.de Angesprochen sind Vermieter, vermietende Reparaturbetriebe und Anwälte.

Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 18-22

Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 18-22

Amtsgericht Esslingen 6 C 497/21 vom 21.04.2022

1. Der Vorwurf der Beklagten gegen die Geschädigte bzgl. einer Verletzung der Schadenminderungsobliegenheit wird zurückgewiesen, denn die Beklagte hat kein konkretes Mietwagenangebot unterbreitet.
2. Das Schreiben der Beklagten ist lediglich als ein freundlicher Hinweis zu verstehen, sich am Markt zu erkundigen, ergänzt um ein unverbindliches Angebot, über sie bei ihren Kooperationspartnern anzumieten.
4. Die Hinweise der Beklagten warnen vor einem Unfallersatztarif, den die Klägerin aber nicht abgeschlossen hat, als sie im Rahmen der Schwacke-Werte zum Normaltarif anmietete.
5. Kosten der Haftungsreduzierung sind vom Schädiger zu erstatten.
6. Der Abzug für ersparte Eigenaufwendungen der Geschädigten wird mit 10 Prozent bemessen.

Zusammenfassung: Das Amtsgericht Esslingen spricht der Geschädigten weiteren Schadenersatz bzgl. Mietwagenkosten zu. Der Versicherer hatte mit dem Verweis auf die Verletzung der Schadenminderungspflicht unrechtmäßig gekürzt. Damit konnte er sich nicht durchsetzen, da sein Schreiben kein konkretes Angebot enthielt, sondern nur freundliche Hinweise und eine Warnung vor Anbietern mit Unfallersatztarif.

Bedeutung für die Praxis: Zur Abgrenzung … im Listenstreit geht es um den Normaltarif. Wenn Versicherer die/den Geschädigte/n frühzeitig anschreiben, wollen Sie diese/n zwingen, zu Preisen unter Normaltarif, zu einem Direktvermittlungspreis anzumieten und für die Mobilität des Geschädigten keinesfalls mehr als diesen „unter Marktpreis“ bezahlen. Daneben gibt es aber Drittens auch noch den alten Unfallersatztarif, den ein Versicherer in seltenen Fällen auch heute noch zu bezahlen hat, wenn der Geschädigte nur dieses eine – eigentlich überteuerte – Mietwagenangebot realisieren kann und nachweist, dass er nichts anderes erlangen konnte. Wenn nun der Versicherer die/den Geschädigte/n vor dem bösen Vermieter mit dem Unfallersatztarif warnt, die/den Geschädigte/n jedoch zum Normaltarif anmietet, ist für den Geschädigten nicht erkennbar, was er falsch gemacht haben soll.
Der Verweis des Versicherers auf günstigere Angebote war auch eher vage. Daher lag kein konkretes Mietwagenangebot vor (wo wann welches konkret benannte Fahrzeug mit welchen Zusatzleistungen).
Geschädigte und Vermieter sollte die Direktvermittlungsanschreiben daher auf das Vorliegen eines konkreten Angebotes hin prüfen sowie auf die Frage, ob es sich lediglich um den freundlichen Hinweis handelt, dass sich der Geschädigte nach Preisen erkundigen möge, um keinen Mietwagen zu einem Unfallersatztarif zu erhalten.

Zitiervorschlag: „Schreiben der Beklagten ohne Relevanz für die Schadenminderungspflicht“

„Dabei kann dahinstehen, ob die Klägerin, wie nun von ihr behauptet, das Anschreiben der Beklag­ten nicht erhalten hat. Denn auch bei unterstelltem Erhalt des Informationsschreibens der Beklag­ten vom 16.09.2020 lässt sich kein Verstoß der Klägerin gegen ihre Verpflichtung zur Schadens­minderung (§ 254 Abs. 2 BGB) feststellen. Im genannten Schreiben wird seitens der Beklagten angeboten, man sei gerne bei der Reservierung eines Mietwagens behilflich; es wird mitgeteilt, dass man sich auch direkt an zwei namentlich genannte Mietwagenfirmen wenden könne. Die dort verlangten Preise werden geordnet nach Mietwagengruppen angegeben. Abschließend wird der Adressat des Schreibens darauf hingewiesen, dass er, falls er anderweitig ein Fahrzeug or­ganisieren wolle, bitte 2 bis 3 Angebote einholen und die Preise vergleichen möge. Viele Vermie­ter würden sog. Unfallersatztarife berechnen, die oft wesentlich teurer seien als bei sonstiger An­mietung. Überhöhte Tarife seien unter Umständen nicht uneingeschränkt zu erstatten.
Der solchermaßen angeschriebene Unfallgeschädigte muss bei verständiger Würdigung dieser Mitteilungen auf Grundlage des objektivierten Empfängerhorizonts zum Ergebnis gelangen, dass die Beklagte nichts dagegen einzuwenden habe, wenn er das Hilfsangebot der Beklagten nicht annimmt, sich vielmehr anderweitig um einen Mietwagen bemüht, solange er nicht zu überhöhten Unfallersatztarifen anmietet, sondern sich mit den Mietpreisen im Rahmen dessen hält, was übli­cherweise verlangt wird. Wenn von der Option der Selbstsuche Gebrauch gemacht wird, hat der Geschädigte darauf zu achten, dass die üblichen Mietpreise nicht überschritten werden; er ist je­doch nicht gehalten, die von der Beklagten im Schreiben aufgeführten, besonders günstigen Tari­fe der beiden namentlich genannten Kooperationsunternehmen nicht zu übersteigen. Denn die Beklagte warnt bei der Selbstsuche vor überteuerten Unfallersatz-Miettarifen, nicht vor einem Übersteigen der angeführten Tarife der Kooperationsunternehmen.“
(Amtsgericht Esslingen 6 C 497/21 vom 21.04.2022)

 

Schwacke-Datenerhebung 2022

Wie jedes Jahr erhebt Schwacke über mehrere Wochen Marktdaten zum Autovermietungsmarkt.

Dazu gehören Daten wie:

– Region (ergibt sich durch den Zusender der Daten)
– Mietdauer
– Mietwagenklasse
– Zusatzleistungen
– und natürlich die jeweiligen Mietpreise.

Daraus erstellt Schwacke die jährlich erscheinende Schwacke-Liste Automietpreisspiegel, die weiterhin von erheblicher Bedeutung für die Schadenregulierung und dort der erstattungsfähigen Mietwagenkosten nach einem Unfall ist. Wir möchten alle Mitglieder und alle anderen mitlesenden Unternehmensvertreter und Entscheider eindringlich bitten, selbst daran teilzunehmen.

Dabei geht es um den so genannten Normaltarif, d.h. den Preis, den ein Selbstzahler für die Fahrzeugmiete bezahlen muss. Nicht relevant sind Preise, die lediglich den Unfallersatzkunden angeboten werden.

Bitte senden Sie Ihre Preisliste als PDF-Mailanlage odre als Link auf Ihre Internetseite an die Firma Schwacke.

Ansprechpartnerin ist:

Stefanie Köstlmaier
Data Development Deutschland
Technische Redakteurin

Schwacke GmbH, Westendstraße 28, 60325 Frankfurt am Main
T +49 69 808839 70
stefanie.koestlmaier(et)schwacke.de
www.schwacke.de

Hinweis:

Bei Fragen können Sie sich gern an uns wenden. Wir können Ihnen auch gern das Anschreiben der Firma Schwacke zusenden oder eine Anfrage an Schwacke weitergeben.

Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 17-22

Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 17-22

Landgericht Bielefeld 21 S 103/21 vom 11.04.2022
(Vorinstanz Amtsgericht Minden 20 C 125/21 vom 26.11.2021)

1. Das Berufungsgericht schätzt die Höhe der erforderlichen Mietwagenkosten weiterhin nach dem „Bielefelder Modell“, d.h. der Normaltarif ist das Mittel zwischen Schwacke und Fraunhofer.
2. Gerade das Mischmodell sei geeignet, Bedenken der Beklagten gegen die aus ihrer Sicht abzulehnende Liste zu begegnen.
3. Anzuwenden seien jeweils die arithmetischen Mittelwerte und nicht ein Modus von Schwacke, da dieser eine „Fehlerneigung“ aufweise.
4. Kosten erforderlicher Nebenleistungen für Haftungsreduzierung, Zustellen, Winterreifen, Zweitfahrer und Navigation sind von der Beklagten in Höhe der Schwacke-Mittelwerte zu erstatten.
5. Ein Abzug wegen ersparter Eigenkosten wird mit 10 Prozent bemessen.

Zusammenfassung: Das Berufungsgericht ändert ein erstinstanzliches Urteil des Amtsgerichtes in Minden ab und spricht auf eine Klage des Autovermieters aus abgetretenem Recht hin weitere Mietwagenkosten zu. Das Gericht wendet zur Bestimmung erforderlicher Mietwagenkosten weiterhin das Mischmodell an. Kosten erforderlicher Nebenleistungen werden mittels Schwacke geschätzt, der Eigenersparnis-Abzug erfolgt in Höhe von 10 Prozent.

Bedeutung für die Praxis: Der Streit erfolgte hier wohl nicht so sehr um die Frage der Aktivlegitimation und die Formulierung einer mit dem Mieter vereinbarten Abtretung. Die Beklagte wollte aber mit einigen Internetbeispielen verhindern, dass das Gericht mittels Fracke schätzt. Das Gericht blieb jedoch bei seiner Linie des „Bielefelder Modells“, den Mittelwert der Listen anzuwenden. Von Bedeutung ist die auch hier wieder zu gewinnende Erkenntnis, dass die Versicherer diesen Kompromiss „Fracke“ nicht akzeptieren und vermutlich wohl auch nie akzeptieren werden. Sie greifen mit (in ihrem Sinne ausgesuchten) Internetbeispielen die Legitimation der Schwacke-Liste immer wieder an und hoffen darauf, dass Gerichte mehr den Aussagen der Fraunhofer-Liste als denen der Schwacke-Liste glauben. Im Ergebnis besteht die nicht zu unterschätzende Gefahr einer weiteren Erosion der Rechtsprechung über Abschläge oder der reinen Anwendung der Fraunhofer-Liste. Ein Gegensteuern ist möglich, in dem eigene Argumente gegen die Fraunhofer-Liste gesammelt und als fallbezogener konkreter Sachvortrag eingesetzt werden. Hilfe gibt es auf Nachfrage beim BAV.
Wie wenig Gerichte von den Listen verstehen, zeigt das Beispiel der Formulierung „Fehlerneigung“ in Bezug auf den Modus der Schwacke-Liste. Dass es sich hier keineswegs um einen Fehler handelt, sondern um die korrekte Abbildung der regionalen Nennungen zur Frage, welcher konkrete Wert am häufigsten genannt wurde, ist eigentlich leicht nachvollziehbar.
Die Zusatzkosten für den Zweifahrer spricht das Gericht zu und weist die Beklagte darauf hin, dass es nicht darauf ankommt, ob mehrere Fahrer das Ersatzfahrzeug genutzt haben. Statt dessen ist die Antwort auf die Frage entscheidend, wie das beschädigte Fahrzeug genutzt wurde. Ist die Geschädigte ein Unternehmen, das wechselnde Fahrer auf den Fahrzeugen einsetzt, ist hinreichend dargelegt, dass eine Zweifahrer-Erlaubnis vereinbart werden darf und die anfallenden Kosten schadenersatzrechtlich zu bezahlen sind.
In Bezug auf den Abzug wegen Eigenersparnis, macht auch dieses Gericht den Fehler, diesen Abzug auf die gesamten Mietwagenkosten zu beziehen. Dabei ist nicht nachvollziehbar, warum zum Beispiel von den Kosten der Reduzierung der Haftung, den Zustellkosten oder den Kosten für die Zweitfahrer-Erlaubnis ein Abzug gerechtfertigt sein könnte.

 

Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 16-22

Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 16-22

Amtsgericht Schweinfurt 3 C 1059/21 vom 10.03.2022

1. Eine Schätzung des erforderlichen Herstellungsaufwandes für – zur Aufrechterhaltung der Mobilität – aufzuwendende Mietwagenkosten erfolgt mittels Schwacke-Automietpreisspiegel, Verweis auf BGH.
2. Dem Geschädigten ist zur Einhaltung des Wirtschaftlichkeitsgebotes keine Marktforschung zuzumuten.
3. Ein von der Beklagten im Nachhinein recherchiertes günstiges Internetangebot, das zudem inhaltlich nicht vergleichbar ist, ist kein ausreichend konkreter Sachvortrag, um eine Diskussion der angewendeten Schätzgrundlage erforderlich zu machen.
4. Der Abzug für ersparte Eigenaufwendungen des Geschädigten während der Nutzung eines Ersatzfahrzeuges wird mit 3 Prozent bemessen.
5. Aufgrund der Notwendigkeit einer sofortigen Anmietung ist ein Aufschlag auf den Normaltarif-Grundpreis in Höhe von 20 Prozent für unfallbedingte Mehrleistungen des Autovermieters erstattungsfähig.
6. Die Kosten der vereinbarten Nebenleistung Zustellen und Abholen des Mietwagens sind vom Schädiger zu erstatten.

Zusammenfassung: Das Amtsgericht Schweinfurt wendet zur Schätzung der Höhe der erforderlichen Mietwagenkosten die Schwacke-Liste an. Zumindest bei Sofortbedarf der Ersatzmobilität ist ein hierauf bezogener 20-prozentiger Aufschlag erstattungsfähig. Auch die Kosten erforderlicher Nebenleistungen sind zu erstatten. Der Abzug für Eigenersparnis beträgt 3 Prozent vom Grundpreis aus der Normaltarif-Schätzgrundlage Schwacke.

Bedeutung für die Praxis: Die Schweinfurter Gerichte wenden weiter Schwacke an und weisen mittels Fraunhofer und Internetscreenshot dagegen gehaltenen Vortrag als unbegründet ab, da lediglich allgemein und nicht konkret auf den Fall bezogen. Im Streitfall lag ein Sofortbedarf vor, weshalb auch ein Aufschlag für unfallbedingte Mehrleistungen zugesprochen wurde. Ob ein solcher Aufschlag – wie vom BGH vorgegeben – zum Beispiel auch aus Gründen der Vorfinanzierung des Mietzinses durch den Autovermieter auch zugesprochen werden würde, wenn es sich nicht um eine Not- oder Eilsituation gehandelt hätte, ist dem Fall nicht zu entnehmen.
Die Bemessung des Eigenersparnis-Abzuges wird durch das Gericht korrekt vorgenommen, nämlich lediglich bezogen auf den Grundwert des Normaltarifes und nicht auf den Gesamtbetrag inklusive der Nebenleistungen.
Auch dieses Gericht lässt sich ein klein wenig verunsichern. Dass die Anmietung grundsätzlich erforderlich ist, begründet es mit einer mit dem Mietwagen zurückgelegten Wegstrecke im 4-stelligen Bereich und der Notwendigkeit von täglichen Fahrten zur Arbeit. Dabei ist bereits der Ausfall des vor der Tür stehenden eigenen Fahrzeuges grundsätzlich ausreichend dafür, einen Schadenersatzanspruch für fortgesetzte Mobilität zu begründen. Und wenn es denn mehr als die durschnittlichen 20 km pro Tag sind, ist kein Raum für weitere Diskussionen. Denn der Geschädigte ist so stellen – sprich so mobil zu stellen – wie er es vor dem Unfall war, ohne km-Begrenzung und andere Phantasien der zahlungsunwilligen Haftpflichtversicherer.

 

Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 15-22

Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 15-22

Amtsgericht Leipzig 110 C 5592/21 vom 24.03.2022

1. Wer nach einem Unfall Schadenersatzforderungen für die Miete eines Ersatzmietwagens im Rahmen des Normaltarifes nach Schwacke-Niveau erhebt, dem kann kein Vorwurf der Verletzung der Schadenminderungs-Obliegenheit gemacht werden.
2. Allgemeinen Einwendungen der Beklagten gegen die Anwendung der Schwacke-Liste als Schätzgrundlage nach § 287 ZPO ist nicht nachzugehen, auch kein Sachverständigengutachten einzuholen.
3. Die Erhebung des Fraunhofer-Institutes IAO ist nicht geeigneter, da insbesondere internetlastig und interessengesteuert, zudem sind die Werte ohne Regionalbezug und lediglich von wenigen Großanbietern zusammengestellt.
4. Der Geschädigte muss sich nicht nach Alternativen erkundigen, wenn der von ihm gewählte Mietwagentarif wie hier ortüblich ist.
5. Die von der Beklagten ergänzend zur Fraunhofer-Liste vorgelegten Internetbeispiele sind ebenfalls kein konkreter Sachvortrag, weil sie aus unterschiedlichen Gründen nicht vergleichbar sind.

Zusammenfassung: Das Amtsgericht Leipzig schätzt die Höhe der schadenersatzrechtlich erforderlichen Mietwagenkosten anhand der Schwacke-Liste 2020 und weist den dagegen gerichteten intensiven Vortrag der beklagten Haftpflichtversicherung zurück. Das Gericht erneuert seine Kritik an der Erhebungsmethode des Fraunhofer-Institutes und lehnt den Antrag auf die Einholung eines Sachverständigengutachtens mit der Begründung ab, dass das ein nicht erlaubter Ausforschungsbeweis wäre.

Bedeutung für die Praxis: Das Urteil sticht durch seine Klarheit heraus. Die Anwendbarkeit der Schwacke-Liste ist vom BGH bestätigt, der auch die Schwacke-Erhebungsmethode geprüft und nicht beanstandet hat, um die Liste nach § 287 ZPO für anwendbar zu halten. Die kritischen Punkte der Fraunhofer-Liste werden benannt, mit welchen die Versicherer und Fraunhofer die dortigen Werte minimiert haben. Die Argumente der Beklagten werden als allgemeine Behauptungen erkannt und das Beweisangebot als verbotene Ausforschung zurückgewiesen. Zusammenfassend: Den unbestätigten Verdächtigungen gegen die Schwacke-Liste schließt sich das Gericht nicht an. Es lässt sich von den vielen Internetscreenshots nicht beeinflussen, die Versicherer in den Prozessen vorlegen und die nicht mit den konkreten Fällen vergleichbar sind.

Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 14-22

Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 14-22

Landgericht Würzburg 41 S 243/22 vom 16.03.2022, Beschluss nach § 522 Abs. 2 ZPO
(Vorinstanz Amtsgericht Würzburg 17 C 1633/21 vom 10.02.2022)

1. Die Auffassung der Beklagten zur alleinigen Anwendbarkeit der Fraunhofer-Liste zur Schätzung erstattungsfähiger Mietwagenkosten wird zurückgewiesen.
2. Auf eine Schätzung im Rahmen der Erforderlichkeit kommt es nicht an, wenn der Kläger mittels Preiserkundigung nachgewiesen hat, dass andere (Internet-)Anbieter nicht liefern konnten.
3. Preiserkundigungen für den Nachweis, dass angebliche günstigere Angebote konkret im regionalen Markt zum Anmietzeitpunkt nicht existieren, können unter aktiver Mithilfe des Vermieters durchgeführt werden.
4. Der Vorwurf der Beklagten zur Verletzung der Schadenminderungsobliegenheit, weil der Geschädigte den Ersatzwagen zum Marktpreis nicht gegen ein von der Beklagten vermitteltes Fahrzeug getauscht habe, wird zurückgewiesen.
5. Ein Anspruch auf einer vollständigen Haftungsausschluss für Schäden am Ersatzfahrzeug ist grundsätzlich gegeben und entstehende Kosten sind schadenersatzrechtlich erstattungsfähig.

Zusammenfassung: Das Landgericht Würzburg bestätigt per Beschluss eine erstinstanzliche Entscheidung pro Geschädigtem und Autovermieter. Das Gericht spricht die Mietwagenkosten laut Abrechnung des Vermieters zu, da dem Geschädigten nachweislich keine anderen Angebote zur Verfügung standen. Auf die Frage, ob der Tarif des Vermieters dem Marktpreis entsprochen hat oder darunter / darüber lag, kommt es sodann nicht mehr an. Der Autovermieter hatte gemeinsam mit dem Geschädigten vor der Anmietung telefonisch versucht, in der Region bei anderen Anbietern die Preise einzuholen. Etwas günstigeres hat sich daraus nicht ergeben. 

Bedeutung für die Praxis: Gegen die allgegenwärtigen Anschuldigungen der Haftpflichtversicherer, der Geschädigte habe viel zu teuer angemietet, helfen die konkreten Hinweise auf erhebliche Mängel der Fraunhofer-Liste häufig nicht weiter. Gerichte sind durch die tausendfach vorgelegten Internetscreenshots verunsichert, auch wenn diese nicht vergleichbar und lediglich den Partei-Interessen entsprechend ausgesucht sind. Helfen kann es dann, durch eine proaktive Erkundigung nach Alternativen den Nachweis zu erbringen, dass es solche angeblich immer und überall erhältlichen Preise im konkreten Fall nicht gegeben hat. Da der Geschädigte in diesen Belangen völlig ahnungslos ist, liegt es für den Autovermieter – der einen Marktpreis anbietet und doch für den späteren Prozess diesen Weg einer Preisrecherche gehen möchte – nahe, das gemeinsam mit dem Geschädigten zu tun. Im Zentrum der Preisanfrage muss die neutrale Preiserkundigung für den Ersatzwagen stehen, wie ihn der Geschädigte beanspruchen darf. Die im Prozess zu erwartenden Zeugenaussagen können das Gericht überzeugen, wenn nachweisbar keine Einflussnahme durch den Vermieter stattgefunden hat und es nur um den benötigten Ersatzwagen mit allen Details der Leistung ging.
Die lange Dauer der Anmietung, die der Corona-Situation und den nicht vorhandenen Kaufmöglichkeiten für Gebrauchtfahrzeuge geschuldet ist, wird nicht beanstandet.

 

Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 13-22

Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 13-22

Landgericht Berlin 41 S 49/21 vom 21.03.2022, Beschluss nach § 522 Abs. 2 ZPO
(Vorinstanz Amtsgericht Berlin-Mitte 4 C 46/21 vom 10.06.2021)

1. Die Auffassung der Beklagten ist zurückzuweisen, das Gericht müsse die Rückgriffsmöglichkeit der Geschädigten auf ein verfügbares Fuhrparkfahrzeug prüfen.
2. Die erstinstanzliche Schätzung erforderlicher Mietwagenkosten mittels Werten aus der Schwacke-Liste ist nicht zu beanstanden.
3. Eine generelle Erkundigungspflicht des Geschädigten gibt es nicht, in dem zu entscheidenden Fall mangels erheblicher Preisüberhöhung ebenso wenig.
4. Der Abzug von 10 Prozent wegen ersparter Eigenaufwendungen entfällt bei klassenkleinerer Anmietung.
5. Kosten der Ausrüstung des Ersatzwagens mit Winterreifen sind schadenersatzrechtlich erstattungsfähig.

Zusammenfassung: Das Landgericht Berlin bestätigt beschlussweise die erstinstanzliche Auffassung, dass der Geschädigte nichts dazu vortragen musste, inwieweit ihm auch an anderes Fuhrparkfahrzeug zur Verfügung gestanden hätte. Der Normaltarif kann mittels Schwacke-Liste geschätzt werden, Nebenkosten kommen hinzu und ein Eigenersparnisabzug entfällt bei klassenkleinerer Anmietung.

Bedeutung für die Praxis: Zunächst behauptete der Versicherer ins Blaue hinein, dass der Geschädigte, ein Gewerbebetrieb, den Ersatzwagen nicht hätte anmieten dürfen, weil er sicherlich auch auf ein anderes Fahrzeug des eigenen Fuhrparks hätte zugreifen können. Den Antrag auf Beweisaufnahme hatte das Erstgericht abgelehnt, da die Beklagte zu ihrer Behauptung keinerlei Anhaltspunkte vorgetragen hatte. Ohne solche Anhaltspunkte – die laut BGH auch in dem Hinweis der Beklagten auf die schiere Größe des Unternehmens liegen könnten – ist dem Vorbringen nicht zu folgen, eine solche Klärung herbeizuführen. Das Berufungsgericht gibt in dem Beschluss an, das genauso zu sehen.
Die Kammer sieht auch keine Grundlage, die erstinstanzliche Schätzung mittels Schwacke abzuändern. Dazu verweist sie zunächst auf das Kammergericht und korrigiert die Auffassung, das Kammergericht würde das Mischmodell verlangen. Des weiteren habe die Beklagte keinen konkreten Sachvortrag gegen die Anwendbarkeit der Schwacke-Liste im konkreten Fall gehalten. Daher müsse ihr Vortrag dazu auch nicht berücksichtigt werden. 
Wenig überzeugend ist die Auffassung der Kammer, unter welchen Umständen die Beklagte einen konkreten Sachvortrag gegen die Anwendung der Schätzgrundlage gehalten hätte. Zitat: „Die Anwendung der Listen durch den Tatrichter begegnet also nur dann Bedenken, wenn die Parteien deutlich günstigere bzw. ungünstigere Angebote anderer Anbieter für den konkreten Zeitraum am Ort der Anmietung aufzeigen.“, mit Verweis auf den BGH. Dass das nicht richtig sein kann, zeigt das Beispiel Wohnungsmietmarkt (zugegeben kein Schadenrecht, aber doch zutreffend). Niemand wird die Richtigkeit eines Wohnungsmietspiegels deshalb anzweifeln, weil ein Mieter behauptet, die statistischen Größen wie der Mittelwert seien falsch, wie man an drei Beispielen tatsächlicher niedrigerer Angebote sehen könne. Und so ist es auch hier: Das arithmetische Mittel setzt sich aus niedrigen und hohen Werten zusammen und kann durch die Vorlage dreier niedriger Beispiele nicht ernsthaft angezweifelt werden.
Anders wäre es gewesen, wenn die Beklagte selbst dem Geschädigten ein solches Beispiel als vergleichbares Angebot wahrhaftig und rechtzeitig unterbreitet hätte. Dann liefe die Diskussion jedoch über die Schadenminderungs-Obliegenheit des Geschädigten und nicht über die Frage der Erforderlichkeit der Höhe der Schadenersatzforderung.

 

Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 12-22

Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 12-22

Landgericht Frankfurt/Main 2-01 S 122/21 vom 18.03.2022
(Vorinstanz Amtsgericht Frankfurt/Main 32 C 1491/21 vom 12.07.2021)

1. Die Schätzung der als erforderlich nach § 249 BGB anzusehenden Mietwagenkosten zur Wiederherstellung des Zustandes, als wäre der Unfall nicht eingetreten, erfolgt anhand des Mittelwertes der Listen von Schwacke und Fraunhofer.
2. Auf den Grundbetrag des Normaltarifes ist ein unfallbedingter Aufschlag in Höhe von 10 Prozent erstattungsfähig aufgrund der erforderlichen Finanzierung der Mietwagenkosten durch den Autovermieter.
3. Wegen ersparter Eigenkosten erfolgt ein Abzug auf den Grundbetrag von 5 Prozent, der bei klassenkleinerer Anmietung entfallen würde.
4. Kosten erforderlicher Nebenleistungen für die reduzierung der Haftung des Mieters für Schäden am Mietwagen sowie für Winterreifen-Ausrüstung und Zusatzfahrer sind ebenso schadenersatzrechtlich erstattungsfähig.

Zusammenfassung: Das Landgericht Frankfurt am Main hebt eine erstinstanzliche Entscheidung auf und spricht weiteren Schadenersatz bzgl. Mietwagenkosten zu. Das Berufungsgericht schätzt mit Fracke, gibt den Aufschlag und hält auch die Kosten für Kasko, Winterreifen und Zusatzfahrer für erstattungsfähig. Der Eigenersparnis-Abzug wird mit 5 Prozent festgelegt.

Bedeutung für die Praxis: Das erstinstanzliche Urteil wird abgeändert und die Beklagte zur Zahlung eines Restbetrages verurteilt, der höher ist, als der bisher von der Beklagten außergerichtlich erstattete Betrag. Umgekehrt zeigt das, dass die Beklagte vorgerichtlich noch nicht einmal die Hälfte von FRACKE erstattet hat. Daraus lässt sich zwanglos schließen, dass diejenigen Gerichte, die sich vom Wechsel ihrer Schwacke-Linie zur Fracke-Linie eine Befriedung des Mietwagenstreits zumindest für ihr Gericht versprochen hatten (jüngst nun also auch das LG Köln), dem Irrtum erlegen sind, dass die überwiegende Zahl der Versicherer vernunftbegabt und kompromissbereit sind. Solange man die Chance sieht, die Schadenersatzleistungen noch weiter zu drücken, wird man diese ergreifen wollen. Wer auf der Klägerseite auf berechtigte Ansprüche nicht verzichten kann, wird weiter bei Gericht klagen müssen, auch wenn er keine Unfallersatztarife oder sonst überzogene Forderungen erhebt.
Das Gericht stützt sich bei seinen Schätzungen des Mischmodells auf die Listen von Schwacke und Fraunhofer. Die DAT-Liste wird nicht angewendet. Vermutlich wird das als zu kompliziert angesehen. Sehr interessant ist die im Urteil nachzulesende Passage zum Fraunhofer-Vorwort in Bezug auf die Kosten der Winterreifen. Das Gericht erkannte, dass zwei dortige Erklärungen im Widerspruch zueinander stehen. Einerseits haben man bei der Erhebung „jahreszeitlich angepasste“ Bereifung bereits berücksichtigt, also in den Preis inkludiert. An anderer Stelle steht im Vorwort jedoch, dass Nebenkosten wie auch Winterreifen nicht im erhobenen Preis einberechnet seien. In 2018 ist es dann bei Fraunhofer wohl aufgefallen, dass das nicht so gut aussieht, da hat man dann das „Winterreifen“ bei den Preiskriterien, die nicht berücksichtigt seien, gestrichen. Es handelt sich hier um einen der Kritikpunkte an der Erhebung, den nun erstmals ein Gericht aufgegriffen hat.
Die von der Klägerin in das Verfahren eingebrachte Schätzgrundlage von DAT spielte insgesamt im Verfahren keine entscheidende Rolle und wurde in den Urteilsgründen nicht erwähnt.
Die Anwendung eines prozentualen Abzuges wegen ersparter Eigenkosten lediglich auf den Grundpreis und nicht auf den Gesamt-Forderungsbetrag ist logisch und zu begrüßen, wenngleich in dieser Frage einige anderen Berufungsgerichte anders vorgehen, weil es OLG Celle und OLG Düsseldorf falsch vorgeben.
Hervorzuheben ist letztendlich in Bezug auf dieses Urteil, dass die Herangehensweise des Gerichtes stimmig ist. Zunächst wird die Erforderlichkeit der zur Erstattung verlangten Mietwagenforderungen (inklusive möglicherweise erforderlichem Aufschlag für unfallbedingte Mehrleistungen) geprüft. Sofern die Forderungen über den erforderlichen Betrag hinausgehen, sind Mehraufwendungen lediglich dann vom Haftpflichtversicherer zu zahlen, sofern der Geschädigte nachweisen kann, dass er nicht gegen die Schadenminderungspflicht verstoßen hat. Das kann er nur, wenn er sich nach günstigeren Angebote umgesehen hat und nicht bekommen konnte. Das würde als Unfallersatztarif gewertet und er müsste er nachweisen, dass es für ihn keine anderen Anmietmöglichkeiten gegeben hat. Mit dieser Sichtweise wird vermieden, dass Gerichte widersprüchlich urteilen. Widersprüchlich ist es, wenn zunächst eine vom BGH so nicht gesehene allgemeine Erkundigungspflicht postuliert wird, gegen die der Geschädigte verstoßen habe und im zweiten Schritt mittels Prüfung der Erforderlichkeit die erhobene Schadenersatzforderung vollständig zugesprochen wird.

 

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Der Streit um die erforderlichen Mietwagenkosten tobt unvermindert weiter. Viele Vermieter kümmern sich zu wenig, scheuen den Gerichtsprozess, haben ihre Mietverträge, Rechnungen, Abtretungen nicht im Griff, buchen aus.

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Das Ziel ist es, in der eigenen Argumentation der Anforderung der Rechtsprechung zu entsprechen. Der BGH verlangt konkreten Sachvortrag.

„Die Schadenshöhe darf lediglich nicht auf der Grundlage falscher oder offenbar unsachlicher Erwägungen festgesetzt werden und ferner dürfen wesentliche die Entscheidung bedingende Tatsachen nicht außer Betracht bleiben. Auch darf das Gericht in für die Streitentscheidung zentralen Fragen auf nach Sachlage unerlässliche fachliche Erkenntnisse nicht verzichten. Gleichwohl können in geeigneten Fällen Listen oder Tabellen bei der Schadensschätzung Verwendung finden. (…) Die Eignung von Listen oder Tabellen, die bei der Schadensschätzung Verwendung finden können, bedarf allerdings dann, aber auch nur dann, der Klärung, wenn mit konkreten Tatsachen aufgezeigt wird, dass geltend gemachte Mängel der Schätzungsgrundlage sich auf den zu entscheidenden Fall in erheblichem Umfang auswirken. (…) Die Anwendung der Listen durch den Tatrichter begegnet also nur dann Bedenken, wenn die Parteien deutlich günstigere bzw. ungünstigere Angebote anderer Anbieter für den konkreten Zeitraum am Ort der Anmietung aufzeigen.“ (BGH VI ZR 316/12 vom 18.12.2012)

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Beispielschriftsatz für ein Verfahren in Hamburg

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Bei Interesse und vorliegen eines geeigneten konkreten Falls können Sie sich gern bei uns melden.

Vorschau Titelblatt MRW 1-2022

Hier geben wir eine Vorschau auf das Titelblatt der ersten Ausgabe der MRW Mietwagenrechtswissen 2022…

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In kurz und praktisch befassen wir uns mit der Frage, wie mit der Tatsache umzugehen ist, dass Fraunhofer im Jahr 2021 zumeist lediglich in 7 Mietwagengruppen Werte anbietet.

Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 10-22

Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 10-22

Amtsgericht Bonn 103 C 120/21 vom 15.12.2021

1. Die Formulierungen der Abtretung der Schadenersatzforderungen sind hinreichend bestimmt und eine Rückabtretungs-Regelung braucht es nicht für eine dem Transparenzgebot entsprechende Ausgestaltung der Abtretung.
2. Sofern die Beklagte – wie hier – den Geschädigten lediglich ein Formschreiben übersendet und daher kein annahmefähiges Angebot unterbreitet, verstoßen die Geschädigten bei freier Wahl eines Mietfahrzeuges nicht gegen die Obliegenheit, den Schaden möglichst gering zu halten.
3. Den Behauptungen der Beklagten zu erfolgter Unterbreitung telefonischer Mietwagen-Direktvermittlungsangebote war mangels konkretem Vortrag der Beklagten nicht nachzugehen.
4. Die erforderlichen Kosten der Ersatzmobilität werden anhand des Mittelwertes der Listen, unfallbedingtem Aufschlag und Kosten erforderlicher Nebenleistungen geschätzt.

Zusammenfassung: Das Amtsgericht Bonn akzeptiert eine Abtretung von Schadenersatzforderungen als Grundlage der Aktivlegitimation, auch wenn diese keine Regelung der Rückabtretung enthält. Die Auffassung der beklagten Haftpflichtversicherung wird zurückgewiesen, die Geschädigten hätten übermittelte Mietwagenhinweise beachten müssen. Sie haben – anders als es die Beklagte vorträgt – den Schaden nicht unrechtmäßig vergrößert. Denn die „Angebote“ der Beklagten genügten nicht den Anforderungen, denen sie aus Sicht der Geschädigten entsprechen müssten.  Ein Verstoß gegen die Schadenminderungspflicht nach § 254 BGB liegt daher nicht vor. Die erforderlichen Kosten werden nach § 249 BGB mit Fracke, Aufschlag und Nebenkosten geschätzt.

Bedeutung für die Praxis: In der Rechtsprechung setzt sich immer mehr die Überzeugung durch, dass die Anforderungen an die Formulierungen von Abtretungsvereinbarungen jedenfalls nicht so weit gehen können, den Geschädigten vor dem Hintergrund der Transparenzanforderungen im Abtretungstext Selbstverständlichkeiten wie Rückabtretungsregelungen mitteilen zu müssen. In Bezug auf Mietpreisvorgaben der gegnerischen Versicherer an Geschädigte ist zumindest die grundlegende Anforderung zu stellen, dass neben dem genannten Preis auch die angebotene Leistung konkret erkennbar wird. Dazu gehört das konkrete Fahrzeug, das gleichwertig im Vergleich zum beschädigten Fahrzeug sein muss (also z.B. keine Einteilung nach KW, sondern konkretes Fahrzeug, dass der berechtigten Mietwagenklasse entspricht). Dazu gehören auch klare Angaben, wann und wo zu welchen Bedingungen das Fahrzeug verfügbar ist und welche Leistungen konkret dazugehören. Der Versicherer muss darlegen, was genau (Konkretheit und Umfang des Angebotes vor dem Maßstab des Schadenrechts „als wäre der Unfall nicht geschehen“) wann genau (wann telefoniert, wann geschrieben und wann daher dem Geschädigten vorliegend; „early bird“ oder „Zweiter Sieger“?) wem genau (Empfänger/Gesprächspartner ist der/die Geschädigte oder Dritte aus Familie, Werkstattmitarbeiter usw.?) von wem mitgeteilt wurde (entsprechend der Beweislast, die beim gegnerischen Versicherer liegt). Zum Inhalt des angeblich mit dem Geschädigten geführten Telefonates ist eine Beweisaufnahme abzulehnen, da diesbezüglich vorliegender Prozessvortrag der Beklagten unzureichend ist.

Zitiervorschlag: „Ohne konkretes Angebot kein Bindung an den Direktvermittlungspreis“

„Es kann dahinstehen ob im Schadensfall XXX dem Fahrer des Fahrzeugs des Geschädigten telefonisch am 07.09.2020 mitgeteilt worden ist, dass ein Mietpreis von 62.00 € kalendertäglich erreicht werden könne. Eine Zeugenvernehmung erfolgt zum einen nicht, da dies zu einer unzulässigen Ausforschung führen würde. Es wird nicht dargelegt, wer dem Fahrer des klägerischen Fahrzeugs was wann genau gesagt haben soll. Die allgemeine Behauptung der Versicherung des Unfallgegners, dass man ein Ersatzfahrzeug zum Preis von 62,00 EUR pro Tag erhalten könne, musste den Geschädigten auch nicht zu Marktrecherchen veranlassen und ihn auch nicht davon überzeugen, dass die Preise der Klägerin überhöht wären. (…)

Die Beklagte hat den Geschädigten kein auf sie zugeschnittenes Angebot unterbreitet, sondern ein  Formschreiben mit einer Preisaufstellung für verschiedene Klassen übersandt. Die führt nicht dazu, dass die Geschädigten hätten erkennen müssen, dass die Preise der Klägerin überhöht gewesen wären. Der Geschädigte erhält nur eine Information zu anderen Angeboten, ohne dass er diese direkt vergleichen kann. Hinzu kommt, dass eine Vergleichbarkeit auch aufgrund der unterschiedlichen angegebenen Fahrzeugklassen dem Verbraucher nicht möglich ist. Die Beklagte orientiert sich insoweit nicht an der auch in den Übersichtswerken genutzten Fahrzeugklassen, sondern bildet Klassen nach kw-Werten ohne andere Faktoren wie Preis, Ausstattung etc. zu berücksichtigen. Dadurch ist eine Vergleichbarkeit für den Verbraucher, der den Preis einer Ersatzanmietung ermitteln will, nicht ohne Schwierigkeiten und detaillierte Kenntnis der genannten Automodelle möglich.“ (Amtsgericht Bonn 103 C 120/21 vom 15.12.2021)
(Fettdruck durch den Autor)

Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 9-22

Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 9-22

Amtsgericht Marienberg 4 C 351/21 vom 16.02.2022

1. Ein Verstoß des Geschädigten gegen die Obliegenheit, den Schaden gering zu halten, liegt nicht vor.
2. Die Beklagte ist ihrer Beweislast nicht nachgekommen, dass sie dem Geschädigten überhaupt ein Angebot unterbreitet hat.
3. Auf die Frage, ob das angebliche Angebot hinreichend konkret gewesen wäre, kommt es daher nicht mehr an.
4. Die Formulierungen im Formular zur Abtretung der Ersatzforderungen an die Klägerin sind hinreichend bestimmt und darüber hinaus rechtskonform.
5. Die Schätzung der erforderlichen Kosten anhand der regionalen Marktlage erfolgt anhand des Mittelwertes der Listen von Schwacke und Fraunhofer.
6. Die Kosten erforderlicher Nebenleistungen für Haftungsreduzierung sowie Zustellung und Abholung des Ersatzfahrzeuges sind vom Schädiger zu erstatten.

Zusammenfassung: Das Amtsgericht in Marienberg weist den Vorwurf der Beklagten zurück, der Geschädigte hätte gegen seine Schadenminderungspflicht verstoßen, weil er ein Direktvermittlungsangebot der Beklagten erhalten und ausgeschlagen habe. Die Aktivlegitimation der Klägerin wird bestätigt. Die erforderlichen Kosten für den Mietwagen werden nach Fracke, die der Nebenleistungen nach Schwacke bemessen.

Bedeutung für die Praxis: Die Behauptung des KH-Versicherers, er habe die Geschädigte angerufen und ein Angebot unterbreitet, ließ sich nicht bestätigen. Das Gericht befragte die Geschädigte dazu und die konnte nachvollziehbar ausschließen, von der Beklagten angerufen worden zu sein. Die Situation stellte sich für das Gericht so dar: Die Beklagte lässt schriftlich ausrichten, ein telefonisches Angebot an die Geschädigte in Höhe von 28 Euro abgegeben zu haben und die Zeugin weist das als nicht möglich zurück, da ihr Telefon nach dem Unfall ausgeschaltet gewesen sei, da es ihr nicht gut ging.
Solche Fälle häufen sich: Versicherer behaupten Direktvermittlungsangebote, die es nie gegeben hat. Das Problem dahinter ist, dass es vielen Gerichten ausreichend erscheint, wenn Versicherer in ihren Aufzeichnungen angebliche Tatsachen notieren und diese Notizen später den Gerichten vorlegen. Und das Problem danach ist, dass Gerichte – wie hier, es gibt eine Vielzahl solcher Fälle – solche Erkenntnisse nicht an die Strafjustiz abgeben, sondern lediglich ihren Zivilprozess zu Ende bringen. Es handelt sich hier um versuchten Prozessbetrug, nach § 263 Abs. 1 StGB belegt mit einer Strafandrohung bis zu 5 Jahren Freiheitsentzug. Die Gerichte machen es den Versicherungen zu einfach, wenn sie das Vorlegen von internen Aufzeichnungen der Beklagten als ausreichenden Parteivortrag dafür ansehen, dass der Geschädigte überhaupt ein Angebot erhalten hat und dieses auch hinreichend konkret gewesen sein könnte. Die Geschädigten können nichts dafür, dass die Beklagte ihrer Beweislast eigentlich nicht nachkommen kann, wenn sie nach Telefonaten keine eindeutigen beweistauglichen Unterlagen besitzen kann. Die interne Notiz kann jedenfalls kein Beweis für Tatsachen sein, sondern lediglich eine einseitige Behauptung. Dieser und andere vorliegende Fälle belegen das.
Neben der Frage, ob ein Angebot vorlag, lässt es das Gericht offen, ob es sich um ein konkretes Direktvermittlungsangebot gehandelt hätte, das als Preisvorgabe zu werten wäre und deutet an, dass das ohne Berücksichtigung sämtlicher Einzelpositionen wohl nicht so wäre.

Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 8-22

Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 8-22

Amtsgericht Oldenburg 5 C 5037/21 vom 10.05.2021

1. Der Geschädigte hat einen Anspruch auf Ausgleich der gegen ihn gerichteten Forderungen, die aufgrund des Unfallereignisses und der durch ihn getroffenen Maßnahmen zur Schadenkompensation entstanden sind.
2. Die subjektive Schadenbetrachtung gebietet es, die Erkenntnis- und Einflussmöglichkeiten des Geschädigten bei der Wahl der Mittel zu berücksichtigen. Die grundsätzlich freie Wahlmöglichkeit der Mittel führt nicht dazu, dass er Marktforschung betreiben oder überobligatorische Anstrengungen unternehmen muss, um für den Schädiger zu sparen.
3. Die Kosten der erforderlichen Ersatzmobilität sind mittels der Schwacke-Liste Automietpreisspiegel zu schätzen (keine Internet-Lastigkeit, örtliche Genauigkeit.
4. Der Verweis der Beklagten auf den Fraunhofer-Marktpreisspiegel ist kein konkreter Sachvortrag, ebenso wenig die Behauptung, woanders wäre ein Mietfahrzeug günstiger gewesen.
5. Die Kosten der schadenbedingten Nebenleistungen sind ebenso von der Beklagten zu erstatten (Haftungsreduzierung, Zusatzfahrer-Erlaubnis)
6. Ein Abzug für ersparte Eigenaufwendungen ist ausnahmsweise deshalb nicht gerechtfertigt, weil mit dem Ersatzwagen lediglich unter 1.000 km gefahren wurde.

Zusammenfassung: Das Amtsgericht Oldenburg weist die Einwände der Beklagten gegen die Schadenersatzforderungen des Zessionars zurück und spricht den Restbetrag vollständig zu. Zur Schätzung der erforderlichen Mietwagenkosten wird die Schwacke-Liste angewendet. Kosten der Nebenleistungen werden ebenso als ersatzfähig angesehen. Vom Abzug für Eigenersparnis unter 1.000 km ist abzusehen.

Bedeutung für die Praxis: Zunächst leitet das Gericht die Grundsätze des Schadenersatzrechts bezogen auf die Ersatzwagenanmietung lehrbuchhaft her und verweist darauf, dass die individuellen Einfluss- und Erkenntnismöglichkeiten des Geschädigten zu beurteilen sind. Das allgemeine Bestreiten der Erforderlichkeit der schadenrechtlich geforderten Mietwagenkosten durch die beklagte Haftpflichtversicherung wird vom Gericht nicht als Anlass gesehen, die im Gerichtsbezirk geltende Schwacke-Linie zu verlassen. Es bestehe keine Pflicht zur Erkundigung nach niedrigeren Tarifen, so lange das Angebot nicht deutlich aus dem Rahmen falle. In diesem Rahmen könne er das erstbeste Angebot für sich nutzen. Bei der Beantwortung der Frage der Erstattung von Kosten einer Haftungsreduzierung schaut das Gericht allerdings rechtsfehlerhaft darauf, ob der Geschädigte sein eigenes, verunfalltes Fahrzeug kaskoversichert hat. Das spielt aber hier gar keine Rolle. In Bezug auf die Frage der Erstattungsfähigkeit einer Zweitfahrergebühr liegt das Gericht wieder auf BGH-Linie und urteilt, dass diese dann zu erstatten sind, wenn der Geschädigte auch mit seinem eigenen Fahrzeug nicht nur selbst gefahren ist. Da der Versicherer die Mietwagendauer anzweifelt und daher einen Reparaturablaufplan verlangte, sind dessen Kosten auch von ihm zu erstatten. Einzelne Gerichte denken auch in der Frage von Abzügen wegen ersparter Eigenkosten weiter, wenn dazu vorgetragen wird. Fährt ein Mieter weniger als 1.000 km nicht mit seinem beschädigt in der Werkstatt stehendem Auto, ist eine für ihn realisierbare konkrete Ersparnis bei seinem eigenen Fahrzeug nicht vorstellbar und ein Abzug bei Schadenersatzansprüchen daher falsch.

 

Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 7-22

Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 7-22

Landgericht Bonn 20 O 5/21 vom 09.11.2021

1. Höhere Mietwagenkosten nach erheblicher Verlängerung der Mietdauer gehen zu Lasten des Schädigers, der vergeblich um einen Vorschuss der Reparaturkosten gebeten wurde.
2. Die Schätzung des Schadenersatzanspruches für Mietwagenkosten erfolgt anhand des Mittelwertes aus Schwacke und Fraunhofer.
3. Kosten der Nebenleistungen für Winterpaket, Haftungsreduzierung und Zusatzfahrer sind zu erstatten.
4. Es erfolgt kein Abzug für ersparte Eigenaufwendungen, da der Mietwagen klassenkleiner angemietet wurde.

Zusammenfassung: Das Landgericht Bonn spricht einem Geschädigten mehrwöchige Mietwagenkosten zuzüglich der Kosten für Nebenleistungen vollständig zu, nachdem der Schädiger um zügige Regulierung gebeten und vor hohen Mietwagenkosten gewarnt wurde. Die Höhe des Normaltarifes wird mittels Fracke geschätzt und alle abgerechneten und schadenersatzrechtlich geforderten Nebenkosten als erstattungsfähig angesehen.

Bedeutung für die Praxis: Rechtsfehlerhaft geht das Erstgericht zunächst davon aus, dass es dem Geschädigten grundsätzlich obliegt, die Reparaturkosten vorzufinanzieren. Das hat der BGH jüngst erst wieder verneint. Im konkreten Fall ging das für den Geschädigten nicht nach hinten los, weil die Klägerseite sehr transparent einen Vorschuss eingefordert und vor hohen Mietwagenkosten gewarnt hatte. Eine generelle Erkundigungspflicht – wie sie die Beklagte dem Geschädigten unterstellte – wies das Gericht zurück.

Hinweis: Es ist nichts darüber bekannt, ob das Urteil rechtskräftig geworden ist.

Berücksichtigung der Selbstbeteiligung: Häufiger Fehler bei der Fracke-Schätzung

Berücksichtigung der Selbstbeteiligung: Häufiger Fehler bei der Fracke-Schätzung

Hier soll auf ein (weiteres) spezifisches Problem bei der Anwendung der Fracke-Schätzung hingewiesen werden. Es geht um die Frage, wie die Selbstbeteiligung der Listen von Schwacke und Fraunhofer von den Gerichten bei der Bildung des Fracke-Mittelwertes berücksichtigt wird.

Zitat Schwacke: "Die Selbstbeteiligung in den vorliegenden Normaltarifen liegt zwischen 500 und 1500 Euro."

Zitat Fraunhofer: "In den Preisen sind die Kosten für eine Haftungsreduzierung mit einer marktüblichen Selbstbeteiligung von ca. 750 bis 2.600 Euro bereits enthalten."

Gerichte halten das für ...

Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 6-22

Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 6-22

Landgericht Köln 11 S 104/19 vom 14.12.2021
(Vorinstanz Amtsgericht Köln 267 C 162/17 vom 19.03.2019)

1. Ein Direktvermittlungsangebot eines Gegnerversicherers bindet den Geschädigten nicht, wenn es die Schadenersatzleistung nicht vollständig umfasst; hier schlechtere Selbstbeteiligung bei der Haftungsreduzierung.
2. Ein Abzug für ersparte Eigenkosten in Höhe von 10 Prozent auf den Grundpreis der Mietwagenforderung ist angemessen.
3. Ein pauschaler Aufschlag wegen unfallbedingter Mehrleistungen des Vermieter ist gerechtfertigt, hier bei erforderlicher Vorfinanzierung des Mietwagenpreises durch den Anbieter oder auch bei Vermietung mit zunächst offenem Miet-Ende.

Zusammenfassung: Das Berufungsgericht in Köln konkretisiert seine Rechtsprechung zur Frage der angemessenen Mietwagenkosten nach Preisvorgabe des Haftpflichtversicherers dahingehend, dass das Direktvermittlungsangebot an den Geschädigten auch im Detail der angebotenen Selbstbeteiligung zum tatsächlichen Anmietbedarf passen muss. Daher wird ein Verstoß gegen die Schadenminderungspflicht verneint. Auf den Normaltarif der nach § 287 ZPO geschätzten erforderlichen Kosten ist ein Aufschlag wegen unfallbedingter Mehrleistungen in Höhe von 20 Prozent als angemessen anzusehen. 

Bedeutung für die Praxis: Die 11. Kammer des Landgerichts in Köln hatte im Jahr 2018 entschieden, dass die übliche Preisvorgabe der DEVK den Geschädigten aufgrund seiner Obliegenheit zur Schadenminderung an den ihm gegenüber genannten Tagespreis bindet. Nun schaut man hier wohl etwas genauer hin.
Das Berufungsgericht spricht auch den Aufschlag auf den Grundpreis der Mietwagenkosten zu. Als dafür ausreichend wird es angesehen, wenn der Autovermieter den Mietzins vorfinanzieren oder die Rückgabe des Fahrzeuges flexibel gehandhabt werden muss. Das heißt, dass der Geschädigte sich für die Inanspruchnahme eines teureren Fahrzeuges nicht in einer Notsituation befinden muss. Um ein Mietwagenangebot anzunehmen, das wegen unfallbedingter Mehrleistungen um 20 Prozent teurer als der durchschnittliche Marktpreis ist, können auch die erforderlichkeit anderer unfallbedingter Zusatzleistungen angeführt werden.

Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 5-22

Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 5-22

Amtsgericht Koblenz 152 C 1479/21 vom 20.01.2022

1. Das von der Beklagten gegenüber der Geschädigten telefonisch unterbreitete „Angebot“ entfaltet keine Bindungswirkungen nach § 254 BGB.
2. Die Anmietung eines Ersatzfahrzeuges bei der Klägerin zu Marktpreisen stellt demnach keinen Verstoß des Geschädigten gegen seine Schadenminderungsobliegenheit dar.
3. Zur Schätzung der erforderlichen Mietwagenkosten nach Unfall wendet das Gericht die Schwacke-Liste an. Dagegen gerichteter Vortrag der Beklagten ist unsubstanziiert und daher unbeachtlich.
4. Auf den Grundtarif der Vergleichsliste ist ein Aufschlag in Höhe von 20 Prozent wegen unfallbedingt erforderlicher Mehrleistungen des Vermieters zuzusprechen.
5. Kosten weiterer Nebenleistungen für eine erweiterte Haftungsreduzierung und das Zustellen und Abholen des Mietfahrzeuges sind von der Beklagten zu erstatten.
6. Kosten der Desinfektion aufgrund der Corona-Gefahren sind schadenersatzrechtlich berechtigt und in der Höhe nicht zu beanstanden.
7. Wegen der Anmietung eines klassenkleineren Fahrzeuges im Vergleich zum Geschädigtenfahrzeug kommt ein Abzug für ersparte Eigenaufwendungen nicht in Betracht.

Zusammenfassung: Das Amtsgericht Koblenz kommt nach Zeugenvernehmung zu dem Schluss dass der Haftpflichtversicherer dem Geschädigten kein annahmefähiges Direktvermittlungsangebot unterbreitet hatte und die Anmietung beim Kläger keinen Rechtsverstoß darstellt. Das Gericht schätzt mittels Schwacke-Liste, spricht auch den Aufschlag und die Nebenkosten zu sowie auch die Desinfektionspauschale des Autovermieters.

Bedeutung für die Praxis: Endlich! Endlich stellt ein Gericht der Beklagten bzw. ihrer Zeugin die richtigen Fragen. Der Haftpflichtversicherer suchte früh den Kontakt zum Geschädigten. Das ist bei vielen Haftpflichtversicherern inzwischen Standard. Weil es für den Versicherer darauf ankommt, den Geschädigten zu erwischen, bevor die Messe gelesen ist (also bevor der einen Sachverständigen beauftragt, einen Anwalt mandatiert und einen Mietwagen geordert hat), versucht er es oft bereits telefonisch, wenn der noch am Unfallort ist oder baldmöglichst danach. Das Problem für den Versicherer ist dann zwar meist nicht mehr, ob er schnell genug ist, aber er bekommt ein neues Problem, über das bisher zu wenig gesprochen und geschrieben wurde.
Wenn Gerichte nachhaken ergibt sich: Der Versicherer weiß zu dem Zeitpunkt noch nicht genug, um erkennen und entscheiden zu können, dass er grundsätzlich den Schaden zu bezahlen hat. Er kennt auch den konkreten Schadenersatzanspruch des Geschädigten nicht. Ja er kann justament noch nicht mal seine Eintrittspflicht geprüft haben und damit dem Geschädigten, dem er schnellstmöglich regulierungsrelevante Vorgaben machen will, auch nicht die Zusage erteilen, dass er die Mietwagenkosten auch vollständig bezahlen wird, von denen er gerade spricht.
Von Ausnahmen abgesehen, ist eine schnelle Kontaktaufnahme des gegnerischen Versicherers mit dem Anspruchsteller daher als ein Schuss ins Blaue anzusehen. Das zeigen auch schon die Formulierungen auf den nachfolgenden Schreiben, in denen es lediglich allgemein (sinngemäß) „wir können alles und alles ist inklusive“ heißt.
Ein konkretes Mietwagenangebot für den Geschädigten, mit dem er in der Lage wäre, danach entsprechend seiner grundsätzlichen Pflicht zur Geringhaltung des Schaden verschiedene Alternativen abzuwägen, wurde hier beim Autor dieser Zeilen bis heute noch nicht gesehen. Gerichte, die das verstehen, können sich zusätzlich die Frage stellen, ob es auch wettbewerbsrechtlich bedenklich ist, wenn Behauptungen ins Blaue hinein nicht nur den Preis beeinflussen, sondern auch die Marktnachfrage kanalisieren. Denn wenn lediglich ein völlig vom Sachverhalt lösgelöster Preis quasi im Sinn einer irreführenden Werbung für Nachfrage bei wenigen Anbietern sorgt, welche sonst auch anderswo zu einer Anmietung geführt hätte, ist ein Vorliegen eines solchen Rechtsverstoßes sehr wohl zu überlegen. Im Zweifel hätte das Autohaus oder der kleine Vermieter – der nicht mit den Großen mitspielen kann – die Miete zum Marktpreis erhalten und nur wegen Fake-Aussagen entsteht dort ein Schaden.
Es ist nicht zu leugnen, dass man bei allgemeiner Betrachtung der Vorgänge bisher einen wettbewerbsrechtlichen Verstoß regelmäßig verneinte. Doch bei genauerem Hinsehen ergibt sich – und das muss dabei berücksichtigt werden -, dass die „Angebote“ der Versicherer lediglich eine sich selbst bestätigende Prophezeiung sind (wir können alles liefern und dann liefern sie später meist auch, aber ohne zu Beginn zu wissen, worin das abgegebene Angebot konkret besteht). Und das auch nur, weil Gerichte ihnen dieses Spiel erlauben. Würden sie Häuser bauen wie eine Baufirma, bekämen sie mit „wir können alles“ keinen einzigen Auftrag, auch wenn sie nach einer Beauftragung tatsächlich irgendwann einen Plan erstellen und etwas bauen könnten. Darauf kann man keinen Bauherren und keinen Geschädigten in Gerichtsverfahren verpflichten.
Unter diesem Blickwinkel wird auch die BGH-Mietwagenrechtsprechung zum Druck auf Geschädigte mittels Direktvermittlungsversuchen von Mietwagen unter einem besonderen Licht zu sehen sein. Der BGH schien sich zumindest bisher für die Einzelheiten und die Abläufe dieser Vorgänge nicht sonderlich zu interessieren.

Zitiervorschlag: „Ohne Kostenzusage kein annahmefähiges Angebot“

„..aufgrund der Aussage der Zeugin … nicht davon überzeugt, dass die Beklagtenseite dem Geschädigten ein Mietfahrzeug zu einem Preis von 46,- Euro pro Tag konkret angeboten hat. Das geführte Telefonat genügt den Anforderungen an ein hinreichend konkretes alternatives Mietwagenangebot nicht. Die Zeugin hat hierzu ausgeführt, sie habe dem Geschädigten zum Zeitpunkt des Telefonates noch keine Kostenzusage geben können. Sie hätten allgemein über die Angelegenheit und die Möglichkeit der Anmietung eines Fahrzeuges gesprochen. Aufgrund der fehlenden Zusage zur Kostendeckung habe Sie den Geschädigten darauf hingewiesen, dass er einen Mietwagen auf eigenes Kostenrisiko anmieten würde. Seitens der Versicherung werden lediglich ein Betrag in Höhe von 46,00 Euro pro Tag erstattet. (…)
Da sich der Geschädigte demnach nicht auf ein günstigeres Mietwagenangebot der Beklagten verweisen lassen musste, bildet den Maßstab für die wirtschaftliche Erforderlichkeit (…) der am Markt übliche Tarif.“
(Amtsgericht Koblenz 152 C 147913/21 vom 20.01.2022)

Ob das Urteil rechtskräftig geworden ist, ist bisher nicht bekannt.

Fraunhofer 2021

Die Fraunhofer-Liste „Mietpreisliste Mietwagen Deutschland 2021“ ist erschienen. Auf 154 Seiten hat Fraunhofer die nach dort herrschender Meinung aktuellen Preise des Mietwagenmarktes 2021 veröffentlicht und erläutert.

An der Erhebungsmethode, die 2008 zusammen mit den deutschen Haftpflichtversicherern entwickelt wurde – hat sich nichts nennenswertes geändert. Grundsätzlich gibt es weiter zwei unabhängig voneinander durchgeführte Erhebungen, die bis heute wenig transparente Telefonbefragung und die ebenso undurchsichtige Interneterhebung. In beiden Fällen werden Fahrzeugpreise ohne branchenübliche Nebenleistungen auf eine nicht weiter bekannte Weise ermittelt und zunächst nach Acriss-Fahrzeuggruppen sortiert tabellarisch veröffentlicht.

Zusätzlich werden dieselben Werte nochmals in der Sortierung nach Schwacke-Mietwagenklassen veröffentlicht, da die Intension der Liste die Kfz-Schadenregulierung ist und hier nur Werte nach Schwacke-Klassen angewendet werden. Wohl zur allgemeinen Überraschung erklärt man hier erstmalig nach 13 Jahren transparent, mit welchem Trick man die Fahrzeuge letztlich auch in Schwacke-Klassen einsortiert. Hierüber wird noch ausführlich zu reden sein.

Im Ergebnis hat es Fraunhofer wegen der methodischen Schwäche der Fahrzeuggruppierung für die Mietwagengruppen 01, 02, 04, und weit überwiegend 11 (teilweise auch Gruppe 10 nur vereinzelt) keine Werte erheben können. Die Werte in den übrigen Mietwagenklassen sind im Bundesdurchschnitt im Vergleich zum Vorjahr um bis zu 44 % (Wochentarif bis zu 39,5 %) gestiegen. Meist liegt der Preisanstieg im Bereich um die 25 %, aber auch weit darunter und weit weg von den 50 Prozent Preissteigerungen, die das Statistische Bundesamt im August 2021 bereits amtlich festgestellt hat.

Es ist also wie immer, Fraunhofer lässt den Kommentator kopfschüttelnd zurück. Das selbst dann, wenn die ausgewiesenen Werte stark gestiegen sind und viel näher als vorher an den Schwacke-Werten liegen.

 

Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 4-22

Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 4-22

Amtsgericht Siegburg 103 C 13/21 vom 09.12.2021

1. Nach einer tatsächlichen Inanspruchnahme des Ersatzwagens erübrigt sich die Diskussion zum Nutzungswillen und zur Nutzungsmöglichkeit auch dann, wenn sich der Geschädigte im Anschluss kein Fahrzeug mehr anschafft.
2. Die Schätzung erforderlicher Mietwagenkosten erfolgt anhand des „Mittelwertes der Listen-Mittelwerte“.
3. Zur Ermittlung der erstattungsfähigen Mietwagenkosten ist zum Grundtarif ein 20%-Aufschlag wegen der Erforderlichkeit unfallbedingter Mehrleistungen hinzuzufügen.
4. Ein Abzug wegen ersparter Eigenaufwendungen des Geschädigten in Höhe von 4 Prozent ist ausreichend.
5. Die beklagtenseits gegen die Berechtigung der Mietwagenforderung vorgelegten alternativen Angebote sind nicht vergleichbar und daher nicht als konkreter Sachvortrag zu bewerten.
6. Kosten erforderlicher Nebenleistungen wie erweiterte Haftungsreduzierung, Zweitfahrergebühr und Fahrzeug mit Navigation sind von der Beklagten zu erstatten.

Zusammenfassung: Das Amtsgericht in Siegburg spricht der Klägerin aus abgetretenem Recht die restlichen Mietwagenkosten vollständig zu, ebenso den unfallbedingten Aufschlag und die Nebenkosten. Zuvor stellt das Gericht jedoch klar, dass im Regelfall auch dann an den Schädiger gerichtete Schadenersatzforderungen bzgl. Mietwagenkosten erstattungsfähig sein können, wenn sich der Geschädigte nach der Miete kein anderes Fahrzeug als Ersatz für seinen Unfallwagen anschafft.

Bedeutung für die Praxis: Das Gericht sagt aus, dass Nutzungswille und Nutzungsmöglichkeit für die Frage der Erstattungsfähigkeit konkret angefallener Mietwagenkosten unerheblich sind, da es dann um eine konkrete Abrechnung für tatsächlich erforderliche Ersatzmobilität nach einem Unfall geht. Es richtet den Blick also verstärkt auf die Nutzung des eigenen Fahrzeuges vor dem Unfall, abrupt beendet durch den Unfall und fortgesetzt mit dem Mietwagen. Ob der Geschädigte im Laufe der Schadenregulierung dann zum Zeitpunkt der Beendigung des Mietvertrages aus verschiedenen denkbaren Gründen zu der Entscheidung gelangt, sich kein neues Fahrzeug anzuschaffen, ist daher nicht relevant (bei üblichen Einschränkungen in der Frage ausreichenden Fahrbedarfs oder eines frei verfügbaren anderen eigenen und geeigneten Fahrzeuges). Die Richtigkeit dieser Auffassung stellt folgender Gedanke auf die Probe: Sofern sich während der Schadenregulierung herausstellt, dass es für den gewünschten Ersatzwagen finanziell nicht reicht (dann eben gar kein Auto mehr) oder der Geschädigte aus persönlichen Gründen zufällig gerade zu diesem Zeitpunkt, ob aus familiären oder gesundheitlichen Gründen, beschließt, kein Auto mehr fahren zu wollen, oder er zu der Einsicht kommt, dass draußen zu viele potentielle Schädiger herumfahren, dann kann ihm diese Entscheidung nicht zum Nachteil gereichen, indem er die Mietwagenkosten für 14 Tage Wiederbeschaffungszeitraum zzgl. Überlegungsfrist selbst bezahlen muss.
Das Gericht sieht mehrere mögliche Gründe für den Aufschlag. Neben der Eilbedürftigkeit sind das höhere Kosten des Vermieters im Zusammenhang mit der unklaren Anmietdauer und ein daraus resultierender erhöhter Verwaltungsaufwand und verschiedene finanzielle Risiken des Vermieters wegen fehlender Kaution und nicht erfolgter Vorauszahlung des Mieters.

 

Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 3-22

Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 3-22

Amtsgericht Köln 273 C 69/21 vom 11.02.2022

1. Die erforderlichen Mietwagenkosten zur Wiederherstellung der Mobilität des Geschädigten werden anhand des Mittelwertes der Listen von Schwacke und Fraunhofer geschätzt.
2. Da Fraunhofer keinen Modus ausweist, wird auf das arithmetische Mittel aus beiden Listen zurückgegriffen.
3. Die dem Gericht von der Beklagten gegen die Verwendung der Schwacke-Liste vorgelegten Internetscreenshots sind kein konkreter Sachvortrag.
4. Der Abzug für ersparte Eigenkosten ist mit 4 Prozent vom Grundpreis ausreichend bemessen.
5. Kosten erforderlicher Nebenleistungen zur Reduzierung der Haftung bei Mietwagenbeschädigung und für eine Zweitfahrer-Erlaubnis sind vom Schädiger zu erstatten.

Zusammenfassung: Das Amtsgericht Köln wechselt mit Blick auf das OLG Köln zur Schätzung der Mietwagenkosten mit fadenscheiniger Begründung auf die Mittelwert-Linie. Die trotzdem weiter vehement gegen die Verwendung der Schwacke-Liste im Rahmen der Mittelwertberechnung vorgetragenen Argumente der Beklagten werden als unkonkret zurückgewiesen. Kosten für eine Haftungsreduzierung und den Zweitfahrer sind vom Versicherer zu erstatten.

Bedeutung für die Praxis: Zunächst ist es bedeutsam zu wissen, dass sich die Amtsrichter in Köln auf die Verwendung des Mittelwertes Fracke verständigt haben. Inwieweit das am Landgericht Bestand haben wird, muss abgewartet werden. Dem Verfasser ist es jedoch wichtig, auf die Verzwickungen hinzuweisen, mit denen das Amtsgericht in seiner Urteilsbegründung kämpft. Die Argumentation der Beklagten mittels eingeholter Internetscreenshots wird mit tragfähigen Argumenten zurückgewiesen. So seien (1.) die Screenshots nur Auswahlfenster mit der Notwendigkeit für den Mieter, weitere Auswahlschritte zu gehen, um den Wagen zu reservieren. Es handele sich (2.) zudem nur um eine Mietanfrage des Interessenten per Internet, die vom Vermieter nicht angenommen werden muss. Die tatsächlichen Konditionen und Verfügbarkeiten ergäben sich (3.) erst nach einer Rückmeldung des Vermieters. Die Beispiele aus den Screenshots seien (4.) bezüglich des Fahrzeuges nicht hinreichend konkret, ohne eine Mietwagenklasse zum Vergleich mit dem vorhandenen schadenrechtlichen Anspruch. Unter anderem damit begründet das Amtsgericht seine Auffassung, dass die Internetscreenshots bei der Frage der Suche nach der verwendbaren Schätzgrundlage keine Rolle spielen können. Das führt jedoch zu der Frage, wo der Unterschied zur Methode der Erstellung der Fraunhofer-Liste liegen soll. Fraunhofer hat es doch genauso gemacht. Auch dort ist es derselbe Weg bis zum Vorliegen eines angeblichen Preisangebotes. Das Gericht müsste mit derselben Begründung, die es hier ja eindeutig und korrekt formuliert, auch die Anwendbarkeit der Internet-Tabellen der Fraunhofer-Liste ablehnen. Das Ergebnis des Verfahrens hätte auf die Begründung hinauslaufen müssen: „Eine Einheitlichkeit der Rechtsprechung ist nicht erzielbar, das Gericht verbleibt bei seiner Auffassung, dass die Fraunhofer-Werte für die Rechtsprechung nicht verwendbar sind, zumal Vorkasse, Kaution, Internetbuchung, Vorbuchung usw. Mietkriterien sind, die Geschädigte in der Regel nicht erfüllen können“. Doch das ist rechtspolitisch in Köln nicht mehr gewünscht. Auch zur Schwacke-Liste wird unbestätigtes Zeugs übernommen. Seit wann kann eine „etwaige“ Manipulation ein Urteilsgrund sein? Das Gericht hätte hier die Aufgabe gehabt, diese Etwaigkeit zu ergründen, zumal sie im krassen Gegensatz zur bisherigen Rechtsauffassung zur Schwacke-Liste steht. Das Urteil zeigt, dass sich die Rechtsprechung zu wenig mit den Tatsachen auseinandersetzt. Stattdessen wird über die eigene „umfassende Abwägung“ schwadroniert, die doch nur ein Ziel hat, das gewünschte Ergebnis zu begründen.

Leichte Beute: Haftpflichtversicherer sehr erfolgreich

Die deutschen Kfz-Haftpflichtversicherer betreiben Volksverdummung. Mit zunehmendem wirtschaftlichem Erfolg. Stichworte sind Autounfall, Schadenregulierung, GDV-Zentralruf, Schuldfrage, Augenhöhe, Regulierungsvorgabe sowie Rechtsrat/Rechtsanwalt, Mietwagen, Reparatur und Gutachten.

Erleidet jemand einen Schaden, ist er so zu stellen, als sei der Schaden nicht geschehen. Das ergibt sich aus den Grundsätzen des Schadenersatzrechts. Es stellt sich jedoch die Frage:

„Wie läuft eine Schadenregulierung aus Sicht des Unfallopfers auf eine für vollständigen Ersatz empfehlenswerte Weise ab?“

1. Ein Unfall mit erheblichem Blechschaden (geschätzte Kosten mindestens 1000 Euro) passiert, die Daten der Beteiligten (Name, Adresse, Fahrzeug inkl. Kennzeichen) werden ausgetauscht, der Schädiger teilt dem Geschädigten noch den Namen seines Haftpflichtversicherers mit. Danach geht man seiner Wege, denn mehr muss und sollte vor Ort nicht passieren.

2. Der Schädiger meldet den Schaden umgehend seinem Kraftfahrt-Haftpflichtversicherer.

3. Der Geschädigte nimmt Kontakt zu einem Fachanwalt für Verkehrsrecht auf, außerdem zu einer selbst gewählten Reparaturwerkstatt und zu einem Sachverständigen seines Vertrauens sowie zu einem naheliegenden Mietwagenunternehmen. Das alles mit dem Ziel, den Schaden schätzen, reparieren und regulieren zu lassen und währenddessen zu den notwendigen Kosten mobil zu bleiben. Die Dienstleister helfen ihm, fachlich und rechtlich auf Augenhöhe mit dem Haftpflichtversicherer des Unfallgegners zu agieren und keine finanziellen oder sonst wie materiellen Verluste zu erleiden (Siehe oben: „als wäre der Schaden nicht geschehen“, oder wie der Gesetzgeber in § 249 BGB formuliert, „…den Zustand herzustellen, der bestehen würde, wenn der zum Ersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre.“).

4. Nach Schätzung der Kosten und Reparatur des Schadens sendet der Rechtsanwalt die Schadenabrechnung an den Gegnerversicherer und der erstattet die Kosten der erforderlichen und transparent dargestellten Maßnahmen zur Wiederherstellung des vorherigen Zustandes.

Die Realität sieht leider immer häufiger so aus:

1. Unfall .. wie oben

2. Geschädigter fragt den Schädiger noch am Unfallort eindringlich nach den Kontaktdaten des Haftpflichtversicherers. Bestenfalls möchte er die kleine Versichertenkarte überreicht bekommen mit Versicherungsscheinnummer und Kontakt-Telefonnummer des Versicherers seines Unfallgegners. Er möchte den gegnerischen Versicherer am liebsten selbst noch vom Unfallort aus oder spätestens nach Heimkehr anrufen und den Schaden als Geschädigter „melden“. Der Versicherer soll das unbedingt schnell erfahren und mit seiner Regulierung beginnen, damit der Geschädigte wieder ruhig schlafen kann.
Oder der Schädiger ruft sofort den Versicherer an und der lässt sich noch am Unfallort den Geschädigten ans Telefon geben. Und wenn letzteres nicht mehr gelingt, telefoniert der Versicherer mit Ausdauer hinter dem Geschädigten her.

3. Der gegnerische Versicherer ist hocherfreut über diesen frühen Kontakt. Er wird von nun an alles tun, um die Höhe des Schadens auf ein Minimum zu drücken. In gewissen Grenzen ist das legitim, doch die Grenzen werden oftmals überschritten (siehe z.B. AG Coburg, Urteil vom 14.07.2017 – 15 C 696/17:  „Das Gericht nimmt aus einer Vielzahl hier geführter ähnlich gelagerter Rechtsstreitigkeiten irritiert zur Kenntnis, dass allgemeine Schadenersatzgrundsätze bei der beklagten Haftpflichtversicherung entweder unbekannt sind oder zu Lasten eines Unfallgeschädigten negiert werden…“).

4. Noch bevor feststeht, dass der eigene Versicherungsnehmer den Schaden allein verursacht hat und der Versicherer den Schaden vollständig regulieren wird müssen, wird er dem Geschädigten (für das Ergebnis am Ende bedeutsame) Vorgaben machen. Das wird er als telefonisches und später auch schriftliches Informations- und Hilfsangebot verpacken. So wird dem Unfallopfer ein dem Versicherer geneigter Schadengutachter anempfohlen, der sogleich, unproblematisch und kostenlos Kontakt aufnehmen und den Schaden besichtigen und nach Vorgaben des Versicherers mit dem Ziel einer Minimalkalkulation beziffern kann. Es wird auch empfohlen, das Fahrzeug direkt abholen und für den Geschädigten kostenlos repariert und gereinigt wieder vor die Tür stellen zu lassen. Ein Ersatzwagen ist natürlich auch dabei und einen Anwalt braucht es nicht, denn die Sache sei ja übersichtlich, Personenschäden seien zum Glück nicht zu beklagen und überhaupt kümmere man sich rührend um alles, damit der arme Geschädigte nach diesem Missgeschick unbesorgt und zufrieden in die Zukunft schauen kann. Wozu also der Anwalt?

5. Das sind die ersten Warnschüsse noch im Telefonat am Unfallort oder im anschließenden Schreiben: Die Kosten des Sachverständigen werden mit erfundenen Maximalbeträgen gedeckelt, ebenso die Kosten für den Mietwagen. Es wird die Vermittlung von Dienstleistern angeboten bzw. deren Kontaktdaten mit der Aufforderung mitgeteilt, sich dorthin zu wenden. Jedenfalls werde nicht mehr bezahlt, als die angegebenen Preise. Damit sind alles entscheidende Pflöcke eingerammt, die dann später von den Gerichten auch bestätigt werden. Denn der Geschädigte wird von nun an als hinlänglich informiert darüber angesehen, dass ihm durch Vermittlung des gegnerischen Versicherers Schadenersatzleistungen unter Marktpreisen zugänglich waren. Lehnt er das ab, verstößt er gegen seine Pflicht, den Schaden gering zu halten. Damit wird es schwierig, die üblichen Marktpreise zum Beispiel für den Mietwagen abzurechnen.

6. Warum den Anwalt von Anfang an? Wird später doch ein Anwalt benötigt, weil der Versicherer nun nicht mehr so freundlich ist, alles zu regulieren, wird dieser keine Freude daran haben, die Reste des Falles zusammenzukehren. Denn sein Honorar für die fast gleiche Arbeit ist durch seine späte Einschaltung auf ein Minimum geschrumpft. Ein guter Fachanwalt ist dann vielleicht schwieriger zu bekommen. Auch kann er so spät beauftragt nicht mehr alles erreichen. Teile des Schadens sind auf dem falschen Weg im Sand versickert.
Hilfreich ist es zu wissen, dass der Bundesgerichthof in einem Urteil aus 2019 zu dem Ergebnis kam, dass ein Geschädigter angesichts des Regulierungsverhaltens mancher Versicherer berechtigte Zweifel daran haben darf, dass der Versicherer ohne weiteres seiner Schadenersatzpflicht korrekt nachkomme. Diesem Urteil zufolge ist die Einschaltung eines Rechtsanwalts von Anfang an daher erforderlich (BGH, Urteil vom 29.10.2019 – VI ZR 45/19).
Das Oberlandesgericht Frankfurt urteilt, der ewige Streit um die berechtigte Schadenhöhe lasse „es geradezu als fahrlässig erscheinen, einen Schaden ohne Einschaltung eines Rechtsanwalts abzuwickeln.“ (OLG Frankfurt, Urteil vom 1.12.2014 – 22 U 171/13).

Ergebnis

Der Geschädigte kann sich nach einem solchen von ihm selbst aus Unwissenheit und Verunsicherung eingeleiteten Kontakt mit dem gegnerischen Versicherer sehr häufig nicht mehr frei entscheiden, wo und für welchen Marktpreis er den ihm entstandenen Schaden beheben lässt. Er erzeugt selbst das Risiko, Kosten zu erzeugen, die der Versicherer letztlich nicht bezahlen muss. Er fällt auf den noch immer guten Leumund der Versicherer und auf die Professionalität der Schadenregulierung herein, die doch nur ein Ziel hat, ihm so wenig wie möglich für den erlittenen Schaden zu erstatten.
(Einschränkung: Es ist nicht für jeden Fall auszuschließen, dass der Geschädigte zufrieden auf die Schadenregulierung zurückblickt, ggf. auch berechtigt oder weil er nicht weiß, was ihm zum vollständig regulierten Schaden fehlt. Nicht jeder Fall ist gleich und auch nicht jeder Versicherer ist gleich.)

Ergo, der betroffene Leser kann kann selbst entscheiden, ob er rechtzeitig die notwendigen Weichen stellen oder zur leichten Beute werden will. Diese Entscheidung kann ihm aber niemand abnehmen.

Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 2-22

Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 2-22

Landgericht Wiesbaden 14 S 132/20 vom 17.12.2021
(Vorinstanz Amtsgericht Wiesbaden 93 C 4381/19 vom 19.06.2020)

1. Die Berufung der beklagten Haftpflichtversicherung gegen die Schätzung der erforderlichen Mietwagenkosten des Erstgerichtes anhand des Mittelwertes aus Schwacke und Fraunhofer wird zurückgewiesen.
2. In Bezug auf vorgelegte Internetscreenshots bestätigt die Berufung die Auffassung der Erstinstanz, dass solche Angebote auch Teil der Mittelwert-Berechnung in der Schwacke-Liste sein können.
3. Die von der Beklagten eingeforderte Einholung eines Sachverständigengutachtens wird abgelehnt.
4. Dem Geschädigten obliegt keine allgemeine Erkundigungspflicht nach anderen und günstigeren Mietwagenangeboten.
5. Kosten der Ausstattung des Ersatzfahrzeuges mit Winterreifen sind erstattungsfähig.

Zusammenfassung: Das Landgericht Wiesbaden bestätigt ein Mietwagenurteil der Erstinstanz und weist die Angriffe der Beklagten gegen das Amtsgerichtsurteil als unkonkret und falsch zurück. Die Mittelwert-Methode wird in der Berufung bestätigt, ebenso die Erstattungsfähigkeit von Nebenkosten. Eine grundsätzliche Erkundigungspflicht des Geschädigten bestehe nicht.

Bedeutung für die Praxis: Die Beklagte hatte die Aktivlegitimation in der Berufungsinstanz nicht mehr infrage gestellt. Das Amtsgericht hatte keine Verstöße gegen einschlägige Rechtsgrundlagen gesehen. Der Auffassung der Beklagten, die Schwacke-Liste komme für eine Mittelwertbildung zur Mietwagenschätzung nicht in Betracht, wurde zunächst vom Erstgericht und dann auch vom Berufungsgericht eindeutig widersprochen. Das Erstgericht hatte vor allem eine Anwendung allein der Fraunhofer-Liste als problematisch angesehen. Die Beklagte hatte es versäumt, konkrete Auswirkungen der von ihr angeführten angeblichen Erhebungsfehler bei Schwacke auf den konkreten Fall darzulegen. Ihre Behauptungen zur Möglichkeit für den Geschädigten, einen Mietwagen günstiger anzumieten, erfolgten ins Blaue hinein. Die Kosten erforderlicher Nebenleistungen sind erstattungsfähig. Einen Aufschlag auf den Grundtarif hatte die Klägerin nicht geltend gemacht.

Hinweis: Das Gericht erkennt in den Internetbeispielen, die von der Beklagten hier in den Prozess eingebracht wurden, keine so große Anzahl von konkreten und günstigeren Vergleichsangeboten für einen Verdacht gegen den Werte aus der Schwacke-Liste. ABER: Es besteht anders herum die Möglichkeit, Internetscreenshots für den Gerichtsbezirk Wiesbaden für Kläger zur Verfügung zu stellen, um gegen die Anwendbarkeit der Fraunhofer-Werte eine Zahl von ca. 80 im Vergleich zu Fraunhofer viel teureren Mietwagen-Beispielen zur Verfügung zu stellen. Bei Interesse, damit die Anwendbarkeit der Fraunhofer-Liste für eine Mittelwertbildung infrage zu stellen, melde man sich bitte zur  Erstellung eines Gutachtens zum Internetmarkt Wiesbaden 2021. Solche Beispiele sind auch für über 60 weitere Städte und Regionen gesammelt und verfügbar.

Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 1-22

Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 1-22

Landgericht Berlin 54 S 7/21 vom 15.12.2021
(Vorinstanz: Amtsgericht Berlin-Mitte 124 C 317/20 V vom 25.05.2021)

1. Die Klägerin ist aus abgetretenem Recht aktivlegitimiert, da die Abtretung nicht wie beklagtenseits behauptet gegen das Transparenzgebot verstößt.
2. Die Anwendung der Formulierungen der Abtretung erfüllungshalber stellt auch keinen Verstoß gegen das Rechtsdienstleistungsgesetz dar.
3. Entgegen der Auffassung des Amtsgerichts kommt es nicht auf Zweifel an, ob der Geschädigte nicht auch hätte günstiger anmieten können. Statt dessen sind erforderliche Kosten nach §287 ZPO auf der Grundlage des § 249 BGB zu schätzen.
4. Der Schadenersatzanspruch wegen Mietwagenkosten ist nach der Mittelwert-Methode aus den Mittelwerten der Listen von Schwacke und Fraunhofer zu bemessen.
5. Kosten für Nebenleistungen wie Haftungsreduzierung, Zusatzfahrergebühr, Winterreifen und Navigation sind, wenn erforderlich und angefallen, vom Haftpflichtversicherer zu erstatten.
6. Außergerichtliche Rechtsanwaltskosten sind nicht erstattungsfähig, wenn dem Kläger bekannt gewesen sein muss, dass die Beklagte außergerichtlich nicht nachregulieren würde.

Zusammenfassung: Die Abtretung der Forderungsansprüche an den Autovermieter ist – anders als das Vorgericht meinte – wirksam vereinbart. Das AG Berlin-Mitte hatte aufgrund fehlerhafter Formulierungen einen Transparenzverstoß (§ 307 BGB) festgestellt. Die Schätzung erforderlicher Aufwendungen des Geschädigten erfolgt anhand des Mittelwertes. Auch die Kosten vereinbarter Nebenleistungen sind zu erstatten. Der Eigenersparnis-Abzug beträgt 10 Prozent.

Bedeutung für die Praxis: Das Landgericht widerspricht dem Amtsgericht in der Frage, ob die Abtretung der Schadenersatzforderung trägt. Das Erstgericht sah einen Verstoß gegen § 307 BGB, eine unangemessene Benachteiligung des Verbrauchers aufgrund intransparenter AGB-Klauseln. Doch sind die verwendeten Formulierungen laut Berufungsgericht nicht mehrdeutig und nicht unklar. Die Erläuterung der Konsequenzen der Abtretung folge unmittelbar aus dem Gesetz. Mithin ist das verwendete Formular nicht mit denjenigen Formularen zur Abtretung von Sachverständigenkosten vergleichbar, die vom BGH in zwei Verfahren als unwirksam beurteilt wurden. Auch eine Unwirksamkeit einer Zahlungsanweisung in demselben Formular habe keine Auswirkungen auf die Wirksamkeit der seprat formulierten Abtretungsvereinbarung.
Anders als bei andere Kammern des Landgerichtes wird der Normaltarif anhand des Mittelwertes geschätzt.
Die Erstattungsfähigkeit der Kosten der zwischen Vermieter und Geschädigtem vereinbarten Nebenleistungen wird Schritt für Schritt mustergültig begründet.
Der in Berlin noch immer vergleichsweise hohe Prozentsatz der Eigenersparnis-Abzüge wird fehlerhaft auf den Gesamtbetrag der Mietwagenforderung bezogen, anstatt lediglich und denklogisch auf den Grundbetrag des Normaltarifes (vgl. MRW 2021, 42 und 80 „kurz und praktisch“).
Wichtig erscheint die Klarstellung des Berufungsgerichts, dass die Vorhaltungen der Beklagten, der Geschädigte hätte auch günstiger anmieten können inkl. Verweis auf vorgelegte Internetscreenhots, keinen Verstoß gegen § 254 BGB (Schadenminderungspflichtverletzung) nachweisen. Denn dazu müsse laut Gericht bewiesen werden, dass dieses Angebot (aus 2020) dem Geschädigten in seiner konkreten Situation (2017) zur Verfügung gestanden hätte (Anmerkung: Und selbst dann hätte es ihm zusätzlich noch konkret bekannt sein müssen, damit er es – was dann ein Fehler gewesen wäre – hätte überhaupt ignorieren können).

Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 50-21

Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 50-21

Landgericht Düsseldorf 19 S 136/20 vom 01.07.2021
(Vorinstanz: Amtsgericht Düsseldorf 55 C 553/19 vom 28.08.2020)

1. Erforderliche Mietwagenkosten nach einem Unfall können anhand des Mittelwertes aus Schwacke und Fraunhofer geschätzt werden.
2.Von der Beklagten dagegen vorgebrachte Internetbeispiele sind kein konkreter Sachvortrag, der geeignet wäre, die Anwendbarkeit dieser Schätzung nach Fracke infrage zu stellen.
3. Gegen die Anwendung lediglich der Fraunhofer-Liste spricht deren Internetlastigkeit, die Unterstellung einer langen Vorbuchungsfrist bei der Preisrecherche sowie die Notwendigkeit des Einsatzes einer Kreditkarte für die zusammengetragenen Preise.
4. Gegen die Anwendbarkeit allein der Schwacke-Liste führt das Berufungsgericht (genauso falsch wie das OLG Düsseldorf) aus, dass hier keine Internetpreise berücksichtigt wurden.
5. Das Gericht widerspricht der Beklagten in ihrer Auffassung, der Geschädigte müsse es sich selbst anlasten lassen, wenn er einen Mietwagen nach einem Unfall nicht mit einer Kreditkarte begleichen könne.
6. Ein Abzug für ersparte Eigenaufwendungen des Geschädigten ist mit 5 % zu bemessen.

Zusammenfassung: Das Landgericht Düsseldorf spricht dem Autovermieter in der Berufung weiteren Schadenersatz wegen Mietwagenkosten im Rahmen Grundbetrag, Aufschlag und Nebenkosten zu. Zur Schätzung der erforderlichen Kosten wird der Grundbetrag anhand des Mittelwertes der Listen bestimmt. Der Eigenersparnis-Abzug beträgt 5 Prozent und Nebenkosten kommen hinzu.

Bedeutung für die Praxis: Das Urteil zeigt die aktuelle Linie der Düsseldorfer Gerichte auf, die nach dem Schwenk beim OLG Düsseldorf dem Fracke-Pfad folgen. Die Behauptungen der Beklagten wie zum Beispiel zur Vorfinanzierungspflicht des Geschädigten werden zurückgewiesen. Die Argumente gegen die Anwendbarkeit allein der Schwacke-Liste werden immer wieder wiederholt, was sie jedoch nicht richtiger macht. Da hier aber bereits das OLG Düsseldorf weit neben den Fakten lag, kann nichts anderes erwartet werden. Die von der Beklagten vorgelegten Internetbeispiele werden als unkonkreter Sachvortrag gekennzeichnet, doch die Begründung, dass sie sich auf einen späteren Zeitpunkt beziehen, stimmt bedenklich. Denn auch wenn sie den Anmietzeitpunkt betreffen würden, wären sie als Argument gegen die Anwendung der Schwacke- oder der Fracke-Liste untauglich. Denn einzelne Beispiele im unteren Preissegment sagen nichts darüber aus, ob es auch höhere Preise gibt und können keine Schlüsse auf den Mittelwert einer Schätzgrundlage rechtfertigen.
Der vom Erstgericht zugesprochene unfallbedingte Aufschlag auf den Grundpreis und die Berechtigung der Nebenkosten nach Schwacke wurden von der Beklagten im Berufungsverfahren nicht mehr thematisiert und daher vom LG Düsseldorf nicht in die Urteilsfindung einbezogen.

Vorschau MRW Ausgabe 4-2021

Die neue Ausgabe der MRW Mietwagenrecht§wi§§en des IV. Quartals 2021 wird in Kürze bei den Bestellern ankommen. Wir haben u.a. für Sie erarbeitet:

– zwei Fachaufsätze zu Kürzungsquoten nach VVG und zum neuen Kaufrecht
– vier aktuelle Urteile rund um die Vermietung nach Unfällen

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Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 49-21

Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 49-21

Landgericht Stendal 21 O 304/20 vom 23.04.2021

1. Eine überlange Mietdauer aufgrund der Einholung mehrerer auch vom Versicherer veranlasster Sachverständigen-Gutachten zum Fahrzeugschaden geht zu Lasten des Schädigers.
2. Dem Geschädigten ist kein Verstoß gegen die Schadenminderungsobliegenheit vorzuhalten, weil er die Fahrzeugreparatur nicht aus eigenen Mitteln vorfinanziert hatte.
3. Der Normaltarif erstattungsfähiger Mietwagenkosten wird anhand des Mittelwertes der Listen geschätzt.
4. Auf den Grundbetrag ist ein 20-prozentiger Aufschlag wegen unfallbedingter Mehrleistungen des Vermieters zu erstatten, da der Autovermieter den Mietzins vorfinanzieren musste.
5. Ein Abzug wegen ersparter Eigenaufwendungen ist mit 10 Prozent zu bemessen.

Zusammenfassung: Das Landgericht Stendal schätzt erforderliche Mietwagenkosten nach einem Verkehrsunfall mittels der Fracke-Methode als Mittelwert aus den Mittelwerten der beiden Listen Fraunhofer und Schwacke. Auf diesen Grundbetrag wird ein unfallbedingter Aufschlag in Höhe von 20 Prozent als gerechtfertigt angesehen. In Bezug auf die lange Mietdauer stellt das Gericht klar, dass die Beklagte für die Verzögerungen verantwortlich gewesen ist und auch gewarnt war, dass diese zu hohen Ausfallkosten führen würden.

Bedeutung für die Praxis: Das Erstgericht bestätigt seine bisherige Linie zur Anwendung der Schätzgrundlage erstattungsfähiger Mietwagenkosten. Geschätzt wird mit dem Mittelwert, aber ein Aufschlag kann gerechtfertigt sein, wenn der Vermieter vorfinanzieren muss. Insoweit ist das als absolut BGH-konform anzusehen. Einen breiten Raum im Urteil nimmt die Beantwortung der Frage ein, ob der Geschädigte durch eine sehr lange Mietdauer gegen seine Schadenminderungs-Obliegenheiten verstoßen hat. Das wird vor allem mit der Begründung verneint, dass die Beklagte selbst ausführlich im Bilde war und durch die Veranlassung mehrfacher Besichtigungen und Gutachten den Grund für die hohen Mietwagenkosten selbst zu vertreten hat. Der Warnpflicht war der Geschädigte nachgekommen und den Besichtigungswünschen der Beklagten ebenso. Anders als die Beklagte wohl dachte, stellte sich heraus, dass Vorschaden und Schaden gut abgrenzbar gewesen sind.

Zitiervorschlag: „Zur Rechtfertigung eines unfallbedingten Aufschlages“

„… Mehrkosten sind nur dann ersatzfähig, wenn sie spezifische, im Normaltarif nicht berücksichtigte Leistungen abdecken, etwa die Vorfinanzierung des Mietpreises durch den Autovermieter, eine 24stündige Rufbereitschaft, ein Bring- und Holdienst. Liegen solche Umstände vor, wird man in der Regel einen Zuschlag von 20 % annehmen können (vgl. Palandt, BGB, 80. Auflage, § 249 Rn. 33 mit weiteren Nachweisen).

… hat die Werkstatt den Mietpreis … vorfinanziert, sodann ein 20%iger Aufschlag gerechtfertigt ist.“
(Landgericht Stendal 21 O 304/20 vom 23.04.2021)

Hinweis:
Das Urteil wurde vom OLG Naumburg nach Einlegung der Berufung durch die Beklagte per Beschluss bestätigt (Az. 7 U 28/21). Sodann nahm die Beklagte ihre Berufung zurück.
Zitat OLG Naumburg zur Vorfinanzierungspflicht von Schadenkosten durch den Geschädigten:
„Die Beklagten überspannen die Anforderungen, soweit die meinen, der Kläger sei als Geschädigter verpflichtet gewesen, zur Schadensbeseitigung einen Kredit aufzunehmen. Es ist grundsätzlich Sache des Schädigers, die vom Geschädigten zu veranlassende Schadenbeseitigung zu finanzieren. Der Geschädigte hat Anspruch auf sofortigen Ersatz und ist nicht verpflichtet, den Schaden zunächst aus eigenen Mitteln zu beseitigen … Nur ausnahmesweise könnte eine solche Pflicht bejaht werden, wenn der Geschädigte sich diesen Kredit ohne Schwierigkeiten hätte beschaffen können…“
(Anmerkung: In einer Unfallsituation mit unklarem Regulierungsverhalten eines Gegnerversicherers wohl nachzu ausgeschlossen).

Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 48-21

Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 48-21

Landgericht Augsburg 45 S 3345/20 vom 22.10.2021
(Vorinstanz: AG Nördlingen 2 C 145/20 vom 29.07.2020)

1. Kann der Geschädigte nachweisen, dass ihm kein günstigeres Angebot zugänglich gewesen ist, sind die entstandenen Mietwagenkosten zu erstatten.
2. Ein Preisvergleich vor Anmietung ergab, dass andere Anbieter teurer als das vorliegende Angebot gewesen wären.
3. Darauf, dass das vorliegende Angebot höher lag, als ein nach § 287 ZPO zu schätzender erforderlicherer Betrag, kommt es dann mehr nicht an.
4. Es macht keinen Unterschied, ob sich der Geschädigte selbst und allein nach anderen Angeboten erkundigt oder er dazu Erläuterungen und Unterstützung vom Autovermieter erhält.

Zusammenfassung: Das Landgericht Augsburg spricht unter Abänderung des Urteils des Vorgerichtes die restlichen geforderten Mietwagenkosten als Schadenersatz vollständig zu. Der geforderte Betrag lag über einem Vergleichsbetrag der im Gerichtsbezirk angewendeten Schätzgrundlage. Da sich der Geschädigte mithilfe der Autovermietung nach anderen Angeboten erkundigt hatte und kein günstigerer Preis zu erzielen war, ist ein Verstoß des Geschädigten gegen die Schadenminderungspflicht zu verneinen und der Rechnungsbetrag für Ersatzmobilität vom Schädiger zu erstatten.

Bedeutung für die Praxis: Die Anwendung einer Schätzgrundlage unterstellt, dass die erhobenen Preise am örtlichen regionalen Mietwagenmarkt zugänglich sind. Gerichte setzen das voraus. Den Geschädigten bzw. der Klägerseite obliegt es, im konkreten Fall das Gegenteil zu beweisen. Da der Geschädigte keine konkreten Kenntnisse der örtlichen Verhältnisse und zur Rechtsprechung hat und zumeist auch nicht anwaltlich vertreten sein dürfte, kann der Autovermieter im eigenen Interesse an seiner Seite stehen. Erkundigen sich Geschädigter und ein Vertreter des Vermieters gemeinsam und für den Geschädigten transparent nach den aktuellen Anmiet-Möglichkeiten am örtlichen regionalen Markt, ist einer eventuellen Erkundigungspflicht Genüge getan. Das Landgericht Augsburg lässt das Ergebnis einer Preisrecherche bei den beiden marktstärksten Anbietern der Region als ausreichend gelten.
Die entscheidende Frage über den Einzelfall hinaus dürfte lauten: Was bedeutet es, wenn der Geschädigte aufgrund eines vermeintlich zu teuren Angebotes ein günstigeres Marktangebot sucht und nur teurere Angebote findet? Ist dann die Sondersituation des § 254 BGB eingetreten, dass ihm kein Verstoß gegen seine Schadenminderungsobliegenheit vorzuwerfen ist ODER ist das ein Beleg für Zweifel an den niedrigen Werten einer nach BGH-Auffassung verwendbaren Schätzgrundlage Fraunhofer? Die Methode Fraunhofer ist im Interesse der Versicherungswirtschaft entwickelt. Lange Vorbuchungsfrist, Unklarheiten bei Mehrfachnennungen und Stationsauswahl, Dienstleistungsumfang usw. verhindern höherer Preise oder die Feststellung nicht vorhandener Fahrzeuge. Doch kann es nicht Aufgabe des Geschädigten sein, wenn er lediglich höherpreisige Angebote erhält, von sich aus die Beweise zu sammeln, die ihm den Schadenersatz des Schädigers sichern. Das kann ihn lediglich treffen, wenn der Preis der angebotenen Ersatzmobilität „mehrfach überhöht“ ist (BGH). Hier widerspricht sich der BGH und er würde es selbst erkennen, wenn er sich mit der Fraunhofer-Liste und der Erhebungsmethode endlich eingehender befassen würde. Wären die Werte in der Fraunhofer-Liste korrekt, würden diese dem Geschädigten ja auch immer und überall zur Verfügung stehen. So ist es aber nicht, wie dieser Fall zeigt.

Desinfektions-Pauschale beim Mietwagen

Die Reinigung und Desinfektion von Mietfahrzeugen aufgrund der Gefahren einer Übertragung von Corona-Viren ist eine branchenübliche Notwendigkeit. Und dadurch entstehen Kosten, die die Anbieter an den Mieter weitergeben können. So kommen dann auch Gerichte, welche die Höhe erstattungsfähiger Mietwagenkosten  nach einem Unfall zu beurteilen haben zu dem Schluss, dass der Schädiger-Versicherer solche Kosten zu erstatten hat, wenn die im Rahmen der Ersatzmobilität angefallen sind.

Das AG Buchen hat so entschieden mit der Begründung:
– es handele sich um unfallbedingte Aufwendungen
– es handelt sich nicht um höhere Gewalt
– die Desinfektion der Kunde auch erwarten
– Desinfektion ist ein taugliches Mittel zur Corona-Bekämpfung und
– mithin sind die Desinfektionskosten Teil der erforderlichen Kosten.

(AG Buchen 1 C 165/21 vom 04.11.2021, siehe BAV-Urteilsdatenbank)

Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 47-21

Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 47-21

Amtsgericht Nürnberg 13 C 98/20 vom 27.04.2021

1. Der Schadenersatzanspruch nach Ersatzanmietung eines Kfz wird mittels Schwacke-Liste geschätzt.
2. Aufgrund der offenen Anfrage durch Schwacke wird ein Abschlag von 17 Prozent vorgenommen.
3. Die Verwendbarkeit der Fraunhofer-Liste zur Schätzung der erforderlichen Mietwagenkosten nach einem Unfall wird grundsätzlich verneint.
4. Die von der Beklagten vorgelegten Internet-Screenshots sind mit der erhaltenen Mobilitätsleistung nicht vergleichbar.
5. Es ist aus Sicht des Gerichtes mangels konkreten Sachvortrages nicht geboten, ein Sachverständigengutachten zur Frage der angemessenen Mietwagenkosten einzuholen.
6. Ein Abzug für ersparte Eigenkosten erscheint in Höhe von 3 Prozent als angemessen.

Zusammenfassung: Das Amtsgericht Nürnberg schätzt wie im Gerichtsbezirk üblich weiterhin mittels Schwacke bei Berücksichtigung eines prozentualen Abschlags. Die Verwendbarkeit der Ergebnisse der Fraunhofer-Liste wird verneint. Die von der Beklagten vorgelegten – mit dem Fall nicht vergleichbaren –  Internetscreenshots lassen nicht den Schluss zu, dass die Schwacke-Liste nicht verwendbar wäre.

Bedeutung für die Praxis: Die Begründung für einen Abschlag der Nürnberger Gerichte fehlt gänzlich oder es lautet etwa wie hier lediglich „aufgrund der offenen Anfrage“. Das hat noch nie eingeleuchtet. Denn was heisst das überhaupt? Im Vorwort der Schwacke-Liste steht eindeutig, dass die Unternehmen nicht um das Ausfüllen eines Fragebogens gebeten werden, sondern um Zusendung offizieller Preislisten oder Nennung der Internetandresse ihrer für Kunden sichtbaren Online-Preislisten. Diese Daten würden von Schwacke auch nach anerkannten statistischen Methoden überprüft, so steht es schwarz auf weiß.
Als konkrete Mängel der Ergebnisse der Fraunhofer-Erhebung nennt das Gericht den Punkt, dass die Berücksichtigung von Internetpreisen einen Sondermarkt betreffe, der laut BGH nicht mit dem allgemeinen Mietwagenmarkt vergleichbar sein muss. Des Weiteren seien die ausgewiesenen Regionen mit 2-stelligen PLZ-Gebieten zu undifferenziert.

Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 46-21

Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 46-21

Landgericht Berlin 42 S 64/21 vom 25.10.2021 (Beschluss)
(Vorinstanz: Amtsgericht Berlin-Mitte 107 C 3209/19 vom 06.07.2021)

1. Die Berufung der Beklagten hat offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg, da weder eine Rechtsverletzung vorliegt, noch relevante Tatsachen eine andere Einschätzung rechtfertigen könnten.
2. Die Aktivlegitimation der Klägerin wird bestätigt. Es liegt kein Verstoß gegen das Rechtsdienstleistungsgesetz und auch nicht gegen das Transparenzgebot für AGB vor.
3. Die erstinstanzliche Schätzung der erforderlichen Mietwagenkosten mittels  Schwacke-Liste ist nicht zu beanstanden.
4. Der Verweis der Beklagten auf niedrigere Werte der Fraunhofer-Liste begründen keinen Zweifel an einer anderen Schätzgrundlage.
5. Die von der Beklagten aufgezeigten Internetangebote sind mit der konkreten Anmietung in Bezug auf Ort, Zeit und Inhalt nicht vergleichbar.

Zusammenfassung: Die Berufungskammer des Landgerichts Berlin hat die Aktivlegitimation des Klägers bestätigt. Das Rechtsdienstleistungsgesetz erlaubt die Geltendmachung abgetretener Mietwagenforderungen als Nebenleistung zur Autovermietung. Auch ein Verstoß gegen die Regeln zur Transparenz von Allgemeinen Geschäftsbedingungen sei im Fall des vorgelegten Abtretungsformulars nicht erkennbar. Und die erstinstanzliche Schätzung mittels der Werte der Schwacke-Liste sei nicht zu beanstanden und mit den Argumenten der Beklagten pro Fraunhofer und anhand vorgelegter Internetscreenshots nicht angreifbar.

Bedeutung für die Praxis: Noch immer versuchen es Haftpflichtversicherer, eine Abtretung des Schadenersatzanspruches zu torpedieren, indem sie auf die Normierung von Rechtsdienstleistungsangeboten verweisen und falsch auslegen. Dabei hatte dazu der BGH schon vor ungefähr 10 Jahren anders geurteilt. Folgerichtig hat das Landgericht Berlin diese Rechtsauffassung der Beklagten in ausführlichen Worten zurückgewiesen.
Auch dem Versuch der Beklagten, einen Verstoß gegen die Transparenzpflicht bei der Abfassung von Abtretungsformularen zu konstruieren, erteilt das Berufungsgericht ein Absage.
Die Anwendung der Schwacke-Liste als Schätzgrundlage für die erstattungsfähigen Mietwagenkosten nach einem Unfall wird mit dem Hinweis bestätigt, dass der übliche Vortrag der Beklagten mittels Fraunhofer und Internetbeispielen zu unkonkret ist.

Während Corona Eratzwagen auch bei geringem Fahrbedarf

Die Corona-Situation ändert auch die eine oder andere jahrelang als gefestigt angesehene Antwort auf Fragen in der Schadenregulierung.

So gilt eine Grenze der von einem Geschädigten durchschnittlich pro Tag gefahrenen Kilometern, unter welcher die Rechtsprechung urteilt, dass der Geschädigte (grundsätzlich, mit Ausnahmen) keinen Mietwagen hätte nutzen dürfen, sondern sich zum Beispiel mit Taxifahrten behelfen müsse. Diese Grenze wird bei 20 km pro Tage gesehen. Doch während der Corona-Pandemie gilt diese nicht. Denn es ist einem Geschädigten nicht zuzumuten, anstatt mit einem Auto selbst und risikolos zu fahren, in ein Taxi, Zug oder Bus zu steigen. Er muss ein erhöhtes Risiko einer Ansteckung nicht akzeptieren. 

Dazu beispielhaft ein Gerichtsurteil des AG Nürnberg vom 15.10.2021 (Az. 23 C 4061/21): https://www.gesetze-bayern.de/Content/Document/Y-300-Z-BECKRS-B-2021-N-31255?hl=true

Liste Urteile Juli-Oktober 2021

Von Juli bis Oktober 2021 wurden uns (lediglich) 69 Urteile zur Verfügung gestellt. Wir möchten uns bei den Einsendern bedanken. Die Urteile wurden oder werden noch bearbeitet und mit einer Kommentierung versehen in der der BAV-Urteilsdatenbank für die Mitglieder des BAV veröffentlicht.

LG Oldenburg  Beschluss

13 S 39/20

20.04.2020

S+ / F-

Melchers + Partner, Nordenham

AG Hannover

516 C 12617/20

12.05.2021

Mittelwert

Rieche & Schott, Hamburg

AG Sinzig

14 C 578/20

12.05.2021

S+ / F-

RA Wenning, Bonn

AG Köln

274 C 21/20

20.05.2021

S+ / F- / Abtretung

Rieche & Schott, Hamburg

AG Salzgitter

24 C 465/20

14.06.2021

Mittelwert / DV-

Rischmüller + Seide, Braunschweig

AG Köln

270 C 29/21

23.04.2021

S+ / F- / DV-

RA Rötz, Olpe

...

Bitte stellen Sie uns die Ihnen vorliegenden Urteile auch in Zukunft zur Verfügung.

OLG Karlsruhe zur Frage der Aktivlegitimation nach Teilregulierung

Das OLG Karlsruhe hat in der Frage der Gültigkeit einer Forderungsabtretung nach vorheriger Teilregulierung nachgelegt. Bereits mit Urteil vom 01.02.2013 (Az.1 U 130/12) hieß es, dass der Kfz-Haftpflichtversicherer des Schädigers die Erforderlichkeit der Anmietung eines Mietwagens als solche, die Mietdauer und bestimmte Einzelpositionen nicht mehr bestreiten könne, wenn er auf Grund der ihm vorgelegten Rechnung des Autovermieters dem Geschädigten ein Abrechnungsschreiben übersandt hat, in dem er einen Teilbetrag der geltend gemachten Mietwagenkosten „anerkannt“ oder für „berechtigt“ erklärt und entsprechende Zahlungen geleistet hat.

Nun ging es in einem anderen Fall um einen Schadenersatzanspruch aus Kaskovertrag. Das OLG befand, dass eine Berufung auf das Abtretungsverbot aus den AKB nicht möglich sei, wenn sich der Versicherer außergerichtlich bereits auf eine Abwicklung eingelassen habe.

Zitat:

Die Berufung auf das Abtretungsverbot ist gemäß § 242 BGB unbeachtlich, wenn sie nicht durch ein im Zweckbereich der Norm liegendes Interesse gedeckt ist (vgl. Prölss/Klimke, VVG, 31. Auflage 2021, A.2.7 AKB 2015, Rn. 12; BGH, VersR 1983, 945 [BGH 13.07.1983 – IVa ZR 226/81]). Das Verbot – beziehungsweise der Genehmigungsvorbehalt – soll erreichen, dass es der Versicherer bei der Abwicklung eines Schadensfalls nur mit seinem Vertragspartner und nicht mit einem beliebigen Dritten zu tun hat (BGH, a. a. O.). Ein solches Interesse ist allerdings nicht ersichtlich, wenn sich der Versicherer außergerichtlich bereits auf eine Abwicklung des Versicherungsfalls mit einer Zessionarin eingelassen hat, ohne auf Bedenken gegen die Wirksamkeit der Abtretung hinzuweisen (vgl. BGH, VersR 1960, 300, 301). So liegt der Fall hier: Im vorprozessualen Schriftverkehr war die Beklagte bereit, den Versicherungsfall mit der Klägerin als Zessionarin abzuwickeln (vgl. die Anlagen K 5, K 6, K 7 und K 8). In diesem Fall ist der Beklagten eine Berufung auf das Abtretungsverbot im anschließenden Prozess verwehrt.

Siehe bei Bedarf auch das Urteil vom 01.06.2021 – 9 U 54/19: https://www.iww.de/quellenmaterial/id/224087

Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 45-21

Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 45-21

Amtsgericht München 241 C 1682/21 vom 11.08.2021

1. Der Mietzinsanspruch der Klägerin gegen den Mieter ist nicht dadurch erloschen, dass der Beklagte mit einem Schadenersatzanspruch aufgrund Pflichtverletzung und mangelnder Aufklärung gegenrechnen kann (c.i.c. culpa in contrahendo).
2. Der Klägerin oblag gegenüber dem Mieter keine Aufklärungspflicht für die Gefahr, dass die gegnerische Haftpflichtversicherung eventuell nur einen Teil des Mietzinses als Schaden anerkennen werde.
3. Denn die Klägerin hat überobligatorisch gemeinsam mit dem Beklagten Preisrecherchen durchgeführt. Daher stand fest, dass dem Mieter und Geschädigten kein günstigeres Angebot zur Verfügung stand.
4. Die erstattungsfähigen Mietwagenkosten sind anhand der Schwacke-Liste zu schätzen. Die Fraunhofer-Liste kommt wegen ihrer Internetlastigkeit und der Vorlaufzeit der Preisanfragen dafür nicht in Betracht.

Zusammenfassung: Das Amtsgericht München spricht einem Autovermieter restliche Mietwagenkosten aufgrund Anmietung nach einem Verkehrsunfall zu. Zur Bestimmung der Angemessenheit der Kosten wendet das Gericht die Schwacke-Liste an. Die Fraunhofer-Liste hält es bei einer wie hier typischen Unfallsituation aus mehreren Gründen für nicht tauglich. Eine gemeinsam mit dem Mieter erfolgte Preisrecherche hatte ergeben, dass regionale Stationen üblicher Internetanbieter kein günstigeres vergleichbares Fahrzeug angeboten haben und damit die angeblichen Internetpreise laut Fraunhofer unrealistisch gewesen sind.

Bedeutung für die Praxis: Der Kläger ruft Preise im Rahmen der Schwacke-Liste auf. Das ist sein Normaltarif. Bei der Vermietung nach einem Unfall versucht er, sich mit Preiserkundigungen und deren Dokumentation abzusichern. Diese werden im Beisein und im Namen des Geschädigten vor der Anmietung durchgeführt. Damit wird von vornherein geklärt, dass die erwarteten späteren Behauptungen der eintrittspflichtigen Haftpflichtversicherung falsch sind. Denn regelmäßig wird vom Versicherer später auf Fraunhofer verwiesen und werden gesammelte billige Internetscreenshots nachgeschoben. In München hat das zur nahezu vollständigen Etablierung der Fraunhofer-Linie geführt. Dem konnte hier erfolgreich begegnet werden.
Nicht nachvollziehbar ist in diesem Fall, dass das Gericht die Ergebnisse der Preiserkundigung akzeptiert und dann den Schadenersatzanspruch trotzdem nach § 287 schätzt. Mit dem gleichen Ergebnis wäre es auf der Basis der Preisrecherche schadenrechtlich korrekt gewesen, den Rechnungsbetrag zuzusprechen, ohne ihn an einer Liste zu bemessen. Auch dann wäre klar geworden, dass die von Fraunhofer als Normalpreis dargestellten Erhebungsergebnisse im konkreten Fall keine Regulierungsgrundlage sein konnten.
Die Autovermietung hat gegen den Mieter/Geschädigten und die Schädigerversicherung (Streithelferin des Geschädigten) prozessiert. Somit muss sich die Schädigerversicherung am Ausgang des Verfahrens festhalten lassen. Der Geschädigte hat daher im Ergebnis selbst keinen Mietzins zu zahlen, denn der ausgeurteilte Betrag ist in der Höhe identisch mit dem Schadenersatzbetrag, zu dessen Zahlung die Schädigerversicherung verurteilt wurde.
Das Urteil ist rechtskräftig.

Hinweis: Wer sich darüber hinaus für die Rechtsprechung in München interessiert oder gewillt ist, mit tragfähigen Argumenten gegen die dort verbreitete Fraunhofer-Meinung anzugehen, dem sei die Bestellung eines Gutachtens empfohlen. Mit konkreten hier vorliegenden Internetbeispielen aus 2020 lässt sich die Frage beantworten, ob die Fraunhofer-Schätzwerte überhaupt der Realität entsprechen können. LINK zur weiteren Information: Gutachten zu Fraunhofer 2020

Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 44-21

Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 44-21

Amtsgericht Berlin-Mitte 4 C 46/20 vom 10.06.2021

1. Der erforderliche Geldbetrag zur Anmietung eines Kraftfahrzeuges nach erlittenem Unfallschaden kann mittels der Schwacke-Liste Automietpreisspiegel geschätzt werden.
2. Zur Rechtsprechung des 22. Senats des Berliner Kammergerichts ist festzustellen, dass lediglich eine Anwendung der Fracke-Liste im Einzelfall nicht beanstandet wurde. Die Anwendbarkeit der Schwacke-Liste ist davon nicht berührt
3. Dem Geschädigten obliegt keine generelle Erkundigungspflicht nach günstigeren Tarifen.
4. Ein Abzug für ersparte Eigenkosten entfällt bei klassenniedrigerer Anmietung.
5. Auch die Kosten erforderlicher Nebenleistungen für eine erweiterte Haftungsreduzierung, Winterreifen, Anhängezugvorrichtung, Navigationssystem, Zusatzfahrererlaubnis und Zustellen/Abholen sind erstattungsfähig.
6. Die Kosten der vorgerichtlichen anwaltlichen Tätigkeit sind Teil des zu ersetzenden Schadens.

Zusammenfassung: Das Amtsgericht Berlin wendet zur Klärung der Höhe erstattungsfähiger Mietwagenkosten die Schwacke-Liste an. Ein Abzug für Eigenersparnis wird verneint. Kosten für eine ganze Reihe von Nebenleistungen werden ebenso zugesprochen. Insgesamt erhält der Autovermieter aus abgetretenem Recht die gesamte Summe seiner Forderungen, die unterhalb der Schätzgrundlage liegen.

Bedeutung für die Praxis: Das Berliner Gericht hat richtiger Weise klargestellt, dass das Kammergericht in einer Entscheidung vom 08. Mai 2914 (Az. 22 U 119/13) nicht gemeint habe, dass von nun an nur noch eine Mittelwert-Schätzung „Fracke“ in Betracht komme. Das Berliner OLG habe lediglich eine vorinstanzliche Fracke-Entscheidung aufgrund des vorliegenden Klägervortrages nicht beanstandet. Und das ist etwas ganz anderes.
Die Amtsrichterin hat des weiteren festgestellt, dass eine Verpflichtung zur Erkundigung durch den Geschädigten nach günstigeren Alternativen nicht generell bestehe. Diese komme allenfalls beim Vorliegen eines um ein Vielfaches überhöhten Angebotes in Betracht.

 

HUK vermietet Autos

Die HUK Coburg macht Erfahrungen mit der Versicherung von Mietfahrzeugen. Auch ein HUK-Auto-Abo ist in Betrieb. Diese Aktivitäten führen derzeit dazu, dass die HUK auf Nachfrage auch einen Betrieb einer eigenen Sharing-Flotte nicht ausschließt. Das alles ist nichts anderes, als ein Haftpflichtversicherer mit einem eigenen Zweig der Autovermietung.

Jetzt stelle man sich vor, die HUK ist gleichzeitig:
– zahlungsverpflichteter Haftpflichtversicherer in einem konkreten Fall,
– Betreiber einer Reparaturwerkstatt,
– Lieferant der Ersatzteile, wenn durchsetzbar nicht original oder gar gebraucht,
– Versicherer einer Mietflotte und
– Betreiber einer Mietflotte, die zur Ersatzmobilität des Anspruchstellers/Geschädigten eingesetzt werden kann.

Das ist für alle vermietenden und reparierenden Betriebe keine gute Vorstellung. Grundsätzlich arbeiten Versicherer immer intensiver daran, den Autofahrer über den Versicherungsbedarf hinaus mit konkreten eigenen Dienstleistungen anzusprechen. HUK, HDI und LVM haben dazu bereits eine Plattform „Prisma“ entwickelt, über die in Zukunft viele Dienstleistungen angeboten werden, die Autofahrer benötigen könnten. Langfristig wird auch das dem Kfz-Gewerbe weh tun, weil nur derjenige in diesem Kreis mitspielen darf, der sich den Regeln der Schädigerseite unterwirft. Derzeit heißt das wohl: „Arbeiten zum halben Preis“.

Daher kommt es darauf an, den Autofahrer zu sensibilisieren, dass der Unfallgegner und dessen Versicherer nie seine Interessen vertreten wird und er es im Augenblick nach dem Unfall allein in der Hand hat, sich die richtigen Partner für die korrekte und angemessene Schadenregulierung zu sichern, zuerst über seine Werkstatt und einen eigenen Fachanwalt für Verkehrsrecht, dann über den Kfz-Sachverständigen und den von der Werkstatt empfohlenen Autovermieter.

Die Versicherer sind da eher der Wolf im Schafspelz. Aber wer versteht das schon, wenn er statistisch alle 7 Jahre einen Unfall hat und der Gegner-Versicherer ihn freundlich anspricht? Das ist das Problem.

Schwacke 2021 verfügbar

Die Firma eurotaxSchwacke hat den Automietpreisspiegel 2021 in seine Online-Datenbank SchwackeNet eingestellt.

Ein erster Blick auf den Bundesdurchschnitt der Mietwagenklassen verrät, dass sich nahezu nichts geändert hat. Das arithmetische Mittel der ca. 6.000 befragten Vermieter ergibt in den Mietwagenklassen 01 bis 05 eine homöopatische Steigerung und in den Klassen 06-10 genau das Gegenteil, ein kaum merkliches Absinken der Durchschnittswerte.

Die Kosten der Nebenleistungen sind ebenso auf dem Niveau des Vorjahres.

Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 43-21

Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 43-21

Landgericht Münster 3 S 2/21, Urteil vom 14.10.2021
(Vorinstanz Amtsgericht Münster 7 C 1811/20 vom 22.12.2020)

1. Das Berufungsgericht begründet ausführlich, warum die Formulierung der verwendeten Abtretung keinen Verstoß gegen das Transparenzgebot darstellt und keine unangemessene Benachteiligung des Verbrauchers vorliegt.
2. Die Schätzung der erforderlichen Mietwagenkosten erfolgt anhand des Mittelwertes aus Fraunhofer und Schwacke.
3. Auf den Grundpreis ist ein Aufschlag wegen unfallbedingter Mehrleistungen in Höhe von 20 Prozent angemessen.
4. Wegen ersparter Eigenaufwendung bei Mietwagennutzung über 1000 km erfolgt ein Abzug von 10 Prozent.
5. Für erforderliche Nebenleistungen bzgl. Haftungsreduzierung, Zustellen und Abholen, Winterreifen, Zusatzfahrer sind die abgerechneten Kosten erstattungsfähig, welche hier unterhalb der Mittelwerte aus der Schwacke-Liste liegen.

Zusammenfassung: Das Berufungsgericht hebt eine Entscheidung des Amtsgerichts auf, das mit Blick auf das Abtretungsformular die Aktivlegitimation der klagenden Partei verneint hatte. Die Linie des Gerichts Mittelwert + Aufschlag + Nebenkosten wird trotz aller Bemühungen des Gegnerversicherers beibehalten.

Bedeutung für die Praxis: Der Streit um die korrekten Formulierungen von Abtretungen geht weiter. Die Versicherer haben im Verbraucherrecht eine leicht bespielbare Wiese gefunden, berechtigten Ansprüchen zu begegnen. Das eine oder andere Gericht steigt darauf ein. Daher sind konkrete und ausführliche Begründungen von Berufungsgerichten besonders interessant, die in den Abtretungsformulierungen keinen Rechtsverstoß erkennen können. Das Zusprechen des unfallbedingten Aufschlages begründet das Gericht vornehmlich mit der Vorfinanzierung des Schadenersatzanspruches (übrigens länger als vier Jahre) durch den Vermieter und Kläger und dem Verzicht des Vermieters auf Sicherheitsleistungen des Mieters, damit dieser nach dem unverschuldeten Unfall zu den Sonderbedingungen der Ersatzmobilität über ein Fahrzeug verfügen konnte, so wie vor dem Unfall.

Zitiervorschlag: „Kein Verstoß gegen Transparenzgebot des 307 BGB“

„Das erstinstanzliche Gericht hat die Aktivlegitimation der Klägerin zu Unrecht verneint. Die Abtretungsvereinbarung zwischen dem Geschädigten und der Klägerin ist wirksam. Sie verstößt insbesondere nicht gegen§ 307 Abs. 1 und 2 BGB. (…)
Gemäß § 307 Abs. 1 s. 2 BGB benachteiligt eine Bestimmung in Allgemeinen Geschäftsbedingungen den Vertragspartner des Verwenders dann unangemessen, wenn die Bestimmung nicht klar und verständlich ist. Der Verwender ist daher verpflichtet, die Regelung und ihre Rechtsfolgen so darzustellen, dass die Rechte und Pflichten der Vertragspartner möglichst klar und durchschaubar sind und dem Verwender keine ungerechtfertigten Spielräume bleiben (BGH NJW 2004, 1738; NJW 2008), (…) Die Klausel muss verständlich formuliert sein und die korrespondierenden Nachteile und Belastungen müssen ebenfalls klar erkennbar sein. Dabei kann sich eine Intransparenz auch aus einer Betrachtung der Gesamtregelung ergeben (…)
Die Klausel erfüllt diese Anforderungen. Sie verstößt insbesondere nicht gegen das Transparenzgebot gemäß § 307 Abs. 1 S. 2 BGB.
Ein Verstoß hiergegen ergibt sich schon nicht daraus, dass die Klausel nicht ausdrücklich den Verbleib der abgetretenen Forderung regelt, falls die Klägerin keine Erfüllung durch den Schädiger oder dessen Versicherung erhält, beziehungsweise die Klägerin durch den Geschädigten selbst befriedigt wird.
Bei jeder Sicherungsvereinbarung ergibt sich aus den Grundsätzen allgemeiner Vertragsauslegung (§§ 133, 157 BGB) auch ohne ausdrückliche Regelung ohne Weiteres ein vertraglicher Rückübertragungsanspruch, etwa bei Wegfall des Sicherungszweckes. Dies ist auch auf erfüllungshalber abgetretene Ansprüche für den Ausgleich von Mietwagenkosten beim Verkehrsunfall zu übertragen (…). Aus dem vorliegenden Vertrag folgt automatisch ein Rückübertragungsanspruch hinsichtlich des abgetretenen Schadensersatzanspruchs (vgl. zum Grundsätzlichen nur BGH, Großer Senat für Zivilsachen, NJW 1998, 671, (672/673).
Aus der Entscheidung des BGH vom 18.02.2020 (Az. VI ZR 135/19), ergibt sich nichts anderes.
Der BGH hat dort zwar eine Abtretungsklausel wegen eines Verstoßes gegen § 307 Abs. 1 S. 2 BGB für unwirksam erklärt, die beurteilte Klausel war allerdings in einem entscheidenden Punkt abweichend ausgestaltet.
(…)
Die getroffene Regelung zur verbleibenden Zahlungsverpflichtung für den Fall, dass die Versicherung nicht in angemessener Zelt und Höhe leistet, ist ebenfalls nicht unklar. Die Klägerin darf sich erst dann an den Geschädigten als eigentlichen Vertragspartner wenden, wenn die Durchsetzung gegenüber der Beklagten Versicherung und dem Schädiger endgültig scheitert.  Denn  mit  der  Abtretung  erfüllungshalber ist  eine Stundung  des  zu  Grunde liegenden vertraglichen Anspruchs verbunden (…)
Auch der BGH hat mehrfach die von der Klägerin verwendete Klausel als wirksam und insbesondere nicht intransparent erachtet (ua. BGH, Urteil vom 31.01.2012 – VI ZR 143/11; Urteil vom 05.03,2013 – VI ZR 8/12).“

(Landgericht Münster 3 S 2/21, Urteil vom 14.10.2021)

Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 42-21

Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 42-21

Amtsgericht Bonn 114 C 532/20 vom 15.06.2021

1. Der Geschädigte hat, anders als die Beklagte es behauptet, nicht gegen seine Schadenminderungs-Obliegenheit verstoßen.
2. Die Beklagte hat kein insoweit annahmefähiges Angebot unterbreitet, als dass der Geschädigte dieses annehmen musste oder auf den dort genannten Preis festgelegt wäre.
3. Die Schätzung der Ersatzwagenkosten im Rahmen der Erforderlichkeit erfolgt anhand des Mittelwertes (aus den arithmetischen Mittelwerten) der Listen von Fraunhofer und Schwacke zuzüglich Pauschalaufschlag für unfallbedingte Mehrleistungen des Vermieters.
4. Kosten erforderlicher Nebenleistungen sind zu erstatten.
5. Da die außergerichtliche Einschaltung einer Rechtsvertretung für die Klägerin zweckdienlich gewesen ist, sind dadurch entstandene Kosten ersatzfähig.

Zusammenfassung: Das Amtsgericht Bonn spricht dem aus abgetretenem Recht klagenden Vermieter den restlichen geforderten Schadenersatzbetrag aus mehreren Anmietfällen vollständig zu. Die Kürzung des Schadenersatzanspruches durch den Versicherer nach Kontakt mit dem Geschädigten wird als unrechtmäßig angesehen, weil der Geschädigte kein annahmefähiges Angebot erhalten hatte. Die Schätzung der erforderlichen Kosten erfolgt mittels Fracke, Aufschlag und Nebenkosten.

Bedeutung für die Praxis: Für die Vermieter bedeutsam sind Urteilsbegründungen zu der Frage, ob der Geschädigte Mietwagenangebote des Versicherers annehmen muss. Hier war das nicht der Fall, da es sich nicht um eine konkretes Angebot handelte. Es ist wichtig zu verstehen, warum solche Versuche der Versicherer scheitern, um die konkreten „Angebote“ selbst besser einschätzen zu können. In Bezug auf den unfallbedingten Aufschlag kommt das Gericht BGH-konform und wiederholt zu dem Ergebnis, dass die unfalltypische Anmietsituation nach einem Unfall üblicherweise besondere Risiken und Mehrleistungen mit sich bringt, die einen solchen Aufschlag auf den Grundmietpreis rechtfertigen, sofern der Kläger zur Erforderlichkeit solcher Zusatzleistungen vorträgt.

Zitiervorschlag: „Mietwagen-Preisvorgabe: Kein Verstoß gegen Schadenminderungspflicht“

„Entgegen der Auffassung der Beklagten müssen sich der Geschädigte und damit auch die Klägerin nicht auf einen günstigen Tarif verweisen lassen, den die Beklagte dem  Geschädigten  mit  Schreiben  vom  20.07.2020  mitgeteilt  hat.  Dies  wäre  unter dem Gesichtspunkt der Schadensminderungspflicht gemäß § 254 Abs. 2 S. 1 BGB nur dann angezeigt, wenn dem Betroffenen seitens der Beklagten konkrete Preise, die genaue Verfügbarkeit und die genauen Konditionen in einem ohne weiteres annahmefähigen Angebot ausreichend transparent gemacht worden sind (OLG Köln Beschluss vom 27.3.2017 – 15 U 34/17, juris m.w.N.).“
(Amtsgericht Bonn 114 C 532/20 vom 15.06.2021)

Konkretes zur Direktvermittlung

Wann sind Ersatzwagenangebote des Versicherers an Geschädigte relevant und anders herum, wann spielen sie keine Rolle?

Das OLG Köln hatte dazu vor einiger Zeit konkret in einem Beschluss festgehalten, dass (Zusammenfassung aus BAV-Urteildatenbank):

Oberlandesgericht Köln 15 U 34/17 vom 27.03.2017 (Beschluss)
1. Der für Mietwagenstreitigkeiten des Schadenersatzrechts zuständige 15. Senat des OLG Köln weist darauf hin dass die Berufung der Beklagten in einer Mietwagensache keine Aussicht auf Erfolg hat.
2. Der Geschädigte musste auf die Angebote der Beklagten nicht eingehen. Diese waren in Bezug auf die Konkretheit der Preise, die Verfügbarkeit und die genauen Konditionen nicht ausreichend transparent und damit unzureichend, um einen Verstoß gegen die Schadenminderungspflicht feststellen zu können.
3. Dem angebotenem Zeugenbeweis musste nicht nachgegangen werden. Es würde sich dabei um einen Ausforschungsbeweis handeln, da die Erheblichkeit des unter Beweis gestellten Vorbringens mangels Substantiierung nicht nachprüfbar ist.
4. Wie bei der Restwertrechtsprechung müssen dem Geschädigten besondere Umstände einen Anlass dazu geben, etwaige günstigere Anmietmöglichkeiten wahrzunehmen.
5. Den Geschädigten sind keinesfalls die allgemeinen Modalitäten des Haftpflichtversicherers aufzuzwingen.

Kürzlich hat das OLG seine Auffassung in einer mündlichen Verhandlung bestätigt, woraufhin die beklagte Haftpflichtversicherung ihre Berufung gegen ein Urteil des LG Bonn zurückgenommen hat.

Daher leider kein Urteil…

Fraunhofer oder Schwacke

Seit 2008 schreiben wir gegen Fraunhofer an. Die Mittelwerte der Liste sind uns bis heute unerklärlich, die Methode dahinter schleierhaft. Beispiel: PLZ 95 in 2020, Gruppe 02 im Mittelwert 19,25 pro Tag, der niedrigste Wert für die Miete eines Autos hier gar 10,83 Euro pro Tag. Anderswo geht’s noch weiter herunter.

Das AG Köln – hier sind einige Richter von der Methode Schwacke zur Methode Fracke „gewechselt“- schreibt zur Begründung:

„Hinzu kommt, dass die Werte der Listen so weit auseinanderliegen, dass tatsächlich fraglich erscheint, ob die Tabellenwerke für sich genommen den ortsüblichen Mietpreis zutreffend wiedergeben. Durch Bildung des arithmetischen Mittels bei der Listen durfte der Sache nach der tatsächlich in der jeweiligen Region zu zahlende Normalpreis zutreffender abgebildet werden.“

Abgesehen von den Rechtschreibfehlern zeigt dieses Zitat aus diesem aktuellen Urteil der 265. Abteilung, dass es aus Sicht der Versicherungswirtschaft sinnvoll erscheint, die Werte der Fraunhoferliste so niedrig wie möglich zu halten. Bereits die Existenz einer Behauptung, dass es extrem niedrige regionale Preise gibt und der erhebliche Abstand von den Werten der Schwacke-Liste ist ein Argument gegen Schwacke, je weiter entfernt, umso kräftiger das Argument.

Aber…

Nachdem hier nun über einen längeren Zeitraum eigene Internetpreise recherchiert und dokumentiert wurden, ergibt sich in Bezug auf Fraunhofer ein ganz anderes Bild. Was, wenn selbst Internetpreise aus 2020 (Vorkasse, Kaution, Buchung im Internet, Zahlungsmittel, häufig nur Teil-Leistungen,…) so weit über den Fraunhofer-Mittelwerten liegen, dass Internetpreise fast an die Schwacke-Mittelwerte herankommen oder diese gar übertreffen? In Bezug auf viele regionale Märkte können Gutachten beauftragt werden, die das Preisniveau von vorliegenden Internetpreisen mit den Fraunhofer-Werten vergleichen. So viel kann gesagt werden: Die Fraunhofer-Werte lassen sich nicht bestätigen und dazu werden Belege geliefert.

Zur Beauftragung eines solchen aufwendigen Gutachtens muss man nicht BAV-Mitglied sein. Details gibt es auf Nachfrage. Wer Interesse hat, sendet bitte eine Mail an: michael.brabec(et)bav.de

 

Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 41-21

Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 41-21

Amtsgericht Siegburg 125 C 83/20 vom 11.02.2021

1. Der Geschädigte verstieß nicht gegen die Obliegenheit, den Schaden gering zu halten.
2. Die vermeintlichen Angebote der Beklagten zur Ersatzfahrzeugvermittlung musste der Beklagte nicht annehmen, ihr Vortrag dazu zu unkonkret.
3. Die Schätzung erforderlicher Mietwagenkosten erfolgt mittels Fracke (Grundpreis) und Schwacke (Nebenleistungen).
4. Der Verweis der Beklagten auf günstigere Alternativen bezieht sich auf Beispiele, die die konkrete Anmietsituation in keiner Weise berücksichtigen (anderer Zeitraum, Vergleichbarkeit des Fahrzeuges, vergleichbare Gesamtleistung).
5. Auf den Grundpreis nach Fracke ist ein unfallbedingter Aufschlag in Höhe von 20 % zu gewähren.
6. Ein Abzug für ersparte Eigenaufwendungen hat nicht zu erfolgen, sofern der Geschädigte klassenkleiner angemietet hat.

Zusammenfassung: Das angerufene Amtsgericht weist die Auffassung der Beklagten zurück, der Geschädigte hätte ihr Direktvermittlungsangebot (Telefonat und Schreiben) annehmen müssen. Die daher im Rahmen der Erforderlichkeit zu bewertende Höhe erstattungsfähiger Mietwagenkosten schätzt das Gericht anhand der Mittelwerte der Listen von Schwacke und Fraunhofer zuzüglich eines 20-%igen Aufschlages wegen unfallbedingter Mehrleistungen des Autovermieters.

Bedeutung für die Praxis: Der Kern dieses Rechtsstreits lag in der Frage, ob der Geschädigte auf einen telefonisch genannten Preis und ein verwendetes Direktvermittlungsschreiben hätte reagieren müssen und sein Schadenersatzanspruch daher auf den dort genannten Betrag zurückfällt. Ob bereits aufgrund des Telefonates eine Verpflichtung des Geschädigten festzustellen wäre, ließ das Gericht dahinstehen. Die Beklagte hatte lediglich unkonkret ein solches Telefonat behauptet. Nicht vorgetragen hatte sie „wer wann über was konkret mit wem“ gesprochen haben solle. Daher war auch keine Zeugenvernehmung vorzusehen, da dies als Ausforschungsbeweis zu bewerten wäre. Und auch zum von der Beklagten verfassten Schreiben stellt das Gericht fest, dass sich darin kein konkretes vergleichbares Mietwagenangebot befindet und daher der Geschädigte auch nicht daran gebunden sein kann. Der unfallbedingte Aufschlag wird mit dem Verweis auf ein offenes Miet-Ende gegeben, eine typische Komponente der spezifischen Vermietung nach Unfällen und unabhängig von einer Eil- und Notsituation oder der Vorfinanzierung durch den Vermieter.

Zitiervorschlag: „Zur Rechtfertigung eines unfallbedingten Aufschlages“

„Die Prüfung der Zulässigkeit eines Aufschlags auf den Normaltarif erfordert nicht die Darlegung der betriebswirtschaftlichen Kalkulation des betreffenden Mietwagenunternehmens
(…) setzt voraus, dass die Anmietung eines Fahrzeuges gerade in einer typischen Situation der „Unfallersatzanmietung“ geschieht, da nur dann ein kausaler Zusammenhang zwischen einerseits der Anmietung des jeweiligen Fahrzeugs und andererseits dem gerade mit Blick auf die Situation der Unfallersatzanmietung typischerweise anfallenden und pauschal kalkulierten Zusatzaufwand besteht (…) Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Dies gilt unabhängig von der Frage, ob eine Eil­- oder Notsituation bestand oder ob der Geschädigten eine Vorfinanzierung der Mietwagenkosten oder die Stellung einer Kaution mittels Einsatzes einer Kreditkarte oder auf andere Weise unmöglich oder unzumutbar war. Denn die Umstände, die einen pauschalen Aufschlag rechtfertigen können, müssen nicht kumulativ vorliegen, vielmehr reicht das Vorliegen einer der genannten Umstände aus (…) Demnach ist vorliegend ein pauschaler Aufschlag gerechtfertigt, weil dem Mietvertrag, wie sich aus der vorgelegten Mietvertragsurkunde ergibt, ein offenes Mietende zugrunde gelegt wurde. In einem solchen Fall liegt ein zusätzlicher Dispositionsaufwand nahe, sodass besondere und konkrete Anhaltspunkte nicht erforderlich sind, aus denen sich ergibt, dass der Vermieter derartige Unwägbarkeiten, die ihm im Falle der vorzeitigen Rückgabe eines Unfallersatzfahrzeugs die Möglichkeit einer frühen anderweitigen Verwertung eröffnen, nicht bereits durch die jeweilige Kalkulation und Staffelung der Mietwagenpreise berücksichtigt hat (…) Vielmehr ist allein die Tatsache, dass ein offenes Mietende vereinbart ist, als Rechtfertigung für einen pauschalen Aufschlag ausreichend…“ (Amtsgericht Siegburg 125 C 83/20 vom 11.02.2021)

Zitiervorschlag: „Lediglich unkonkretes Direktvermittlungsangebot, daher folgenlos“

„Der Anspruch der Klägerin ist nicht wegen eines Verstoßes des Zedenten geigen seine Schadensminderungspflicht zu kürzen oder ausgeschlossen. (…) kann dahinstehen, ob das Telefonat am 14.04.2020 so, wie von der Beklagten behauptet, stattfand. Denn die Beklagte hat auch auf den gerichtlichen Hinweis nicht hinreichend zu dem konkret angebotenen Fahrzeugmodell, seiner Eingruppierung und den weiteren Konditionen, etwa zu Teil­ und Vollkaskoversicherung, vorgetragen.  (…) Vor diesem Hintergrund müssten die Fragen an den Zeugen weiterhin etwa wie folgt lauten: Welches Fahrzeug, wurde dem Geschädigten konkret angeboten, welche Teil- und Vollkaskokonditionen, z.B. welche Selbstbeteiligung, bestanden. Das stellt eine unzulässige Ausforschung dar. Dem angebotenen Zeugenbeweis war daher nicht nachzugehen.  (…) Auch das Schreiben vom 14.04.2020 der Beklagten an den Geschädigten stellt kein hinreichendes Vermittlungsangebot eines vergleichbaren Mietwagens dar. Es fehlt wiederum jedenfalls die Angabe eines konkreten Fahrzeugmodells. Die Frage der Vergleichbarkeit, wie schon von der Klägerin aufgeworfen, bleibt so offen.“ (Amtsgericht Siegburg 125 C 83/20 vom 11.02.2021)

Nochmals: Längere Mietdauer aufgrund Corona ist vom Versicherer zu zahlen

Wer nach einem Unfall einen Ersatzwagen fährt, dem hat der Schädiger und sein Versicherer im Regelfall die Kosten zu erstatten. Dauert die Miete länger, als zunächst angenommen, kann die Ursache darin liegen, dass der Wagen, den der Geschädigte neu für den Straßenverkehr zulassen möchte, aufgrund Corona nicht zugelassen werden kann. Denn viele Zulassungsstellen arbeiteten in den Corona-Monaten nur eingeschränkt oder es kommt wegen organisatorischer Veränderungen zu längeren Laufzeiten, vom Organisationsversagen in der Stadt Berlin ganz zu schweigen.

Versicherer interessiert das in der Regel eher nicht, sie verweisen bei verlängerter Mietdauer auf eine Verletzung des Wirtschaftlichkeitsgebots und streichen die Forderung zusammen. Für Geschädigte ist es dann entscheidend, dass ihnen die Werkstatt von Anfang an empfohlen hat, einen Anwalt einzuschalten. Der kann sich dann um alle relevanten Schadenpositionen kümmern und unter anderen auch gegen diese ungerechtfertigte Kürzung außergerichtlich oder gerichtlich erfolgreich vorgehen.

So nun auch am Amtsgericht Siegburg, Urteil vom 16.03.2021, Az. 112 C 168/20 (siehe BAV-Urteilsdatenbank)

Es zeigt sich immer häufiger, dass Geschädigte nach einen Haftpflichtschaden ohne hochwertige anwaltliche Vertretung eines Fachanwaltes für Verkehrsrecht (kostenlos, wenn der Unfallgegner den Schaden allein verursacht hat) regelrecht aufgeschmissen sind. Der Gedanke, dass man ja am Ende noch sehen könne, was der Versicherer nicht bezahlen will und dann zum Anwalt geht, führt in die Irre. Denn für den „Restschaden“ kann man keinen guten Anwalt mehr erwarten.

Zuvor hat bereits das AG Braunschweig so geurteilt:

Längere Mietdauer wegen Corona

Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 40-21

Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 40-21

Landgericht Koblenz 5 S 49/19, Urteil vom 25.02.2021

1. Das erstinstanzlich beauftragte Gerichtsgutachten ist keine Grundlage zu Schätzung der erforderlichen Mietwagenkosten nach § 287 ZPO.
2. Das Gutachten enthält gravierende methodische Fehler wie die Unterstellung einer festen Mietdauer oder die Preisrecherche mit Kilometerbeschränkung.
3. Der gesamte Vortrag der Beklagten auch unter Bezug auf konkrete Internetscreenshots zeigt keine konkreten Anhaltspunkte auf, die die Anwendbarkeit der Schwacke-Liste infrage stellen könnten.
4. Auf den Normaltarif ist ein pauschaler Aufschlag in Höhe von 20 Prozent wegen unfallbedingter Mehrleistungen anzuwenden.
5. Ein Abzug wegen ersparter Eigenaufwendungen von 10 Prozent entfällt, wenn das Ersatzfahrzeug eine Mietwagengruppe niedriger angemietet wurde.

Zusammenfassung: Das Berufungsgericht in Koblenz (nun auch die 5. Kammer wie zuvor die 10. Kammer per Beschluss) korrigiert eine erstinstanzliche Entscheidung, in welcher den bereits beim Amtsgericht erkannten Mängeln des Gerichtsgutachtens in der Weise abgeholfen werden sollte, dass auf die Schätzgrundlage ein Fehler-Korrektur-Aufschlag gegeben wurde. Stattdessen kommt das Berufungsgericht zu dem Ergebnis, dass eine Anwendung der zu favorisierenden Schätzgrundlage Schwacke weder durch das Gutachten, noch durch den Vortrag der Beklagten mittels Verweis auf Fraunhofer und Internetscreenshots in Zweifel gezogen werden kann.

Bedeutung für die Praxis:  Ein von Versicherern immer wieder bei den Gerichten vorgeschlagener Gutachter in Mietwagenfragen ist die Firma Consulimus in Person von Herrn Abbing. Diese telefoniert bei Vermietern umher, um deren Preise zusammenzutragen. Dabei entsteht eine Preiserhebung, deren Mietangebote mit den konkreten Bedingungen der tatsächlichen Anmietung nicht viel gemein haben. Da wäre zunächst die bei der Vermietung nach Unfällen übliche Frage des offenen Miet-Endes, die erheblich preis-relevant ist. Ein Geschädigter bringt das Fahrzeug zurück, wenn er es nicht mehr braucht und nicht, wenn der Mietvertrag ausläuft. Eine Anschlussmiete zu finden, ist dann das Problem des Vermieters, der zu dem Zeitpunkt vielleicht gerade einem Kunden absagen musste. Auch die Gutachten-Erstellung zwei Jahre nach der Anmietung soll laut Consulimus kein Problem sein, das sah das Berufungsgericht etwas strenger. Sodann sei die Bedingung im Gutachten berücksichtiger Angebote zum Einsatz einer Kreditkarte nicht mit den konkreten Anmietfällen vergleichbar. Alles in allem war das Gutachten an der Sache vorbei erstellt worden und das Amtsgerichtsurteil konnte keinen Bestand haben.

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