Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 36-23
Amtsgericht Bonn 118 C 214/22 vom 06.02.2023
1. Aufgrund fehlender Werte in Fraunhofer für die Klasse des gemieteten Ersatzfahrzeuges ist der Mietwagenkosten-Normaltarif allein anhand der Schwacke-Liste zu schätzen.
2. Aufgrund spezifischer Mehrleistungen der Anmietung nach einem Unfall ist im Rahmen der Erforderlichkeit ein unfallbedingter Aufschlag auf den Grundwert zuzusprechen.
3. Da ein klassenkleineres Mietfahrzeug verwendet wurde, muss kein Abzug für ersparte Eigenaufwendungen berücksichtigt werden.
4. Kosten außerdem erforderlicher Nebenleistungen für eine erweiterte Haftungsreduzierung, Zustellen und Abholen, für die Vermietung inklusive eines Navigationsgerätes sowie für Winterreifen sind ebenso vom Schädiger zu erstatten.
Zusammenfassung: Das Amtsgericht Bonn wendet zur Bestimmung des ersatzfähigen Normaltarifes die Schwacke-Liste an und hält auch einen unfallbedingten Aufschlag in Höhe von 20 Prozent für erstattungsfähig. Für angefallene Nebenleistungen berechnete Kosten der Vermieterin werden ebenso bis zur Höhe der Schwacke-Werte zugesprochen.
Bedeutung für die Praxis: Das Amtsgericht Bonn, welches den Normaltarif der Mietwagenkosten üblicherweise entsprechend der Rechtsprechung des Landgerichts Bonn anhand des Mischmodells schätzt, wendet hier allein das arithmetische Mittel der Schwacke-Liste an. Der Grund dafür ist, dass zur vermieteten Mietwagenklasse in der Fraunhofer-Liste keine Werte ausgewiesen werden. So steht für eine Schätzung nach § 287 ZPO lediglich die Anknüpfungstatsache „Schwacke“ zur Verfügung.
Die Gewährung eines unfallbedingten Aufschlags erfolgt unabhängig von einer Eil- und Notsituation. Als Gründe werden gesehen die Vorfinanzierung des Mietzinses durch den Vermieter, dessen Verzicht auf die Stellung einer Kaution und auf Einsatz einer Kreditkarte sowie die Vermietung bei offenem Mietende. Bereits das Vorliegen eines der Aufschlags-Gründe reicht für dessen Berechtigung aus.