Vermietung nach Unfall

Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 3-22

Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 3-22

Amtsgericht Köln 273 C 69/21 vom 11.02.2022

1. Die erforderlichen Mietwagenkosten zur Wiederherstellung der Mobilität des Geschädigten werden anhand des Mittelwertes der Listen von Schwacke und Fraunhofer geschätzt.
2. Da Fraunhofer keinen Modus ausweist, wird auf das arithmetische Mittel aus beiden Listen zurückgegriffen.
3. Die dem Gericht von der Beklagten gegen die Verwendung der Schwacke-Liste vorgelegten Internetscreenshots sind kein konkreter Sachvortrag.
4. Der Abzug für ersparte Eigenkosten ist mit 4 Prozent vom Grundpreis ausreichend bemessen.
5. Kosten erforderlicher Nebenleistungen zur Reduzierung der Haftung bei Mietwagenbeschädigung und für eine Zweitfahrer-Erlaubnis sind vom Schädiger zu erstatten.

Zusammenfassung: Das Amtsgericht Köln wechselt mit Blick auf das OLG Köln zur Schätzung der Mietwagenkosten mit fadenscheiniger Begründung auf die Mittelwert-Linie. Die trotzdem weiter vehement gegen die Verwendung der Schwacke-Liste im Rahmen der Mittelwertberechnung vorgetragenen Argumente der Beklagten werden als unkonkret zurückgewiesen. Kosten für eine Haftungsreduzierung und den Zweitfahrer sind vom Versicherer zu erstatten.

Bedeutung für die Praxis: Zunächst ist es bedeutsam zu wissen, dass sich die Amtsrichter in Köln auf die Verwendung des Mittelwertes Fracke verständigt haben. Inwieweit das am Landgericht Bestand haben wird, muss abgewartet werden. Dem Verfasser ist es jedoch wichtig, auf die Verzwickungen hinzuweisen, mit denen das Amtsgericht in seiner Urteilsbegründung kämpft. Die Argumentation der Beklagten mittels eingeholter Internetscreenshots wird mit tragfähigen Argumenten zurückgewiesen. So seien (1.) die Screenshots nur Auswahlfenster mit der Notwendigkeit für den Mieter, weitere Auswahlschritte zu gehen, um den Wagen zu reservieren. Es handele sich (2.) zudem nur um eine Mietanfrage des Interessenten per Internet, die vom Vermieter nicht angenommen werden muss. Die tatsächlichen Konditionen und Verfügbarkeiten ergäben sich (3.) erst nach einer Rückmeldung des Vermieters. Die Beispiele aus den Screenshots seien (4.) bezüglich des Fahrzeuges nicht hinreichend konkret, ohne eine Mietwagenklasse zum Vergleich mit dem vorhandenen schadenrechtlichen Anspruch. Unter anderem damit begründet das Amtsgericht seine Auffassung, dass die Internetscreenshots bei der Frage der Suche nach der verwendbaren Schätzgrundlage keine Rolle spielen können. Das führt jedoch zu der Frage, wo der Unterschied zur Methode der Erstellung der Fraunhofer-Liste liegen soll. Fraunhofer hat es doch genauso gemacht. Auch dort ist es derselbe Weg bis zum Vorliegen eines angeblichen Preisangebotes. Das Gericht müsste mit derselben Begründung, die es hier ja eindeutig und korrekt formuliert, auch die Anwendbarkeit der Internet-Tabellen der Fraunhofer-Liste ablehnen. Das Ergebnis des Verfahrens hätte auf die Begründung hinauslaufen müssen: „Eine Einheitlichkeit der Rechtsprechung ist nicht erzielbar, das Gericht verbleibt bei seiner Auffassung, dass die Fraunhofer-Werte für die Rechtsprechung nicht verwendbar sind, zumal Vorkasse, Kaution, Internetbuchung, Vorbuchung usw. Mietkriterien sind, die Geschädigte in der Regel nicht erfüllen können“. Doch das ist rechtspolitisch in Köln nicht mehr gewünscht. Auch zur Schwacke-Liste wird unbestätigtes Zeugs übernommen. Seit wann kann eine „etwaige“ Manipulation ein Urteilsgrund sein? Das Gericht hätte hier die Aufgabe gehabt, diese Etwaigkeit zu ergründen, zumal sie im krassen Gegensatz zur bisherigen Rechtsauffassung zur Schwacke-Liste steht. Das Urteil zeigt, dass sich die Rechtsprechung zu wenig mit den Tatsachen auseinandersetzt. Stattdessen wird über die eigene „umfassende Abwägung“ schwadroniert, die doch nur ein Ziel hat, das gewünschte Ergebnis zu begründen.

Leichte Beute: Haftpflichtversicherer sehr erfolgreich

Die deutschen Kfz-Haftpflichtversicherer betreiben Volksverdummung. Mit zunehmendem wirtschaftlichem Erfolg. Stichworte sind Autounfall, Schadenregulierung, GDV-Zentralruf, Schuldfrage, Augenhöhe, Regulierungsvorgabe sowie Rechtsrat/Rechtsanwalt, Mietwagen, Reparatur und Gutachten.

Erleidet jemand einen Schaden, ist er so zu stellen, als sei der Schaden nicht geschehen. Das ergibt sich aus den Grundsätzen des Schadenersatzrechts. Es stellt sich jedoch die Frage:

„Wie läuft eine Schadenregulierung aus Sicht des Unfallopfers auf eine für vollständigen Ersatz empfehlenswerte Weise ab?“

1. Ein Unfall mit erheblichem Blechschaden (geschätzte Kosten mindestens 1000 Euro) passiert, die Daten der Beteiligten (Name, Adresse, Fahrzeug inkl. Kennzeichen) werden ausgetauscht, der Schädiger teilt dem Geschädigten noch den Namen seines Haftpflichtversicherers mit. Danach geht man seiner Wege, denn mehr muss und sollte vor Ort nicht passieren.

2. Der Schädiger meldet den Schaden umgehend seinem Kraftfahrt-Haftpflichtversicherer.

3. Der Geschädigte nimmt Kontakt zu einem Fachanwalt für Verkehrsrecht auf, außerdem zu einer selbst gewählten Reparaturwerkstatt und zu einem Sachverständigen seines Vertrauens sowie zu einem naheliegenden Mietwagenunternehmen. Das alles mit dem Ziel, den Schaden schätzen, reparieren und regulieren zu lassen und währenddessen zu den notwendigen Kosten mobil zu bleiben. Die Dienstleister helfen ihm, fachlich und rechtlich auf Augenhöhe mit dem Haftpflichtversicherer des Unfallgegners zu agieren und keine finanziellen oder sonst wie materiellen Verluste zu erleiden (Siehe oben: „als wäre der Schaden nicht geschehen“, oder wie der Gesetzgeber in § 249 BGB formuliert, „…den Zustand herzustellen, der bestehen würde, wenn der zum Ersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre.“).

4. Nach Schätzung der Kosten und Reparatur des Schadens sendet der Rechtsanwalt die Schadenabrechnung an den Gegnerversicherer und der erstattet die Kosten der erforderlichen und transparent dargestellten Maßnahmen zur Wiederherstellung des vorherigen Zustandes.

Die Realität sieht leider immer häufiger so aus:

1. Unfall .. wie oben

2. Geschädigter fragt den Schädiger noch am Unfallort eindringlich nach den Kontaktdaten des Haftpflichtversicherers. Bestenfalls möchte er die kleine Versichertenkarte überreicht bekommen mit Versicherungsscheinnummer und Kontakt-Telefonnummer des Versicherers seines Unfallgegners. Er möchte den gegnerischen Versicherer am liebsten selbst noch vom Unfallort aus oder spätestens nach Heimkehr anrufen und den Schaden als Geschädigter „melden“. Der Versicherer soll das unbedingt schnell erfahren und mit seiner Regulierung beginnen, damit der Geschädigte wieder ruhig schlafen kann.
Oder der Schädiger ruft sofort den Versicherer an und der lässt sich noch am Unfallort den Geschädigten ans Telefon geben. Und wenn letzteres nicht mehr gelingt, telefoniert der Versicherer mit Ausdauer hinter dem Geschädigten her.

3. Der gegnerische Versicherer ist hocherfreut über diesen frühen Kontakt. Er wird von nun an alles tun, um die Höhe des Schadens auf ein Minimum zu drücken. In gewissen Grenzen ist das legitim, doch die Grenzen werden oftmals überschritten (siehe z.B. AG Coburg, Urteil vom 14.07.2017 – 15 C 696/17:  „Das Gericht nimmt aus einer Vielzahl hier geführter ähnlich gelagerter Rechtsstreitigkeiten irritiert zur Kenntnis, dass allgemeine Schadenersatzgrundsätze bei der beklagten Haftpflichtversicherung entweder unbekannt sind oder zu Lasten eines Unfallgeschädigten negiert werden…“).

4. Noch bevor feststeht, dass der eigene Versicherungsnehmer den Schaden allein verursacht hat und der Versicherer den Schaden vollständig regulieren wird müssen, wird er dem Geschädigten (für das Ergebnis am Ende bedeutsame) Vorgaben machen. Das wird er als telefonisches und später auch schriftliches Informations- und Hilfsangebot verpacken. So wird dem Unfallopfer ein dem Versicherer geneigter Schadengutachter anempfohlen, der sogleich, unproblematisch und kostenlos Kontakt aufnehmen und den Schaden besichtigen und nach Vorgaben des Versicherers mit dem Ziel einer Minimalkalkulation beziffern kann. Es wird auch empfohlen, das Fahrzeug direkt abholen und für den Geschädigten kostenlos repariert und gereinigt wieder vor die Tür stellen zu lassen. Ein Ersatzwagen ist natürlich auch dabei und einen Anwalt braucht es nicht, denn die Sache sei ja übersichtlich, Personenschäden seien zum Glück nicht zu beklagen und überhaupt kümmere man sich rührend um alles, damit der arme Geschädigte nach diesem Missgeschick unbesorgt und zufrieden in die Zukunft schauen kann. Wozu also der Anwalt?

5. Das sind die ersten Warnschüsse noch im Telefonat am Unfallort oder im anschließenden Schreiben: Die Kosten des Sachverständigen werden mit erfundenen Maximalbeträgen gedeckelt, ebenso die Kosten für den Mietwagen. Es wird die Vermittlung von Dienstleistern angeboten bzw. deren Kontaktdaten mit der Aufforderung mitgeteilt, sich dorthin zu wenden. Jedenfalls werde nicht mehr bezahlt, als die angegebenen Preise. Damit sind alles entscheidende Pflöcke eingerammt, die dann später von den Gerichten auch bestätigt werden. Denn der Geschädigte wird von nun an als hinlänglich informiert darüber angesehen, dass ihm durch Vermittlung des gegnerischen Versicherers Schadenersatzleistungen unter Marktpreisen zugänglich waren. Lehnt er das ab, verstößt er gegen seine Pflicht, den Schaden gering zu halten. Damit wird es schwierig, die üblichen Marktpreise zum Beispiel für den Mietwagen abzurechnen.

6. Warum den Anwalt von Anfang an? Wird später doch ein Anwalt benötigt, weil der Versicherer nun nicht mehr so freundlich ist, alles zu regulieren, wird dieser keine Freude daran haben, die Reste des Falles zusammenzukehren. Denn sein Honorar für die fast gleiche Arbeit ist durch seine späte Einschaltung auf ein Minimum geschrumpft. Ein guter Fachanwalt ist dann vielleicht schwieriger zu bekommen. Auch kann er so spät beauftragt nicht mehr alles erreichen. Teile des Schadens sind auf dem falschen Weg im Sand versickert.
Hilfreich ist es zu wissen, dass der Bundesgerichthof in einem Urteil aus 2019 zu dem Ergebnis kam, dass ein Geschädigter angesichts des Regulierungsverhaltens mancher Versicherer berechtigte Zweifel daran haben darf, dass der Versicherer ohne weiteres seiner Schadenersatzpflicht korrekt nachkomme. Diesem Urteil zufolge ist die Einschaltung eines Rechtsanwalts von Anfang an daher erforderlich (BGH, Urteil vom 29.10.2019 – VI ZR 45/19).
Das Oberlandesgericht Frankfurt urteilt, der ewige Streit um die berechtigte Schadenhöhe lasse „es geradezu als fahrlässig erscheinen, einen Schaden ohne Einschaltung eines Rechtsanwalts abzuwickeln.“ (OLG Frankfurt, Urteil vom 1.12.2014 – 22 U 171/13).

Ergebnis

Der Geschädigte kann sich nach einem solchen von ihm selbst aus Unwissenheit und Verunsicherung eingeleiteten Kontakt mit dem gegnerischen Versicherer sehr häufig nicht mehr frei entscheiden, wo und für welchen Marktpreis er den ihm entstandenen Schaden beheben lässt. Er erzeugt selbst das Risiko, Kosten zu erzeugen, die der Versicherer letztlich nicht bezahlen muss. Er fällt auf den noch immer guten Leumund der Versicherer und auf die Professionalität der Schadenregulierung herein, die doch nur ein Ziel hat, ihm so wenig wie möglich für den erlittenen Schaden zu erstatten.
(Einschränkung: Es ist nicht für jeden Fall auszuschließen, dass der Geschädigte zufrieden auf die Schadenregulierung zurückblickt, ggf. auch berechtigt oder weil er nicht weiß, was ihm zum vollständig regulierten Schaden fehlt. Nicht jeder Fall ist gleich und auch nicht jeder Versicherer ist gleich.)

Ergo, der betroffene Leser kann kann selbst entscheiden, ob er rechtzeitig die notwendigen Weichen stellen oder zur leichten Beute werden will. Diese Entscheidung kann ihm aber niemand abnehmen.

Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 2-22

Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 2-22

Landgericht Wiesbaden 14 S 132/20 vom 17.12.2021
(Vorinstanz Amtsgericht Wiesbaden 93 C 4381/19 vom 19.06.2020)

1. Die Berufung der beklagten Haftpflichtversicherung gegen die Schätzung der erforderlichen Mietwagenkosten des Erstgerichtes anhand des Mittelwertes aus Schwacke und Fraunhofer wird zurückgewiesen.
2. In Bezug auf vorgelegte Internetscreenshots bestätigt die Berufung die Auffassung der Erstinstanz, dass solche Angebote auch Teil der Mittelwert-Berechnung in der Schwacke-Liste sein können.
3. Die von der Beklagten eingeforderte Einholung eines Sachverständigengutachtens wird abgelehnt.
4. Dem Geschädigten obliegt keine allgemeine Erkundigungspflicht nach anderen und günstigeren Mietwagenangeboten.
5. Kosten der Ausstattung des Ersatzfahrzeuges mit Winterreifen sind erstattungsfähig.

Zusammenfassung: Das Landgericht Wiesbaden bestätigt ein Mietwagenurteil der Erstinstanz und weist die Angriffe der Beklagten gegen das Amtsgerichtsurteil als unkonkret und falsch zurück. Die Mittelwert-Methode wird in der Berufung bestätigt, ebenso die Erstattungsfähigkeit von Nebenkosten. Eine grundsätzliche Erkundigungspflicht des Geschädigten bestehe nicht.

Bedeutung für die Praxis: Die Beklagte hatte die Aktivlegitimation in der Berufungsinstanz nicht mehr infrage gestellt. Das Amtsgericht hatte keine Verstöße gegen einschlägige Rechtsgrundlagen gesehen. Der Auffassung der Beklagten, die Schwacke-Liste komme für eine Mittelwertbildung zur Mietwagenschätzung nicht in Betracht, wurde zunächst vom Erstgericht und dann auch vom Berufungsgericht eindeutig widersprochen. Das Erstgericht hatte vor allem eine Anwendung allein der Fraunhofer-Liste als problematisch angesehen. Die Beklagte hatte es versäumt, konkrete Auswirkungen der von ihr angeführten angeblichen Erhebungsfehler bei Schwacke auf den konkreten Fall darzulegen. Ihre Behauptungen zur Möglichkeit für den Geschädigten, einen Mietwagen günstiger anzumieten, erfolgten ins Blaue hinein. Die Kosten erforderlicher Nebenleistungen sind erstattungsfähig. Einen Aufschlag auf den Grundtarif hatte die Klägerin nicht geltend gemacht.

Hinweis: Das Gericht erkennt in den Internetbeispielen, die von der Beklagten hier in den Prozess eingebracht wurden, keine so große Anzahl von konkreten und günstigeren Vergleichsangeboten für einen Verdacht gegen den Werte aus der Schwacke-Liste. ABER: Es besteht anders herum die Möglichkeit, Internetscreenshots für den Gerichtsbezirk Wiesbaden für Kläger zur Verfügung zu stellen, um gegen die Anwendbarkeit der Fraunhofer-Werte eine Zahl von ca. 80 im Vergleich zu Fraunhofer viel teureren Mietwagen-Beispielen zur Verfügung zu stellen. Bei Interesse, damit die Anwendbarkeit der Fraunhofer-Liste für eine Mittelwertbildung infrage zu stellen, melde man sich bitte zur  Erstellung eines Gutachtens zum Internetmarkt Wiesbaden 2021. Solche Beispiele sind auch für über 60 weitere Städte und Regionen gesammelt und verfügbar.

Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 1-22

Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 1-22

Landgericht Berlin 54 S 7/21 vom 15.12.2021
(Vorinstanz: Amtsgericht Berlin-Mitte 124 C 317/20 V vom 25.05.2021)

1. Die Klägerin ist aus abgetretenem Recht aktivlegitimiert, da die Abtretung nicht wie beklagtenseits behauptet gegen das Transparenzgebot verstößt.
2. Die Anwendung der Formulierungen der Abtretung erfüllungshalber stellt auch keinen Verstoß gegen das Rechtsdienstleistungsgesetz dar.
3. Entgegen der Auffassung des Amtsgerichts kommt es nicht auf Zweifel an, ob der Geschädigte nicht auch hätte günstiger anmieten können. Statt dessen sind erforderliche Kosten nach §287 ZPO auf der Grundlage des § 249 BGB zu schätzen.
4. Der Schadenersatzanspruch wegen Mietwagenkosten ist nach der Mittelwert-Methode aus den Mittelwerten der Listen von Schwacke und Fraunhofer zu bemessen.
5. Kosten für Nebenleistungen wie Haftungsreduzierung, Zusatzfahrergebühr, Winterreifen und Navigation sind, wenn erforderlich und angefallen, vom Haftpflichtversicherer zu erstatten.
6. Außergerichtliche Rechtsanwaltskosten sind nicht erstattungsfähig, wenn dem Kläger bekannt gewesen sein muss, dass die Beklagte außergerichtlich nicht nachregulieren würde.

Zusammenfassung: Die Abtretung der Forderungsansprüche an den Autovermieter ist – anders als das Vorgericht meinte – wirksam vereinbart. Das AG Berlin-Mitte hatte aufgrund fehlerhafter Formulierungen einen Transparenzverstoß (§ 307 BGB) festgestellt. Die Schätzung erforderlicher Aufwendungen des Geschädigten erfolgt anhand des Mittelwertes. Auch die Kosten vereinbarter Nebenleistungen sind zu erstatten. Der Eigenersparnis-Abzug beträgt 10 Prozent.

Bedeutung für die Praxis: Das Landgericht widerspricht dem Amtsgericht in der Frage, ob die Abtretung der Schadenersatzforderung trägt. Das Erstgericht sah einen Verstoß gegen § 307 BGB, eine unangemessene Benachteiligung des Verbrauchers aufgrund intransparenter AGB-Klauseln. Doch sind die verwendeten Formulierungen laut Berufungsgericht nicht mehrdeutig und nicht unklar. Die Erläuterung der Konsequenzen der Abtretung folge unmittelbar aus dem Gesetz. Mithin ist das verwendete Formular nicht mit denjenigen Formularen zur Abtretung von Sachverständigenkosten vergleichbar, die vom BGH in zwei Verfahren als unwirksam beurteilt wurden. Auch eine Unwirksamkeit einer Zahlungsanweisung in demselben Formular habe keine Auswirkungen auf die Wirksamkeit der seprat formulierten Abtretungsvereinbarung.
Anders als bei andere Kammern des Landgerichtes wird der Normaltarif anhand des Mittelwertes geschätzt.
Die Erstattungsfähigkeit der Kosten der zwischen Vermieter und Geschädigtem vereinbarten Nebenleistungen wird Schritt für Schritt mustergültig begründet.
Der in Berlin noch immer vergleichsweise hohe Prozentsatz der Eigenersparnis-Abzüge wird fehlerhaft auf den Gesamtbetrag der Mietwagenforderung bezogen, anstatt lediglich und denklogisch auf den Grundbetrag des Normaltarifes (vgl. MRW 2021, 42 und 80 „kurz und praktisch“).
Wichtig erscheint die Klarstellung des Berufungsgerichts, dass die Vorhaltungen der Beklagten, der Geschädigte hätte auch günstiger anmieten können inkl. Verweis auf vorgelegte Internetscreenhots, keinen Verstoß gegen § 254 BGB (Schadenminderungspflichtverletzung) nachweisen. Denn dazu müsse laut Gericht bewiesen werden, dass dieses Angebot (aus 2020) dem Geschädigten in seiner konkreten Situation (2017) zur Verfügung gestanden hätte (Anmerkung: Und selbst dann hätte es ihm zusätzlich noch konkret bekannt sein müssen, damit er es – was dann ein Fehler gewesen wäre – hätte überhaupt ignorieren können).

Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 50-21

Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 50-21

Landgericht Düsseldorf 19 S 136/20 vom 01.07.2021
(Vorinstanz: Amtsgericht Düsseldorf 55 C 553/19 vom 28.08.2020)

1. Erforderliche Mietwagenkosten nach einem Unfall können anhand des Mittelwertes aus Schwacke und Fraunhofer geschätzt werden.
2.Von der Beklagten dagegen vorgebrachte Internetbeispiele sind kein konkreter Sachvortrag, der geeignet wäre, die Anwendbarkeit dieser Schätzung nach Fracke infrage zu stellen.
3. Gegen die Anwendung lediglich der Fraunhofer-Liste spricht deren Internetlastigkeit, die Unterstellung einer langen Vorbuchungsfrist bei der Preisrecherche sowie die Notwendigkeit des Einsatzes einer Kreditkarte für die zusammengetragenen Preise.
4. Gegen die Anwendbarkeit allein der Schwacke-Liste führt das Berufungsgericht (genauso falsch wie das OLG Düsseldorf) aus, dass hier keine Internetpreise berücksichtigt wurden.
5. Das Gericht widerspricht der Beklagten in ihrer Auffassung, der Geschädigte müsse es sich selbst anlasten lassen, wenn er einen Mietwagen nach einem Unfall nicht mit einer Kreditkarte begleichen könne.
6. Ein Abzug für ersparte Eigenaufwendungen des Geschädigten ist mit 5 % zu bemessen.

Zusammenfassung: Das Landgericht Düsseldorf spricht dem Autovermieter in der Berufung weiteren Schadenersatz wegen Mietwagenkosten im Rahmen Grundbetrag, Aufschlag und Nebenkosten zu. Zur Schätzung der erforderlichen Kosten wird der Grundbetrag anhand des Mittelwertes der Listen bestimmt. Der Eigenersparnis-Abzug beträgt 5 Prozent und Nebenkosten kommen hinzu.

Bedeutung für die Praxis: Das Urteil zeigt die aktuelle Linie der Düsseldorfer Gerichte auf, die nach dem Schwenk beim OLG Düsseldorf dem Fracke-Pfad folgen. Die Behauptungen der Beklagten wie zum Beispiel zur Vorfinanzierungspflicht des Geschädigten werden zurückgewiesen. Die Argumente gegen die Anwendbarkeit allein der Schwacke-Liste werden immer wieder wiederholt, was sie jedoch nicht richtiger macht. Da hier aber bereits das OLG Düsseldorf weit neben den Fakten lag, kann nichts anderes erwartet werden. Die von der Beklagten vorgelegten Internetbeispiele werden als unkonkreter Sachvortrag gekennzeichnet, doch die Begründung, dass sie sich auf einen späteren Zeitpunkt beziehen, stimmt bedenklich. Denn auch wenn sie den Anmietzeitpunkt betreffen würden, wären sie als Argument gegen die Anwendung der Schwacke- oder der Fracke-Liste untauglich. Denn einzelne Beispiele im unteren Preissegment sagen nichts darüber aus, ob es auch höhere Preise gibt und können keine Schlüsse auf den Mittelwert einer Schätzgrundlage rechtfertigen.
Der vom Erstgericht zugesprochene unfallbedingte Aufschlag auf den Grundpreis und die Berechtigung der Nebenkosten nach Schwacke wurden von der Beklagten im Berufungsverfahren nicht mehr thematisiert und daher vom LG Düsseldorf nicht in die Urteilsfindung einbezogen.

Vorschau MRW Ausgabe 4-2021

Die neue Ausgabe der MRW Mietwagenrecht§wi§§en des IV. Quartals 2021 wird in Kürze bei den Bestellern ankommen. Wir haben u.a. für Sie erarbeitet:

– zwei Fachaufsätze zu Kürzungsquoten nach VVG und zum neuen Kaufrecht
– vier aktuelle Urteile rund um die Vermietung nach Unfällen

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Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 49-21

Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 49-21

Landgericht Stendal 21 O 304/20 vom 23.04.2021

1. Eine überlange Mietdauer aufgrund der Einholung mehrerer auch vom Versicherer veranlasster Sachverständigen-Gutachten zum Fahrzeugschaden geht zu Lasten des Schädigers.
2. Dem Geschädigten ist kein Verstoß gegen die Schadenminderungsobliegenheit vorzuhalten, weil er die Fahrzeugreparatur nicht aus eigenen Mitteln vorfinanziert hatte.
3. Der Normaltarif erstattungsfähiger Mietwagenkosten wird anhand des Mittelwertes der Listen geschätzt.
4. Auf den Grundbetrag ist ein 20-prozentiger Aufschlag wegen unfallbedingter Mehrleistungen des Vermieters zu erstatten, da der Autovermieter den Mietzins vorfinanzieren musste.
5. Ein Abzug wegen ersparter Eigenaufwendungen ist mit 10 Prozent zu bemessen.

Zusammenfassung: Das Landgericht Stendal schätzt erforderliche Mietwagenkosten nach einem Verkehrsunfall mittels der Fracke-Methode als Mittelwert aus den Mittelwerten der beiden Listen Fraunhofer und Schwacke. Auf diesen Grundbetrag wird ein unfallbedingter Aufschlag in Höhe von 20 Prozent als gerechtfertigt angesehen. In Bezug auf die lange Mietdauer stellt das Gericht klar, dass die Beklagte für die Verzögerungen verantwortlich gewesen ist und auch gewarnt war, dass diese zu hohen Ausfallkosten führen würden.

Bedeutung für die Praxis: Das Erstgericht bestätigt seine bisherige Linie zur Anwendung der Schätzgrundlage erstattungsfähiger Mietwagenkosten. Geschätzt wird mit dem Mittelwert, aber ein Aufschlag kann gerechtfertigt sein, wenn der Vermieter vorfinanzieren muss. Insoweit ist das als absolut BGH-konform anzusehen. Einen breiten Raum im Urteil nimmt die Beantwortung der Frage ein, ob der Geschädigte durch eine sehr lange Mietdauer gegen seine Schadenminderungs-Obliegenheiten verstoßen hat. Das wird vor allem mit der Begründung verneint, dass die Beklagte selbst ausführlich im Bilde war und durch die Veranlassung mehrfacher Besichtigungen und Gutachten den Grund für die hohen Mietwagenkosten selbst zu vertreten hat. Der Warnpflicht war der Geschädigte nachgekommen und den Besichtigungswünschen der Beklagten ebenso. Anders als die Beklagte wohl dachte, stellte sich heraus, dass Vorschaden und Schaden gut abgrenzbar gewesen sind.

Zitiervorschlag: „Zur Rechtfertigung eines unfallbedingten Aufschlages“

„… Mehrkosten sind nur dann ersatzfähig, wenn sie spezifische, im Normaltarif nicht berücksichtigte Leistungen abdecken, etwa die Vorfinanzierung des Mietpreises durch den Autovermieter, eine 24stündige Rufbereitschaft, ein Bring- und Holdienst. Liegen solche Umstände vor, wird man in der Regel einen Zuschlag von 20 % annehmen können (vgl. Palandt, BGB, 80. Auflage, § 249 Rn. 33 mit weiteren Nachweisen).

… hat die Werkstatt den Mietpreis … vorfinanziert, sodann ein 20%iger Aufschlag gerechtfertigt ist.“
(Landgericht Stendal 21 O 304/20 vom 23.04.2021)

Hinweis:
Das Urteil wurde vom OLG Naumburg nach Einlegung der Berufung durch die Beklagte per Beschluss bestätigt (Az. 7 U 28/21). Sodann nahm die Beklagte ihre Berufung zurück.
Zitat OLG Naumburg zur Vorfinanzierungspflicht von Schadenkosten durch den Geschädigten:
„Die Beklagten überspannen die Anforderungen, soweit die meinen, der Kläger sei als Geschädigter verpflichtet gewesen, zur Schadensbeseitigung einen Kredit aufzunehmen. Es ist grundsätzlich Sache des Schädigers, die vom Geschädigten zu veranlassende Schadenbeseitigung zu finanzieren. Der Geschädigte hat Anspruch auf sofortigen Ersatz und ist nicht verpflichtet, den Schaden zunächst aus eigenen Mitteln zu beseitigen … Nur ausnahmesweise könnte eine solche Pflicht bejaht werden, wenn der Geschädigte sich diesen Kredit ohne Schwierigkeiten hätte beschaffen können…“
(Anmerkung: In einer Unfallsituation mit unklarem Regulierungsverhalten eines Gegnerversicherers wohl nachzu ausgeschlossen).

Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 48-21

Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 48-21

Landgericht Augsburg 45 S 3345/20 vom 22.10.2021
(Vorinstanz: AG Nördlingen 2 C 145/20 vom 29.07.2020)

1. Kann der Geschädigte nachweisen, dass ihm kein günstigeres Angebot zugänglich gewesen ist, sind die entstandenen Mietwagenkosten zu erstatten.
2. Ein Preisvergleich vor Anmietung ergab, dass andere Anbieter teurer als das vorliegende Angebot gewesen wären.
3. Darauf, dass das vorliegende Angebot höher lag, als ein nach § 287 ZPO zu schätzender erforderlicherer Betrag, kommt es dann mehr nicht an.
4. Es macht keinen Unterschied, ob sich der Geschädigte selbst und allein nach anderen Angeboten erkundigt oder er dazu Erläuterungen und Unterstützung vom Autovermieter erhält.

Zusammenfassung: Das Landgericht Augsburg spricht unter Abänderung des Urteils des Vorgerichtes die restlichen geforderten Mietwagenkosten als Schadenersatz vollständig zu. Der geforderte Betrag lag über einem Vergleichsbetrag der im Gerichtsbezirk angewendeten Schätzgrundlage. Da sich der Geschädigte mithilfe der Autovermietung nach anderen Angeboten erkundigt hatte und kein günstigerer Preis zu erzielen war, ist ein Verstoß des Geschädigten gegen die Schadenminderungspflicht zu verneinen und der Rechnungsbetrag für Ersatzmobilität vom Schädiger zu erstatten.

Bedeutung für die Praxis: Die Anwendung einer Schätzgrundlage unterstellt, dass die erhobenen Preise am örtlichen regionalen Mietwagenmarkt zugänglich sind. Gerichte setzen das voraus. Den Geschädigten bzw. der Klägerseite obliegt es, im konkreten Fall das Gegenteil zu beweisen. Da der Geschädigte keine konkreten Kenntnisse der örtlichen Verhältnisse und zur Rechtsprechung hat und zumeist auch nicht anwaltlich vertreten sein dürfte, kann der Autovermieter im eigenen Interesse an seiner Seite stehen. Erkundigen sich Geschädigter und ein Vertreter des Vermieters gemeinsam und für den Geschädigten transparent nach den aktuellen Anmiet-Möglichkeiten am örtlichen regionalen Markt, ist einer eventuellen Erkundigungspflicht Genüge getan. Das Landgericht Augsburg lässt das Ergebnis einer Preisrecherche bei den beiden marktstärksten Anbietern der Region als ausreichend gelten.
Die entscheidende Frage über den Einzelfall hinaus dürfte lauten: Was bedeutet es, wenn der Geschädigte aufgrund eines vermeintlich zu teuren Angebotes ein günstigeres Marktangebot sucht und nur teurere Angebote findet? Ist dann die Sondersituation des § 254 BGB eingetreten, dass ihm kein Verstoß gegen seine Schadenminderungsobliegenheit vorzuwerfen ist ODER ist das ein Beleg für Zweifel an den niedrigen Werten einer nach BGH-Auffassung verwendbaren Schätzgrundlage Fraunhofer? Die Methode Fraunhofer ist im Interesse der Versicherungswirtschaft entwickelt. Lange Vorbuchungsfrist, Unklarheiten bei Mehrfachnennungen und Stationsauswahl, Dienstleistungsumfang usw. verhindern höherer Preise oder die Feststellung nicht vorhandener Fahrzeuge. Doch kann es nicht Aufgabe des Geschädigten sein, wenn er lediglich höherpreisige Angebote erhält, von sich aus die Beweise zu sammeln, die ihm den Schadenersatz des Schädigers sichern. Das kann ihn lediglich treffen, wenn der Preis der angebotenen Ersatzmobilität „mehrfach überhöht“ ist (BGH). Hier widerspricht sich der BGH und er würde es selbst erkennen, wenn er sich mit der Fraunhofer-Liste und der Erhebungsmethode endlich eingehender befassen würde. Wären die Werte in der Fraunhofer-Liste korrekt, würden diese dem Geschädigten ja auch immer und überall zur Verfügung stehen. So ist es aber nicht, wie dieser Fall zeigt.

Desinfektions-Pauschale beim Mietwagen

Die Reinigung und Desinfektion von Mietfahrzeugen aufgrund der Gefahren einer Übertragung von Corona-Viren ist eine branchenübliche Notwendigkeit. Und dadurch entstehen Kosten, die die Anbieter an den Mieter weitergeben können. So kommen dann auch Gerichte, welche die Höhe erstattungsfähiger Mietwagenkosten  nach einem Unfall zu beurteilen haben zu dem Schluss, dass der Schädiger-Versicherer solche Kosten zu erstatten hat, wenn die im Rahmen der Ersatzmobilität angefallen sind.

Das AG Buchen hat so entschieden mit der Begründung:
– es handele sich um unfallbedingte Aufwendungen
– es handelt sich nicht um höhere Gewalt
– die Desinfektion der Kunde auch erwarten
– Desinfektion ist ein taugliches Mittel zur Corona-Bekämpfung und
– mithin sind die Desinfektionskosten Teil der erforderlichen Kosten.

(AG Buchen 1 C 165/21 vom 04.11.2021, siehe BAV-Urteilsdatenbank)

Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 47-21

Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 47-21

Amtsgericht Nürnberg 13 C 98/20 vom 27.04.2021

1. Der Schadenersatzanspruch nach Ersatzanmietung eines Kfz wird mittels Schwacke-Liste geschätzt.
2. Aufgrund der offenen Anfrage durch Schwacke wird ein Abschlag von 17 Prozent vorgenommen.
3. Die Verwendbarkeit der Fraunhofer-Liste zur Schätzung der erforderlichen Mietwagenkosten nach einem Unfall wird grundsätzlich verneint.
4. Die von der Beklagten vorgelegten Internet-Screenshots sind mit der erhaltenen Mobilitätsleistung nicht vergleichbar.
5. Es ist aus Sicht des Gerichtes mangels konkreten Sachvortrages nicht geboten, ein Sachverständigengutachten zur Frage der angemessenen Mietwagenkosten einzuholen.
6. Ein Abzug für ersparte Eigenkosten erscheint in Höhe von 3 Prozent als angemessen.

Zusammenfassung: Das Amtsgericht Nürnberg schätzt wie im Gerichtsbezirk üblich weiterhin mittels Schwacke bei Berücksichtigung eines prozentualen Abschlags. Die Verwendbarkeit der Ergebnisse der Fraunhofer-Liste wird verneint. Die von der Beklagten vorgelegten – mit dem Fall nicht vergleichbaren –  Internetscreenshots lassen nicht den Schluss zu, dass die Schwacke-Liste nicht verwendbar wäre.

Bedeutung für die Praxis: Die Begründung für einen Abschlag der Nürnberger Gerichte fehlt gänzlich oder es lautet etwa wie hier lediglich „aufgrund der offenen Anfrage“. Das hat noch nie eingeleuchtet. Denn was heisst das überhaupt? Im Vorwort der Schwacke-Liste steht eindeutig, dass die Unternehmen nicht um das Ausfüllen eines Fragebogens gebeten werden, sondern um Zusendung offizieller Preislisten oder Nennung der Internetandresse ihrer für Kunden sichtbaren Online-Preislisten. Diese Daten würden von Schwacke auch nach anerkannten statistischen Methoden überprüft, so steht es schwarz auf weiß.
Als konkrete Mängel der Ergebnisse der Fraunhofer-Erhebung nennt das Gericht den Punkt, dass die Berücksichtigung von Internetpreisen einen Sondermarkt betreffe, der laut BGH nicht mit dem allgemeinen Mietwagenmarkt vergleichbar sein muss. Des Weiteren seien die ausgewiesenen Regionen mit 2-stelligen PLZ-Gebieten zu undifferenziert.

Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 46-21

Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 46-21

Landgericht Berlin 42 S 64/21 vom 25.10.2021 (Beschluss)
(Vorinstanz: Amtsgericht Berlin-Mitte 107 C 3209/19 vom 06.07.2021)

1. Die Berufung der Beklagten hat offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg, da weder eine Rechtsverletzung vorliegt, noch relevante Tatsachen eine andere Einschätzung rechtfertigen könnten.
2. Die Aktivlegitimation der Klägerin wird bestätigt. Es liegt kein Verstoß gegen das Rechtsdienstleistungsgesetz und auch nicht gegen das Transparenzgebot für AGB vor.
3. Die erstinstanzliche Schätzung der erforderlichen Mietwagenkosten mittels  Schwacke-Liste ist nicht zu beanstanden.
4. Der Verweis der Beklagten auf niedrigere Werte der Fraunhofer-Liste begründen keinen Zweifel an einer anderen Schätzgrundlage.
5. Die von der Beklagten aufgezeigten Internetangebote sind mit der konkreten Anmietung in Bezug auf Ort, Zeit und Inhalt nicht vergleichbar.

Zusammenfassung: Die Berufungskammer des Landgerichts Berlin hat die Aktivlegitimation des Klägers bestätigt. Das Rechtsdienstleistungsgesetz erlaubt die Geltendmachung abgetretener Mietwagenforderungen als Nebenleistung zur Autovermietung. Auch ein Verstoß gegen die Regeln zur Transparenz von Allgemeinen Geschäftsbedingungen sei im Fall des vorgelegten Abtretungsformulars nicht erkennbar. Und die erstinstanzliche Schätzung mittels der Werte der Schwacke-Liste sei nicht zu beanstanden und mit den Argumenten der Beklagten pro Fraunhofer und anhand vorgelegter Internetscreenshots nicht angreifbar.

Bedeutung für die Praxis: Noch immer versuchen es Haftpflichtversicherer, eine Abtretung des Schadenersatzanspruches zu torpedieren, indem sie auf die Normierung von Rechtsdienstleistungsangeboten verweisen und falsch auslegen. Dabei hatte dazu der BGH schon vor ungefähr 10 Jahren anders geurteilt. Folgerichtig hat das Landgericht Berlin diese Rechtsauffassung der Beklagten in ausführlichen Worten zurückgewiesen.
Auch dem Versuch der Beklagten, einen Verstoß gegen die Transparenzpflicht bei der Abfassung von Abtretungsformularen zu konstruieren, erteilt das Berufungsgericht ein Absage.
Die Anwendung der Schwacke-Liste als Schätzgrundlage für die erstattungsfähigen Mietwagenkosten nach einem Unfall wird mit dem Hinweis bestätigt, dass der übliche Vortrag der Beklagten mittels Fraunhofer und Internetbeispielen zu unkonkret ist.

Während Corona Eratzwagen auch bei geringem Fahrbedarf

Die Corona-Situation ändert auch die eine oder andere jahrelang als gefestigt angesehene Antwort auf Fragen in der Schadenregulierung.

So gilt eine Grenze der von einem Geschädigten durchschnittlich pro Tag gefahrenen Kilometern, unter welcher die Rechtsprechung urteilt, dass der Geschädigte (grundsätzlich, mit Ausnahmen) keinen Mietwagen hätte nutzen dürfen, sondern sich zum Beispiel mit Taxifahrten behelfen müsse. Diese Grenze wird bei 20 km pro Tage gesehen. Doch während der Corona-Pandemie gilt diese nicht. Denn es ist einem Geschädigten nicht zuzumuten, anstatt mit einem Auto selbst und risikolos zu fahren, in ein Taxi, Zug oder Bus zu steigen. Er muss ein erhöhtes Risiko einer Ansteckung nicht akzeptieren. 

Dazu beispielhaft ein Gerichtsurteil des AG Nürnberg vom 15.10.2021 (Az. 23 C 4061/21): https://www.gesetze-bayern.de/Content/Document/Y-300-Z-BECKRS-B-2021-N-31255?hl=true

Liste Urteile Juli-Oktober 2021

Von Juli bis Oktober 2021 wurden uns (lediglich) 69 Urteile zur Verfügung gestellt. Wir möchten uns bei den Einsendern bedanken. Die Urteile wurden oder werden noch bearbeitet und mit einer Kommentierung versehen in der der BAV-Urteilsdatenbank für die Mitglieder des BAV veröffentlicht.

LG Oldenburg  Beschluss

13 S 39/20

20.04.2020

S+ / F-

Melchers + Partner, Nordenham

AG Hannover

516 C 12617/20

12.05.2021

Mittelwert

Rieche & Schott, Hamburg

AG Sinzig

14 C 578/20

12.05.2021

S+ / F-

RA Wenning, Bonn

AG Köln

274 C 21/20

20.05.2021

S+ / F- / Abtretung

Rieche & Schott, Hamburg

AG Salzgitter

24 C 465/20

14.06.2021

Mittelwert / DV-

Rischmüller + Seide, Braunschweig

AG Köln

270 C 29/21

23.04.2021

S+ / F- / DV-

RA Rötz, Olpe

...

Bitte stellen Sie uns die Ihnen vorliegenden Urteile auch in Zukunft zur Verfügung.

OLG Karlsruhe zur Frage der Aktivlegitimation nach Teilregulierung

Das OLG Karlsruhe hat in der Frage der Gültigkeit einer Forderungsabtretung nach vorheriger Teilregulierung nachgelegt. Bereits mit Urteil vom 01.02.2013 (Az.1 U 130/12) hieß es, dass der Kfz-Haftpflichtversicherer des Schädigers die Erforderlichkeit der Anmietung eines Mietwagens als solche, die Mietdauer und bestimmte Einzelpositionen nicht mehr bestreiten könne, wenn er auf Grund der ihm vorgelegten Rechnung des Autovermieters dem Geschädigten ein Abrechnungsschreiben übersandt hat, in dem er einen Teilbetrag der geltend gemachten Mietwagenkosten „anerkannt“ oder für „berechtigt“ erklärt und entsprechende Zahlungen geleistet hat.

Nun ging es in einem anderen Fall um einen Schadenersatzanspruch aus Kaskovertrag. Das OLG befand, dass eine Berufung auf das Abtretungsverbot aus den AKB nicht möglich sei, wenn sich der Versicherer außergerichtlich bereits auf eine Abwicklung eingelassen habe.

Zitat:

Die Berufung auf das Abtretungsverbot ist gemäß § 242 BGB unbeachtlich, wenn sie nicht durch ein im Zweckbereich der Norm liegendes Interesse gedeckt ist (vgl. Prölss/Klimke, VVG, 31. Auflage 2021, A.2.7 AKB 2015, Rn. 12; BGH, VersR 1983, 945 [BGH 13.07.1983 – IVa ZR 226/81]). Das Verbot – beziehungsweise der Genehmigungsvorbehalt – soll erreichen, dass es der Versicherer bei der Abwicklung eines Schadensfalls nur mit seinem Vertragspartner und nicht mit einem beliebigen Dritten zu tun hat (BGH, a. a. O.). Ein solches Interesse ist allerdings nicht ersichtlich, wenn sich der Versicherer außergerichtlich bereits auf eine Abwicklung des Versicherungsfalls mit einer Zessionarin eingelassen hat, ohne auf Bedenken gegen die Wirksamkeit der Abtretung hinzuweisen (vgl. BGH, VersR 1960, 300, 301). So liegt der Fall hier: Im vorprozessualen Schriftverkehr war die Beklagte bereit, den Versicherungsfall mit der Klägerin als Zessionarin abzuwickeln (vgl. die Anlagen K 5, K 6, K 7 und K 8). In diesem Fall ist der Beklagten eine Berufung auf das Abtretungsverbot im anschließenden Prozess verwehrt.

Siehe bei Bedarf auch das Urteil vom 01.06.2021 – 9 U 54/19: https://www.iww.de/quellenmaterial/id/224087

Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 45-21

Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 45-21

Amtsgericht München 241 C 1682/21 vom 11.08.2021

1. Der Mietzinsanspruch der Klägerin gegen den Mieter ist nicht dadurch erloschen, dass der Beklagte mit einem Schadenersatzanspruch aufgrund Pflichtverletzung und mangelnder Aufklärung gegenrechnen kann (c.i.c. culpa in contrahendo).
2. Der Klägerin oblag gegenüber dem Mieter keine Aufklärungspflicht für die Gefahr, dass die gegnerische Haftpflichtversicherung eventuell nur einen Teil des Mietzinses als Schaden anerkennen werde.
3. Denn die Klägerin hat überobligatorisch gemeinsam mit dem Beklagten Preisrecherchen durchgeführt. Daher stand fest, dass dem Mieter und Geschädigten kein günstigeres Angebot zur Verfügung stand.
4. Die erstattungsfähigen Mietwagenkosten sind anhand der Schwacke-Liste zu schätzen. Die Fraunhofer-Liste kommt wegen ihrer Internetlastigkeit und der Vorlaufzeit der Preisanfragen dafür nicht in Betracht.

Zusammenfassung: Das Amtsgericht München spricht einem Autovermieter restliche Mietwagenkosten aufgrund Anmietung nach einem Verkehrsunfall zu. Zur Bestimmung der Angemessenheit der Kosten wendet das Gericht die Schwacke-Liste an. Die Fraunhofer-Liste hält es bei einer wie hier typischen Unfallsituation aus mehreren Gründen für nicht tauglich. Eine gemeinsam mit dem Mieter erfolgte Preisrecherche hatte ergeben, dass regionale Stationen üblicher Internetanbieter kein günstigeres vergleichbares Fahrzeug angeboten haben und damit die angeblichen Internetpreise laut Fraunhofer unrealistisch gewesen sind.

Bedeutung für die Praxis: Der Kläger ruft Preise im Rahmen der Schwacke-Liste auf. Das ist sein Normaltarif. Bei der Vermietung nach einem Unfall versucht er, sich mit Preiserkundigungen und deren Dokumentation abzusichern. Diese werden im Beisein und im Namen des Geschädigten vor der Anmietung durchgeführt. Damit wird von vornherein geklärt, dass die erwarteten späteren Behauptungen der eintrittspflichtigen Haftpflichtversicherung falsch sind. Denn regelmäßig wird vom Versicherer später auf Fraunhofer verwiesen und werden gesammelte billige Internetscreenshots nachgeschoben. In München hat das zur nahezu vollständigen Etablierung der Fraunhofer-Linie geführt. Dem konnte hier erfolgreich begegnet werden.
Nicht nachvollziehbar ist in diesem Fall, dass das Gericht die Ergebnisse der Preiserkundigung akzeptiert und dann den Schadenersatzanspruch trotzdem nach § 287 schätzt. Mit dem gleichen Ergebnis wäre es auf der Basis der Preisrecherche schadenrechtlich korrekt gewesen, den Rechnungsbetrag zuzusprechen, ohne ihn an einer Liste zu bemessen. Auch dann wäre klar geworden, dass die von Fraunhofer als Normalpreis dargestellten Erhebungsergebnisse im konkreten Fall keine Regulierungsgrundlage sein konnten.
Die Autovermietung hat gegen den Mieter/Geschädigten und die Schädigerversicherung (Streithelferin des Geschädigten) prozessiert. Somit muss sich die Schädigerversicherung am Ausgang des Verfahrens festhalten lassen. Der Geschädigte hat daher im Ergebnis selbst keinen Mietzins zu zahlen, denn der ausgeurteilte Betrag ist in der Höhe identisch mit dem Schadenersatzbetrag, zu dessen Zahlung die Schädigerversicherung verurteilt wurde.
Das Urteil ist rechtskräftig.

Hinweis: Wer sich darüber hinaus für die Rechtsprechung in München interessiert oder gewillt ist, mit tragfähigen Argumenten gegen die dort verbreitete Fraunhofer-Meinung anzugehen, dem sei die Bestellung eines Gutachtens empfohlen. Mit konkreten hier vorliegenden Internetbeispielen aus 2020 lässt sich die Frage beantworten, ob die Fraunhofer-Schätzwerte überhaupt der Realität entsprechen können. LINK zur weiteren Information: Gutachten zu Fraunhofer 2020

Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 44-21

Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 44-21

Amtsgericht Berlin-Mitte 4 C 46/20 vom 10.06.2021

1. Der erforderliche Geldbetrag zur Anmietung eines Kraftfahrzeuges nach erlittenem Unfallschaden kann mittels der Schwacke-Liste Automietpreisspiegel geschätzt werden.
2. Zur Rechtsprechung des 22. Senats des Berliner Kammergerichts ist festzustellen, dass lediglich eine Anwendung der Fracke-Liste im Einzelfall nicht beanstandet wurde. Die Anwendbarkeit der Schwacke-Liste ist davon nicht berührt
3. Dem Geschädigten obliegt keine generelle Erkundigungspflicht nach günstigeren Tarifen.
4. Ein Abzug für ersparte Eigenkosten entfällt bei klassenniedrigerer Anmietung.
5. Auch die Kosten erforderlicher Nebenleistungen für eine erweiterte Haftungsreduzierung, Winterreifen, Anhängezugvorrichtung, Navigationssystem, Zusatzfahrererlaubnis und Zustellen/Abholen sind erstattungsfähig.
6. Die Kosten der vorgerichtlichen anwaltlichen Tätigkeit sind Teil des zu ersetzenden Schadens.

Zusammenfassung: Das Amtsgericht Berlin wendet zur Klärung der Höhe erstattungsfähiger Mietwagenkosten die Schwacke-Liste an. Ein Abzug für Eigenersparnis wird verneint. Kosten für eine ganze Reihe von Nebenleistungen werden ebenso zugesprochen. Insgesamt erhält der Autovermieter aus abgetretenem Recht die gesamte Summe seiner Forderungen, die unterhalb der Schätzgrundlage liegen.

Bedeutung für die Praxis: Das Berliner Gericht hat richtiger Weise klargestellt, dass das Kammergericht in einer Entscheidung vom 08. Mai 2914 (Az. 22 U 119/13) nicht gemeint habe, dass von nun an nur noch eine Mittelwert-Schätzung „Fracke“ in Betracht komme. Das Berliner OLG habe lediglich eine vorinstanzliche Fracke-Entscheidung aufgrund des vorliegenden Klägervortrages nicht beanstandet. Und das ist etwas ganz anderes.
Die Amtsrichterin hat des weiteren festgestellt, dass eine Verpflichtung zur Erkundigung durch den Geschädigten nach günstigeren Alternativen nicht generell bestehe. Diese komme allenfalls beim Vorliegen eines um ein Vielfaches überhöhten Angebotes in Betracht.

 

HUK vermietet Autos

Die HUK Coburg macht Erfahrungen mit der Versicherung von Mietfahrzeugen. Auch ein HUK-Auto-Abo ist in Betrieb. Diese Aktivitäten führen derzeit dazu, dass die HUK auf Nachfrage auch einen Betrieb einer eigenen Sharing-Flotte nicht ausschließt. Das alles ist nichts anderes, als ein Haftpflichtversicherer mit einem eigenen Zweig der Autovermietung.

Jetzt stelle man sich vor, die HUK ist gleichzeitig:
– zahlungsverpflichteter Haftpflichtversicherer in einem konkreten Fall,
– Betreiber einer Reparaturwerkstatt,
– Lieferant der Ersatzteile, wenn durchsetzbar nicht original oder gar gebraucht,
– Versicherer einer Mietflotte und
– Betreiber einer Mietflotte, die zur Ersatzmobilität des Anspruchstellers/Geschädigten eingesetzt werden kann.

Das ist für alle vermietenden und reparierenden Betriebe keine gute Vorstellung. Grundsätzlich arbeiten Versicherer immer intensiver daran, den Autofahrer über den Versicherungsbedarf hinaus mit konkreten eigenen Dienstleistungen anzusprechen. HUK, HDI und LVM haben dazu bereits eine Plattform „Prisma“ entwickelt, über die in Zukunft viele Dienstleistungen angeboten werden, die Autofahrer benötigen könnten. Langfristig wird auch das dem Kfz-Gewerbe weh tun, weil nur derjenige in diesem Kreis mitspielen darf, der sich den Regeln der Schädigerseite unterwirft. Derzeit heißt das wohl: „Arbeiten zum halben Preis“.

Daher kommt es darauf an, den Autofahrer zu sensibilisieren, dass der Unfallgegner und dessen Versicherer nie seine Interessen vertreten wird und er es im Augenblick nach dem Unfall allein in der Hand hat, sich die richtigen Partner für die korrekte und angemessene Schadenregulierung zu sichern, zuerst über seine Werkstatt und einen eigenen Fachanwalt für Verkehrsrecht, dann über den Kfz-Sachverständigen und den von der Werkstatt empfohlenen Autovermieter.

Die Versicherer sind da eher der Wolf im Schafspelz. Aber wer versteht das schon, wenn er statistisch alle 7 Jahre einen Unfall hat und der Gegner-Versicherer ihn freundlich anspricht? Das ist das Problem.

Schwacke 2021 verfügbar

Die Firma eurotaxSchwacke hat den Automietpreisspiegel 2021 in seine Online-Datenbank SchwackeNet eingestellt.

Ein erster Blick auf den Bundesdurchschnitt der Mietwagenklassen verrät, dass sich nahezu nichts geändert hat. Das arithmetische Mittel der ca. 6.000 befragten Vermieter ergibt in den Mietwagenklassen 01 bis 05 eine homöopatische Steigerung und in den Klassen 06-10 genau das Gegenteil, ein kaum merkliches Absinken der Durchschnittswerte.

Die Kosten der Nebenleistungen sind ebenso auf dem Niveau des Vorjahres.

Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 43-21

Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 43-21

Landgericht Münster 3 S 2/21, Urteil vom 14.10.2021
(Vorinstanz Amtsgericht Münster 7 C 1811/20 vom 22.12.2020)

1. Das Berufungsgericht begründet ausführlich, warum die Formulierung der verwendeten Abtretung keinen Verstoß gegen das Transparenzgebot darstellt und keine unangemessene Benachteiligung des Verbrauchers vorliegt.
2. Die Schätzung der erforderlichen Mietwagenkosten erfolgt anhand des Mittelwertes aus Fraunhofer und Schwacke.
3. Auf den Grundpreis ist ein Aufschlag wegen unfallbedingter Mehrleistungen in Höhe von 20 Prozent angemessen.
4. Wegen ersparter Eigenaufwendung bei Mietwagennutzung über 1000 km erfolgt ein Abzug von 10 Prozent.
5. Für erforderliche Nebenleistungen bzgl. Haftungsreduzierung, Zustellen und Abholen, Winterreifen, Zusatzfahrer sind die abgerechneten Kosten erstattungsfähig, welche hier unterhalb der Mittelwerte aus der Schwacke-Liste liegen.

Zusammenfassung: Das Berufungsgericht hebt eine Entscheidung des Amtsgerichts auf, das mit Blick auf das Abtretungsformular die Aktivlegitimation der klagenden Partei verneint hatte. Die Linie des Gerichts Mittelwert + Aufschlag + Nebenkosten wird trotz aller Bemühungen des Gegnerversicherers beibehalten.

Bedeutung für die Praxis: Der Streit um die korrekten Formulierungen von Abtretungen geht weiter. Die Versicherer haben im Verbraucherrecht eine leicht bespielbare Wiese gefunden, berechtigten Ansprüchen zu begegnen. Das eine oder andere Gericht steigt darauf ein. Daher sind konkrete und ausführliche Begründungen von Berufungsgerichten besonders interessant, die in den Abtretungsformulierungen keinen Rechtsverstoß erkennen können. Das Zusprechen des unfallbedingten Aufschlages begründet das Gericht vornehmlich mit der Vorfinanzierung des Schadenersatzanspruches (übrigens länger als vier Jahre) durch den Vermieter und Kläger und dem Verzicht des Vermieters auf Sicherheitsleistungen des Mieters, damit dieser nach dem unverschuldeten Unfall zu den Sonderbedingungen der Ersatzmobilität über ein Fahrzeug verfügen konnte, so wie vor dem Unfall.

Zitiervorschlag: „Kein Verstoß gegen Transparenzgebot des 307 BGB“

„Das erstinstanzliche Gericht hat die Aktivlegitimation der Klägerin zu Unrecht verneint. Die Abtretungsvereinbarung zwischen dem Geschädigten und der Klägerin ist wirksam. Sie verstößt insbesondere nicht gegen§ 307 Abs. 1 und 2 BGB. (…)
Gemäß § 307 Abs. 1 s. 2 BGB benachteiligt eine Bestimmung in Allgemeinen Geschäftsbedingungen den Vertragspartner des Verwenders dann unangemessen, wenn die Bestimmung nicht klar und verständlich ist. Der Verwender ist daher verpflichtet, die Regelung und ihre Rechtsfolgen so darzustellen, dass die Rechte und Pflichten der Vertragspartner möglichst klar und durchschaubar sind und dem Verwender keine ungerechtfertigten Spielräume bleiben (BGH NJW 2004, 1738; NJW 2008), (…) Die Klausel muss verständlich formuliert sein und die korrespondierenden Nachteile und Belastungen müssen ebenfalls klar erkennbar sein. Dabei kann sich eine Intransparenz auch aus einer Betrachtung der Gesamtregelung ergeben (…)
Die Klausel erfüllt diese Anforderungen. Sie verstößt insbesondere nicht gegen das Transparenzgebot gemäß § 307 Abs. 1 S. 2 BGB.
Ein Verstoß hiergegen ergibt sich schon nicht daraus, dass die Klausel nicht ausdrücklich den Verbleib der abgetretenen Forderung regelt, falls die Klägerin keine Erfüllung durch den Schädiger oder dessen Versicherung erhält, beziehungsweise die Klägerin durch den Geschädigten selbst befriedigt wird.
Bei jeder Sicherungsvereinbarung ergibt sich aus den Grundsätzen allgemeiner Vertragsauslegung (§§ 133, 157 BGB) auch ohne ausdrückliche Regelung ohne Weiteres ein vertraglicher Rückübertragungsanspruch, etwa bei Wegfall des Sicherungszweckes. Dies ist auch auf erfüllungshalber abgetretene Ansprüche für den Ausgleich von Mietwagenkosten beim Verkehrsunfall zu übertragen (…). Aus dem vorliegenden Vertrag folgt automatisch ein Rückübertragungsanspruch hinsichtlich des abgetretenen Schadensersatzanspruchs (vgl. zum Grundsätzlichen nur BGH, Großer Senat für Zivilsachen, NJW 1998, 671, (672/673).
Aus der Entscheidung des BGH vom 18.02.2020 (Az. VI ZR 135/19), ergibt sich nichts anderes.
Der BGH hat dort zwar eine Abtretungsklausel wegen eines Verstoßes gegen § 307 Abs. 1 S. 2 BGB für unwirksam erklärt, die beurteilte Klausel war allerdings in einem entscheidenden Punkt abweichend ausgestaltet.
(…)
Die getroffene Regelung zur verbleibenden Zahlungsverpflichtung für den Fall, dass die Versicherung nicht in angemessener Zelt und Höhe leistet, ist ebenfalls nicht unklar. Die Klägerin darf sich erst dann an den Geschädigten als eigentlichen Vertragspartner wenden, wenn die Durchsetzung gegenüber der Beklagten Versicherung und dem Schädiger endgültig scheitert.  Denn  mit  der  Abtretung  erfüllungshalber ist  eine Stundung  des  zu  Grunde liegenden vertraglichen Anspruchs verbunden (…)
Auch der BGH hat mehrfach die von der Klägerin verwendete Klausel als wirksam und insbesondere nicht intransparent erachtet (ua. BGH, Urteil vom 31.01.2012 – VI ZR 143/11; Urteil vom 05.03,2013 – VI ZR 8/12).“

(Landgericht Münster 3 S 2/21, Urteil vom 14.10.2021)

Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 42-21

Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 42-21

Amtsgericht Bonn 114 C 532/20 vom 15.06.2021

1. Der Geschädigte hat, anders als die Beklagte es behauptet, nicht gegen seine Schadenminderungs-Obliegenheit verstoßen.
2. Die Beklagte hat kein insoweit annahmefähiges Angebot unterbreitet, als dass der Geschädigte dieses annehmen musste oder auf den dort genannten Preis festgelegt wäre.
3. Die Schätzung der Ersatzwagenkosten im Rahmen der Erforderlichkeit erfolgt anhand des Mittelwertes (aus den arithmetischen Mittelwerten) der Listen von Fraunhofer und Schwacke zuzüglich Pauschalaufschlag für unfallbedingte Mehrleistungen des Vermieters.
4. Kosten erforderlicher Nebenleistungen sind zu erstatten.
5. Da die außergerichtliche Einschaltung einer Rechtsvertretung für die Klägerin zweckdienlich gewesen ist, sind dadurch entstandene Kosten ersatzfähig.

Zusammenfassung: Das Amtsgericht Bonn spricht dem aus abgetretenem Recht klagenden Vermieter den restlichen geforderten Schadenersatzbetrag aus mehreren Anmietfällen vollständig zu. Die Kürzung des Schadenersatzanspruches durch den Versicherer nach Kontakt mit dem Geschädigten wird als unrechtmäßig angesehen, weil der Geschädigte kein annahmefähiges Angebot erhalten hatte. Die Schätzung der erforderlichen Kosten erfolgt mittels Fracke, Aufschlag und Nebenkosten.

Bedeutung für die Praxis: Für die Vermieter bedeutsam sind Urteilsbegründungen zu der Frage, ob der Geschädigte Mietwagenangebote des Versicherers annehmen muss. Hier war das nicht der Fall, da es sich nicht um eine konkretes Angebot handelte. Es ist wichtig zu verstehen, warum solche Versuche der Versicherer scheitern, um die konkreten „Angebote“ selbst besser einschätzen zu können. In Bezug auf den unfallbedingten Aufschlag kommt das Gericht BGH-konform und wiederholt zu dem Ergebnis, dass die unfalltypische Anmietsituation nach einem Unfall üblicherweise besondere Risiken und Mehrleistungen mit sich bringt, die einen solchen Aufschlag auf den Grundmietpreis rechtfertigen, sofern der Kläger zur Erforderlichkeit solcher Zusatzleistungen vorträgt.

Zitiervorschlag: „Mietwagen-Preisvorgabe: Kein Verstoß gegen Schadenminderungspflicht“

„Entgegen der Auffassung der Beklagten müssen sich der Geschädigte und damit auch die Klägerin nicht auf einen günstigen Tarif verweisen lassen, den die Beklagte dem  Geschädigten  mit  Schreiben  vom  20.07.2020  mitgeteilt  hat.  Dies  wäre  unter dem Gesichtspunkt der Schadensminderungspflicht gemäß § 254 Abs. 2 S. 1 BGB nur dann angezeigt, wenn dem Betroffenen seitens der Beklagten konkrete Preise, die genaue Verfügbarkeit und die genauen Konditionen in einem ohne weiteres annahmefähigen Angebot ausreichend transparent gemacht worden sind (OLG Köln Beschluss vom 27.3.2017 – 15 U 34/17, juris m.w.N.).“
(Amtsgericht Bonn 114 C 532/20 vom 15.06.2021)

Konkretes zur Direktvermittlung

Wann sind Ersatzwagenangebote des Versicherers an Geschädigte relevant und anders herum, wann spielen sie keine Rolle?

Das OLG Köln hatte dazu vor einiger Zeit konkret in einem Beschluss festgehalten, dass (Zusammenfassung aus BAV-Urteildatenbank):

Oberlandesgericht Köln 15 U 34/17 vom 27.03.2017 (Beschluss)
1. Der für Mietwagenstreitigkeiten des Schadenersatzrechts zuständige 15. Senat des OLG Köln weist darauf hin dass die Berufung der Beklagten in einer Mietwagensache keine Aussicht auf Erfolg hat.
2. Der Geschädigte musste auf die Angebote der Beklagten nicht eingehen. Diese waren in Bezug auf die Konkretheit der Preise, die Verfügbarkeit und die genauen Konditionen nicht ausreichend transparent und damit unzureichend, um einen Verstoß gegen die Schadenminderungspflicht feststellen zu können.
3. Dem angebotenem Zeugenbeweis musste nicht nachgegangen werden. Es würde sich dabei um einen Ausforschungsbeweis handeln, da die Erheblichkeit des unter Beweis gestellten Vorbringens mangels Substantiierung nicht nachprüfbar ist.
4. Wie bei der Restwertrechtsprechung müssen dem Geschädigten besondere Umstände einen Anlass dazu geben, etwaige günstigere Anmietmöglichkeiten wahrzunehmen.
5. Den Geschädigten sind keinesfalls die allgemeinen Modalitäten des Haftpflichtversicherers aufzuzwingen.

Kürzlich hat das OLG seine Auffassung in einer mündlichen Verhandlung bestätigt, woraufhin die beklagte Haftpflichtversicherung ihre Berufung gegen ein Urteil des LG Bonn zurückgenommen hat.

Daher leider kein Urteil…

Fraunhofer oder Schwacke

Seit 2008 schreiben wir gegen Fraunhofer an. Die Mittelwerte der Liste sind uns bis heute unerklärlich, die Methode dahinter schleierhaft. Beispiel: PLZ 95 in 2020, Gruppe 02 im Mittelwert 19,25 pro Tag, der niedrigste Wert für die Miete eines Autos hier gar 10,83 Euro pro Tag. Anderswo geht’s noch weiter herunter.

Das AG Köln – hier sind einige Richter von der Methode Schwacke zur Methode Fracke „gewechselt“- schreibt zur Begründung:

„Hinzu kommt, dass die Werte der Listen so weit auseinanderliegen, dass tatsächlich fraglich erscheint, ob die Tabellenwerke für sich genommen den ortsüblichen Mietpreis zutreffend wiedergeben. Durch Bildung des arithmetischen Mittels bei der Listen durfte der Sache nach der tatsächlich in der jeweiligen Region zu zahlende Normalpreis zutreffender abgebildet werden.“

Abgesehen von den Rechtschreibfehlern zeigt dieses Zitat aus diesem aktuellen Urteil der 265. Abteilung, dass es aus Sicht der Versicherungswirtschaft sinnvoll erscheint, die Werte der Fraunhoferliste so niedrig wie möglich zu halten. Bereits die Existenz einer Behauptung, dass es extrem niedrige regionale Preise gibt und der erhebliche Abstand von den Werten der Schwacke-Liste ist ein Argument gegen Schwacke, je weiter entfernt, umso kräftiger das Argument.

Aber…

Nachdem hier nun über einen längeren Zeitraum eigene Internetpreise recherchiert und dokumentiert wurden, ergibt sich in Bezug auf Fraunhofer ein ganz anderes Bild. Was, wenn selbst Internetpreise aus 2020 (Vorkasse, Kaution, Buchung im Internet, Zahlungsmittel, häufig nur Teil-Leistungen,…) so weit über den Fraunhofer-Mittelwerten liegen, dass Internetpreise fast an die Schwacke-Mittelwerte herankommen oder diese gar übertreffen? In Bezug auf viele regionale Märkte können Gutachten beauftragt werden, die das Preisniveau von vorliegenden Internetpreisen mit den Fraunhofer-Werten vergleichen. So viel kann gesagt werden: Die Fraunhofer-Werte lassen sich nicht bestätigen und dazu werden Belege geliefert.

Zur Beauftragung eines solchen aufwendigen Gutachtens muss man nicht BAV-Mitglied sein. Details gibt es auf Nachfrage. Wer Interesse hat, sendet bitte eine Mail an: michael.brabec(et)bav.de

 

Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 41-21

Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 41-21

Amtsgericht Siegburg 125 C 83/20 vom 11.02.2021

1. Der Geschädigte verstieß nicht gegen die Obliegenheit, den Schaden gering zu halten.
2. Die vermeintlichen Angebote der Beklagten zur Ersatzfahrzeugvermittlung musste der Beklagte nicht annehmen, ihr Vortrag dazu zu unkonkret.
3. Die Schätzung erforderlicher Mietwagenkosten erfolgt mittels Fracke (Grundpreis) und Schwacke (Nebenleistungen).
4. Der Verweis der Beklagten auf günstigere Alternativen bezieht sich auf Beispiele, die die konkrete Anmietsituation in keiner Weise berücksichtigen (anderer Zeitraum, Vergleichbarkeit des Fahrzeuges, vergleichbare Gesamtleistung).
5. Auf den Grundpreis nach Fracke ist ein unfallbedingter Aufschlag in Höhe von 20 % zu gewähren.
6. Ein Abzug für ersparte Eigenaufwendungen hat nicht zu erfolgen, sofern der Geschädigte klassenkleiner angemietet hat.

Zusammenfassung: Das angerufene Amtsgericht weist die Auffassung der Beklagten zurück, der Geschädigte hätte ihr Direktvermittlungsangebot (Telefonat und Schreiben) annehmen müssen. Die daher im Rahmen der Erforderlichkeit zu bewertende Höhe erstattungsfähiger Mietwagenkosten schätzt das Gericht anhand der Mittelwerte der Listen von Schwacke und Fraunhofer zuzüglich eines 20-%igen Aufschlages wegen unfallbedingter Mehrleistungen des Autovermieters.

Bedeutung für die Praxis: Der Kern dieses Rechtsstreits lag in der Frage, ob der Geschädigte auf einen telefonisch genannten Preis und ein verwendetes Direktvermittlungsschreiben hätte reagieren müssen und sein Schadenersatzanspruch daher auf den dort genannten Betrag zurückfällt. Ob bereits aufgrund des Telefonates eine Verpflichtung des Geschädigten festzustellen wäre, ließ das Gericht dahinstehen. Die Beklagte hatte lediglich unkonkret ein solches Telefonat behauptet. Nicht vorgetragen hatte sie „wer wann über was konkret mit wem“ gesprochen haben solle. Daher war auch keine Zeugenvernehmung vorzusehen, da dies als Ausforschungsbeweis zu bewerten wäre. Und auch zum von der Beklagten verfassten Schreiben stellt das Gericht fest, dass sich darin kein konkretes vergleichbares Mietwagenangebot befindet und daher der Geschädigte auch nicht daran gebunden sein kann. Der unfallbedingte Aufschlag wird mit dem Verweis auf ein offenes Miet-Ende gegeben, eine typische Komponente der spezifischen Vermietung nach Unfällen und unabhängig von einer Eil- und Notsituation oder der Vorfinanzierung durch den Vermieter.

Zitiervorschlag: „Zur Rechtfertigung eines unfallbedingten Aufschlages“

„Die Prüfung der Zulässigkeit eines Aufschlags auf den Normaltarif erfordert nicht die Darlegung der betriebswirtschaftlichen Kalkulation des betreffenden Mietwagenunternehmens
(…) setzt voraus, dass die Anmietung eines Fahrzeuges gerade in einer typischen Situation der „Unfallersatzanmietung“ geschieht, da nur dann ein kausaler Zusammenhang zwischen einerseits der Anmietung des jeweiligen Fahrzeugs und andererseits dem gerade mit Blick auf die Situation der Unfallersatzanmietung typischerweise anfallenden und pauschal kalkulierten Zusatzaufwand besteht (…) Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Dies gilt unabhängig von der Frage, ob eine Eil­- oder Notsituation bestand oder ob der Geschädigten eine Vorfinanzierung der Mietwagenkosten oder die Stellung einer Kaution mittels Einsatzes einer Kreditkarte oder auf andere Weise unmöglich oder unzumutbar war. Denn die Umstände, die einen pauschalen Aufschlag rechtfertigen können, müssen nicht kumulativ vorliegen, vielmehr reicht das Vorliegen einer der genannten Umstände aus (…) Demnach ist vorliegend ein pauschaler Aufschlag gerechtfertigt, weil dem Mietvertrag, wie sich aus der vorgelegten Mietvertragsurkunde ergibt, ein offenes Mietende zugrunde gelegt wurde. In einem solchen Fall liegt ein zusätzlicher Dispositionsaufwand nahe, sodass besondere und konkrete Anhaltspunkte nicht erforderlich sind, aus denen sich ergibt, dass der Vermieter derartige Unwägbarkeiten, die ihm im Falle der vorzeitigen Rückgabe eines Unfallersatzfahrzeugs die Möglichkeit einer frühen anderweitigen Verwertung eröffnen, nicht bereits durch die jeweilige Kalkulation und Staffelung der Mietwagenpreise berücksichtigt hat (…) Vielmehr ist allein die Tatsache, dass ein offenes Mietende vereinbart ist, als Rechtfertigung für einen pauschalen Aufschlag ausreichend…“ (Amtsgericht Siegburg 125 C 83/20 vom 11.02.2021)

Zitiervorschlag: „Lediglich unkonkretes Direktvermittlungsangebot, daher folgenlos“

„Der Anspruch der Klägerin ist nicht wegen eines Verstoßes des Zedenten geigen seine Schadensminderungspflicht zu kürzen oder ausgeschlossen. (…) kann dahinstehen, ob das Telefonat am 14.04.2020 so, wie von der Beklagten behauptet, stattfand. Denn die Beklagte hat auch auf den gerichtlichen Hinweis nicht hinreichend zu dem konkret angebotenen Fahrzeugmodell, seiner Eingruppierung und den weiteren Konditionen, etwa zu Teil­ und Vollkaskoversicherung, vorgetragen.  (…) Vor diesem Hintergrund müssten die Fragen an den Zeugen weiterhin etwa wie folgt lauten: Welches Fahrzeug, wurde dem Geschädigten konkret angeboten, welche Teil- und Vollkaskokonditionen, z.B. welche Selbstbeteiligung, bestanden. Das stellt eine unzulässige Ausforschung dar. Dem angebotenen Zeugenbeweis war daher nicht nachzugehen.  (…) Auch das Schreiben vom 14.04.2020 der Beklagten an den Geschädigten stellt kein hinreichendes Vermittlungsangebot eines vergleichbaren Mietwagens dar. Es fehlt wiederum jedenfalls die Angabe eines konkreten Fahrzeugmodells. Die Frage der Vergleichbarkeit, wie schon von der Klägerin aufgeworfen, bleibt so offen.“ (Amtsgericht Siegburg 125 C 83/20 vom 11.02.2021)

Nochmals: Längere Mietdauer aufgrund Corona ist vom Versicherer zu zahlen

Wer nach einem Unfall einen Ersatzwagen fährt, dem hat der Schädiger und sein Versicherer im Regelfall die Kosten zu erstatten. Dauert die Miete länger, als zunächst angenommen, kann die Ursache darin liegen, dass der Wagen, den der Geschädigte neu für den Straßenverkehr zulassen möchte, aufgrund Corona nicht zugelassen werden kann. Denn viele Zulassungsstellen arbeiteten in den Corona-Monaten nur eingeschränkt oder es kommt wegen organisatorischer Veränderungen zu längeren Laufzeiten, vom Organisationsversagen in der Stadt Berlin ganz zu schweigen.

Versicherer interessiert das in der Regel eher nicht, sie verweisen bei verlängerter Mietdauer auf eine Verletzung des Wirtschaftlichkeitsgebots und streichen die Forderung zusammen. Für Geschädigte ist es dann entscheidend, dass ihnen die Werkstatt von Anfang an empfohlen hat, einen Anwalt einzuschalten. Der kann sich dann um alle relevanten Schadenpositionen kümmern und unter anderen auch gegen diese ungerechtfertigte Kürzung außergerichtlich oder gerichtlich erfolgreich vorgehen.

So nun auch am Amtsgericht Siegburg, Urteil vom 16.03.2021, Az. 112 C 168/20 (siehe BAV-Urteilsdatenbank)

Es zeigt sich immer häufiger, dass Geschädigte nach einen Haftpflichtschaden ohne hochwertige anwaltliche Vertretung eines Fachanwaltes für Verkehrsrecht (kostenlos, wenn der Unfallgegner den Schaden allein verursacht hat) regelrecht aufgeschmissen sind. Der Gedanke, dass man ja am Ende noch sehen könne, was der Versicherer nicht bezahlen will und dann zum Anwalt geht, führt in die Irre. Denn für den „Restschaden“ kann man keinen guten Anwalt mehr erwarten.

Zuvor hat bereits das AG Braunschweig so geurteilt:

Längere Mietdauer wegen Corona

Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 40-21

Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 40-21

Landgericht Koblenz 5 S 49/19, Urteil vom 25.02.2021

1. Das erstinstanzlich beauftragte Gerichtsgutachten ist keine Grundlage zu Schätzung der erforderlichen Mietwagenkosten nach § 287 ZPO.
2. Das Gutachten enthält gravierende methodische Fehler wie die Unterstellung einer festen Mietdauer oder die Preisrecherche mit Kilometerbeschränkung.
3. Der gesamte Vortrag der Beklagten auch unter Bezug auf konkrete Internetscreenshots zeigt keine konkreten Anhaltspunkte auf, die die Anwendbarkeit der Schwacke-Liste infrage stellen könnten.
4. Auf den Normaltarif ist ein pauschaler Aufschlag in Höhe von 20 Prozent wegen unfallbedingter Mehrleistungen anzuwenden.
5. Ein Abzug wegen ersparter Eigenaufwendungen von 10 Prozent entfällt, wenn das Ersatzfahrzeug eine Mietwagengruppe niedriger angemietet wurde.

Zusammenfassung: Das Berufungsgericht in Koblenz (nun auch die 5. Kammer wie zuvor die 10. Kammer per Beschluss) korrigiert eine erstinstanzliche Entscheidung, in welcher den bereits beim Amtsgericht erkannten Mängeln des Gerichtsgutachtens in der Weise abgeholfen werden sollte, dass auf die Schätzgrundlage ein Fehler-Korrektur-Aufschlag gegeben wurde. Stattdessen kommt das Berufungsgericht zu dem Ergebnis, dass eine Anwendung der zu favorisierenden Schätzgrundlage Schwacke weder durch das Gutachten, noch durch den Vortrag der Beklagten mittels Verweis auf Fraunhofer und Internetscreenshots in Zweifel gezogen werden kann.

Bedeutung für die Praxis:  Ein von Versicherern immer wieder bei den Gerichten vorgeschlagener Gutachter in Mietwagenfragen ist die Firma Consulimus in Person von Herrn Abbing. Diese telefoniert bei Vermietern umher, um deren Preise zusammenzutragen. Dabei entsteht eine Preiserhebung, deren Mietangebote mit den konkreten Bedingungen der tatsächlichen Anmietung nicht viel gemein haben. Da wäre zunächst die bei der Vermietung nach Unfällen übliche Frage des offenen Miet-Endes, die erheblich preis-relevant ist. Ein Geschädigter bringt das Fahrzeug zurück, wenn er es nicht mehr braucht und nicht, wenn der Mietvertrag ausläuft. Eine Anschlussmiete zu finden, ist dann das Problem des Vermieters, der zu dem Zeitpunkt vielleicht gerade einem Kunden absagen musste. Auch die Gutachten-Erstellung zwei Jahre nach der Anmietung soll laut Consulimus kein Problem sein, das sah das Berufungsgericht etwas strenger. Sodann sei die Bedingung im Gutachten berücksichtiger Angebote zum Einsatz einer Kreditkarte nicht mit den konkreten Anmietfällen vergleichbar. Alles in allem war das Gutachten an der Sache vorbei erstellt worden und das Amtsgerichtsurteil konnte keinen Bestand haben.

Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 39-21

Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 39-21

Oberlandesgericht Dresden 1 U 1381/20, Urteil vom 02.06.2021
(Vorinstanz: Landgericht Chemnitz 2 O 517/19 vom 05.06.2020)

1. Die Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen, sodass die Klägerin einen Anspruch hat auf eine vollumfängliche Erstattung restlicher Mietwagenkosten.
2. Eine Erkundigung vor Anmietung nach verfügbaren und vergleichbaren Fahrzeugen und Preisen ergab, dass andere Angebote zwar zumindest teilweise verfügbar, aber nicht günstiger, sondern teurer gewesen wären.
3. Die Höhe der erstattungsfähigen Mietwagenkosten wird daher nicht anhand der Erforderlichkeit (§ 249) und damit nicht nach Listenwerten geschätzt, sondern diese aus dem Blickwinkel der subjektbezogenen Schadenbetrachtung vollständig zugesprochen (§ 254 BGB).

Zusammenfassung: Das Oberlandesgericht Dresden – der 1. Senat, der sonst Fracke anwendet – hat dem Autovermieter sämtliche restliche Mietwagenkosten zugesprochen, weil der Geschädigte nach entsprechender Erkundigung kein so günstigeres Fahrzeug bekommen konnte, wie Haftpflichtversicherer regelmäßig – wie auch hier die Beklagte – behaupten. Umliegende alternative Anbieter hatten zwar teilweise auch vergleichbare Fahrzeuge zur Verfügung, jedoch nicht günstiger, als der hier klagende mittelständische Autovermieter.

Bedeutung für die Praxis: Aus Sicht der Haftpflichtversicherer argumentiert es sich in der Regel sehr einfach. Fraunhofer wird mit ein paar unkonkreten Screenshots unterlegt und das soll zeigen, dass Schwacke zur Schätzung erforderlicher Mietwagenkosten nicht richtig sein kann. Das führte langfristig zur Etablierung der Fracke-Werte. Der Fall zeigt, dass, unabhängig von der Frage, unter welchen speziellen Bedingungen die Fraunhofer-Werte erhoben wurden (z.B. Vorbuchungsfrist), mitnichten immer und überall Fraunhofer-Preise gelten. Eine Prüfung der Marktlage vor Ort ist laut OLG Dresden durchaus unter aktiver Mithilfe des Vermieters denkbar, um nachzuweisen, dass eben nicht an jeder Ecke das 20-Euro-Ersatzfahrzeug herumsteht. Wenn – wie hier – die klägerische Forderung im Rahmen der Schwacke-Werte liegt und die Erkundigung nach „günstigeren“ Alternativen ergibt, dass die „marktbeherrschenden überregionalen“ Vermieter teurer gewesen wären, dann gibt es keine deutlicheren Hinweise darauf, dass Fraunhofer den tatsächlichen Markt nicht abbilden kann.

Aktuelle Preisentwicklung und Fraunhofer

Aufgrund Corona-Verwerfungen und Mietwagen-Engpass steigen die Verbraucherpreise auch im Mietwagenmarkt und auch in Deutschland erheblich. Laut Statistischem Bundesamt ist der Preis für den zum Mietwagenmarkt angelegten „Warenkorb“ in 2021 um 53 Prozent gestiegen.

Link: https://www.destatis.de/DE/Presse/Pressemitteilungen/Zahl-der-Woche/2021/PD21_39_p002.html

Das bedeutet für die Schätzung der erforderlichen Mietwagenkosten nach Unfällen mittels Normaltarif, dass die Fraunhofer-Werte aus 2020 eine Anpassung brauchen. So wie sie in der Liste stehen, können sie bei dieser Sachlage selbst dort nicht mehr verwendet werden, wo sich Versicherer und Gerichte darin einig sind, dass Fraunhofer das Maß der Schätzung ist.

Das bedeutet…

-> für eine Anwendung der Fraunhofer-Liste im Jahr 2021 folgendes:

Grundpreis der Vermietung nach Fraunhofer plus 53 Prozent von Fraunhofer

= „Fraunhofer 2020 verwendet in 2021“

+ Nebenkosten für Haftungsreduzierung, Winterreifen, Zustellen usw. nach Schwacke.

= erforderliche Mietwagenkosten nach Fraunhofer

-> für eine Anwendung der Fracke-Methode im Jahr 2021 folgendes:

Grundpreis der Vermietung nach Fraunhofer plus 53 Prozent von Fraunhofer

+ Grundpreis der Vermietung nach Schwacke (hier keine Erhöhung, langfristige und nicht auslastungs- und situationsspezifische Internetpreise)

= SUMME, durch 2

= „Fracke 2021“

+ Nebenkosten für Haftungsreduzierung, Winterreifen, Zustellen usw. nach Schwacke

= erforderliche Mietwagenkosten nach Fracke

 

Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 38-21

Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 38-21

Landgericht Bonn 3 O 124/20, Urteil vom 26.02.2021

1. Ein von der beklagten Haftpflichtversicherung gegen die Geschädigten erhobener Vorwurf der Verletzung der Schadenminderungspflicht aufgrund angeblich vorliegender konkreter günstigerer Alternativen ist ungerechtfertigt.
2. Die Direktvermittlungsangebote für Ersatzfahrzeuge binden die Geschädigten nicht, wenn sie nicht konkret und nachvollziehbar erfolgen.
3. Die Schätzung erforderlicher Mietwagenkosten für einen Ersatzwagen erfolgt mittels des Mittelwertes der einschlägigen Listen, Einwände der Beklagten gegen die Anwendbarkeit der Schwacke-Liste im Rahmen der Mittelwert-Methode werden zurückgewiesen.
4. Ein Abzug für Eigenersparnis kann entfallen, da in allen streitgegenständlichen Fällen klassenkleinere Fahrzeuge angemietet wurden.
5. Aufgrund unfallbedingter Besonderheiten der Anmietung ist ein Aufschlag in Höhe von 20 Prozent auf den Grundpreis erstattungsfähig.
6. Kosten erforderlicher und angefallener Nebenleistungen für Haftungsreduzierung, Winterreifen, Zustellen/Abholen, Zusatzfahrer und Navigation sind schadenbedingt und vom Haftpflichtversicherer zusätzlich zu erstatten.

Zusammenfassung: Das Landgericht Bonn lehnt in einer erstinstanzlichen Entscheidung (die rechtskräftig geworden ist) die Auffassung der Beklagten ab, dass die Geschädigten die von ihr unterbreiteten Direktvermittlungsangebote für Ersatzmietwagen hätten annehmen müssen oder jedenfalls keinen höheren Schadenersatzbetrag verlangen dürfen. Die daher im Rahmen der Erforderlichkeit nach § 249 BGB zu schätzenden marktüblichen Kosten bestimmt das Gericht mit Fracke + 20 + Nebenkosten.

Bedeutung für die Praxis: Für die Vermieter von Ersatzfahrzeugen (mittelständische Unternehmen und selbst vermietende Reparaturbetriebe) ist die Frage der Bindung des Kunden an Versicherervorgaben weiterhin von höchster Bedeutung. Das Landgericht Bonn schaut genauer als andere Gerichte hin bei der Frage, ob der Geschädigte überhaupt ein konkretes und vergleichbares Angebot erhalten hat, das seinen Ansprüchen auf Schadenersatz genügt. Das hat nach § 138 Abs. 1 und 2 die Beklagte konkret im Rahmen ihres Tatsachenvortrages darzustellen. Tut sie das nicht oder ergibt sich, dass der Geschädigte lediglich mit vagen Behauptungen gebunden werden soll, sind die Direktvermittlungs-Versuche für den Geschädigten nicht bindend. Daher war der erforderliche Schadenersatzbetrag zu schätzen, auf den ein unfallbedingter Aufschlag als gerechtfertigt angesehen wird. Genannte Gründe für den unfallbedingten Aufschlag sind das offene Mietende und die Finanzierung der Mietkosten durch den Vermieter, ohne dass es auf eine Eilbedürftigkeit ankäme.
Das Urteil gewinnt noch einmal eine größere Bedeutung dadurch, dass die Linie der Bonner Gerichte zur Frage der Unmaßgeblichkeit von Direktvermittlungsangeboten der Gegnerversicherer an Geschädigte auch vom OLG Köln getragen wird (Az. 15 U 190/20). Am 23.09.21 wurde in einem ähnlichen Verfahren (LG Bonn 18 O 131/20 vom 18.08.2020) beim 15. Senat mündlich verhandelt und die Beklagte nahm im Anschluss ihre Berufung gegen das erstinstanzliche Urteil des LG Bonn zurück (BAV-Newsletter MRW aktuell 4-21). 

Zitiervorschlag: „Unkonkrete Preisvorgabe nicht relevant, kein Verstoß gegen Schadenminderungsobliegenheit“

„Sämtlichen der fünf Geschädigten stand aus Sicht der Kammer auch zum Zeitpunkt der Anmietung kein konkretes Angebot zur Anmietung zu einem günstigeren Tarif zur Verfügung, aufgrund dessen die von der Kammer nach den vorstehenden Grundsätzen vorgenommene Bemessung der Mietwagenkosten nach objektiver Marktlage nicht angezeigt gewesen wäre. (…) Dabei kann dahinstehen, ob dieses Schreiben die vom Bundesgerichtshof aufgestellten Anforderungen überhaupt erfüllen kann. Denn wie die Klägerin zutreffend ausführt ist dieses Schreiben lediglich an die Werkstatt des Geschädigtem, nicht aber an diesen selbst adressiert. (…) Es kann vorliegend dahinstehen, ob ein entsprechendes Telefonat generell den erläuterten Anforderungen des Bundesgerichtshofs genügen kann, auch wenn die Angebotskonditionen dem Geschädigten nicht schriftlich vorlagen und es sich lediglich um eine Angebotsvermittlung handelte (…) Denn die Beklagt hat trotz ausdrücklichen, Hinweises der Kammer schon nicht hinreichend substanziiert dargetan, welchen Inhalt das Telefonat konkret gehabt haben soll. Insofern kann die Kammer nicht beurteilen, ob dem Geschädigten ein inhaltlich dem der Klägerin vergleichbares Angebot vorgelegen haben könnte.“
(Landgericht Bonn 3 O 124/20, Urteil vom 26.02.2021)

Zitiervorschlag: „Zur Begründung eines unfallbedingten Aufschlages“

„Hintergrund der Erhebung eines solchen Aufschlags ist, dass die Mittelwertmethode zunächst lediglich den Normaltarif für die betreffende Autovermietung in einer objektiven Marktsituation abbildet, der Mietwagenunternehmer im Unfallersatzgeschäft aber typischerweise höhere Aufwendungen hat. In der Rechtsprechung allgemein anerkannte Umstände, die aufgrund der Unfallsituation bei dem Mietwagenunternehmen zu Mehraufwendungen führen können, sind insbesondere die Eilbedürftigkeit der Vermietung, die flexible Mietdauer und die Vorfinanzierung des Mietpreises durch den Vermieter; dabei rechtfertigt bereits das Vorliegen nur eines dieser Kriterien die Erhebung des Aufschlags. (…) Die Klägerin hat insofern für die Kammer plausibel und nachvollziehbar dargelegt, dass bei den fünf streitgegenständlichen Vermietungen jeweils sowohl das Mietende offen ausgestaltet war wie auch der Mietpreis durch die Klägerin vorfinanziert wurde. Nichts anderes ergibt sich auch aus den vorgelegten Mietverträgen. Dass die Vermietungen nicht eilbedürftig erfolgten, dies dürfte selbst in Fall 5 hinsichtlich der Anmietung einem Tag nach dem Unfall fraglich sein, ist vor diesem Hintergrund nicht von Belang.“
(Landgericht Bonn 3 O 124/20, Urteil vom 26.02.2021, Fettdruck durch den Autor)

 

Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 37-21

Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 37-21

Landgericht Landshut 14 S 2487/20, Urteil vom 20.01.2021
(Vorinstanz: Amtsgericht Erding 17 C 2498/20, Urteil vom 12.08.2020)

1. Zur Schadenkompensation erforderliche Mietwagenkosten schätzt das Gericht anhand der Schwacke-Liste Automietwagenkosten.
2. Die Verweise der Beklagten auf die Fraunhofer-Liste und Internetscreenshots sind kein konkreter Sachvortrag, der geeignet sein könnte, angebliche Mängel der Schwacke-Liste aufzuzeigen.
3. Ein nur noch kostenpflichtiger elektronischer Zugang zur Schwacke-Liste begründet ebenso keine Zweifel an der Anwendbarkeit der Schwacke-Werte im Rahmen des § 287 ZPO.
4. Die Einholung eines gerichtlichen Sachverständigengutachtes wird als unbehelflich abgelehnt.
5. Der Abzug für ersparte Eigenaufwendungen ist mit 4 Prozent zu bemessen.
6. Kosten für eine Haftungsreduzierung sind unabhängig von der Frage erstattungsfähig, ob und wie das Geschädigtenfahrzeug vollkaskoversichert ist.
7. Kosten für eine Zweitfahrer-Erlaubnis im Mietvertrag sind unabhängig von der Tatsache zu erstatten, ob der Zweitfahrer tatsächlich gefahren ist.

Zusammenfassung: Das Landgericht Landshut bestätigt seine Schwacke-Rechtsprechung. So lange die Beklagte lediglich allgemein mit Fraunhofer-Vorzügen argumentiert und auf Internetangebote verweist, die der Realität des Anmietvorgangs nicht entsprechen, bleibt die Kammer bei Schwacke und lehnt auch die Einholung eines Sachverständigengutachtens ab. Zum Grundpreis hinzu kommen die Kosten erforderlicher Nebenleistungen.

Bedeutung für die Praxis: Das Landgericht Landshut präferiert weiterhin die Schwacke-Liste, weil die Richter von ihr überzeugt sind und die Beklagte noch immer ohne konkrete Argumente agiert. Bedeutsam erscheint die Klarstellung in Richtung der Beklagten, dass die Erstattungsfähigkeit der Kosten der Haftungsreduzierung in keinem Zusammenhang mit der Kasko-Police des Geschädigten für sein beschädigtes Fahrzeug steht und auch hier streng nach den Listenwerten Schwacke geschätzt wird. Des Weiteren ist auf die klare Linie zur Nebenkostenposition Zweitfahrer hinzuweisen. Es komme gar nicht auf die Frage oder den Nachweis durch den Geschädigten an, ob ein weiterer Fahrer mit dem Mietwagen gefahren sei. Allein entscheidungserheblich – und das ist schadenrechtlich nachvollziehbar – ist die Tatsache, dass das beschädigte Fahrzeug von mehreren z.B. Familienmitgliedern genutzt wurde und dass das auch für den Mietwagen passieren könnte.

Zitiervorschlag: „Kosten Haftungsreduzierung ohne eigene Vollkasko

„Auch die Ausführungen des Erstgerichts zur Erstattungsfähigkeit der Kosten für die Kaskobefreiung begegnen keinerlei Bedenken. Lediglich ergänzend zu den Urteilsgründen des Erstgerichts ist auszuführen wie folgt:
Es ist obergerichtlich entschieden, dass die Anmietung eines Ersatzfahrzeugs mit Vollkaskoschutz – unabhängig davon, ob das beschädigte Fahrzeug vollkaskoversichert ist  –  in der Regel eine adäquate Schadensfolge sein dürfte angesichts des während der Mietzeit erhöhten wirtschaftlichen Risikos (BGH Urteil vom 15.2.2005 – VI ZR 74/04; BGH, Urteil vom 25.10.2005 – VI ZR 9/05). Unter diesem Gesichtspunkt  greift auch der Einwand der Beklagten der Kläger müsse sich einen geringeren Selbstbehalt der Vollkaskoversicherung das Mietfahrzeug im Gegensatz zum Selbstbehalt der Versicherung des unfallbeschadigten Fahrzeugs anrechnen lassen nicht durch.
Der Einwand der Beklagten zur anteiligen Erstattung für die Selbstbeteiligung für die Vollkaskoversicherung auf Grund eines in der Schwacke-Liste inkludierten Selbstbehalts in Höhe von 500.00 EUR verfängt nicht.
(Landgericht Landshut 14 S 2487/20 vom 20.01.2021)

Zitiervorschlag: „Zweitfahrergebühr ohne Nachweis tatsächlicher Nutzung“

„Die Kosten für einen Zusatzfahrer sind ebenfalls erstattungsfahig.
Das Amtsgericht  hat hierzu keine  ausreichenden  Feststellungen getroffen, da trotz Bestreitens der  Beklagten  keine Feststellung dazu getroffen wurde ob auch das unfallbeschadigte Fahrzeug des Klägers durch einen weiteren Fahrer genutzt wurde.
Im Rahmen des Schadensersatzes können Kosten für einen Zusatzfahrer – unabhängig davon, ob dieser dann tatsächlich mit dem Mietfahrzeug gefahren ist – nur dann geltend gemacht werden, wenn auch das beschädigte Fahrzeug von diesem Zusatzfahrer hätte genutzt werden können und wollen.
Der Kläger hat hierzu im Rahmen der Berufungsinstanz vorgetragen dass seine Ehefrau sowohl das beschädigte Fahrzeug als auch das Mietfahrzeug regelmäßig als Zusatzfahrerin nutzte.
(…)
Darüber hinaus ist nicht relevant, ob die angegebenen Zusatzfahrer das Fahrzeug tatsächlich nutzten. Maßgeblich ist allein, dass das verunfallte Fahrzeug regelmäßig durch einen Zusatzfahrer genutzt und das angemietete Fahrzeug  für die Nutzung auch durch einen Zusatzfahrer angemietet wurde. Bereits damit ist das mit der Nutzung des Fahrzeugs durch eine weitere Person verbundene Risiko einer intensiveren Fahrzeuggebrauchs eröffnet, welche mit den Kosten für den Zusatzfahrer abgedeckt werden soll.“
(Landgericht Landshut 14 S 2487/20 vom 20.01.2021)

 

Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 36-21

Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 36-21

Landgericht Köln 11 S 293/20 vom 17.08.2021
(Vorinstanz Amtsgericht Köln 268 C 16/20 vom 16.06.2020)

1. Die Aktivlegitimation der Klägerin ergibt sich aus dem Vertrag der „Abtretung erfüllungshalber“ der Schadenersatzforderung des Geschädigten an den Kläger, da dieser gesetzeskonform ist und daher wirksam geschlossen wurde.
2. Die enthaltene Regelung zur Rückabtretung der Schadenersatzansprüche im Fall durch den Zedenten geleisteter Zahlungen hält der Transparenzkontrolle stand und ist nicht vergleichbar mit den Abtretungs-Formulierungen, die der BGH in den Verfahren VI ZR 274/17 und VI ZR 136/19 beanstandet hat.
3. Eine unangemessene Benachteiligung des Geschädigten/Mieters liegt auch nicht darin begründet, dass im Abtretungsvertrag eine Vorleistungspflicht des Mieters konstruiert wird, mittels der eine Rückübertragung erst nach einer Befriedigung der Vertragsansprüche der Klägerin zugesagt wird.
4. Die Abtretungsvereinbarung enthält auch keine nach § 305c Abs. 1 BGB überraschenden Regelungen und ist daher auch aus diesem Grund nicht unwirksam, auch weil lediglich der Forderungsbetrag und nicht etwa ein Rechnungsbetrag abgetreten wurde.
5. Die Schätzung der Höhe der schadenersatzrechtlich erforderlichen Mietwagenkosten erfolgt anhand des Modus-Grundwertes der Schwacke-Liste  zuzüglich der Nebenkosten aus der Schwacke-Liste.

Zusammenfassung: Das Landgericht Köln bestätigt die Anwendung der Schwacke-Liste zur Mietwagenkostenschätzung. Die Einwände der Beklagten gegen die Formulierungen des aktuellen Abtretungs-Formulars für Mietwagenkosten werden auf mehreren Seiten in Bezug auf §§ 305 und 307 BGB (überraschende Klauseln, Transparenzgebot, unangemessene Benachteiligung) ausführlich zurückgewiesen.

Bedeutung für die Praxis: Das Landgericht begründet noch einmal in aller Ausführlichkeit, warum die der Aktivlegitimation zugrunde liegende Abtretungsvereinbarung völlig korrekt formuliert ist. Dabei wird auch das Argument der Beklagten zurückgewiesen, dass es eine ungerechtfertigte Benachteiligung des Mieters darstellen solle, wenn die Rückübertragung der Schadenersatzansprüche an den Geschädigten erst zeitlich nachgelagert zu einer eventuellen Zahlung des Mietzinses des Geschädigten an den Dienstleister und nicht Zug um Zug vereinbart ist. Des Weiteren ist darauf hinzuweisen, dass die Kammer an ihrer Schwacke-Rechtsprechung festhält.

 

 

Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 35-21

Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 35-21

Amtsgericht Dinslaken 30 C 330/20 vom 04.08.2021

1. Die Kilometer-Grenze für die Feststellung eines grundsätzlichen Bedarfs für ein Ersatzfahrzeug ist mit durchschnittlich 23 km am Tag jedenfalls nicht unterschritten.
2. Der Normaltarif der Mietwagenkosten wird anhand des Mittelwertes der Listen geschätzt.
3. Aufgrund unfallbedingter Besonderheiten wie die Vorfinanzierung des Mietpreises durch den Anbieter ist ein Aufschlag in Höhe von 20 Prozent zuzusprechen.
4. Wegen der geringen Laufleistung während der Miete ist ein Abzug von den Mietwagenkosten im Zusammenhang mit ersparten Eigenaufwendungen nicht veranlasst.
5. Der Geschädigte hat auch nicht gegen seine Schadenminderungsobliegenheit verstoßen, da die Beklagte kein bestimmtes, konkretes und vergleichbares Angebot unterbreitet hat, sondern lediglich schriftlich über Mietwagenkosten informierte.
6. Ob dem Geschädigten günstigere Angebote zugänglich gewesen wären, ist keine Frage der Erforderlichkeit, sondern Schadenminderungspflicht mit der Folge der Beweislast bei der Beklagten.
7. Wird die relevante Mietwagenklasse mittels Nennung im Rahmen des Schadengutachtens vorgetragen, ist ein einfaches Bestreiten der Beklagten als unerheblich anzusehen.

Zusammenfassung: Das Amtsgericht Dinslaken wies den Vorwurf zurück, der Geschädigte hätte ein Angebot für einen günstigeren Mietwagen von der Beklagten erhalten und hätte diesen annehmen müssen bzw. könne nun nur diesen Preis verlangen. Das Gericht spricht sodann restlichen Schadenersatz im Mittel aus Schwacke und Fraunhofer zu, ebenso wie einen unfallbedingten Aufschlag und Nebenkosten.

Bedeutung für die Praxis: Soweit der Versicherer dem Geschädigten kein konkretes Angebot für einen Ersatzwagen unterbreitet, welches mit dem benötigten Mietwagenpaket übereinstimmt, kann er auch nicht verlangen, dass der Geschädigte darauf eingeht. Auf den Mittelwert Fracke wird ein unfallbedingter Aufschlag gegeben. Die Kosten der Haftungsreduzierung werden allerdings falsch berechnet, indem sie bei Fraunhofer als inkludiert und bei Schwacke als hinzuzufügen behandelt werden. Die Grenze der Selbstbeteiligung einer inkludierten Haftungsreduzierung liegt bei Fraunhofer ab 950 Euro und bei Schwacke ab 500 Euro. Wenn solche Kosten zum Beispiel bei einer SB von 250 Euro bei Schwacke hinzuzufügen sind, sind sie bei Fraunhofer erst recht zu berücksichtigen.

 

Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 34-21

Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 34-21

Landgericht Oldenburg / Old. 13 S 39/20 vom 20.04.2020 (Beschluss)
(Vorinstanz: Amtsgericht Nordenham 3 C 217/19 vom 17.12.2019)

1. Das Berufungsgericht bestätigt die Anwendung der Schwacke-Liste durch die erste Instanz.
2. Einwendungen dagegen bedürfen nur dann der Klärung, wenn durch konkrete Tatsachen aufgezeigt wird, dass sich behauptete Mängel erheblich auf den Fall auswirken und solche hat die Beklagte nicht vorgetragen.
3. Der beklagtenseits erfolgte Hinweis auf Fraunhofer und Online-Screenshots sind kein fallbezogener konkreter Sachvortrag.
4. Die Einholung eines Sachverständigengutachtens wäre als Ausforschungsbeweis zu bewerten.
5. Kosten für erforderliche Nebenleistungen sind ebenso von der Beklagten zu erstatten.
6. In einer unfalltypischen Anmietsituation bis eine Woche nach dem Unfall ist ein Aufschlag auf den Normaltarif in Höhe von 20 Prozent zuzusprechen.

Zusammenfassung: Das Landgericht Oldenburg bestätigt per Beschluss eine Entscheidung des Amtsgerichtes in Nordenham vollständig. Das Amtsgericht hatte trotz vehementem Vortrag der Beklagten die Schwacke-Liste angewendet und nicht – wie die Beklagte es wollte – die Fraunhofer-Liste. Auch die von ihr vorgelegten Internetscreenshots wurden mit konkreter Begründung als irrelevant eingestuft. Das Berufungsgericht bestätigte auch den unfallbedingten Aufschlag und die Erstattungsfähigkeit von Kosten der Nebenleistungen für eine Haftungsreduzierung.

Bedeutung für die Praxis: Auch wenn der Beschluss bereits etwas älter ist, scheint er die aktuelle Rechtsprechung in Oldenburg aufzuzeigen. In dem Verfahren wurde der restliche Schadenersatzanspruch des Geschädigten vollständig zugesprochen, der sich aus einem Grundpreis, dem unfallbedingten Aufschlag und Kosten erforderlicher Nebenleistungen zusammensetzte. Gemessen an den Schwacke-Normaltarifen lag die Forderung etwas  darunter. Die Beklagte nahm daraufhin die Berufung zurück.

Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 33-21

Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 33-21

Amtsgericht Köln 270 C 309/20 vom 23.04.2021

1. Die Beklagte hat das Vorliegen eines konkreten, zumutbaren und vergleichbaren Direktvermittlungsangebotes an den Geschädigten nicht beweisen können.
2. Ein Verstoß des Geschädigten gegen seine Pflicht zur Geringhaltung des entstandenen Schadens ist daher nicht feststellbar.
3. Die Schätzung der erforderlichen Kosten der Wiederherstellung des Zustandes von vor dem Unfall kann bzgl. Mietwagenkosten mit den Werten der Schwacke-Liste vorgenommen werden.
4. Die Argumentation der Beklagten mittels Fraunhofer und unvollständiger Internetscreenshots erfüllt nicht die Anforderungen an einen konkreten Sachvortrag.
5. Für ersparte eigene Mobilitätsaufwendungen muss sich der Geschädigten einen Abzug in Höhe von 10 Prozent auf den Grundpreis anrechnen lassen.
6. Kosten der erforderlichen Nebenleistungen für eine erweiterte Haftungsreduzierung sowie die Zustellung und Abholung des Mietfahrzeuges sind erstattungsfähig.

Zusammenfassung: Das Amtsgericht Köln stellt zunächst klar, dass der Geschädigte, der ein vermeintliches Angebot des gegnerischen Versicherers für einen günstigeren Mietwagen nicht beachtet hatte, hierdurch nicht gegen seine Schadenminderungspflicht verstoßen hatte. Denn ein annahmefähiges Angebot lag ihm nicht vor. Sodann werden die erstattungsfähigen Mietwagenkosten mittels Schwacke geschätzt und auch die Nebenkosten zugesprochen.

Bedeutung für die Praxis: Bedeutung kommt dem Urteil zunächst dadurch zu, dass der Versicherer sich nicht mit seiner Auffassung durchsetzen konnte, dass man den Geschädigten mit irgendwelchen unkonkreten Vorgaben zu bestimmten Vermietunternehmen drängen kann. Lediglich anhand eines mit dem tatsächlichen Mobilitätsbedarf vergleichbaren Angebot, das auch konkret vorliegt, kann der Versicherer den Schadenersatzanspruch auf einen Direktvermittlungspreis des Mietwagens drücken. Sodann wird vom Gericht die Schwacke-Liste angewendet, obwohl einige Abteilungen des AG Köln wohl inzwischen trotz der Bedenken gegen Fraunhofer mit dem Mittelwert aus beiden Listen schätzen wollen. Das bleibt für die Zukunft abzuwarten, da noch kein aktuelles Berufungsurteil des LG Köln zu dieser neuen Tendenz vorliegt. Differenzen zwischen gefordertem Schadenersatz und ausgeurteilter Summe im hier entschiedenen Fall ergeben sich aus einer Besonderheit des Urteils. Das ist die Anwendung einer Pauschale und daraus errechneter Tages-Preise zur Schätzung. Bei einer Mietdauer von vier Tagen wird die Woche durch sieben gerechnet und mit den vier Tagen multipliziert. Das ist eine zweifelhafte Beantwortung der Frage, ob und in welchem Ausmaß der Mietwagenmarkt mit einer Degression der Preise bei längeren Mieten agiert. Stattdessen ist ein Wochenpreis erst im Fall der wochenweisen Anmietung relevant.

Zitiervorschlag: „Kein Verstoß gegen § 254 BGB nach Direktvermittlungsschreiben“

„… kann ihm eine kostengünstigere Anmietung unter dem Blickwinkel der ihm gemäß § 254 BGB obliegenden Schadensminderungspflicht zugemutet werden (…) Das steht hier indes nicht fest. Soweit die Beklagte einwendet, sie habe dem Geschädigten mit Schreiben vom 17,08.2020 die Vermittlung eines Ersatzfahrzeugs angeboten, greift dies nicht durch. Denn die Beklagte hat nicht ausreichend dargelegt, dass dem Geschädigten ein günstigerer Tarif in der konkreten Situation ohne weiteres zugänglich war. (…) Dieses Schreiben genügt nach Auffassung des Gerichts nicht, weil es sich nicht um ein derart bestimmtes und für den Geschädigten prüffähiges Alternativangebot handelt, an welches sich der Geschädigte halten müsste. (…) Hinzu kommt, dass dem Schreiben kein konkretes Angebot zu entnehmen ist, aus welchem sich insbesondere das Modell und der Typ des angemieteten Fahrzeugs, der genaue Angebotsinhalt (z.B offene Anmietdauer) ergeben. Nur dann hätte der Geschädigte auch die Möglichkeit gehabt, dieses· Angebot zu überprüfen und mit den Leistungen der von ihm gewählten Mietwagenfirma zu vergleichen. Denn dem Schreiben lässt sich aus Sicht des Geschädigten gar nicht sicher entnehmen, dass die Beklagte ein dem eigenen Fahrzeug vergleichbares Fahrzeug zur Verfügung stellen kann. Jedenfalls aber kann kein Verstoß gegen § 254 BGB vorliegen, weil die Beklagte in dem Schreiben gar nicht konkret behauptet hat, dass dem Geschädigten bei einem Anruf ein solches Fahrzeug zu diesen Bedingungen zur Verfügung gestellt hätte werden können. (…) Bei dem Verweisungsschreiben handelt es sich darüber hinaus auch nur um ein allgemeines Formblatt, das nicht auf die Besonderheiten des Einzelfalls zugeschnitten wurde.(…) Mangels weiterer Darlegung bleibt es bei dem Grundsatz, dass der Geschädigte Herr des Restitutionsverfahrens ist, das ihm nicht ohne Weiteres vom Schädiger aus der Hand genommen werden darf.
(Amtsgericht Köln 270 C 309/20 vom 23.04.2021)

 

Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 32-21

Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 32-21

Landgericht Stuttgart 47 O 12/21 vom 05.05.2021

1. Die Aktivlegitimation der Klägerin auf Basis vorgelegten Abtretungserklärungen der Geschädigten in streitigen acht Mietwagen-Fällen wird bestätigt.
2. Die Schätzung der Höhe erforderlicher Mietwagenkosten erfolgt mittels der Werte der Schwacke-Liste, da diese regional differenzierter ist.
3. Der Verweis auf andere Werte durch die Beklagte zeigt keine Fehler in der Schwacke-Liste auf.
4. Ein Abzug für ersparte Eigenaufwendungen der Geschädigten ist mit 10 Prozent zu bemessen.
5. Der Abzug für ersparte Eigenaufwendungen entfällt bei klassenkleinerer Anmietung.
6. Kosten vereinbarter Nebenleistungen für Haftungsreduzierung, Zustellung, Zweitfahrer, Navigationsgerät und Winterreifen sind grundsätzlich erstattungsfähig.

Zusammenfassung: Das Landgericht Stuttgart schätzt die Höhe erforderlicher Mietwagenkosten nach einem Unfall mit den regionalen Werten der Schwacke-Liste, abzüglich 10 Prozent bei klassengleicher Anmietung. Die unkonkreten Gegenargumente der Beklagten gegen die Schwacke-Liste werden zurückgewiesen. Kosten erforderlicher Nebenleistungen sind ebenso vom Schädiger zu erstatten.

Bedeutung für die Praxis: Das Erstgericht wendet in der Mietwagenfrage weiterhin die Schwacke-Liste an. Der Vorteil der Schwacke-Liste wird vor allem darin gesehen, dass diese – anders als die Fraunhofer-Liste – den regionalen Markt abbildet, in welchem der Fahrbedarf des Geschädigten angefallen ist. Die Argumente der Beklagten gegen die Anwendbarkeit der Schwacke-Liste werden den Anforderungen an die Konkretheit des Sachvortrages nicht gerecht und werden daher abgelehnt. Die beklagte gegnerische Haftpflichtversicherung wollte mit diesem Verfahren nicht zum OLG Stuttgart und hat statt dessen den ausgeurteilten Betrag bezahlt.

Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 31-21

Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 31-21

Amtsgericht Salzgitter  24 C 465/20 vom 14.06.2021

1. Die restliche Mietwagenkosten einklagende Autovermietung ist aktivlegitimiert, da die Forderung wirksam an sie abgetreten wurde.
2. Der erstattungsfähige Normaltarif der Mietwagenkosten wird in Kombination der Listen von Schwacke und Fraunhofer geschätzt.
3. Der Abzug für ersparte Eigenaufwendungen des Geschädigten ist mit 10 Prozent vom Grundtarif zu bemessen.
4. Kosten zusätzlich vereinbarter Leistungen für Haftungsreduzierung und Zustellung/Abholung sind zu erstatten und werden mittels der Nebenkostentabelle von Schwacke geschätzt.
5. Ein Verstoß gegen die Schadenminderungspflicht des Geschädigten ist nicht feststellbar, da die Zeugenbefragung keine Anhaltspunkte dafür ergab, dass dem Geschädigten ein konkretes und annahmefähiges Angebot unterbreitet wurde.

Zusammenfassung: Das Amtsgericht Salzgitter stellt fest, dass dem Geschädigten vom gegnerischen Haftpflichtversicherer kein konkretes Angebot für einen Ersatzwagen vorgelegt wurde und verneint daher einen Verstoß gegen § 254 BGB. Die erforderlichen Mietwagenkosten werden sodann mittels Mittelwert der Listen geschätzt. Auch die vom Vermieter abgerechneten Nebenkosten werden als Schadenersatzposition zugesprochen.

Bedeutung für die Praxis: Das Gericht stellt in seinem Urteil fest, dass der Geschädigte nicht mit irgendwelchen uneindeutigen Behauptungen daran gebunden werden kann, sich ein Ersatzfahrzeug des Gegnerversicherers aufdrücken zu lassen. Will der Versicherer, dass der Anspruchsteller nicht am freien Mietwagenmarkt und zu Marktpreisen anmietet, muss er sich rechtzeitig mit einem annahmefähigen und dem Schadenersatzanspruch des Geschädigten vollständig entsprechenden Ersatzwagen-Paket bei ihm melden. In den allermeisten Fällen passiert das nicht. Versicherer setzen bisher mehr auf Schnelligkeit bis hin zu Anrufen, Versprechungen und „Angeboten“ direkt am Unfallort. Die Folge ist, dass die Geschädigten sich auch nach einem solchen Erstkontakt am Markt ein Ersatzfahrzeug anmieten können, welches alle ihre Schadenersatzansprüche bedient. Sie brauchen im Regelfall keine Kaution hinterlegen, erhalten Ersatzmobilität auch ohne Kreditkarte und einen in Bezug auf ihr verunfalltes Fahrzeug und dessen Nutzungsmöglichkeiten vergleichbaren Ersatz.

Zitiervorschlag: „Direktvermittlungspreis nicht relevant“

„Von diesem Betrag war auch kein Teilbetrag im Sinne des § 254 BGB in Abzug zu bringen, weil dem Geschädigten kein konkretes Angebot seitens der Beklagten gemacht wurde, welches er abgelehnt hat. Dies ergibt sich aus der Aussage der Zeugin XXX Die Zeugin bekundete zwar, dass sie mit dem Geschädigten ein Telefonat geführt hatte, sagte aber nichts dahingehend aus, dass sie ein Angebot für ein konkretes Mietfahrzeug für einen konkreten Zeitraum mit hundertprozentiger Verfügbarkeit unterbreitet habe. Dies wäre vorliegend aber notwendig gewesen, da ein bloß abstraktes in Aussichtstellen der Möglichkeit per Anmietung eines PKWs eben nicht ausreichend ist. Ein solches Angebot muss derart konkret sein, dass der Geschädigte dies mit einem einfachen „Ja“ annehmen kann. Dies ließ sich vorliegend nicht feststellen.“
(Amtsgericht Salzgitter 24 C 465/20 vom 14.06.2021)

Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 30-21

Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 30-21

Landgericht Koblenz 10 S 39/20 vom 21.01.2021 (Beschluss nach § 522 ZPO)
(Vorinstanz Amtsgericht Sinzig 14 C 377/18 vom 12.08.2020) 

1. Die Berufung der Beklagten gegen die Anwendbarkeit der Schwacke-Liste zur Schätzung der erforderlichen Mietwagenkosten ist zurückzuweisen.
2. Das Parteigutachten der Firma Consulimus zeigt nicht auf, dass den Geschädigten günstigere Ersatzfahrzeuge ohne weiteres zugänglich gewesen sind.
3. Auch das Gerichtsgutachten kommt nicht zu dem Schluss, dass die Schwacke-Werte keine Marktpreise sind.
4. Dass die Geschädigten in vorherigen – allerdings besonderen – Anmietvorgängen bei denselben Reparaturbetrieben Fahrzeuge zu günstigeren Werkstatt-Tarifen oder gar kostenlos erhalten haben sollen, ist kein Argument für die Beklagte zur Minimierung ihrer Schadenersatz-Zahlungen.

Zusammenfassung: Das Landgericht Koblenz bestätigt die erstinstanzliche Schätzung der von der Beklagten zu zahlenden Mietwagen-Forderungen anhand der Werte der Schwacke-Liste. Diese sei vom BGH anerkannt und die Ausführungen der Beklagten und das Gerichtsgutachten stehen dem nicht entgegen.

Bedeutung für die Praxis: Das Parteigutachten der Firma Consulimus hat, anders als es die Beklagte versteht, nicht belegen können, dass den Geschädigten zum Anmietzeitpunkt eine vergleichbare Dienstleistung wesentlich günstiger zur Verfügung gestanden hätte. Das Amtsgericht hatte zu den Behauptungen der Beklagten sodann ein Gerichtsgutachten eingeholt. Und auch dieses konnte die Behauptungen der Beklagten nicht stützen. Daher befand die Berufungskammer, dass die Anwendung der Schwacke-Liste durch das Erstgericht nicht zu beanstanden ist und legte der Beklagten die Rücknahme der Berufung mangels Aussichten auf Erfolg nahe. Das tat diese dann auch.

Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 29-21

Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 29-21

Landgericht Mönchengladbach 5 S 41/20 vom 04.05.2021 (Datum mündliche Verhandlung)

1. Die Klägerin ist entgegen der Auffassung des Vorgerichtes und der Beklagten aktivlegitimiert.
2. Der in der Abtretung formulierte Abtretungsgegenstand ist ausreichend bestimmt.
3. Aus der Abtretungsvereinbarung ergibt sich kein Verstoß gegen das Transparenzgebot aus § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB.
4. Für den Geschädigten wird ausreichend deutlich, unter welchen Voraussetzungen die vereinbarte Stundung des Mietzinses endet und wie und wann er den Schadenersatzanspruch zurückerhält.
5. Die Abtretungsvereinbarung ist mit den Formulierungen nicht vergleichbar, die Gegenstand der von der Beklagten und vom Vorgericht in Bezug genommenen BGH-Entscheidungen gewesen sind.
6. Die erstattungsfähige Höhe des Schadenersatzes aufgrund Mietwagenkosten bemisst sich nach dem Mittelwert der Listen zuzüglich entstandener Kosten erforderlicher Nebenleistungen.

Zusammenfassung: Das Berufungsgericht in Mönchengladbach hebt eine Entscheidung des Amtsgerichts Erkelenz auf. Das Erstgericht hatte die Klage wegen mangelnder Aktivlegitimation abgewiesen, da die Abtretungsvereinbarung mit dem Geschädigten diesen aufgrund Intransparenz in seinen Rechten verletze (§ 307 BGB). Das sah das Landgericht anders. Die Höhe der erstattungsfähigen Mietwagenkosten wurde mit dem Mittelwert aus den Listen geschätzt. Zur Bestimmung der Höhe der erstattungsfähigen Nebenkosten wurde die Schwacke-Liste angewendet.

Bedeutung für die Praxis: Die Aktivlegitimation der aus der Abtretung klagenden Dienstleister ist weiter in Streit. Im Schadenmarkt existieren viele verschiedene Versionen von Abtretungen und die Versicherer haben diese Spielwiese für sich entdeckt. Gerichte urteilen sehr uneinheitlich bis hin dazu, dass dieselbe Berufungskammer mal so und mal so urteilt (LG Düsseldorf). Das Landgericht Mönchengladbach weist die neuere Auffassung des LG Düsseldorf explizit zurück. Für den Geschädigten ist die Abtretung des Bundesverbandes der Autovermieter (hier in der Version 2019) absolut transparent und die Aktivlegitimation der Klägerin gegeben. Die von der Beklagten konstruierte Verbindung zu Formulierungen in Abtretung von Sachverständigenkosten, die in den Fällen der BGH-Entscheidungen VI ZR 274/17 und VI ZR 135/19 verwendet wurden, wird verneint.

Zitierhilfe „Abtretungsformular verwendbar (BAV-Version mit Stundungsabrede)“

„Nach § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB kann sich eine unangemessene Benachteiligung des Vertragspartners auch daraus ergeben, dass eine Bestimmung nicht klar und verständlich ist. Der Verwender Allgemeiner Geschäftsbedingungen ist nach den Grundsätzen von Treu und Glauben verpflichtet, Rechte und Pflichten seiner Vertragspartner möglichst klar und durchschaubar darzustellen. Er muss folglich einerseits die tatbestandlichen Voraussetzungen und Rechtsfolgen so genau beschreiben, dass für ihn keine ungerechtfertigten  Beurteilungsspielräume entstehen. Andererseits soll der Vertragspartner ohne fremde Hilfe möglichst klar und einfach seine Rechte feststellen können, damit er nicht von deren Durchsetzung abgehalten wird. Maßgeblich sind dabei die Verständnis- und Erkenntnismöglichkeiten eines typischerweise zu erwartenden Durchschnittskunden (vgl. statt vieler: BGH, Urteil vom 17.07.2018, VI ZR 274/17, Rn. 9, juris). Diesen Anforderungen genügt die Klausel.

(…)

(zur Rückabtretung)

Die von der Klägerin verwendete Klausel ist auch nicht deshalb unbestimmt, weil sie den durchschnittlichen Geschädigten darüber im Unklaren lässt, unter welchen Voraussetzungen er den erfüllungshalber abgetretenen Anspruch von der Klägerin zurückerhält. Entgegen der von der Beklagten in Bezug genommenen Rechtsaufassung der 20. Zivilkammer das Landgerichts Düsseldorf (Hinweisbeschluss vom 14.04.2021, Aktenzeichen 20 S 50/21) ist die von der Klägerin verwendete Klausel nicht mit derjenigen, welcher der Entscheidung des Bundesgerichtshof mit Urteil vom 18.02.2020 – VI ZR 135/19 (= NJW 2020,1888) – zu Grunde lag vergleichbar.

In dem vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fall sah die Klausel für den Fall der Nichtzahlung durch den gegnerischen Versicherer vor:

„Das Sachverständigenbüro kann die Ansprüche gegen mich geltend machen, wenn und soweit der regulierungspflichtige Versicherer keine Zahlung oder lediglich eine Teilzahlung leistet. In diesem Fall erhalte ich die Forderung zurück, um sie selbst gegen die Anspruchsgegner durchzusetzen.“

Der Bundesgerichtshof sah diese Klausel als unwirksam an, da aus ihr für den durchschnittlichen Geschädigten nicht hinreichend deutlich werde, unter welchen Voraussetzungen er den erfüllungshalber abgetretenen Anspruch zurück erhalte und welche Rechte er in diesem Fall habe (…)
Diese höchstrichterliche Rechtsprechung ist auf die von der Klägerin verwendete Klausel nicht übertragbar. Die insoweit entscheidende Formulierung der von der Klägerin verwendeten Klausel lautet:

„Durch diese Abtretung und Zahlungsanweisung werde ich nicht von meiner Verpflichtung zur Zahlung der Mietwagenkosten befreit, wenn die Versicherung nicht oder nicht in voller Höhe leistet. Jedoch wird die Mietzinsforderung bis zur endgültigen Klärung mit der Versicherung gestundet. Die Stundung endet durch Zahlungsaufforderung durch die Autovermietung mir gegenüber. Im Umfang durch mich geleisteter Zahlungen überträgt der Autovermieter die Schadensersatzansprüche an mich zurück.“

Die Klausel bestimmt, dass der Geschädigte trotz Abtretung des Schadensersatzanspruchs gegen den Unfallgegner bzw. dessen Versicherer nicht von der Zahlungsverpflichtung gegenüber der Klägerin frei wird und dass der Geschädigte im Falle der Nichtzahlung durch den gegnerischen Versicherer auf eine Aufforderung der Klägerin hin zur Zahlung verpflichtet ist. Anders als in dem vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fall, wird vorliegend aber für einen durchschnittlichen Geschädigten hinreichend deutlich, wann und in welchem Umfang die Klägerin die Schadensersatzforderung an den Geschädigten rückabtreten muss, nämlich zeitlich nach der Zahlung das Geschädigten an die Klägerin und im Umfang der geleisteten Zahlung. Die Unsicherheit, die der o.g. Entscheidung des Bundesgerichtshofs zu Grunde lag, besteht vorliegend gerade nicht.

(zur Stundung)

Das Amtsgericht hat in der angefochtenen Entscheidung ferner ausgeführt, dass die von der Klägerin verwendete Klausel auch deshalb gern. § 307 Abs. 1 S. 2 BGB unwirksam sei, weil der Geschädigte nicht eindeutig entnehmen könne, wann die Stundung der Mietforderung ende. Es sei unklar, ob auf die „Klärung mit der Versicherung“ oder die Zahlungsaufforderung der Klägerin abzustellen sei. Die Kammer tritt dieser Ansicht nicht bei. Der Wortlaut der Erklärung ist auch insoweit eindeutig: Die Stundung endet (erst) durch die Zahlungsaufforderung der Klägerin. Der durchschnittliche Geschädigte wird keinen Einblick in den Verhandlungsstand der Klägerin mit der gegnerischen Haftpflichtversicherung haben, Unklarheiten dürften sich daher für ihn praktisch nicht ergeben. Zudem steht die Frage der Wirksamkeit der vereinbarten Stundung in keinem unmittelbaren inhaltlichen Zusammenhang mit der erfüllungshalber erfolgten Anspruchsabtretung selbst, so dass die Unwirksamkeit der Stundungsabrede nicht gern. § 307 Abs. 1 S. 1 und 2 BGB zu Unwirksamkeit der Abtretung führt.

(zur Aufzählung auf der Seite des Schädigers)

Die   in der Abtretungserklärung enthaltenen Regelungen benachteiligen den Geschädigten auch nicht deshalb unangemessen, weil die Formulierung am Ende des ersten Absatzes „Zahlungseingänge vom Versicherer, dem Halter, dem Fahrer oder sonstigen Personen werden auf die Forderung des Autovermieters gegen mich angerechnet“ der Formulierung eingangs des zweiten Absatzes widerspricht. Diese lautet: „Durch diese Abtretung und Zahlungsanweisung werde ich nicht von meiner Verpflichtung zur Zahlung der Mietwagenosten befreit, wenn die Versicherung nicht oder nicht in voller Höhe leistet“. Hier wiederholt die Klägerin für eine (Teil-)Zahlung der Versicherung, was sich bereits aus dem vorhergehenden Satz ergibt und eine Abtretung „erfüllungshalber“ kennzeichnet. Auch aus der Sicht eines durchschnittlichen Geschädigten ist die Klausel daher nicht so zu verstehen, dass einschränkend zur allgemeinen Regelung nur eine vollständige Zahlung der Versicherung überhaupt eine Erfüllungswirkung zukommt. Für den Geschädigten ist daher nicht unklar, ob eine Teilzahlung der Versicherung zu einer teilweisen Erfüllung führt. Dies geht aus der Gesamtschau der Regelungen hinreichend deutlich hervor.“

(Fettdruck durch den Autor des Beitrages)

Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 28-21

Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 28-21

Landgericht Hannover 17 O 215/19 vom 30.04.2021

1. Der aus abgetretenem Recht in 11 Schadenfällen klagende Autovermieter ist in allen Fällen aktivlegitimiert, wegen restlichem Schadenersatz bzgl. Mietwagenkosten gegen die Haftpflichtversicherung der Schädiger vorzugehen.
2. Die den Geschädigten zur Unterzeichnung vorgelegte „Abtretung erfüllungshalber“ ist wirksam vereinbart und begründet keinen Verstoß gegen das Rechtsdienstleistungsgesetz und auch keine unangemessene Benachteiligung (§ 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB).
3. Die Inhalte der hier verwendeten Abtretungserklärungen sind mit der von der Beklagten diskutierten BGH-Entscheidung zur Abtretung von Schadenersatzansprüchen aufgrund Sachverständigengutachten (BGH VI ZR 274/17) nicht vergleichbar.
4. Von der Beklagten vorgelegte Internetscreenshots sind kein konkretes Argument gegen die Anwendung der Fracke-Liste, da die Beispiele nicht repräsentativ und auch nicht vergleichbar mit den Anmietfällen sind.
5. Die Höhe der erforderlichen Mietwagenkosten zur Wiederherstellung werden mit Fracke und den Schwacke-Nebenkosten geschätzt.
6. Ein Abzug für ersparte Eigenaufwendungen in Höhe von 5 Prozent ist ausreichend.

Zusammenfassung: Das Landgericht in Hannover bestätigt die Formulierungen einer Abtretungserklärung erfüllungshalber bzgl. Schadenkosten nach Ersatzwagenanmietung. Eine Regelung zur Rückabtretung war nicht enthalten, ebenso wenig eine Klausel zu der Frage, wie es sich mit dem Mietzinsanspruch verhält, wenn der Versicherer einen Teil des Schadenersatzanspruches an den Zessionar auszahlt. Das Gericht wendet den arithmetischen Mittelwert aus Schwacke und Fraunhofer an und setzt die Kosten erforderlicher Nebenleistungen hinzu.

Bedeutung für die Praxis: In Bezug auf die Formulierungen von Abtretungsvereinbarungen existieren allein für den Mietwagenbereich bereits viele verschiedene Varianten. Hier wurde eine Version einer „Abtretung erfüllungshalber“ als wirksam bestätigt, wie sie – mit teilweise geringfügig anderen Worten – der BAV 2008 zur Einführung des Rechtsdienstleistungsgesetztes entwickelt und bis 2019 empfohlen hatte. Das Landgericht sieht diese als wirksam an. Im Übrigen wird die Linie des OLG Celle eingehalten: Fracke plus Nebenkosten.

Zitiervorschlag: „Internetbeispiele kein konkreter Sachvortrag“

„Soweit die Beklagtenseite zum Normaltarif verschiedene Angebote (Enterprise Autovermietung Deutschland GmbH, Sixt GmbH & Co. Autovermietung KG, Avis Budget Autovermittlung GmbH und Co. KG) anführt, sei auf das Urteil des OLG Celle (14 U 186/18) vom 26.06.2019 verwiesen, dessen Ausführungen sich das Gericht anschließt.. Dort wird Folgendes ausgeführt: Die Beklagte hat nur auf lnternet­ Anfragen von großen Anbietern (hier Fa. Avis, Europcar, Hertz und Sixt) verwiesen. Damit hat sie jedoch nicht im Sinne der Anforderungen des Bundesgerichtshofs (vgl. BGH, NJW 2013, 1539 ff. – juris Rn. 12) hinreichend dargelegt, dass der zur Schadensbehebung erforderliche maßgebende Normaltarif zum Zeitpunkt der Anmietung tatsächlich deutlich günstiger gewesen sein könnte als der aus dem arithmetischen Mittel der Schwacke-Liste und der Fraunhofer-Tabelle ermittelte Normaltarif. Die vorgelegten Angebote sind zur Bildung eines Durchschnittspreises schon deswegen nicht geeignet, weil die Beklagte lediglich Angebote von vier großen Unternehmen vorlegt, andere Anbieter aber nicht abgefragt hat. Insoweit liegt eine hinreichend repräsentative Umfrage nicht vor. Dabei müssen nämlich die Befragten so ausgewählt werden, dass sie die gesamte zu befragende Gruppe repräsentieren. Um das zu erreichen, müssten die Befragten ausgewogen ausgewählt, d. h. nicht nur große Internetanbieter, sondern z. B. auch kleinere örtliche Anbieter einbezogen werden. Der dort entschiedene Fall ist mit dem hiesigen vergleichbar, zudem stammen die hier vorgelegten drei Angebote aus dem Postleitzahlgebiet 33XXX und nicht aus der jeweiligen Anmietregion. Die Beklagte kann daher mit ihren Angeboten nicht gehört werden. (Landgericht Hannover 17 O 215/19 vom 30.04.2021)“

Zitiervorschlag: „Abtretung wirksam“

„Die  Klägerin  ist  aktivlegitimiert.  Die  Abtretungserklärung  ist  nicht  wegen  des Verstoßes gegen ein gesetzliches Verbot unwirksam. Die Einziehung einer an ein Mietwagenunternehmen abgetretenen Schadensersatzforderung des Geschädigten auf Erstattung von Mietwagenkosten ist gemäß § 5 Abs. 1 Satz 1 RDG grundsätzlich erlaubt, wenn, wie hier, allein die Höhe der Mietwagenkosten streitig ist (BGH, Urteil vom 31.01.2012 – VI ZR 143/11). Dies gilt auch hinsichtlich des Falls drei, in welchem lediglich die Berechnung an sich streitig ist, jedoch nicht die Höhe der Haftung.
Die in Form einer allgemeinen Geschäftsbedingung gefasste Abtretungserklärung ist auch im Übrigen wirksam. Eine Abtretung ist nur wirksam, wenn die Forderung, die Gegenstand der Abtretung ist, bestimmt oder wenigstens bestimmbar ist (vgl. BGH, Urteil vom 7. Juni 2011 – VI ZR 260/10, VersR 2011, 1008 Rn. 6 mwN). Dies ist hier der Fall, weil nur die Schadensersatzansprüche auf Erstattung der Mietwagenkosten nach dem konkret benannten Schadensereignis abgetreten wurden und für die Klägerin auch hinreichend deutlich ist, unter welchen Umständen sie durch die Abtretung nicht von einer Verpflichtung zur Zahlung befreit wird. Eine Bezifferung des Schadensersatzanspruchs war im Zeitpunkt der Abtretungserklärung weder möglich noch erforderlich. Die – nach § 5 Abs. 1 Satz 1 RDG erlaubte – Geschäftspraxis der Klägerin weicht auch nicht von wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung ab (§ 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB) (vgl. BGH, Urteil vom 31. Januar 2012 – VI ZR 143/11 – , BGHZ 192, 270-279, Rn. 18).
Diese Abtretungsklausel ist auch nicht vergleichbar mit der Klausel welche Grundlage des Urteils des BGH vom 17.07.2018 (VI ZR 274/17) war. Die dortige gegen das (…) begründet, dass die Rechtslage für den dortigen Zedenten noch weiter kompliziert wurde, in dem auch das Recht zur Weiterabtretung der Forderung ausdrücklich vereinbart wurde. Dies ist bei der vorliegenden Klausel indes nicht der Fall. (Landgericht Hannover 17 O 215/19 vom 30.04.2021)“

Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 26-21

Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 26-21

Oberlandesgericht Dresden 18 U 313/21 vom 17.06.2021
(Vorinstanz: Landgericht Zwickau 7 O 557/19 vom 11.02.2021)

1. Die Anmietung des Ersatzfahrzeuges über eine Dauer von 110 Tagen bis zur (verzögerten) Neufahrzeugauslieferung ist nicht zu beanstanden, da die vorgewarnte Beklagte eine Zwischenfinanzierung eines Interimsfahrzeuges nicht übernommen hat.
2. Eine Verpflichtung zur Kreditaufnahme durch den Geschädigten für die Anschaffung eines Interimsfahrzeuges kann nur unter besonderen Umständen bestehen.
3. Auch eine Verpflichtung zur Anschaffung eines minderwertigeren Fahrzeuges besteht nicht, da schadenrechtlich der Zustand herzustellen ist, der bestanden hätte, wäre der Schaden nicht eingetreten.
4. Bei gewerblicher Nutzung des beschädigten Fahrzeuges kann der Geschädigte Ersatzfahrzeugkosten, Vorhaltekosten eines Reservefahrzeuges oder Gewinnentgang verlangen. Er hat ein diesbezügliches Wahlrecht.
5. Geltend gemachte Schadenaufwendungen unterhalb des Schwacke-Normaltarifes sind als erforderlicher Herstellungskosten anzusehen.
6. Aufgrund der Mietwagendauer hätte sich die Klägerin sich nach einem Pauschaltarif erkundigen müssen.

Zusammenfassung: Das Oberlandesgericht Dresden hebt auf die Berufung der Klägerin hin ein erstinstanzliches Urteil des Landgerichts Zwickau auf und spricht die restlichen Schadenersatzkosten aufgrund Mietwagennutzung vollumfänglich zu. Der gewerblich tätige Geschädigte war nicht auf den Schadenaufwand lediglich des Gewinnentgangs zu verweisen. Einen Verstoß gegen die Schadenminderungsobliegenheit aufgrund der langen Mietdauer und der Bestellung eines Neufahrzeuges zum Ersatz des beschädigten Fahrzeuges wird in der Berufung verneint. Das Gericht bewertet die abgerechneten Mietwagenkosten unterhalb der Schwacke-Liste auch als erforderlich.

Bedeutung für die Praxis: Der Fall barg mehrere Besonderheiten. Das beschädigte Fahrzeug war am Gebrauchtwagenmarkt nicht so einfach zu bekommen, sodass der Geschädigte ein Neufahrzeug bestellen musste. Dessen Lieferung dauerte jedoch und die Beklagte reagierte auf eine diesbezügliche Finanzierungsanfrage des Geschädigten nicht. Also durfte er den Mietwagen weiter fahren. Die Beklagte verwies den Geschädigten im Prozess darauf, er könne als Gewerbetreibender lediglich den Gewinnentgang verlangen. Das wies das Gericht zurück. Auch der gewerblich tätige Geschädigte hat grundsätzlich einen Anspruch auf Erstattung der Mietwagenkosten, denn er hat ein Anrecht darauf, seine Kunden weiter zu bedienen. Er kann daher nicht dazu verpflichtet werden, seine Tätigkeit einzustellen und lediglich den Gewinnentgang einzufordern.
Doch obwohl das Gericht selbst feststellt, dass die Schadenersatzforderung auf einer moderaten Abrechnung des Autovermieters beruht, macht es nicht nachvollziehbare Abzüge. Zunächst zu einem Abzug aufgrund Verletzung der Schadenminderungs-Obliegenheit: Weil sich der Geschädigte beim Vermieter nicht nach günstigeren Pauschalen erkundigt habe, müsse er auf 10 Prozent der Forderung verzichten (und gegenüber dem Vermieter ggf. also selbst bezahlen). Diese Auffassung steht im krassen Widerspruch dazu, dass das Gericht an anderer Stelle feststellte, der Geschädigte hätte keine Bedenken wegen des Höhe des Mietpreis (unterhalb der Schwacke-Wochenpauschalen) haben müssen. Zudem waren auch Verzögerungen der Neufahrzeuglieferung mitursächlich für die lange Mietzeit. Da sind mit dem Vermieter ohne Angabe einer konkreten Rückgabe auch keine pauschalen Preisreduzierungen verhandelbar. Und zum Dritten: Obwohl selbst die von der Beklagten vorgelegten Internet-Screenshots einen teilweise noch höheren Mietwagen-Internetpreis – zu Internet-Anmietbedingungen wie Vorkasse, Kaution, feste Mietdauer,.. – aufzeigten, nimmt das Gericht trotzdem diese Abzüge vor.
Auch die Frage des Eigenersparnisabzugs wird unüblich beantwortet. Zunächst: Trotz klassenniedrigerer Anmietung erfolgt ein Abzug für ersparte Eigenaufwendungen. Das hat der BGH anders entschieden. Auch die Höhe des Abzuges von 15 Prozent ist schon lange nicht mehr Stand der Rechtsprechung. Bei geringen Fahrleistungen während der Miete wird schon mal, mangels Messbarkeit des Vorteils nicht mit dem eigenen Wagen gefahren zu sein, darauf verzichtet. In allen anderen Fällen lautet das Maß heute eher 3-5 Prozent. Gerichte die 10 Prozent abziehen, greifen schon eher hoch, und nun hier also 15 Prozent.
Das Urteil ist daher auch kritisch zu sehen. Denn so schnell geht einem Geschädigten, der von der eintrittspflichtigen Versicherung völlig hängengelassen wurde, nach moderater Mietwagenrechnung ein Viertel der Schadenkompensation verloren, für die er als Rechnungsempfänger gegenüber einem Dienstleister zur Zahlung verpflichtet ist.

 

 

Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 25-21

Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 25-21

Landgericht Köln 11 S 652/20 vom 21.05.2021
(Vorinstanz: Amtsgericht Köln 274 C 24/20 vom 18.08.2020)

1. Das Berufungsgericht bestätigt die Aktivlegitimation der Klägerin auf Basis einer Abtretung erfüllungshalber (BAV-Abtretung mit Stundungsvereinbarung und Rückabtretungs-Regelung).
2. Die Auffassung der Beklagten zum Vorliegen eines Transparenzverstoßes im  Abtretungsformular (BGH VI ZR 135/19) wird zurückgewiesen.
3. Für die Vereinbarung einer Vorleistungspflicht im Zusammenhang mit der Rückübertragung des Schadenersatzanspruchs existiert mit der Zurverfügungstellung eines Ersatzfahrzeuges ein sachlicher Grund.
4. Die Abtretungsvereinbarung ist auch darüber hinaus nicht unwirksam, nicht überraschend und nicht unangemessen benachteiligend für den Zedenten.
5. Die Schwacke-Liste ist eine geeignete Schätzgrundlage.
6. Abrechnungen im Rahmen des Normaltarifs begründen keine Verpflichtung zur Erkundigung nach günstigeren Angeboten.

Zusammenfassung: Das Landgericht Köln bestätigt seine Auffassung zur Gültigkeit der im Mietwagenmarkt derzeit etablierten „Abtretung erfüllungshalber“ des BAV. Die Formulierungen dort stellen keine unangemessene Benachteiligung des Verbrauchers aufgrund eines Transparenzverstoß dar und sind auch aus sonstigen Gründen nicht unwirksam. Sodann schätzt die Kammer mit Schwacke und spricht Nebenkosten zum Beispiel für Haftungsreduzierung und Winterreifen zu.

Bedeutung für die Praxis: Die Abtretungsformulierungen dieses Falles werden vom Landgericht Köln in beispielloser Intensität beleuchtet. Da wäre zunächst die Frage der nötigen Transparenz für den Unterzeichner, den Geschädigten. Hier liege kein Verstoß gegen 307 Abs. 1 Satz 1 BGB vor, aus dem sich eine unangemessene Benachteiligung hätte ergeben können. Denn der im Formular enthaltene Passus zur Rückabtretung des Schadenersatzanspruches an den Geschädigten im Fall seiner Zahlung an den Vermieter sei – anders als in den von der Beklagten herangezogenen BGH-Entscheidungen – klar auch in Bezug auf den Zeitpunkt der Rückübertragung geregelt. Auch andere Gründe gegen eine Feststellung der Aktivlegitimation der Klägerin werden nicht festgestellt.
Vor dem Hintergrund der Absprache der Kölner Amtsrichter und Amtsrichterinnen, von nun an das Gegenteil vom Bisherigen zu wissen und daher mit Fracke zu schätzen, bleibt abzuwarten, ob das Berufungsgericht bei seiner Überzeugung zur Anwendbarkeit der Schwacke-Liste bleiben wird.

Zitiervorschlag: „Abtretungsformular ohne Rechtsverstoß, Aktivlegitimation gegeben“

„Entgegen der Auffassung des Amtsgerichts fehlt es nicht an der Aktivlegitimation der Klägerin. (…) Insbesondere ist kein Verstoß gegen das Transparenzgebot gemäß § 307 Abs 1 S 2, S. 1 BGB anzunehmen. (…) Vorliegend  enthält  die  Abtretungserklärung  die abschließende Regelung, dass das Mietwagenunternehmen im Umfang durch den Unfallgeschädigten geleisteter Zahlungen die Schadensersatzsprüche an diesen zurücküberträgt. (…) Die vom Amtsgericht in Bezug genommene Klausel, die der Entscheidung des BGH vom 18.02.2020 (VI ZR 135/19, a. a. 0) zugrunde lag und von diesem wegen Intransparenz für unwirksam erachtet wurde, ist mit der vorliegenden nicht vergleichbar. (…) Dabei ließ die Klausel offen – worauf der BGH die Intransparenz  stützte  –  zu welchem Zeitpunkt der Unfallgeschädigte die Forderung zurückerhalten solle (…) Eine vergleichbare Unklarheit bezüglich des Zeitpunkts der Rückübertragung besteht vorliegend jedoch gerade nicht. Denn die in der streitgegenständlichen Klausel enthaltene Formulierung (…) setzt voraus, dass Zahlungen vor der Rückübertragung bereits getätigt wurden. Mithin ist durch die Klausel die zeitliche Abfolge – erst Zahlung, dann Rückübertragung – auch im Hinblick  auf den Verständnishorizont eines Durchschnittskunden klar und unmissverständlich geregelt. (…)
Auch liegt keine unangemessene  Benachteiligung im Sinne des § 307 Abs. 1 S  1 BGB darin, dass nach der gewählten Formulierung zunächst die Vertragsansprüche des Mietwagenunternehmens zu erfüllen sind, bevor eine  Rückübertragung des Schadensersatzanspruchs verlangt werden kann. (…)
Die hier gegenständliche Abtretungserklärung stellt sich auch nicht im Übrigen als eine unangemessene Benachteiligung dar und enthält auch keine überraschenden Regelungen im Sinne des § 305c Abs. 1 BGB.“ 
(Landgericht Köln 11 S 652/20 vom 21.05.2021)

Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 24-21

Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 24-21

Landgericht Bonn 5 S 89/20 vom 25.05.2021
(Vorinstanz: Amtsgericht Bonn 114 C 103/20 vom 18.08.2020)

1. Die Geschädigten haben nicht gegen ihre Schadenminderungsobliegenheit verstoßen, als sie ein Vermittlungsangebot der Beklagten ablehnten und sodann bei der Klägerin anmieteten.
2. Nach den Grundsätzen von Treu und Glauben war es den Geschädigten nicht zumutbar, die „Alternativangebote“ anzunehmen, denn diese bestanden aus einer Tabelle verschiedener unspezifischer Fahrzeuge und deren Tagespreisen.
3. Telefonisch unterbreitete „Angebote“, die für den Geschädigten nicht dokumentier- und beweisbar sind, sind unerheblich.
4. Das Berufungsgericht schätzt die erforderlichen Mietwagenkosten anhand der Werte des sogenannten „Fracke-Mischmodells“.
5. Auf den Normaltarif ist aufgrund der Vorfinanzierung durch die Klägerin und der flexiblen Mietdauer ein pauschaler Aufschlag wegen unfallbedingter Mehrleistungen zu erstatten.

Zusammenfassung: Das Landgericht Bonn spricht der klagenden Autovermietung weitere abgetretene Schadenersatzkosten wegen Mietwagen zu. Der Versicherer hatte den Geschädigten jeweils ein schriftliches und auch telefonische Vermittlungsangebote unterbreitet, die den gerichtlichen Anforderungen nicht entsprachen. Die sodann im Rahmen der Erforderlichkeit zu schätzenden Kosten wurden mittels Fracke geschätzt und ein unfallbedingter Aufschlag sowie Kosten von Nebenleistungen hinzugesetzt.

Bedeutung für die Praxis: Haftpflichtversicherer geben immer häufiger schriftliche und telefonische Hinweise an Geschädigte heraus, die das Ziel haben, deren Schadenersatzansprüche bzgl. Raparaturkosten, Sachverständigenkosten und vor allem Mieteagenkosten zu minimieren. Das Landgericht Bonn sieht in telefonischen Hinweisen keine konkreten Angebote, die einen Geschädigten an die Mietwagenpreis-Vorgabe binden könnten. Auch die schriftlichen Angebote waren zu unkonkret, zum Beispiel weil die Geschädigten ihr eigenes Fahrzeug nicht mit dem Angebot für einen Ersatzwagen vergleichen konnten. Der unfallbedingte Aufschlag auf den Normaltarif wird an den Zusatzleistungen der Vorfinanzierung des Mietpreises und an der Besonderheit des offenen Mietendes festgemacht.

Zitiervorschlag: „Kein Verstoß gegen Schadenminderungspflicht bei unkonkretem bzw. nicht beweisbarem Angebot“

„Steht fest, dass dem Geschädigten in der konkreten Situation ein günstigerer Tarif „ohne weiteres“ zugänglich gewesen wäre, ist der vom Geschädigten gewählte Tarif wegen Verstoßes gegen die Schadenminderungspflicht aus § 254 Abs. 2 Satz 1 BGB nicht erstattungsfähig. (…)
Die hier gewählte Art des Hinweises auf günstigere Anmietmöglichkeiten genügt diesen Voraussetzungen nicht, (…) Vielmehr geht es um eine von den Grundsätzen von Treu und Glauben geprägte Abwägung, ob es dem Geschädigten zumutbar war, sich auf das Alternativangebot einzulassen. (…) Die Hinweisschreiben der Beklagten hingegen verweisen auf ein Preistableau, aus dem sich der Geschädigte erst Preise heraussuchen muss. Er weiß auch nach Zugang des Schreibens nicht konkret, welchen Preis er bei Vermittlung durch die Beklagte zu zahlen hat. Stattdessen ist er gehalten, anhand von Vergleichsfahrzeugen und der Motorisierung einen Preis herauszufinden. Hierbei nutzt die Beklagte zudem eine unübliche und unplausible Einteilung der Fahrzeuge, die an die KW Leistung der Fahrzeuge anknüpft, aber zugleich Fahrzeugmodelle aufführt. Fahrzeugmodelle wie den VW Golf gibt es aber z.B. mit Motorleistungen, die fast die gesamt Tabelle abdecken. Schon die erforderlichen Recherchearbeiten und die mangelnde Vergleichbarkeit mit anderen Tabellen führen dazu, dass es sich nicht um ein ohne weiteres zugängliches Vermittlungsangebot handelt (…)
Dies gilt auch für di1e telefonisch unterbreiteten „Angebote“ in den Fällen 2, 4, 5 und 9. Denn auf (nur) telefonisch unterbreitete, und damit für den Geschädigten nicht dokumentierte und beweisbare, Vermittlungsangebote muss sich der Geschädigte nicht  einlassen.  Derartige  „Angebote“ sind  nicht  beweisbar, (…)“
(Landgericht Bonn 5 S 89/20 vom 25.05.2021)

Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 23-21

Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 23-21

Landgericht Hildesheim 3 S 19/20 vom 11.05.2021
(Vorinstanz: Amtsgericht Hildesheim 98 C 8/20 vom 25.09.2020)

1. Das Berufungsgericht bestätigt – wie das Erstgericht – die Aktivlegitimation der Klägerin, die aus der Abtretung heraus geklagt hat.
2. Die hier in Streit stehenden Abtretungsformulierungen sind wiederholt vom BGH nicht beanstandet und in einem Verfahren als „auch nicht aus anderen Gründen unwirksam“ bezeichnet worden.
3. Dagegen sind die von der Beklagten herangezogenen BGH-Entscheidungen, in denen ein Verstoß gegen das Transparenzgebot festgestellt wurde, nicht auf den vorliegenden Fall und die hier verwendete Abtretung übertragbar.
4. Die Schätzung der erforderlichen Mietwagenkosten wird anhand des Mittelwertes aus Schwacke und Fraunhofer vorgenommen.
5. Der Abzug für ersparte Eigenaufwendungen des Geschädigten beträgt 5 Prozent.
6. Ein Aufschlag auf den Normaltarif wegen unfallbedingt erforderlicher Mehraufwendungen des Vermieters wird nicht zugesprochen.

Zusammenfassung: Das Landgericht Hildesheim stellt die Aktivlegitimation der klagenden Autovermietung auf Basis einer vom BAV entworfenen „Erfüllungshalber Abtretung“ fest. Diese Abtretung sei vom BGH bereits als verwendbar klassifiziert worden und verstoße auch nicht gegen das Transparenzgebot des § 307 BGB. Die Höhe erstattungsfähiger Mietwagenkosten ist mit dem Mittelwert der Listen zu schätzen. Nebenkosten kommen hinzu, ein unfallbedingter Aufschlag nicht.

Bedeutung für die Praxis: Die Frage der Verwendbarkeit bereits unterzeichneter Abtretungsformulare in der Anwaltsakte und der Formulierungen der aktuell empfohlenen Formulare des BAV ist weiter bedeutsam für die Verwender und den empfehlenden Verband. Mit dem Landgericht Hildesheim hat ein weiteres Gericht kein Transparenzproblem gesehen, wenn das Formular keine Regelung zur Rückabtretung enthält. Sehr wichtig erscheint es dabei, dass der BGH bereits über die Wirksamkeit dieses Formulars entschieden hat. Darauf beruft sich auch das Berufungsgericht. In Bezug auf die Frage des Aufschlages auf den Normaltarif wegen unfallbedingter Mehrleistungen scheint das Gericht den BGH anders zu verstehen, als viele Gerichte, die den Aufschlag bereits zusprechen. Es macht ihn von einer Eil- und Notsituation abhängig, die nach weniger als drei Stunden bis zur Ersatzwagenanmietung auch nicht vorgelegen haben soll. Des Weiteren sieht das Gericht wohl eine grundsätzlich Vorfinanzierungspflicht durch den Geschädigten. Hier sagt der BGH, dass die Finanzierung der Schadenaufwendungen grundsätzlich Sache des Schädigers ist.

Zitiervorschlag: „Kein Transparenzverstoß 307 BGB, wenn keine Regelung zur Rückabtretung“

„Der Auffassung der Beklagten, die Abtretungsvereinbarung sei intransparent und dementsprechend gemäß § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB unwirksam, vermag die Kammer nicht zu folgen.

Abtretungsvereinbarungen mit demselben oder einem nahezu identischen Wortlaut wie im vorliegenden Fall waren wiederholt Gegenstand von Entscheidungen des BGH (Urteil vom 31.03.2012 – VI ZR 143/11 -, BGHZ 192, 270-279; Urteil vom 11.09.2012 – VI ZR 296/11; Urteil vom 05.03.2013 – VI ZR 8/12 -). Der BGH hat in diesen Entscheidungen jeweils keine  Bedenken gegen die Wirksamkeit der Abtretungsvereinbarungen geäußert. (…) Zumindest in der Entscheidung vom 31.03.2012 hat der BGH aber ergänzend ausgeführt, die Abtretung sei auch nicht aus anderen Gründen unwirksam Juris, Rn. 18); in der Entscheidung vom 11.09.2012 hat der BGH festgehalten, die Abtretung sei wirksam (juris, Rn. 16).

Die von der Beklagten herangezogenen Entscheidungen des BGH geben nach Überzeugung der Kammer keine Veranlassung, die Frage der Wirksamkeit der Abtretungsvereinbarung abweichend zu beurteilen. Richtig ist zwar, dass der BGH die dort verwendeten Abtretungs­vereinbarungen als wegen eines Verstoßes gegen das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB unwirksam erachtet hat. Das ist aber auf den vorliegenden Fall nicht zu übertragen. Denn die diesen Entscheidungen zugrunde  liegenden  Vereinbarungen unterscheiden sich in einem wesentlichen Punkt von der vorliegend verwendeten.

Das Urteil vom 17.07.2018 – VI ZR 274/17 – betrifft eine (von einem Kfz-Sachverständigen verwendete) Abtretungsvereinbarung, die unter anderem folgende Regelung enthielt:

„Durch diese Abtretung werden die Ansprüche des Sachverständigen aus diesem Vertrag gegen mich [geschädigter Auftraggeber] nicht berührt. Diese können nach erfolgloser außergerichtlicher Geltendmachung bei der gegnerischen Versicherung oder dem Schädiger zu jeder Zeit gegen mich geltend gemacht werden. Im Gegenzug verzichtet der Sachverständige dann jedoch Zug um Zug gegen Erfüllung auf die Rechte aus der Abtretung gegenüber den Anspruchsgegnern.“

sowie eine Weiterabtretung des Schadensersatzanspruchs vom Sachverständigen an einen Dritten vorsah. Zu dieser Klausel hat der BGH ausgeführt (juris, Rn. 10):

„Unklar im dargestellten Sinne ist die Klausel dabei schon deshalb, weil aus ihr für den als durchschnittlichen Kunden angesprochenen (durchschnittlichen) Unfallgeschädigten nicht hinreichend deutlich wird, welche Rechte ihm gegenüber dem Sachverständigen  zustehen sollen, wenn der Sachverständige nach ,zur Sicherung‘ und ,erfüllungshalber‘ erfolgter (Erst-) Abtretung des Schadensersatzanspruchs den ihm nach der Klausel verbleibenden vertraglichen Honoraranspruch geltend macht. Zwar sieht Satz 7 der Klausel für diesen Fall vor, der Sachverständige verzichte ,dann jedoch Zug um Zug gegen Erfüllung auf die Rechte, aus der Abtretung gegenüber den Anspruchsgegnern‘. Diese Regelung ist aber schon sprachlich missglückt. Denn ihr – für die Auslegung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen in erster Linie relevanter(…) – Wortlaut legt nahe, der Sachverständige habe bei Inanspruchnahme des Geschädigten gegenüber den Schuldnern der Schadensersatzforderung, also gegenüber Schädiger und Kraftfahrzeughaftpflichtversicherer, auf die Schadensersatzforderung zu verzichten, wovon der Geschädigte freilich keinen Nutzen hätte. Zu dem vom Berufungsgericht gefundenen Auslegungsergebnis, mit dem Verzicht ,auf die Rechte aus der Abtretung gegenüber den Anspruchsgegnern‘ sei in Wahrheit eine Verpflichtung zur Rückabtretung der Schadensersatzforderung an den Geschädigten gemeint, führen erst interessenbezogene Erwägungen, die so von einem durchschnittlichen Unfallgeschädigten jedenfalls unter  Berücksichtigung des gesamten vom Sachverständigen im Streitfall verwendeten Klauselwerks (… ) nicht erwartet werden können. Ein solches Verständnis der Klausel wird aus Sicht eines durchschnittlichen Unfallgeschädigten nämlich auch dadurch in Frage gestellt, dass der Schadensersatzanspruch  nach der  auf demselben  Formular  ersichtlichen Klausel über die ,Weiterabtretung zur Geltendmachung an Verrechnungsstelle‘ gar nicht beim Sachverständigen verbleiben, sondern von diesem an die Verrechnungsstelle (Klägerin) weiterabgetreten werden soll.“

Das weitere Urteil des BGH vom 18.02.2020 – VI ZR 135/19 – betrifft eine (ebenfalls von einem Kfz-Sachverständigen verwendete) Klausel, die unter anderem folgende Regelung enthielt:

„Das Sachverständigenbüro kann die Ansprüche gegen mich geltend machen, wenn und soweit der regulierungspflichtige Versicherer keine Zahlung oder lediglich eine Teilzahlung leistet. In diesem Fall erhalte ich die Forderung zurück, um sie selbst gegen die Anspruchsgegner durchzusetzen.“

Zu dieser Klausel hat der BGH ausgeführt (juris, Rn. 10):

„Diesen Anforderungen entspricht die Klausel nicht. Aus ihr wird für den durchschnittlichen Auftraggeber (Unfallgeschädigten) nicht hinreichend deutlich, unter welchen Voraussetzungen er den erfüllungshalber abgetretenen Anspruch zurückerhält und welche Rechte er in diesem Zusammenhang  hat. Der vorletzte Satz der Klausel sieht vor, dass die S. die Ansprüche gegen den Auftraggeber geltend machen kann, wenn und soweit der regulierungspflichtige Versicherer keine Zahlung oder lediglich eine Teilzahlung leistet. Im letzten Satz der Klausel heißt es, dass der Auftraggeber in diesem Fall die Forderung zurückerhält, um sie selbst gegen die Anspruchsgegner geltend zu machen. Insoweit bleibt offen, zu welchem Zeitpunkt genau der Auftraggeber die Forderung zurückerhalten soll. In Betracht kommen drei Möglichkeiten (und ggf. eine entsprechende Vorleistungspflicht): Erstens bereits bei Zahlungsanforderung durch die S., zweitens gleichzeitig mit der Zahlung des Auftraggebers oder drittens erst danach. Abweichendes ergibt sich nicht aus der Annahme der Revisionserwiderung, die S. sei bei Geltendmachung ihres (Rest-)Anspruchs insoweit verpflichtet, den Schadensersatzanspruch zurück abzutreten, und dem Auftraggeber stehe ein Zurückbehaltungsrecht zu, wenn die S. nicht in der Lage sei, die Schadensersatzforderung in Höhe der Inanspruchnahme rückabzutreten. Denn zu einem solchen Recht des Auftraggebers, eine Zug-um-Zug-Leistung verlangen zu können, würden erst interessenbezogene Erwägungen führen, die so von einem durchschnittlichen Auftraggeber (Unfallgeschädigten) nicht erwartet werden können.“

Beiden  Entscheidungen ist gemein, dass die jeweiligen Abtretungsvereinbarungen Regelungen dazu enthielten, was mit der erfüllungshalber abgetretenen Forderung im Fall einer Inanspruchnahme des Auftraggebers durch den Sachverständigen geschehen sollte; diese Regelungen hat der BGH als intransparent angesehen. Das ist im vorliegenden Fall anders. Die hier verwendete Abtretungsvereinbarung enthält solche Regelungen nicht, sodass sie auch nicht unklar sein können. Eine Unklarheit ergibt sich indes auch nicht daraus, dass eine Regelung gänzlich fehlt; denn das hat zur Folge, dass die allgemeinen Regelungen für erfüllungshalber vorgenommene Rechtsgeschäfte gelten.“
(Landgericht Hildesheim 3 S 19/20 vom 11.05.2021 )

Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 22-21

Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 22-21

Landgericht Coburg 33 S 49/20 vom 28.05.2021
(Vorinstanz: Amtsgericht Coburg 12 C 2825/19 vom 22.07.2020)

1. Das verwendete Formular der „Abtretung erfüllungshalber“ stellt nach seinem Inhalt keinen Verstoß gegen das Transparenzgebot nach § 307 BGB dar, diesbezüglich wird das Urteil der Erstinstanz korrigiert.
2. Da keine Regelung zur Rückabtretung enthalten ist, ist auch keine unklare oder missverständliche Regelung zum Schicksal der Schadenersatzforderung für den Fall vorhanden, dass der Honoraranspruch gegenüber dem Auftraggeber geltend gemacht würde.
3. Eine Pflicht zur Regelung in der Abtretungsvereinbarung ergibt sich nicht aus dem Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen und auch nicht aus einem anderen Rechtsgrund.
4. Die Kammer gibt ihre bisherige Auffassung auf, dass nach aktueller BGH-Rechtsprechung (BGH VI ZR 274/17 und BGH ZR 135/19) Klauseln als unwirksam anzusehen seien, wenn sie keine Regelungen zur Rückabtretung der Schadenersatzforderungen enthalten für den Fall der Inanspruchnahme aus dem Dienstleistungsauftrag.

Zusammenfassung: Das Landgericht Coburg gibt seine bisherige Rechtsprechung zu § 307 BGB und der Frage auf, ob für den Fall der Inanspruchnahme des Kunden aus dem Gutachten- oder Mietwagenauftrag im Abtretungsformular die Regelung enthalten sein muss, wann und wie der Geschädigte seinen abgetretenem Schadenersatzanspruch zurück erhält. Da sich diese Frage eindeutig aus dem Gesetz ergibt, muss sie in der Abtretung nicht geregelt werden.

Bedeutung für die Praxis: Viele Versicherer streiten um die Aktivlegitimation der Kläger aus abgetretenem Recht. Die Formulierungen der Abtretungen werden unter anderem mit dem Argument eines Verstoßes gegen 307 BGB angegriffen. Konkret wird behauptet, dass eine Abtretung erfüllungshalber ungültig sei, wenn darin nicht geregelt sei, was (und wann) passiere, wenn der Geschädigte die geschuldete Vergütung für die Leistung einer Autovermietung oder eines Sachverständigen teilweise oder vollständig selbst bezahlt. Die Gerichte hantieren bundesweit noch immer mit der Frage, ob eine Abtretung dann wegen Verstoßes gegen 307 BGB unwirksam sei, wenn eine solche Regelung zur Rückabtretung fehlt. Den üblichen Abtretungsvereinbarungen liegt die Annahme zugrunde, dass der Geschädigte grundsätzlich weiterhin als Schuldner zur Begleichung der beauftragten Leistung zur Verfügung steht. Nur soll der Auftragnehmer eben die Schadenersatzforderung des Geschädigten beim Schädiger durchsetzen, damit sich a) der Geschädigte nicht darum kümmern muss und b) der Geschädigte eine Leistung auch dann am Markt erhält, wenn er sich das aus eigenen finanziellen Mittel eigentlich nicht leisten kann. Zahlt der Versicherer nicht, könnte demgemäß der Auftragnehmer auch auf den Geschädigten zugehen und eine Bezahlung des Mietzinses oder der Sachverständigenkosten verlangen. Täte er dies, hätte der Geschädigte die an den Auftragnehmer abgetretenen Forderungen selbstverständlich von diesem zurück zu erhalten. Wie und wann, das – so auch das Landgericht Coburg bisher – müsse bereits im Abtretungsformular transparent geregelt sein. Diese Auffassung wurde nun mit diesem Urteil korrigiert. Es sind also nach neuer Auffassung des Berufungsgerichtes auch Forderungsabtretungen wirksam vereinbart, wenn in den Abtretungsformularen diese Frage nicht geregelt wurde.

Zitiervorschlag: „Kein Transparenzverstoß 307 BGB wenn keine Regelung zur Rückabtretung“

„Die Abtretung vom 29.05.2020 / 05.06.2020, vorgelegt als Anlage K 11, ist wirksam. Sie ist nicht wegen Verstoßes gegen das Transparenzgebot nach § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB unwirksam. (…) Nach § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB kann sich eine unangemessene Benachteiligung des Vertragspartners auch daraus ergeben, dass eine Bestimmung nicht klar und verständlich ist. (…) Diesen Anforderungen genügt die Abtretung in Anlage K 11. Im Unterschied zu der vom BGH in der zitierten Entscheidung zu beurteilenden Abtretung findet sich in der vorliegenden Abtretung keine unklare oder missverständliche Regelung zum Schicksal der Schadensersatzforderung für den Fall der Geltendmachung des Honoraranspruchs gegenüber dem Auftraggeber. (…) Es fehlt mithin bereits an einer Bestimmung, die unklar oder unverständlich sein könnte. Die Klägerin war allerdings weder nach dem Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen noch aus einem anderen Rechtsgrund gehalten, formularmäßig auf die sich bereits unmittelbar aus dem Gesetz oder aus der Rechtsnatur eines Vertrages folgenden Rechte des Vertragspartners hinzuweisen, diese ausdrücklich zu regeln oder den Vertragspartner darüber zu belehren; das Transparenzgebot will lediglich verhindern, dass Rechte und Pflichten durch unklar oder schwer verständlich gefasste Klauseln verschleiert oder für den Vertragspartner schwer durchschaubar werden, vgl. BGH, Urteil vom 14.5.1996, Az. XI ZR 257/94, NJW 1996, 2092. Das Transparenzgebot will den Verwender nicht zwingen, jede AGB-Regelung gleichsam mit einem umfassenden Kommentar zu versehen, vgl. BGH, Urteil vom 10.7.1990, Az. XI ZR 275/89, NJW 1990, 2383. (…) Der BGH hat bereits in dem o.g. Urteil vom 17.07.2018, Az. VI ZR 274/17, darauf hingewiesen, dass der Geschädigte im Falle einer Sicherungsabtretung der Schadensersatzforderung an den Sachverständigen auch ohne ausdrückliche Regelung zur Zahlung der Honorarforderung nur Zug um Zug gegen Rückübertragung der Forderung verpflichtet ist. Nichts anderes kann allerdings bei einer Abtretung erfüllungshalber gelten (wie hier), da auch dann selbstverständlich der Sachverständige das ihm zustehende Honorar nur einmal vereinnahmen kann und dieser bei Erfüllung durch den Auftraggeber nach den Grundsätzen von Treu und Glauben zur Zug-um-Zug-Rückabtretung der erfüllungshalber abgetretenen Schadensersatzforderung verpflichtet ist. Gelingt nämlich dem Gläubiger die Verwertung des erfüllungshalber geleisteten Gegenstands nicht, so kann er auf die ursprüngliche Forderung zurückgreifen; er muss dem Schuldner dann aber die Leistung erfüllungshalber zurückgewähren. Kommt der Gläubiger der Rückgewährpflicht nicht nach, hat der Schuldner ein Zurückbehaltungsrecht; er muss die ursprüngliche Forderung erst erfüllen, wenn er die Leistung erfüllungshalber zurückerhält, vgl. BeckOGK/Looschelders, 1.12.2020, BGB § 364 Rn. 48. Dadurch, dass die vertragsimmanente Verpflichtung der Klägerin, den abgetretenen Anspruch bei Inanspruchnahme des Auftraggebers Zug um Zug zurück zu gewähren, nicht ausdrücklich geregelt wird, wird die geltende Rechtslage weder verschleiert noch für den Geschädigten schwer durchschaubar.
Es besteht auch nicht die Gefahr des Auseinanderfallens von Honorar- und Schadensersatzanspruch, da allein der konkrete Betrag von 646,15 € für Sachverständigenhonorar – noch – im Raum steht.
Auch in der Entscheidung vom 18.02.2020, Az. VI ZR 135/19, NJW 2020, 1888, hat der Bundes¬gerichtshof maßgeblich darauf abgestellt, dass aus der gewählten Formulierung der Abtretung nicht hinreichend deutlich hervorgehe, unter welchen Umständen und zu welchem Zeitpunkt der Geschädigte den erfüllungshalber abgetretenen Anspruch zurückerhält und welche Rechte er in diesem Zusammenhang hat. Die Klausel wurde daher als intransparent angesehen. Eine solche unklare Regelung ist hier aber gar nicht enthalten.
Soweit die Kammer in früheren Entscheidungen, z.B. Urteil vom 21.12.2018, Az. 33 S 120/16, Abtretungen als unwirksam angesehen hat, weil eine Regelung zur Inanspruchnahme des Ge-schädigten aus dem vertraglichen Honoraranspruch und dem Schicksal der abgetretenen Schadensersatzforderung nicht getroffen wurde, hält sie an dieser Rechtsprechung nicht mehr fest.“
(Landgericht Coburg 33 S 49/20 vom 28.05.2021)

Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 21-21

Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 21-21

Amtsgericht Hannover 520 C 4444/20 vom 12.05.2021

1. Die klagende Autovermietung ist aktivlegitimiert, da die Formulierungen des Abtretungsformulars nicht gegen eine Norm verstoßen.
2. Zur Schätzung erforderlicher Mietwagenkosten zieht das Gericht mit Verweis auf das OLG Celle den Mittelwert der Listen von Schwacke und Fraunhofer heran.
3. Ein Abzug für ersparte Eigenkosten von grundsätzlich 5 Prozent entfällt bei klassenkleinerer Anmietung.
4. Kosten für erforderliche Nebenleistungen sind schadenrechtlich vom Haftpflichtversicherer zu erstatten.

Zusammenfassung: Das Amtsgericht in Hannover sieht aufgrund des Abtretungsformulars keine unangemessene Benachteiligung, keinen Transparenzverstoß und keinen Verstoß gegen das Gebot von Treu und Glauben. Damit ist der klagende Vermieter aktivlegitimiert. Sodann werden die Frackewerte zur Schätzung der erforderlichen Mietwagenkosten angewendet und zusätzlich Nebenkosten zugesprochen.

Bedeutung für die Praxis: Das Gericht bestätigt mit ausführlicher Begründung die Verwendbarkeit der aktuellen „Abtretung erfüllungshalber“, die der BAV entwickelt hat und seinen Mitgliedern zur Verwendung empfiehlt. Dabei werden die drei denkbaren Angriffspunkte der Haftpflichtversicherung diskutiert und deren Argumente mit ausführlicher Begründung verworfen.

Zitiervorschlag: „Formulierungen der Abtretung kein Verstoß gegen Transparenzgebot und das Gebot von Treu und Glauben und keine unangemessene Benachteiligung“

Nach § 307 Abs. 1 BGB kann sich eine unangemessene Benachteiligung des Vertragspartners daraus ergeben, dass eine Bestimmung nicht klar und verständlich ist. Der Verwender der Allgemeinen Geschäftsbedingungen ist nach dem Gebot von Treu und Glauben verpflichtet, die Rechte und Pflichten seiner Vertragspartner möglichst klar und durchschaubar darzustellen. Hierbei muss er die tatbestandlichen Voraussetzungen und Rechtsfolgen so genau beschreiben, dass einerseits für ihn keine ungerechtfertigten Beurteilungsspielräume entstehen und andererseits der Vertragspartner ohne fremde Hilfe möglichst klar und einfach seine Rechte und Pflichten feststellen kann, um die rechtliche Tragweite der Vertragsbedingungen bei Vertragsschluss hinreichend erfassen zu können, um nicht von der Durchsetzung seiner Rechte abgehalten zu werden. Hierdurch soll der Vertragspartner insbesondere davor geschützt werden, infolge falscher Vorstellungen über die angebotene Leistung zu einem unangemessenen Vertragsabschluss verleitet zu werden. Deshalb muss die Klausel nicht nur in ihrer Formulierung verständlich sein, sondern auch die mit ihr verbundenen wirtschaftlichen Nachteile und Belastungen möglichst verdeutlichen. Dabei kann sich eine Intransparenz nicht nur aus einzelnen Klauseln und ihrer inhaltlichen Unklarheit ergeben, sondern auch aus der Gesamtregelung. Für die Bewertung der Transparenz einer Vertragsklausel ist auf die Erwartungen und Erkenntnismöglichkeiten eines durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders im Zeitpunkt des Vertragsschlusses abzustellen (vgl. BGH, Urteil vom 18.02.2020 – VI ZR 135/19; BGH, Urteil vom 01.10.2019 -VI ZR 156/18; BGH, Urteil vom 25.02.2016-VII ZR 156/13).

Diesen Anforderungen genügt die streitgegenständliche Abtretungserklärung. So wird hinrei­chend deutlich, welche Rechte der Geschädigten gegenüber der Klägerin bei einer eventuellen Inanspruchnahme zustehen. Ein hinreichender Schutz der Geschädigten vor einer Bereicherung der Klägerin und einem Verlust ihrer Ansprüche ist gegeben. Insoweit wird ausdrücklich geregelt, dass im Umfang der durch die Geschädigte geleisteten Zahlungen die Klägerin Scha­densersatzansprüche an die Geschädigte zurück überträgt.

Die Klausel verstößt auch nicht gegen das Gebot von Treu und Glauben. Die Klägerin muss bezüglich der entsprechenden Klausel die Rechte und Pflichten ihrer Vertragspartner möglichst klar und durchschaubar darstellen, so dass sie ein durchschnittlicher Vertragspartner erkennen kann. Die Regelung ist in sprachlicher und inhaltlicher Hinsicht verständlich. Insbesondere liegt keine Informationsflut und eine Überregulierung vor, bei der ein Verbraucher nicht mehr erkennen kann, worauf er sich einlässt und womit er in welcher Situation rechnen muss. Die Klausel enthält ferner die Regelung, dass die Klägerin die Geschädigte trotz der Abtretung ihrer Ansprüche weiterhin aus dem Mietvertrag auf Zahlung des vereinbarten Mietzinses in Anspruch nehmen kann. Allerdings nur unter der Einschränkung, dass eine endgültige Klärung mit der Versicherung erfolgt.

Im Gegensatz zu der Klausel, welche Gegenstand des Urteils des Bundesgerichtshofes vom 18.02.2020 – VI ZR 135/19 war, verstößt die verwendete Klausel auch inhaltlich nicht gegen das Transparenzgebot. Die Klausel im oben genannten Urteil ist beanstandet worden, weil für einen durchschnittlichen Verbraucher nicht erkennbar war, unter welchen Voraussetzungen er den erfüllungshalber abgetretenen Anspruch zurückerhält und welche Rechte ihm in diesem Zusammenhang zustehen.

In der streitgegenständlichen Klausel ist geregelt, wann die Geschädigte etwaige abgetretene Ansprüche zurückerhält. Das Argument, dass für die Geschädigte nicht erkennbar ist, wann eine etwaige endgültige Klärung mit der Versicherung eingetreten ist, greift vorliegend nicht. Mit dem einschränkenden Satz, dass die Geschädigte nicht von ihren Verpflichtungen befreit werde, wenn die Versicherung nicht oder nicht vollständig in voller Höhe leistet, ist auch einem durchschnittlichen Vertragspartner erkennbar, was unter dem Aspekt der „endgültigen Klärung“ gemeint ist. Erst wenn das Mietwagenunternehmen die Ansprüche nicht vollständig realisieren kann, muss die Geschädigte selbst die sich ergebende Differenz ausgleichen. Dies ist auch für einen durchschnittlichen Verbraucher erkennbar, der die Leistungen des Mietwagenunternehmens in Anspruch genommen und grundsätzlich auch zu vergüten hat. Im Falle einer durch die Geschädigte veranlassten Zahlung an die Klägerin erhält die Geschädigte ihre Schadensersatzansprüche zurück.
(Amtsgericht Hannover 520 C 4444/20 vom 12.05.2021)

 

Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 20-21

Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 20-21

Oberlandesgericht Frankfurt / Main 7 U 214/20 vom 15.03.2021 (Beschluss)
(Landgericht Wiesbaden 1 O 361/16 vom 16.09.2020)

1. Die Berufung der Beklagten gegen die Mietwagenkosten-Schätzung des Landgerichts mittels des Mittelwertes der Listen Fraunhofer und Schwacke hat keine Aussicht auf Erfolg.
2. Die von der Beklagten vertretene Auffassung bezüglich einer grundsätzlichen Erkundigungspflicht des Geschädigten wird vom Gericht zurückgewiesen.
3. Die in der Beweislast des Schädigers liegende Frage der Schadenminderungspflicht stellt sich erst dann, wenn der Schädiger darlegt und beweist, dass dem Geschädigten ein günstigerer Tarif in der konkreten Situation ohne weiteres zugänglich war.
4. Ein Abzug für Eigenersparnis ist in Höhe von 5 % zu bemessen.
5. Kosten üblicher Nebenleistungen für Haftungsreduzierung, Zustellung, Winterreifen und Zusatzfahrer und die Inanspruchnahme des 24-Stunden-Dienstes des Vermieters sind schadenrechtlich erstattungsfähig.

Zusammenfassung: Eine Berufung der Beklagten gegen die Anwendung der Fracke-Liste in 16 Schadenfällen wird vom 7. Senat des OLG Frankfurt/M. beschlussweise zurückgewiesen. Zudem wird der Anspruch des Geschädigten auf Kosten zusätzlicher Leistungen wie beispielsweise die Haftungsreduzierung bestätigt. Ein Eigenersparnisabzug ist mit 5 Prozent zu bemessen.

Bedeutung für die Praxis: Der 7. Senat des OLG Frankfurt bestätigt seine seit längerem geltende Rechtsprechung zur Vorgehensweise bei der Schätzung der erforderlichen Mietwagenkosten. Die Einwendungen der Beklagten gegen die Schätzgrundlage und für die ausschließliche Anwendung der Fraunhofer-Liste werden als unkonkret zurückgewiesen. Die Beklagte war auch hier wieder der Meinung, das Landgericht hätte erstinstanzlich eine Verletzung der Schadenminderungspflicht feststellen müssen, da sich die Geschädigten nicht nach günstigeren Mietwagenpreisen erkundigt hätten. Das sieht das Berufungsgericht anders. Statt dessen sieht das OLG wie auch der BGH die Frage nach den erforderlichen Kosten im Vordergrund, die anhand von Listen geschätzt werden können.
Dagegen gerichteter Vortrag müsse konkret aufzeigen, wie sich angebliche erhebliche Mängel der angewendeten Schätzgrundlage auf den Fall auswirken, so das OLG in grundsätzlicher Übereinstimmung mit dem BGH. Hierzu sieht der Senat die Vorlage von konkreten vergleichbaren Angeboten aus dem streitgegenständlichen Zeitraum als geeignet an. Dieser Auffassung ist jedoch zu widersprechen, denn die bloße Existenz einiger konkreter Marktangebote lassen keinen Zweifel an einer umfassenden Schätzgrundlage aufkommen, außer, sie liegen massiv unter dem Minimum bzw. über dem Maximum der Liste. Oder sie werden dem Geschädigten in Form von tatsächlich verfügbaren, konkreten und passgenauen Direktvermittlungsangeboten unterbreitet, was dann allerdings eine Frage der Schadenminderungsobliegenheit nach § 254 BGB und nicht mehr der Erforderlichkeit ortsüblicher Kosten nach § 249 BGB.

Zitiervorschlag: „Prüfungsreihenfolge/keine generelle Erkundigungspflicht“

Die in der Beweislast des Schädigers liegende Frage der Schadenminderungspflicht stellt sich erst dann, wenn der Schädiger darlegt und beweist, dass dem Geschädigten ein günstigerer Tarif in der konkreten Situation ohne weiteres zugänglich war. (…) Danach kann die Klägerin in sämtlichen Fällen jedenfalls den ortsüblichen Normaltarif geltend machen. Nichts anderes beansprucht die Klägerin mit ihrer zunächst auf der Grundlage der Schwacke Lste und sodann nach den Grundsätzen der sog. Fracke-Methode vorgenommenen Berechnung der Klageforderung, so dass der Hinweis der Beklagten in der Berufungsbegründung, das Landgericht habe die vom Bundesgerichtshof vorgegebene Prüfungsreihenfolge nicht beachtet, nicht zutrifft. Denn die Frage, ob dem Geschädigten unter zumutbaren Anstrengungen kein wesentlich günstigerer Normaltarifzugänglich gewesen ist, stellt sieh erst dann, wenn der Geschädigte einen höheren Tarif als den Normaltarif ersetzt verlangt.“
(Oberlandesgericht Frankfurt / Main 7 U 214/20 vom 15.03.2021 / Beschluss)

Hinweis: Das erstinstanzliche Urteil ist nach Rücknahme der Berufung rechtskräftig.

Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 19-21

Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 19-21

Amtsgericht Fürstenfeldbruck 3 C 813/20 vom 13.11.2020

1. Der Vorwurf der eintrittspflichtigen Haftpflichtversicherung gegenüber dem Geschädigten, dieser hätte einen günstigeren Ersatzwagen anmieten müssen, wird zurückgewiesen.
2. Eine Pflicht zur Erkundigung nach einem günstigeren Angebot bestand nicht, da der abgerechnete Mietwagenpreis nicht deutlich überhöht gewesen ist.
3. Für die Erkennbarkeit von Tarifunterschieden kommt es aufgrund des Wirtschaftlichkeitsgebotes darauf an, ob der Geschädigte zu Nachfragen gehalten gewesen wäre.
4. Dem Geschädigten müssen keine Bedenken gegen die Angemessenheit des Mietwagentarifes kommen, wenn sich der Preis im Rahmen der Schwacke-Liste bewegt.
5. Gegen die Angemessenheit der Verwendung der Schwacke-Werte hat die Beklagte keine konkreten und den Fall betreffenden Tatsachen vorgetragen.
6. Vorgerichtliche Anwaltskosten sind schadenrechtlich zu erstatten

Zusammenfassung: Das Amtsgericht Fürstenfeldbruck hält grundsätzlich die Schwacke-Liste für eine geeignete Schätzgrundlage für Mietwagenkosten. Der Geschädigte musste sich auch nicht nach günstigeren Preisen erkundigen.

Bedeutung für die Praxis:   Das Gericht befasst sich mit einen wichtigen Punkt, den Haftpflichtversicherer in nahezu jedem gerichtlich zu entscheidenden Fall in ihren Schriftsätzen vortragen. Die Behauptung lautet dort regelmäßig, dass der Geschädigte zu teuer angemietet hätte und er sich nach der geltenden Rechtsprechung generell nach günstigeren Preisen zu erkundigen habe. Dann hätte er auch die Angebote gefunden, die die Versicherer in ihrem Vortrag bei Gericht in Form von Internetscreenshots einbringen. Das hat der BGH jedoch anders gesehen. Es besteht keine generelle Verpflichtung für den Geschädigten, nach günstigeren Preisen zu fragen, egal ob beim Anbieter selbst oder bei Konkurrenzunternehmen, egal ob telefonisch oder auf andere Weise. Eine Pflicht zur Nachfrage unter dem Aspekt des Wirtschaftlichkeitsgebotes besteht lediglich dann, wenn das Preisangebot deutlich überhöht ist.  Für das Gericht ist ein Normaltarif knapp unterhalb der Schwacke-Werte jedenfalls kein unangemessen hoher Wert.

 

Gutachten Consulimus untauglich

Versicherer bringen bei Gericht immer wieder einen Gutachter ins Spiel, dessen Ergebnisse nach ihrem Geschmack sind. Kläger sollten beim Namen Consulimus und Dr. Abbing jedoch genau auf den Beschluss des Gerichtes achten und das Gutachten kritisch prüfen.

Am Landgericht in Stralsund und am Landgericht in Koblenz ist zwar viel Geld verbraucht worden, doch die Gerichte konnten sich nicht auf die Ergebnisse der dortigen Gutachten stützen, weil diese aufgrund der Herangehensweise des Gutachters nicht verwertbar waren.

Weitere Hinweise finden Sie hier:

Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 18-21

Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 17-20l (vom LG bestätigt)

http://urteilsdatenbank.bav.de/

 

Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 18-21

Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 18-21

Landgericht Koblenz 5 S 49/19 vom 25.02.2021 (Datum mündliche Verhandlung)
(Vorinstanz: Amtsgericht Koblenz 412 C 1856/18 vom 17.09.2019)

1. Die Ergebnisse des erstinstanzlich eingeholten Sachverständigengutachtens sind nicht verwendbar, unter anderem weil die tatsächliche Mietzeit und der konkrete Kilometerverbrauch während der Miete starr vorgegeben wurden.
2. Zur Schätzung der erforderlichen Mietwagenkosten wird daher die Schwacke-Liste herangezogen.
3. Das von der Beklagten vorgelegte Internetangebot führt zu einer anderen Beurteilung, da die dort erkennbar Leistung nicht vergleichbar mit der konkreten Anmietung ist.
4. Zum Grundwert des Normaltarifs wird ein Aufschlag von 20 Prozent hinzugefügt, da für die Geschädigten unfallbedingte Mehrleistungen zu erbringen waren.
5. Kosten einer Nebenleistung für die sogenannte Haftungsreduzierung sind zu erstatten.

Zusammenfassung: Die Berufungskammer des Landgerichts Koblenz hebt eine Entscheidung der Vorinstanz auf, die den geforderten Restbetrag des Schadenersatzes bzgl. Mietwagenkosten nach Einholung eines Sachverständigengutachtens erheblich gekürzt hatte. Das Vorgehen des Sachverständigen wurde der Argumentation des Klägers folgend in der Berufung als so fehlerhaft angesehen, dass die dortigen Ergebnisse als unbrauchbar für eine gerichtliche Entscheidung bewertet wurden. Sodann wurden die erstattungsfähigen Mietwagenkosten mittels Schwacke geschätzt und ein unfallbedingter Aufschlag zugesprochen.

Bedeutung für die Praxis: Die Bewertung des Vorgehens des Sachverständigen Abbing (Firma Consulimus) durch das Landgericht führt zu der Frage, wie in anderen Verfahren mit Sachverständigengutachten umgegangen wird, welche mit ähnlichen Methoden erstellt werden. Da wird immer wieder so vorgegangen, dass ein paar unverbindliche Telefonate mit möglichst kryptischen Angaben geführt werden und die minimierten Ergebnisse nicht vergleichbar mit der tatsächlich durchgeführten Anmietung sind. Im hier entschiedenen Fall hatte der Sachverständige ein Anfrage einen späteren Zeitraum betreffend vorgenommen und zusätzlich eine Kilometer-Beschränkung vorgegeben sowie eine feste Anmietdauer. Dadurch waren die Ergebnisse nicht auf den zu entscheidenden Fall hin anwendbar.

Zitiervorschlag: „Nicht verwendbares Gutachten“ (abhängig vom Einzelfall und dem Vorgehen des Sachverständigen)

„Die Schadenshöhe darf lediglich nicht auf der Grundlage falscher oder offenbar unsachlicher Erwägungen festgesetzt werden (…), dass der Sachverständige anlässlich der telefonischen Preisanfragen jeweils einen festen Anmietzeitraum von fünf bzw. 14 Tagen vorgegeben hat. In beiden streitgegenständlichen Fällen war hingegen das Mietende offen. (…) Soweit es diesen Umstand und dem weiteren Umstand der erforderlichen Vorlage einer Kreditkarte dadurch Rechnung trägt, dass ein pauschaler Aufschlag von 20 % auf die von dem Sachverständigen angegeben Werte vorgenommen wird, überzeugt dies nicht, zumal das Gutachten auch noch in weiteren Punkten die Umstände der konkreten Anmietsituation außer Betracht lässt. So legt der Sachverständige beispielsweise seinen Preisanfragen die tatsächlich gefahrenen Kilometer zugrunde und fragt nicht den Tarif mit unbegrenzten Freikilometern ab“ (Landgericht Koblenz 5 S 49/19 vom 25.02.2021)

Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 17-21

Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 17-21

Landgericht Köln 11 S 117/19 vom 16.03.2021
(Vorinstanz: Amtsgericht Köln 275 C 196/18 vom 22.03.2019)

1. Die Bestimmung der erstattungsfähigen Mietwagenkosten im Rahmen einer Schätzung nach § 287 ZPO sind auf den Ort der Anmietung zu beziehen und nicht etwa auf den Wohnort des Geschädigten.
2. Der Schätzwert aus der Schwacke-Liste bemisst sich grundsätzlich nach dem Modus, nicht nach dem arithmetischen Mittel.
3. Wegen unfallbedingt erforderlicher Mehrleistungen ist ein 20-prozentiger Aufschlag auf den Normaltarif der Schwacke-Liste gerechtfertigt.

Zusammenfassung: Das Landgericht Köln bestätigt die Anwendung der Schwacke-Liste. Die erstinstanzliche Anwendung des arithmetischen Mittelwertes wird allerdings korrigiert und statt dessen mit dem Modus (häufigster genannter Wert) geschätzt. Zur Frage des anwendbaren PLZ-Gebietes der Schätzliste wird das Urteil des Amtsgerichts Köln gegen die Auffassung der Beklagten bestätigt: Maßgeblich ist nur der Anmietort.

Bedeutung für die Praxis: Die Schwacke-Liste weist neben einem arithmetischen Mittelwert für (nahezu) jedes PLZ-Gebiet auch den Modus als häufigsten genannten Wert aus. Das Landgericht Köln favorisiert grundsätzlich den Modus, da dieser dem Geschädigten bei einer Preisanfrage mit der höchsten Wahrscheinlichkeit genannt worden wäre und es sich um einen realen Preis des Marktes handelt. Einzelfallbezogen wird jedoch dann davon abgewichen, wenn der Modus zufällig nahe am Minimum- oder am Maximum-Wert der Erhebungsergebnisse liegt. Damit begegnet das Berufungsgericht möglichen Verzerrungen bei der Anwendung des Modus-Wertes.
Der Auffassung des Erstgerichtes zur Frage des anzuwendenden PLZ-Gebietes wird dagegen zugestimmt. Der Berufungskläger hatte den Wohnort des Geschädigten verwenden wollen. Statt dessen komme es eindeutig darauf an, wo der Geschädigte angemietet hat, denn dort entsteht der Mobilitätsbedarf, der der Mietwagennutzung zugrunde liegt.
Auf die Berufung der Kläger hin wird außerdem der Aufschlag auf den Normaltarif wegen unfallbedingter Mehrleistungen zugesprochen, da der Kläger konkret dargelegt hat, welche Mehrleistungen vom Autovermieter für die Geschädigten erbracht wurden, die über das normalerweise Übliche hinausgehen.

Zitiervorschlag: „PLZ vom Anmietort“

„Allerdings hat das Amtsgericht entgegen der Ansicht der Berufung bei der Ermittlung der ortsüblichen Mietwagenkosten zu Recht nicht die Postleitzahlengebiete des Wohnorts bzw. Sitzes der Geschädigten angesetzt. Bei der Ermittlung der ortsüblichen  Mietwagenkosten ist – wie im  angefochtenen Urteil – das Postleitzahlengebiet des Anmietorts zugrunde zu legen (XXX) Nach der Rechtsprechung des BGH (a.a.O.) ist der Anmietort derjenige, an dem das Fahrzeug angemietet und übernommen wird. Dieser Ort ist maßgeblich, weil dort der Bedarf für ein Mietfahrzeug entsteht.“ (Landgericht Köln 11 S 117/19 vom 16.03.2021)

Zitiervorschlag: „Modus anstatt arithmetischem Mittel“

„Nach Auffassung der Kammer hat das Amtsgericht in den hier einschlägigen Fällen bei der Schätzung der ortsüblichen. Mietwagenkosten jedoch zu Unrecht auf das im Schwacke-Mietpreisspiegel angegebene arithmetische Mittel abgestellt.
Die Kammer hält in den hier zu entscheidenden Fällen den Modus-Wert für die geeignetere Schätzgrundlage.
Die Frage, ob bei der Schätzung der erforderlichen Mietwagenkosten nach dem Schwacke-Mietpreisspiegel der Modus-Wert oder das arithmetische Mittel anzusetzen ist, ist umstritten.
Für die Anwendung des Modus-Wertes wird angeführt, dass dieser Wert anders als das arithmetische Mittel tatsächliche am Markt verlangte Preise wiedergebe und nicht eine bloße statistische Rechengröße. (XXX) Bei einer solchen Nachfrage werde er ebenfalls nur konkrete Preise in Erfahrung bringen und kein arithmetisches Mittel erfragen können. Der Geschädigte müsse auch nicht ermitteln, ob und in welchem Umfang die erfragten Preise tatsächlich am Markt nachgefragt werden. (XXX)
Die Gegenauffassung hält das arithmetische Mittel für vorzugswürdig. Begründet wird dies – wie hier vom Amtsgericht – mit einer geringeren Fehlerneigung, denn beim Modus könne es zu erheblichen Verzerrungen kommen, wenn unter einer Vielzahl individueller Angebotspreise nur zwei vollständig übereinstimmen, die dann unabhängig von der Höhe der anderen Wert den Modus bilden
Nach Auffassung der Kammer kann eine Entscheidung der vorstehenden Frage nicht losgelöst vom konkret n Einzelfall erfolgen. Jedoch hält die Kammer im Grundsatz den Modus-Wert für die geeignetere Schätzgrundlage. In der Tat spricht für diesen nämlich der Umstand, dass er echte Preise abbildet und nicht nur eine statistische Rechengröße. Nur solche Preise würde ein Geschädigter bei einer Nachfrage bei Vermietern auch erfahren.
Allerdings ist der Gegenansicht darin zuzustimmen, dass der Modus-Wert in Einzelfällen tatsächlich verzerrte Ergebnisse widerspiegeln kann. Denn in der Tat dürfte ein Modus-Wert, der allein auf verhältnismäßig wenigen übereinstimmenden Nennungen aus einer Vielzahl von Preisen gebildet wird, derart verzerrt sein, dass seine Anwendung nicht gerechtfertigt erscheint. Dies dürfte umso mehr gelten, wenn der so ermittelte Modus-Wert sich an den äußersten Enden des Korridors der ermittelten Preise befindet.
Anders als das Amtsgericht meint kann dies nach Auffassung der Kammer aber nicht dazu führen, dass der Modus-Wert trotz seines grundsätzlich vorzugswürdigen Aussagegehalts  generell  als  ungeeignet  abzulehnen  wäre. Stattdessen ist stets im konkreten Einzelfall zu prüfen, ob der grundsätzlich vorzug1swürdige Modus-Wert als Schätzgrundlage geeignet ist oder ob er wegen einer möglichen Verzerrung als solche ausscheidet. Es darf insoweit nämlich nicht übersehen werden, dass sich anhand der Angaben des Schwacke-Mietpreisspiegels durchaus erkennen lässt, ob eine solche Verzerrung für ein jeweiliges Postleitzahlengebiet vorliegt oder nicht. Für jedes Postleitzahlengebiet wird im Schwacke-Mietpreisspiegel nicht nur die Anzahl der Preisnennungen insgesamt angegeben, sondern auch die Anzahl der Nennungen,
auf denen der Modus-Wert beruht. Auch ist stets der Preiskorridor genannt, in dem
sich die Nennungen insgesamt bewegen. Es kann daher in jedem Einzelfall festgestellt werden, ob der Moduswert für das betreffende Postleitzahlengebiet als taugliche Schätzgrundlage angesehen werden kann oder nicht.“ (Landgericht Köln 11 S 117/19 vom 16.03.2021)

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