Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 35-23

Amtsgericht Bühl 3 C 109/22 vom 28.11.2022 

1. Der Anspruch auf Ersatz entstandener Mietwagenkosten kann im Einzelfall auch unterhalb der „20 km-Grenze“ gegeben sein.
2. Die Schätzung der erforderlichen Kosten erfolgt anhand der Schwacke-Liste Automietpreisspiegel.
3. Die Eignung der Schwacke-Liste bedurfte angesichts des lediglich allgemein gehaltenen Vortrages der Beklagten keiner konkreten Klärung.
4. Sofern Geschädigte klassenkleinere Fahrzeuge anmieten, müssen sie sich keinen Abzug für ersparte Eigenkosten anrechnen lassen.
5. Über den Normaltarif hinaus können Geschädigte Kosten erforderlicher Nebenleistungen ersetzt verlangen, hier für eine Vollkaskoversicherung für das Mietfahrzeug und für Winterreifen-Ausstattung.

Zusammenfassung: Das Amtsgericht Bühl sieht bei Vorliegen konkreter Gründe auch dann einen Anspruch auf die Erstattung von Mietwagenkosten, wenn der Geschädigte weniger als 20 km pro Tag mit dem Mietwagen gefahren ist. Die Höhe erstattungsfähiger Kosten wird mit Schwacke geschätzt, ein Grund für ein Mietwagenkosten-Gutachten ergibt sich aus dem Beklagtenvortrag nicht.

Bedeutung für die Praxis: Die 20 km-Grenze wird von Versicherern gern genutzt, um eine Schadenkompensation zunächst grundsätzlich abzulehnen. Kläger müssen dann verdeutlichen, warum trotz geringer Fahrleistung ein Ersatzfahrzeug benötigt wurde und nicht stattdessen mehrfach ein Taxi genutzt werden konnte. Im hier zu entscheidenden Fall lagen dafür mehrere Gründe vor. Der Geschädigte lebt in ländlichem Gebiet und die Anbindung an öffentliche Verkehrsmittel ist unzureichend. Er arbeitet im Schichtdienst und hatte zusätzlich auch noch einen Arzttermin wahrzunehmen. 
Gegen die Anwendung der Werte des Schwacke-Normaltarifes führte die Beklagte aus, dass anhand der Fraunhofer-Liste und vorgelegter Internetbeispiele zu erkennen sei, dass ein tatsächlicher Marktpreis viel niedriger liege. Das Gericht sah darin keinen konkreten Sachvortrag, da der Verweis auf Fraunhofer einen Zweifel gegen Schwacke nicht begründen könne und die Internetangebote nicht vergleichbar seien.
Weil auch der BGH die Anwendung der Schwacke-Liste nicht beanstandete, könne für Forderungen im Rahmen dieser Beträge auch keine Pflicht zu Erkundigung nach günstigeren Angeboten bestehen.

 

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