Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 31-23
Amtsgericht Hamburg St. Georg 916 C 55/23 vom 12.07.2023
1. Der vorgelegten Mietwagenrechnung kommt eine Indizwirkung für die Höhe der erforderlichen Kosten zu.
2. Bei einer Ersatzwagenanmietung zum Normaltarif verstößt der Geschädigte nicht gegen seine Obliegenheit zur Geringhaltung des Schadens, wenn er sich nicht nach Alternativen erkundigt.
3. Dem Geschädigten steht ein flexibel nutzbares Ersatzfahrzeug zu – ohne Einschränkungen bei der Kilometerbegrenzung und ohne eine verbindliche Angabe des Rückgabezeitpunktes.
4. Die Fraunhofer-Liste ist keine geeignete Schätzgrundlage und auch die Internetbeispiele der Beklagten begründen keinen Zweifel an der Erforderlichkeit der von der Klägerin verlangten Kosten.
5. Kosten erforderlicher Nebenleistungen für Haftungsreduzierung, Zustellen und Abholen sind zusätzlich erstattungsfähig.
Zusammenfassung: Das Amtsgericht Hamburg St. Georg spricht dem Vermieter aus abgetretenem Recht die restlichen geforderten Mietwagenkosten vollständig zu und lehnt die Anwendung der Fraunhofer-Liste ab. In dem Verfahren hatte die Klägerin ein Parteigutachten des BAV vorgelegt, aus dem deutlich wurde, dass die Fraunhofer-Werte mit der Realität des Internet-Marktes für Mietwagen nicht viel gemein haben.
Bedeutung für die Praxis: Die Rechtsprechung in Hamburg wendet seit Jahren festgefahren Fraunhofer zur Schätzung des Normaltarifes an. Wie die Werte dort zustande kommen, ist bisher ungeklärt und sie passen nicht zur Realität der Internet-Preise. Das hat der BAV auch für den regionalen Markt in Hamburg aufgezeigt und der Kläger dem Gericht vorgelegt. Statt nach § 287 ZPO auf der Grundlage von Fraunhofer zu schätzen, sah das Gericht den Rechnungsbetrag als erforderlich an. Neben anderen Gründen verwies das Gericht auf den fehlenden Wert der konkreten Mietwagenklasse. Es ist nicht sicher, dass andere Gerichte den § 287 ebenso interpretieren würden, wichtig erscheint jedoch, dass das Gericht erkannt hat, dass weder die Fraunhofer-Werte noch von der Beklagten später recherchierte Internetpreise die Berechtigung der klägerischen Abrechnung in Zweifel ziehen können.
Hinweis: Es ist nicht bekannt, ob das Urteil bereits rechtskräftig geworden ist.