Amtsgericht Stuttgart 43 C 4257/18 vom 12.03.2019
1. Zwar ist es entsprechend der aktuellen BGH-Rechtsprechung unschädlich für die Rechtsposition der Beklagten, dass sie Geschädigte auf Fahrzeuge zu Sonderkonditionen verwiesen hat, doch hat sie keine konkreten Mietwagen-Angebote unterbreitet, die Bindungskraft für den Geschädigten entfalten könnten.
2. Geschädigte müssen sich nicht auf Ersatzangebote verweisen lassen, deren Umfang sie nicht bestimmen können.
3. Voraussetzung wäre es, dass in Bezug auf das Mietfahrzeug und die Angebotsbedingungen eine Vergleichbarkeit mit dem Anspruch des Geschädigten herzustellen ist.
4. Zur Schätzung der erforderlichen Kosten wird die SchwackeListe Automietpreisspiegel angewendet.
5. Den Geschädigten trifft keine grundsätzliche Erkundigungspflicht, sondern lediglich im Falle eines überhöhten Unfallersatztarifes.
6. Erforderliche Kosten für Nebenleistungen sind zu erstatten.
Zusammenfassung: Das Amtsgericht Stuttgart spricht in vier Fällen restlichen Schadenersatz wegen erforderlicher Mietwagenkosten zu. In Bezug auf die Hinweisschreiben der Beklagten stellt das Gericht fest, dass diese die Geschädigten auch unter Berücksichtigung der neuesten BGH-Rechtsprechung nicht an den Preis oder die Anbieter binden können. Die Schätzung im Rahmen der Erforderlichkeit erfolgt mittels der SchwackeListe zuzüglich Nebenkosten.
Bedeutung für die Praxis: Wie üblich hatte die Beklagte lediglich eine Liste mit Preisen und Fahrzeugen unter Angabe der KW-Leistung versendet und Anbieter genannt, die der Geschädigte zu kontaktieren hätte. Das Gericht sieht jedoch eine Verletzung der Schadenminderungspflicht nur dann, wenn dem Geschädigten ein konkretes Angebot vorgelegt wird, das mit seinen Ansprüchen als Geschädigter im Einklang steht. Denn eine Tabelle mit KW-Angaben von Fahrzeugen und deren Tagespreisen versetzt den Geschädigte nicht in die Lage, einzuschätzen, ob die angebotene Leistung seinem Anspruch entspricht und er es daher anzunehmen hat.
Hinweis: Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig.
Amtsgericht Schweinfurt 1 C 1208/17 vom 04.01.2019
1. Die Nutzung des Mietwagens über mehrere hundert Kilometer indiziert den Nutzungswillen während der Ausfallzeit.
2. Die geforderten Mietwagenkosten sind angemessen und daher zu erstatten. Zur Schätzung nach § 287 ZPO kann die SchwackeListe herangezogen werden.
3. Die Beklagte hat keine konkreten Tatsachen vorgetragen, die aufzeigen könnten, dass sich die von ihr behaupteten Mängel der Schätzgrundlage auf den zu entscheidenden Fall erheblich auswirken würden.
4. Insbesondere sind die von der Beklagten vorgelegten Internet-Screenshots kein konkreter Sachvortrag.
5. Auf den Normaltarif ist ein 20-%iger Aufschlag für erforderliche unfallbedingte Mehrleistungen des Vermieter zuzubilligen.
6. Der Abzug für ersparte Eigenkosten wird mit 3 Prozent bemessen.
7. Die Beklagte hat entsprechend der vorgerichtlichen Anwaltsschreiben auch die restlichen außergerichtlichen Rechtsanwaltsgebühren zu erstatten.
Zusammenfassung: Das Amtsgericht Schweinfurt spricht restliche Mietwagenkosten zu und wendet zu deren Schätzung die SchwackeListe an. Die Internetscreenshots der Beklagten werden als unkonkreter und nicht sachbezogener Vortrag zurückgewiesen. Der unfallbedingte Aufschlag wird zugesprochen.
Bedeutung für die Praxis: Das Amtsgericht Schweinfurt verweist auf die ständige Rechtsprechung des Amts- und Landgerichtes in Schweinfurt, nach der die SchwackeListe zur Schätzung von Mietwagenkosten heranzuziehen ist. Die von der Beklagten vorgelegten Internetausdrucke werden als unsubstantiiert zurückgewiesen, insbesondere weil sie einen anderen Zeitraum betreffen, zwingend via Internet zu finden sind, die kurzfristige Verfügbarkeit nicht gegeben sein muss, eine feste Mietdauer unterstellt ist und nicht vollständig die konkret nachgefragte Leistung beinhalten. Gerichtbekannt müssen zudem Reservierungsanfragen vom Vermieter erst noch bestätigt werden. Das dürfte ein sehr gewichtiger Punkt in der Argumentation sein, heißt das doch nichts anderes, als dass die Internetanfragen keine garantierte Verfügbarkeit bedeuten oder anders ausgedrückt, die Internetliste von Fraunhofer lediglich eine Sammlung von Werbeaussagen der Vermieter darstellt.
Liste für März/April 2019
OLG München |
10 U 441/18 |
25.01.2019 |
Mietwagendauer |
LG Hannover |
7 S 20/18 |
06.02.2019 |
Mittelwert / Verjährung |
AG Köln |
271 C 329/18 |
04.04.2019 |
S+ / F- |
AG Siegburg |
104 C 60/18 |
21.02.2019 |
Mittelwert |
AG Siegburg |
109 C 3/18 |
21.02.2019 |
Mittelwert |
LG Bonn |
17 O 275/18 |
22.02.2019 |
Mittelwert |
AG Borna |
3 C 665/18 |
01.03.2019 |
S+ / F- |
AG Salzgitter |
22 C 1247/18 |
06.03.2019 |
Mittelwert / DV- |
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weiterlesen...Amtsgericht Berlin-Mitte 110 C 3375/16 vom 27.07.2018
1. Die Höhe der erforderlichen und daher erstattungsfähigen Mietwagenkosten wird mittels der SchwackeListe Automietpreisspiegel geschätzt.
2. Dabei ist nach der Rechtsprechung des Kammergerichtes das arithmetische Mittel aus Schwacke heranzuziehen.
3. Die Ergebnisse der Fraunhofer-Liste werden nicht angewendet, da diese Liste zu internetlastig ist und Internetangebote häufig nicht realisierbar sind.
4. Das Vorbringen der Beklagten zur behaupteten Verletzung der Schadenminderungspflicht durch die Geschädigten wird zurückgewiesen.
Zusammenfassung: Das Gericht wendet allein die SchwackeListe an und begründet, warum die Werte aus der Fraunhofer-Liste nicht verwendbar sind. Außerdem hatte die Beklagte den Geschädigten jeweils einen Hinweis auf günstigere Fahrzeuge bei der Firma Caro erteilt und beruft sich bei ihren Zahlungskürzungen daher auch auf eine Verletzung der Schadenminderungspflicht der Geschädigten. Das sah das Gericht anders.
Bedeutung für die Praxis: Zwei Aspekte dieses Urteils sind hervorzuheben: Die Begründungen gegen Fraunhofer und gegen die Direktvermittlungsangebote des Versicherers. Die Fraunhofer-Liste wird nicht angewendet, weil diese - zumindest in dem Teil, der auf nennenswerten Datenmengen beruht - nur und ausschließlich auf Internetwerte zurückgreift. Alle Gerichte, die Fraunhofer verwenden oder im Rahmen des Mischmodells Fracke "mitverwenden", berücksichtigen diesen Punkt in keiner Weise. Das müssten sie aber, denn Internetangeboten liegen besondere Bedingungen zugrunde, die Geschädigte in aller Regel nicht erfüllen können. Dass die Geschädigten nicht gegen ihre Schadenminderungspflicht verstoßen haben, als sie den Hinweis auf subventionierte Mietfahrzeuge bei der Firma Caro ignorierten, wird ebenso plausibel begründet. Das Gericht stellt fest, dass den Geschädigten keine konkreten Angebote unterbreitet wurden. Da sie zunächst aufgrund ihrer Dispositionsfreiheit grundsätzlich frei sind in ihrer Entscheidung, bei wem sie anmieten. Da ihnen ein konkretes Angebot nicht vorlag, haben sie nichts falsch gemacht und der bezifferte Schadenersatzanspruch ist erstattungsfähig.
Oberlandesgericht Dresden 7 U 1319/18 vom 28.03.2019
(Vorinstanz: Landgericht Dresden 6 O 1979/17)
1. Der Senat weist die Berufung der Beklagten gegen ein erstinstanzliches Urteil zurück, in welchem die Restforderungen aus Ersatzwagenanmietungen in mehreren Fällen weitestgehend zugesprochen wurden.
2. Nach dem Vortrag der Klägerin standen den Geschädigten wesentlich günstigere Angebote als die der Klägerin nicht zur Verfügung.
3. Die Klägerin hat zudem für einige Fälle aufgezeigt, dass auch bei Forderungen oberhalb der Werte der SchwackeListe eine Preisrecherche der Geschädigten aufgrund der damaligen Marktlage nicht zu günstigeren Angeboten geführt hätte.
4. Die dagegen von der Beklagten aufgezeigten anderen Internetangebote sind entweder inhaltlich nicht vergleichbar oder entstammen einem anderen Zeitraum.
5. Kosten der Nebenleistungen für Haftungsausschluss, wintertaugliche Bereifung, Zusatzfahrer und Zustellung/Abholung sind grundsätzlich erstattungsfähig.
6. Der Abzug für ersparte Eigenkosten des Geschädigten beträgt 10 Prozent.
Zusammenfassung: Die Restforderungen der Klägerin aus verschiedenen Ersatzfahrzeugvermietungen werden vollständig zugesprochen und die diesbezügliche Berufung der Beklagten abgewiesen. Dabei geht der Senat nach dem klägerischen Vortrag davon aus, dass den Geschädigten keine wesentlich günstigeren Mietfahrzeuge zur Verfügung gestanden hätten. Eine Schätzung unter Anwendung einer Schätzgrundlage findet nicht statt.
Bedeutung für die Praxis: Das OLG musste sich in diesen Fällen in der Frage der Anwendbarkeit der Schätzgrundlagen nicht entscheiden. Es ist der Klägerin der Nachweis gelungen, dass auch bei einem Marktvergleich zu Internetbedingungen die Preise ihrer Abrechnungen und die Werte der SchwackeListe der Marktlage entsprechen, wenn man die Preisvergleiche ehrlich und realistisch betreibt. Da die Klägerin zum Anmietzeitpunkt aktuelle Preise recherchierte, konnte sie diese Ergebnisse im Prozess zwei Jahre später gegen die übliche Argumentation der Beklagten einsetzen. Die tabellarische Übersicht im Urteil zeigt: Die Werte der Fraunhofer-Liste liegen weit unterhalb der tatsächlichen Vergleichsangebote, teilweise betragen sie lediglich ein Drittel oder gar ein Viertel der realen Werte dieser Anbieter. Damit hätte das Urteil auch lauten können, dass die Fraunhofer-Liste wegen nachgewiesener Mängel nicht anwendbar ist und Schwacke weiterhin der Vorzug gebührt. Es bleibt für die Zukunft zu hoffen, dass der konkrete Vortrag der Klägerin die bisherige Schwacke-Linie des Gerichtes gefestigt hat. Den Abzug für Eigenersparnis in Höhe von 10 Prozent setzt das Gericht korrekt lediglich auf den Grundpreis an.
Landgericht Stuttgart 21 O 283/18 vom 12.03.2019
1. Das Gericht bestätigt die klägerische Auffassung zur Verwendbarkeit der SchwackeListe für die Schätzung erforderlicher Mietwagenkosten.
2. Der Verweis auf Fraunhofer und Beispielwerte belegt nicht, dass die Werte der SchwackeListe fehlerhaft wären, sondern nur, dass Fraunhofer und die Beklagte methodisch anders vorgehen.
3. Ein unfallbedingter Aufschlag auf den Normaltarif ist erforderlich und zuzusprechen, da in sämtlichen Anmietfällen unfallbedingte Zusatzleistungen erbracht wurden.
4. Kosten für Nebenleistungen wie Zusatzfahrer-Erlaubnis und wintertaugliche Bereifung, Navigationssystem und Anhängerkupplung sind erstattungsfähig.
5. Ein Abzug für Eigenersparnis entfällt, da die Geschädigten klassenniedrigere Fahrzeuge angemietet haben.
Zusammenfassung: Das Landgericht Stuttgart spricht erstinstanzlich die vollen restlichen Mietwagenkosten aus mehreren Schadenfällen zu. Dabei wendet das Gericht zur Schätzung des Normaltarifes die SchwackeListe an, schlägt 20 Prozent wegen unfallbedingter Besonderheiten auf und spricht auch die Kosten der Nebenleistungen zu.
Bedeutung für die Praxis: Zum einen wird die Verwendbarkeit der SchwackeListe und die Ablehnung der Ergebnisse der Fraunhofer-Liste wieder bestätigt. Das Gericht weist darauf hin, dass der Beklagtenvortrag keine Fehler der SchwackeListe aufzeigt, wenn er auf Fraunhofer und eigene günstigere Rechercheergebnisse hinweist. Zum anderen sieht das Gericht den unfallbedingten Aufschlag als erstattungsfähig an, völlig unabhängig von der Frage der Eilbedürftigkeit und liegt damit voll auf der BGH-Linie.
(nicht rechtskräftig, Berufung wurde eingelegt)
Oberlandesgericht Düsseldorf 1 U 74/18 vom 05.03.2019
(Vorinstanz: Landgericht Krefeld 3 O 198/17)
1. Der Senat gibt seine Auffassung auf, die erforderlichen Mietwagenkosten seien lediglich anhand der Fraunhofer-Liste zu bestimmen.
2. Die Werte der Fraunhofer-Liste allein sind nicht anwendbar, weil eine Schätzung mittels Fraunhofer auf Internetwerten beruhen würde, zur Realisierung eine Vorfinanzierung erfolgen müsste und eine einwöchige Vorbuchungsfrist einzuhalten wäre.
3. Der erstattungsfähige Schadenersatz bezüglich Mietwagenkosten wird zur Vereinheitlichung der Rechtsprechung zukünftig mittels des Mischmodells aus Schwacke und Fraunhofer geschätzt.
4. Ein Abzug für Eigenersparnis erfolgt in Höhe von 5 Prozent.
Zusammenfassung: Das Oberlandesgericht Düsseldorf schätzt die erstattungsfähigen Mietwagenkosten zukünftig mittels des Mischmodells Fracke. Von dem errechneten Betrag wird eine Eigenersparnis in Höhe von 5 Prozent abgezogen.
Bedeutung für die Praxis: Das Erstgericht hatte mit Verweis auf die ständige Rechtsprechung des Oberlandesgerichtes zur Schätzung der erstattungsfähigen Mietwagenkosten die Fraunhofer-Liste angewendet. Das Oberlandesgericht Düsseldorf war bisher eines von drei OLG, die in der Mietwagenfrage ohne fallbezogen nachvollziehbare Begründungen allein Fraunhofer angewendet hatten. Damals und auch in der nun erfolgten Abkehr hin zum Mischmodell wird jeweils die Einheitlichkeit der Rechtsprechung als tragende Begründung für die jeweilige Rechtsprechung angegeben. Die Argumente für und wider der beiden Listen spielen dabei lediglich eine untergeordnete Rolle. Der Senat gibt aber in den Urteilsgründen auch zu, dass er inzwischen erkannt hat, dass die konkret von Fraunhofer unterstellten Bedingungen der Internetwerte in der Praxis zu Schätzungen führen, die zu niedrig ausfallen. In einer seiner Entscheidungen aus 2015 wurde ja bekanntlich unter Anwendung von Fraunhofer lediglich (ca.) der halbe Nutzungsausfall als erstattungsfähig angesehen und der Rest als nicht erstattungsfähiger Unfallersatztarif verworfen. Konkret benennt das Berufungsgericht die Fraunhofer-Probleme Internetmarkt, Kreditkarte und Vorbuchungsfrist, die eine Anwendung lediglich dieser Werte als nicht sachgerecht erscheinen lassen.
Zur Entscheidung der Frage der Anwendung der konkreten Berechnungsmethode "Maximale Degression" (Woche durch 7 mal Anmiettage) oder mittels "Pauschalen der Listen" (Woche plus 3 Tage plus Einzeltage) war der Fall ungeeignet, da die abgerechneten Tagespreise exakt dem siebten Teil der Wochenpreise entsprachen. Daher verwendete der Senat den anteiligen Wochenpreis und rechnete auf die Mietdauer hoch.
Unklar bleibt nach dem Urteil, wie das Gericht mit Kosten einer weitgehenden Haftungsreduzierung und anderen Nebenkosten wie Zustellen, Zusatzfahrer usw. umgeht, da diese in dem Fall keine Rolle spielten oder vom Erstgericht zwar berücksichtigt wurden, dann in der Berufung jedoch unerwähnt blieben. Hierzu sind die Urteilsbegründungen aus (mindestens einem) weiteren Verfahren abzuwarten, die in Kürze veröffentlicht werden dürften.
Wenig nachvollziehbar erscheint es, warum der Senat so ausführlich zur ausnahmsweisen Erstattungsfähigkeit eines Unfallersatztarifes nach Erkundigung durch den Geschädigten Stellung nimmt. Dem Geschädigten wird ausführlich vorgeworfen, er habe sich nicht nach Alternativen erkundigt und könne daher keine überhöhten Mietwagenkosten beanspruchen. Der Kläger verlangt lediglich Mietwagenkosten im Rahmen der Erforderlichkeit und nach Vergleich mit dem Mittelwert aus den Listen Schwacke und Fraunhofer und eben keinen nur in engen Grenzen und ausnahmsweise erstattungsfähigen Unfallersatztarif, bei dem er wegen einer mehrfachen Preisüberhöhung zu einer Erkundigung verpflichtet gewesen wäre. Einem Geschädigten, der lediglich Schadenersatz im Rahmen der Erforderlichkeit und im Vergleich zu anerkannten Schätzgrundlagen (hier Mischmodell entsprechend der Auffassung auch des angerufenen Gerichtes) verlangt, kann nicht vorgeworfen werden, er hätte nicht dargelegt, welche Bemühungen um niedrigere Angebote er habe walten lassen.
Landgericht Düsseldorf 22 S 273/18 vom 25.03.2019
(Vorinstanz: Amtsgericht Düsseldorf 27 C 72/18 vom 13.09.2018)
1. Das Urteil der Vorinstanz, die die erstattungsfähige Mietwagenkosten mittels Fraunhofer-Liste geschätzt hatte, wird aufgehoben.
2. Das Erstgericht verletzte rechtliches Gehör der Klägerin durch Übergehen ihres Beweisangebotes zu Anmietvoraussetzungen der Internetpreise, welche der Geschädigte nicht erfüllen konnte.
3. Die Schätzung erforderlicher Mietwagenkosten erfolgt unter Verweis auf OLG Düsseldorf anhand des Mischmodells "Fracke".
4. Aufgrund der Erforderlichkeit unfallbedingter Mehraufwendungen des Vermieters ist ein Aufschlag in Höhe von 20 Prozent vorzunehmen.
5. Kosten erforderlicher und vereinbarter sowie abgerechneter Nebenleistungen wie für eine Reduzierung der Schadenhaftung oder das Bringen und Holen des Fahrzeuges sind ebenso erstattungsfähig.
6. Ein Eigenersparnisabzug erfolgt in Höhe von 5 Prozent.
Zusammenfassung: Das Landgericht Düsseldorf wendet wieder das Mischmodell aus den Listen Schwacke und Fraunhofer an. Hinzu kommt ein pauschaler Aufschlag für unfallbedingte Mehrleistungen und die Kosten von Nebenleistungen, abzüglich 5 Prozent Eigenersparnis. Hintergrund der Änderung der favorisierten Schätzgrundlage von Fraunhofer zum Mischmodell Fracke ist die Auffassung des OLG Düsseldorf, von der reinen Fraunhofer-Rechtsprechung wieder abzurücken.
Bedeutung für die Praxis: Das Berufungsgericht wendet nun wieder das Mischmodell an, nachdem sich das Oberlandesgericht Düsseldorf endlich in mehreren - noch nicht veröffentlichten - Entscheidungen "seiner Auffassung angeschlossen hat". Diese Änderungen erscheinen wie ein kleines Beben in der Mietwagenrechtsprechung, weil sich im gesamten Gerichtsbezirk des OLG fast kein Gericht mehr getraut hatte, von der reinen Fraunhofer-Lehre des OLG abzuweichen und nun hat sich just dieses OLG besonnen. Wichtig ist dabei auch, dass ein unfallbedingter Aufschlag möglich erscheint, wenngleich er davon abhängig gemacht wird, ob der Geschädigte nachweisen kann, dass ihm nichts günstigeres zur Verfügung stand. Das entspricht nicht der BGH-Rechtsprechung, die einen Unterschied macht zwischen dem unfallbedingten Aufschlag (§ 249 BGB) und dem stark überhöhten Unfallersatztarif (§ 254 BGB) und nur für letzteren verlangt - soll er vom Versicherer erstattet werden - dass der Geschädigte diesen Nachweis erbringt. Der Aufschlag dagegen wird im Rahmen der Erforderlichkeit behandelt, wofür einfacher Vortrag ausreichend ist, welche Leistungen des Vermieters dazu geführt haben und dass diese notwendig gewesen sind (z.B. keine Kaution durch Mieter). Den erstinstanzlichen 15-Prozent-Abzug für Eigenersparnis hat das Berufungsgericht auf 5 Prozent geändert, allerdings auf die Gesamtkosten bezogen. Auch das ist fragwürdig, da z.B. die Haftungsreduzierung dafür ungeeignet ist. Denn die Versicherung des Geschädigtenfahrzeuges ruht ja nicht, wenn der Wagen repariert wird.
Die neueste Ausgabe der Zeitschrift Mietwagenrecht§wi§§en 1-2019 enthält wieder wichtige und interessante Hinweise zu Themengebieten rund um das Mietwagenrecht. Neben drei Aufsätzen sind fünf Gerichtsurteile veröffentlicht. Schlagworte sind das Abtretungformular, Schwacke und Fraunhofer sowie die Direktvermittlung durch Haftpflichtversicherer.
Amtsgericht Stuttgart 42 C 4257/18 vom 12.03.2019
1. Die Schreiben der Beklagten an die Geschädigten bedeuten insbesondere im Licht der BGH-Rechtsprechung vom 12.02.2019 keine Verletzung der Schadenminderungspflicht aufgrund anderweitiger Anmietung eines Ersatzfahrzeuges.
2. Die Haftpflichtversicherung des Schädigers hat mit ihren Schreiben an die Geschädigten keine konkreten Angebote für Ersatzfahrzeuge unterbreitet.
3. Die Beklagte kann sich nicht mit Erfolg darauf berufen, dass ihr keine konkreten Informationen zum Anmietbedarf des Geschädogten zur Verfügung standen.
4. Geschädigte müssen sich nicht auf vermeintliche Ersatzangebote einlassen, deren Umfang nicht bestimmbar ist.
5. Die Beklagte hätte ein individualisierbares Fahrzeug inkl. Motorisierung, Ausstattung, Typ benennen müssen, das zur anzugebenden Zeit am anzugebenden Ort zur Verfügung gestanden hätte.
Zusammenfassung: Die Beklagte hat restlichen Schadenersatz zu leisten und dringt mit ihrer Auffassung nicht durch, dass die Geschädigten durch die Ersatzanmietungen gegen ihre Schadenminderungspflicht verstoßen hätten, da sie auf die Angebote des Haftpflichtversicherers nicht eingegangen sind. Der Mangel in Bezug auf die Konkretheit der Angebote besteht auch vor dem Licht der aktuellen BGH-Rechtsprechung zu § 254 BGB.
Bedeutung für die Praxis: Das Gericht sieht wegen der Entscheidung des BGH vom 12. Februar 2019 keine Verletzung der Schadenminderungspflicht der Geschädigten. Der Grund: Es sind gar keine konkreten annahmefähigen Angebote unterbreitet worden. Die Versicherung berief sich darauf, dass sie solche Angebote ja nicht machen könne, weil ihr hierfür die nötigen Informationen fehlten. Warum hieraus zu schlussfolgern sei, dass das zulasten des Geschädigten geht, obwohl die Beklagte die volle Beweislast trifft, hat sie nicht beantwortet. Das Vorgehen des Haftpflichtversicherers wird quasi als Pro-Forma-Angebot eingeschätzt und dazu ergangener Vortrag als ins Blaue hinein bewertet.
(nicht rechtskräftig, Berufung wurde eingelegt)
Der Bundesgerichtshof hat seine Rechtsprechung zur Schadenminderungspflicht des Geschädigten nach Erhalt eines vergleichbaren Angebotes durch den Haftpflichtversicherer untermauert.
Erhält der Geschädigte ein annahmefähiges Angebot eines mit dem Gegnerversicherer kooperierenden Autovermieters, muss er auf dieses Angebot reagieren und kann sich nicht am allgemeinen Markt zum Normaltarif bedienen, bzw. kann keine darüber hinausgehenden Forderungen durchsetzen.
Das Überraschende daran: Es spielt für den BGH - anders als bei den Reparaturkosten - keine Rolle, ob es sich dabei um Sonderkonditionen handelt, die der Geschädigte nur mit Hilfe des Versicherers erzielen kann. Der BGH begründet diese Differenzierung damit, dass es sich bei der Reparatur ebenso wie bei der Verwertung des totalbeschädigten Fahrzeugs (Stichwort: Restwert) um einen direkten Eingriff auf das Eigentum des Geschädigten handelt, die Anmietung eines Ersatzfahrzeugs hingegen außerhalb der Eigentumsfrage stattfindet.
Problematisch erscheint das Urteil vor allem vor dem Hintergrund der Frage, wie ein Geschädigter zwischen richtigen und falschen Hinweisen des Schädigerversicherers unterscheiden soll. Bekommt er ein nach den BGH-Vorgaben korrekten Hinweis mit einem relevanten und seinen Anforderungen entsprechenden Mietwagen-Angebot, muss er das beachten. Bekommt er im selben Zusammenhang Hinweise zur Reparatur und/oder zum Sachverständigen, Anwalt usw., sind diese sicherlich unerheblich und es wäre dann falsch, diese zu beachten. Bisher konnte man sich schlicht "keine Sonderkonditionen" merken.
Doch relevante und nicht relevante Verweise, die der Geschädigte nach einem Unfall in Zukunft vom Schädigerversicherer mündlich und schriftlich erhalten wird und aktuell bereits erhält, lassen sich nicht unterscheiden. Gegnerversicherer haben nun einen entscheidenden Ansatzpunkt, Geschädigte im gesamten Schadenregulierungsprozess zu verunsichern und in ihrem Sinne zu steuern und dadurch eine angemessene Schadenkompensation auf gesteuerte Leistungen und Preise zurückzufahren, die den Schadenaufwand insgesamt erheblich reduzieren können. Die Ersetzungsbefugnis des Geschädigten aus § 249 ist somit insgesamt erheblich in Gefahr.
Urteil BGH VI ZR 141/18 vom 12. Februar 2019
Leitsatz
BGB § 249 G, § 254 Dc
Ein Unfallgeschädigter kann aufgrund der ihn gemäß § 254 Abs. 2 Satz 1 BGB treffenden Schadensminderungspflicht auch dann gehalten sein, ein ihm vom Kfz-Haftpflichtversicherer vermitteltes günstigeres Mietwagenangebot in Anspruch zu nehmen, wenn dem günstigeren Angebot ein Sondertarif zugrunde liegt, der ihm ohne Mithilfe des Versicherers außerhalb eines Unfallersatzgeschäfts nicht zur Verfügung stünde (Fortführung Senatsurteil vom 26. April 2016 - VI ZR 563/15, NJW 2016, 2402 Rn. 9; Abgrenzung zu Senatsurteilen vom 28. April 2015 - VI ZR 267/14, NJW 2015, 2110 Rn. 10; vom 22. Juni 2010 - VI ZR 337/09, NJW 2010, 2725 Rn. 7 f.).
Wie mit dem BGH-Urteil umzugehen ist, dazu für Mitglieder mehr im internen Bereich der BAV-Internetseite.
Landgericht Gera 1 S 27/18 vom 06.02.2019
(Vorinstanz Amtsgericht Altenburg 5 C 171/16 vom 23.01.2018)
1. Aufgrund des Fahrbedarfs nach dem Unfall befand sich der Geschädigte in einer Eilsituation, weshalb ihm keine Erkundigungspflicht nach günstigeren Tarifen unterstellt werden kann.
2. Zu einem späteren Fahrzeugtausch ist der Geschädigte nicht angehalten, da ihm der Normaltarif nicht zugänglich gewesen ist.
3. Die Unzugänglichkeit zum Normaltarif ergibt sich bereits daraus, dass der Geschädigte ohne eine Kreditkarte die Anmietvoraussetzungen für ein Fahrzeug der Gruppe 8 nicht erfüllen konnte.
4. Der klägerseits vorgenommene Abzug für Eigenersparnis in Höhe 3 Prozent wird lediglich für den Fall bestätigt, dass mit dem Mietfahrzeug mehr als 1000 km gefahren werden.
Zusammenfassung: Das Landgericht Gera gibt der klägerischen Berufung vollumfänglich statt und spricht aufgrund einer Eilsituation den vereinbarten Mietpreis zu. Der Geschädigte musste das Fahrzeug auch nicht mit einem günstigeren Normaltarif-Fahrzeug tauschen, weil er die üblichen Anmietbedingungen ohne eine Kreditkarte nicht erfüllen konnte.
Bedeutung für die Praxis: Der Normaltarif eines Mietfahrzeuges ist von mehreren Bedingungen abhängig. Unter anderem hat der Mieter bei Buchung oder bei Abholung direkt zu bezahlen oder für eine Zahlung am Ende der Vermietung bereits am Anfang bzw. bei Buchung ein verlässliches elektronisches Zahlungsmittel wie ein oder zwei Kreditkarten einzusetzen. Verfügt er nicht über finanzielle Mittel zur Vorfinanzierung und/oder kann er eine Kaution nicht hinterlegen bzw. die Kreditkarten nicht einsetzen, kann er zum Normaltarif auch kein Fahrzeug erhalten. So auch hier. Daher war der Geschädigte nach Auffassung des Landgericht Gera berechtigt, ein teureres Fahrzeug anzumieten und den erhöhten Forderungsbetrag vom Gegnerversicherer zu erhalten. Der Abzug für Eigenersparnis wird davon abhängig gemacht, ob an dem Mietwagen mit mehr als 1000 Kilometern ein so merklicher Fahrzeugverschleiß verursacht wurde, dass für das eigene Fahrzeug ein spürbarer Vorteil gegengerechnet werden muss. Aus dem Urteil lässt sich weitergehend ableiten, dass auch ohne eine Eilsituation der Normaltarif für den Geschädigten nicht zugänglich gewesen ist und daher die klägerische Forderung auch ohne Eilbedürftigkeit erstattungsfähig gewesen wäre.
Landgericht Bochum I-5 S 79/18 vom 30.11.2018 (Datum der mündlichen Verhandlung)
(Vorinstanz AG Herne-Wanne 13 C 282/17 vom 25.05.2018)
1. Der erstinstanzlich als erforderlich ausgeurteilte Forderungsbetrag ist erstattungsfähig.
2. Dem Geschädigte war kein günstigerer Tarif zugänglich, da er nicht über eine Kreditkarte verfügte, die selbst nach dem Vortrag der Beklagte eine Anmietvoraussetzung für die von ihr aufgezeigten Angebote gewesen wäre.
3. Der Geschädigte wäre nach zugestandenem Vortrag in seiner Situation nach einem Unfall auch darüber hinaus nicht zur Vorfinanzierung der Mietwagenkosten imstande gewesen.
4. Mietwagenkosten im Rahmen der SchwackeListe gelten nicht als erheblich überteuert.
Zusammenfassung: Das Landgericht Bochum bestätigt in einem Berufungsverfahren die vom Erstgericht festgestellte Erstattungsfähigkeit restlicher Mietwagenkosten auf dem Niveau der SchwackeListe.
Bedeutung für die Praxis: Das Landgericht Bochum beurteilt die Erstattungsfähigkeit restlicher Mietwagenkosten regelmäßig anhand der Fraunhoferliste und verwies dazu anfangs unreflektiert auf OLG München. In dem hier zu diesem Urteil führenden Verfahren ergab sich für das Gericht nun ein Problem. Prozessual galt der Klägervortrag als zugestanden, dass der Geschädigte weder eine Kreditkarte besaß noch sonst wie zur Vorfinanzierung in der Lage gewesen ist. Damit konnte das Gericht nicht seinen gewohnten Weg gehen, denn die Werte der Fraunhoferliste und die Internetscreenshots der regelmäßig damit argumentierenden Haftpflichtversicherer sind gerichtsbekannt immer mit einschränkenden Bedingungen verbunden, wie unter anderem die Pflicht zur Vorfinanzierung und Kaution über eine Kreditkarte (oder manchmal ein anderes elektronisches Zahlungsmittel). So konnte die übliche Schätzung der erforderlichen Kosten mittels Fraunhofer hier nicht angewendet werden. Statt nun aufgrund Erkenntnisgewinns grundsätzlich zur SchwackeListe zu wechseln, windet sich das Gericht hin zu einem angeblichen Ausnahmefall: Der Kläger habe hier nun ausnahmsweise bewiesen (bzw. mangelnder Vortrag der Beklagte gilt als zugestanden), dass der Normaltarif nicht zugänglich gewesen sei und damit die Forderung ausnahmsweise zu erstatten ist. Zwar hat der Kläger seinen Schadenersatz in diesem Verfahren nun erhalten, doch zeigt sich grundsätzlich sehr klar einer der Fehler der Anwendung der Fraunhoferliste durch die Gerichte. Sie wenden die Internetliste an, obwohl die Bedingungen irreal sind. Denn es ist bei der Ersatzmobilität nach einem Unfall keine Ausnahme, sondern die Regel, dass ein Geschädigter die Bedingungen der Fraunhofer-Werte nicht erfüllen kann. Der Unfall ist in Zweifel gerade erst passiert oder zumindest noch nicht reguliert oder gar behoben. Die finanziellen Folgen für den Geschädigten und Mieter sind ihm unbekannt, während er ein Ersatzfahrzeug anmietet. Wann reguliert der Versicherer? Übernimmt er die vollen Kosten oder macht er Schwierigkeiten? Selbst mit gewissen Ersparnissen und der unrichtige Annahme, diese einsetzen zu müssen, um für den Schädiger zu sparen - wie es die Versicherer gern hätten -, ist die finanzielle Situation nicht einzuschätzen, denn er kennt die letztendlich entstehenden Kosten nicht, in denen die Mietwagenkosten auch nur einen Teil darstellen. Wenn also die voraussetzenden Bedingungen der Internetanmietung wie zum Beispiel die Vorfinanzierung nicht unterstellt werden können, ist Fraunhofer grundsätzlich nicht anwendbar und sind die Standard-Internetscreenshots für die Rechtsprechung und die Schadenregulierung ein untaugliches Argument der Versicherer.
Hier erhalten Sie die Liste der zuletzt verfügbaren Urteile zum Thema Autovermietung.
LG Görlitz |
2 S 113/18 |
28.12.2018 |
S+ |
AG Coburg Beschluss |
15 C 244/18 |
09.01.2019 |
Sonstiges |
AG Aichach |
101 C 696/18 |
28.12.2018 |
Mittelwert |
AG Wiesloch |
1 C 48/18 |
07.12.2018 |
Mittelwert |
AG Stuttgart |
41 C 4343/18 |
10.12.2018 |
S+ |
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weiterlesen...Amtsgericht Schwandorf 1 C 502/18 vom 20.09.2018
1. Welcher Schadenersatzbetrag bzgl. Mietwagenkosten erforderlich ist, lässt sich anhand der SchwackeListe-Automietpreisspiegel bestimmen.
2. Der Geschädigte ist nicht verpflichtet, für den günstigsten Preis Marktforschung zu betreiben.
3. Die Argumente der Beklagten bezüglich Fraunhofer und günstigerer Internetbeispiele erzeugen keine konkreten Zweifel an der Anwendbarkeit der SchwackeListe.
4. Auch bei einer Nutzung von lediglich 13 km pro Tag kann ein ausreichender Fahrbedarf mit einem Ersatzmietwagen vorhanden sein.
5. Das Verlangen auch der Nebenkosten für die Haftungsreduzierung auf eine Selbstbeteiligung unter 500 Euro ist schadenrechtlich nicht zu beanstanden.
6. Eine Verletzung der Erkundigungspflicht des Mieters könnte nur vorliegen, wenn über dem Normaltarif angemietet worden wäre.
Zusammenfassung: In dem vom Landgericht Amberg bestätigten Urteil des Amtsgerichts Schwandorf werden erforderliche Mietwagenkosten mit der SchwackeListe geschätzt und die Vorzugswürdigkeit der Fraunhoferliste abgelehnt. Die vom Haftpflichtversicherer vorgelegten Internetscreenshots günstigerer Angebote stellen keinen ausreichend konkreten Sachvortrag dar, zur Schätzung stattdessen auf die Werte der Fraunhoferliste zurückzugreifen. Der Geschädigte muss auch keine Marktforschung betreiben. 13 km täglicher Nutzung können für einen Mietbedarf ausreichend sein.
Bedeutung für die Praxis: Die Berufung der Beklagten gegen das erstinstanzliche Urteil wurde per Beschluss des Landgerichts in Amberg (Az. 12 S 916/18 vom 04.01.2019) zurückgewiesen und die Beklagte und Berufungsklägerin nahm sodann diese Berufung zurück.
Landgericht Berlin 42 S 91/18 vom 12.02.2019
(Vorinstanz AG Berlin-Mitte 102 C 3248/17 vom 10.07.2018)
1. Die Schätzung erforderlicher Mietwagenkosten erfolgt anhand der SchwackeListe-Automietpreisspiegel.
2. Der Reduzierung des Anspruches auf den vom Amtsgericht verwendeten Online-Sonderpreis des Klägers tritt das Berufungsgericht wegen nicht vergleichbarer Bedingungen entgegen.
3. Der beklagtenseits angeführte Hinweis auf die FraunhoferListe begründet keine konkreten Zweifel an der SchwackeListe.
4. Die Beklagte führt auch sonst keine diesbezüglich geeigneten konkreten Tatsachen an.
5. Kosten erforderlicher Nebenleistungen für Haftungsreduzierung, Zustellung, Abholung und Navigation sind erstattungsfähig.
6. Ein unfallbedingter Aufschlag auf den Normaltarif wird nicht zugesprochen.
Zusammenfassung: Die Kammer des Landgerichts Berlin ist weiterhin von der Anwendbarkeit der SchwackeListe überzeugt. Übliche Nebenkosten kommen zum Grundpreis ergänzend hinzu. Ein unfallbedingter Aufschlag wird jedoch nicht zugesprochen.
Bedeutung für die Praxis: Das Gericht weist die Auffassung der Vorinstanz zurück, die auf niedrigere Werte der Klägerin auf ihrer eigenen Internetseite abgestellt hatte. Die Grundlage dieser Korrektur ist, dass sich die Berufungskammer genau ansieht, welche Bedingungen diesen günstigeren Angeboten zugrunde gelegen haben. Diese stimmten in entscheidenden Punkten nicht mit den Bedürfnissen des Unfallgeschädigten überein. Daher war der aus abgetretenem Recht vorgehende Kläger nicht auf seine eigenen Online-Werte zu verweisen. Im Listenstreit zur Frage der erforderlichen Kosten wird die Anwendbarkeit der Fraunhoferliste klar abgelehnt. In der Diskussion des unfallbedingten Aufschlages sieht die Kammer jedoch den Unfallersatztarif. Richtig wäre es - so sieht es auch der BGH - diese Frage ebenso im Rahmen der Erforderlichkeit nach § 249 und nicht nach § 254 BGB (ausnahmsweise nichts Günstigeres als der Unfallersatztarif zugänglich) zu betrachten.
Amtsgericht Speyer 31 C 16/18 vom 19.10.2018
1. Die Schätzung objektiv erforderlicher Mietwagenkosten nach § 249 BGB kann anhand der SchwackeListe Automietpreisspiegel erfolgen.
2. Der Behauptung zu Mängeln der Schätzgrundlage ist nicht nachzugehen, da von der Beklagten keine fallbezogenen Tatsachen aufgezeigt wurden.
3. Vorgelegte Internetangebote sind kein konkreter Sachvortrag, wenn sie eine Zeit ein Jahr nach der Anmietung betreffen und nicht die vollständige Leistung enthalten.
4. Internetangebote entstammen Systemen, die auslastungsabhängige Preise offerieren und bedingen zudem eine feste Mietdauer, auch daher können sie den konkreten Fall nicht betreffen.
5. Kosten der Nebenleistungen einer Haftungsreduzierung sind erstattungsfähig, da der Geschädigte für einen eventuellen Schaden am Mietwagen sofort bei Mietende aufkommen müsste.
6. Der Einwand der überlangen Mietdauer ist der Beklagten abgeschnitten, da sie vorgerichtlich auf die tatsächliche Mietdauer bezogen reguliert hatte.
Zusammenfassung: Das Amtsgericht Speyer wendet die SchwackeListe an und lehnt die von der Beklagten behauptete Vorzugswürdigkeit der FraunhoferListe ab. Das Gericht kommt zu dem Schluss, dass die üblichen Internetangebote nicht geeignet sind, nachzuweisen, dass die Möglichkeit einer günstigeren Anmietung vor Ort und im Anmietzeitraum bestanden hätte.
Bedeutung für die Praxis: Das Gericht geht in der Frage der Erstattungsfähigkeit von Mietwagenkosten einen geraden Weg. Da die Einwände der Beklagten unkonkret sind, sind sie nicht zu prüfen und daher ist die Anwendbarkeit der vorzugswürdigen Schätzgrundlage nicht erschüttert. Zur Aussagekraft der Internetscreenshots werden mustergültig die Gegenargumente abgearbeitet: unvollständig, viel späterer Zeitpunkt, Preisschwankungen im Internet, falscher Anmietort sowie andere Bedingungen wie feststehendes Mietende. Letztlich ist der Vortrag der Beklagten deshalb ungeeignet, weil sie das behauptete Vorliegen günstigerer erreichbarer Angebote für den Geschädigten nicht belegen kann.
Amtsgericht Oldenburg in Holstein 31 C 124/17 vom 08.12.2018
1. Kein Verstoß gegen die Schadenminderungspflicht, da eine Mitteilung der Beklagten an den Geschädigten zur Berechtigung von 37 Euro Nutzungsausfall bzw. 38 Euro Mietwagenkosten kein annahmefähiges Angebot darstellt.
2. Ein solcher Verstoß gegen die Schadenminderungspflicht würde voraussetzen, dass ein konkretes Mietwagenangebot abgegeben worden wäre, das lediglich noch (ohne Weiteres) angenommen werden müsste.
3. Zur Schätzung der erforderlichen Kosten nach § 249 BGB wird auf den Mittelwert nach "Fracke" zurückgegriffen.
4. Auf diesen Grundtarif ist ein Aufschlag wegen unfallbedingter Mehrleistungen gerechtfertigt, da der Mietzins gestundet und auf eine Sicherheitsleistung verzichtet wurden.
5. Die Kosten erforderlicher Nebenleistungen für eine Haftungsreduzierung und das Zustellen / Abholen des Fahrzeuges sind zu erstatten.
Zusammenfassung: Die Auffassung der Beklagten ist zurückzuweisen, der Geschädigte hätte wegen eines Verstoßes gegen seine Schadenminderungspflicht nach § 254 BGB keinen weiteren Schadenersatzanspruch, weil sie ihm diesbezügliche Mietwagenhinweise mit einem zu erstattenden Mietpreis zugesandt habe. Die notwendige Voraussetzung wäre dafür jedoch, dass die Beklagte ein konkretes, günstigeres und vergleichbares Angebot zu einem Ersatzfahrzeug benennt. Die Schätzung des Normaltarifes erfolgte anhand des Mischmodells aus Schwacke und Fraunhofer. Für unfallbedingte Mehrleistungen sah das Gericht einen Aufschlag als begründet an.
Bedeutung für die Praxis: Das Amtsgericht in Oldenburg sieht in allgemeinen Hinweisschreiben der Beklagten keine Begründung dafür, dem Geschädigten einen Verstoß gegen § 254 BGB anzulasten. Für eine solche Annahme müsste der Gegnerversicherer sehr viel ausführlicher ein konkretes Mietwagenangebot einholen und an den Geschädigten kommunizieren. Neben dem konkreten Fahrzeug müsste das auch die sonstigen konkreten Leistungen des Vermieters umfassen, wie Haftungsreduzierung auf eine niedrige Selbstbeteiligung etwa oder ggf. die Bereitstellung an einem konkreten Ort des Mobilitätsbedarfes. Wenn der Geschädigte aber wie hier selbst den Kontakt zu anderen Vermietern suchen und Fahrzeug und Konditionen erfragen muss, liegt kein konkretes Angebot vor, das ihn an diesen Vermieter binden könnte. Auf den Grundpreis ist ein unfallbedingter Aufschlag erfolgt mit der - von immer mehr Gerichten akzeptierten - Begründung der Vorfinanzierung und des Kautionsverzichts durch den Vermieter.
Wie bereits gemeldet, hat Fraunhofer den Mietwagenspiegel 2018 veröffentlicht. Zwei Aspekte sind auffällig und lassen neue Zweifel aufkommen, ob sie wissen, was sie da tun.
Zum einen enthält die Interneterhebung auf den Seiten 83 bis 106 in keiner der Vielzahl der Tabellen mehr einen Wert für die Mietwagengruppe 1.
Eine Erklärung liefert Fraunhofer dazu nicht ab, zumindest wurde bisher keine gefunden. Doch lassen sich den Internetportalen solche Fahrzeuge auch derzeit kurz nach der Veröffentlichung der Liste entnehmen. Es liegen auch Beispiele für die Fahrzeuggruppe 1 aus der Zeit der Datenerhebung in 2018 vor. Daraus ergibt sich die Frage, wie es dazu kommen konnte. Da kann man nur spekulieren. Ein Blick zurück ergibt, dass Fraunhofer schon immer Probleme mit der Fahrzeugeingruppierung hatte und weiterhin hat. Durchschnittspreise der Gruppe 1 waren regelmäßig höher als die der Gruppe 2. Die Praxis widerlegt das eindeutig. Zu vermuten ist, dass man Fahrzeuge der Gruppe 1 nicht als solche wahrnimmt, sie stattdessen in Gruppe 2 oder 3 einsortiert und die Werte dort den Durchschnittspreis drücken. Dieses Problem haben wir schon häufiger beschrieben und veröffentlicht. Das trifft ebenso auf andere Fahrzeuggruppen zu und erzeugt auch hier in der Ausgabe 2018 wieder das Phänomen, dass höhere Mietwagengruppen niedrigere Preise haben sollen als kleinere Fahrzeuge.
Beispiele:
PLZ 81, 56 und 47 ... Woche Gruppe 4;
PLZ 06 und 15 Woche Gruppe 3;
...
Es handelt sich um ein völlig absurdes Ergebnis, wohl ausgelöst durch verschiedene methodische Festlegungen von Fraunhofer, wie die Umsortierungen von Acriss-Codes in Schwacke-Klassen.
Der andere Aspekt sind Preisveränderungen zum Vorjahr. Versicherer haben Schwacke ab 2006 mit der Behauptung diskreditiert, es wären unerklärbare Preissteigerungen festzustellen. Gerichte sind darauf hereingefallen, obwohl es sich dabei um den Modus handelte, der als "häufigster genannter Wert" einer Statistik zufällig hoch oder niedrig sein kann, ohne dass sich der rechnerische Mittelwert verändert. 20%ige Preisveränderungen reichten Gerichten, um von Ungereimtheiten auszugehen und Schwacke zu verwerfen.
Schaut man sich die Fraunhofer Liste 2018 an, sollten dieselben Gerichte nun von Fraunhofer und damit auch Fracke Abstand nehmen. Denn die Veränderungen in rechnerischen Mittelwerten sind exorbitant.
Beispiele:
- PLZ 34 Preis für 1 Tag Gruppe 2, 2017 = 45 Euro im Schnitt, 2018 = 79,35 Euro
-> Preissteigerung um 76 %
- PLZ 49 Preis für 1 Woche Gruppe 2, 2017 = 130,57 Euro im Schnitt, 2018 = 182,17 Euro
-> Preissteigerung um 40 %
- PLZ 70 Preis für 1 Woche Gruppe 3, 2017 = 145,87 Euro im Schnitt, 2018 = 203,29 Euro
-> Preissteigerung um 40 %
- PLZ 77 Preis für 3 Tage Gruppe 2, 2017 = 98,45 Euro im Schnitt, 2018 = 138,01 Euro
-> Preissteigerung um 41 %
- PLZ 78 Preis für 1 Woche Gruppe 10, 2017 = 648,11 Euro im Schnitt, 2018 = 909,01 Euro
-> Preissteigerung um 40 %
-PLZ 88 Preis für 1 Woche Gruppe 10, 2017 = 559,17 Euro im Schnitt, 2018 = 1.299 Euro
-> Preissteigerung um 132 %
Der Eindruck durchgängiger Preissteigerungen täuscht. Das Ganze geht einher mit Preissenkungen. Es scheint vieles einmal durchgewürfelt.
An der Stelle geht es lediglich um die Methode und die Anwendbarkeit der Liste. Welche Liste ist nun in Zweifel zu ziehen, die aus 2017 oder aus 2018 oder beide? Wohl eher beide, denn eine der Ursachen zieht sich seit 2008 durch alle Listen: Die Zuordnung der Fahrzeuge in die Mietwagengruppen.
Landgericht Köln 11 S 8/18 vom 15.01.2019
(Vorinstanz Amtsgericht Köln 270 C 148/17 vom 07.12.2017)
1. Ein Verstoß der Geschädigten gegen ihre Schadenminderungspflicht ist nicht festzustellen.
2. Mit den von der Beklagten versendeten Verweisungsschreiben und mit ihren Anrufen werden keine konkreten Ersatzwagenangebote abgegeben, die zumutbar und annahmefähig wären.
3. Die erstattungsfähigen Mietwagenkosten werden daher im Rahmen der Erforderlichkeit nach § 249 BGB beurteilt und der Normaltarif des Marktpreise mittels der SchwackeListe geschätzt.
4. Die Anwendbarkeit der SchwackeListe bedarf nur dann der Klärung, wenn mit konkreten Tatsachen aufgezeigt wird, dass sich geltend gemachte Mängel erheblich auf den zu entscheidenden Fall auswirken.
5. Mittels der von der Beklagten vorgelegten Internetbeispiele hat sie keinen solchen hinlänglich konkreten Sachvortrag gehalten, da sich diese Beispiele nicht auf vergleichbare Bedingungen beziehen.
Zusammenfassung: Das Berufungsgericht stimmt nicht mit der Haftpflichtversicherung darin überein, dass die Geschädigten aufgrund ihrer Schadenminderungspflicht nur bei den von ihr benannten Unternehmen und zu den von der Beklagten vorgegebenen Preisen hätten anmieten dürfen. Die Hinweise des Versicherer enthielten keine konkreten Angebote, die annahmefähig gewesen wären. Daher schätzte das Berufungsgericht die schadenersatzrechtlich erforderlichen Mietwagenkosten mittels Schwacke und wies die Berufung der Beklagten vollständig ab.
Bedeutung für die Praxis: Das Landgericht Köln ist grundlegend der Auffassung, dass konkrete Angebote der Beklagten, in denen klar dargestellt und bewiesen ist, welches Fahrzeug mit welchen vergleichbaren Leistungen zu welchem Preis wo zu bekommen ist, den Geschädigten binden. Doch sofern es sich nicht um ein konkretes Angebot handelt, liege die Sache anders und wird der Schadenersatz im Rahmen der Erforderlichkeit beurteilt. Die SchwackeListe ist dann die geeignete Schätzgrundlage.
Mit einiger Verspätung ist nun die Ausgabe 2018 der Fraunhofer-Liste erschienen.
Ein erster Blick zeigt folgendes:
1. Die (für manche Gerichte) relevanten Werte der Interneterhebung sind beim Wochenpreis zwischen 5 und 10 Prozent gestiegen, hier und da auch noch stärker.
2. Eine Ausnahme bildet die Gruppe 4. Die Ursache liegt aber in 2017, dort war der Wert nicht erklärbar im Vergleich zu den Gruppen 2, 3, 5 und 6.
3. Man hat Fahrzeuge der Gruppe 1 nicht mehr ausgewiesen. Das überrascht vor allem deshalb:
- weil man das bisher getan hatte,
- man bei der Interneterhebung und der Methode der Weiterverarbeitung von Acriss-Tabellen bisher aus M-(Mini)-Klassen auch behauptete, in der Lage zu sein, Fahrzeuge in Klage 1 zu klassifizieren,
- tatsächlich auch Anfang 2019 Internetanbieter Fahrzeuge der Klasse 1 anbieten, so z.B. Europcar den VW Up. Es ergibt sich daher die nächste Ungereimtheit der Fraunhofer-Methode, die nach 10 Jahren noch immer nicht hinlänglich offenbart wurde.
Urteilsliste November und Dezember 2018
LG Stuttgart |
5 S 20/18 |
15.11.2018 |
Sonstiges / Verjährung |
LG Koblenz -Beschluss- |
5 S 45/17 |
05.11.2018 |
S+ / F- / DV- |
AG Siegburg |
115 C 74/18 |
15.11.2018 |
Mittelwert |
AG Hannover |
428 C 6438/18 |
19.11.2018 |
Mittelwert |
AG Stuttgart-Bad Cannstatt |
5 C 1669/18 |
13.11.2018 |
S+ / F- |
Landgericht Münster 03 S 40/18 vom 20.12.2018
(Vorinstanz Amtsgericht Münster 28 C 2288/17 vom 10.04.2018)
1. Die Schätzung erstattungsfähiger Mietwagenkosten nach einem Unfall erfolgt anhand der Fracke-Methode durch Bildung des Mittelwertes der Listen Schwacke und Fraunhofer.
2. Werden Standardmietpreis-Listen anderer Anbieter zur Abbildung der tatsächlichen Marktsituation vorgelegt, müssen diese eine regionale und zeitliche Gültigkeit erkennen lassen.
3. Die beklagtenseits vorgelegten günstigeren Internetbeispiele sind zur Erschütterung des Mischmodells nicht ausreichend.
4. Die Frage, ob der Geschädigte die Anmietvoraussetzungen der Fraunhofer-Werte überhaupt erfüllen konnte, spielt im Rahmen der Erforderlichkeit keine Rolle.
5. Die DAT-Liste ist auch nur eine weitere Grundlage im Rahmen des tatrichterlichen Ermessens und begründet daher keine Zweifel an der Bildung des Mittelwertes Fracke.
6. Es ist keine Herabstufung der Mietwagengruppe vorzunehmen, wenn das Geschädigtenfahrzeug mehr als 100.000 km Laufleistung aufweist.
7. Kosten der Nebenleistungen Haftungsreduzierung, Winterreifen und Zustellen/Abholen sind erstattungsfähig.
Zusammenfassung: Das Berufungsgericht in Münster wendet in ständiger Rechtsprechung den Mittelwert der Listen (Fracke) an. Die Versuche beider Parteien scheiterten, das Gericht von Fraunhofer bzw. Schwacke zu überzeugen. Auch der Hinweis auf die DAT-Liste überzeugte das Gericht diesbezüglich nicht. Nebenkosten werden zugesprochen und der Eigenersparnis-Abzug mit 10 % bemessen.
Bedeutung für die Praxis: Das Landgericht Münster beharrt auf dem Mischmodell. Einerseits werden die Internet-Beispiele der Beklagten als unzureichend verworfen. Das Gericht sieht in der mangelnden Aussagekraft der Internet-Screenshots in Bezug auf den konkreten Anmietfall keinen hinreichend konkreten Sachvortrag. Hier liegt die Kammer auf der Linie fast aller Gerichte, siehe der Hinweis auf OLG Köln Seite 4 unten (MRW 2-17, Seite 27, Urteil vom 10.11.2016, Az. 15 U 59/16: Vorbuchungsfrist nicht erkennbar; Notwendigkeit, als Mieter eine Kaution zu hinterlegen; vorzufinanzieren sowie die konkrete Angabe des Rückgabezeitpunktes ...).
Doch überträgt das Gericht diese Ablehnung andererseits auch auf die Argumentation der Klägerin, die mit denselben Argumenten - nur aus ihrer Richtung und damit anders herum zielend - gegen die Anwendung der Fraunhofer-Werte und damit auch des Mischmodells vorträgt, was ebenso abgelehnt wird. Beispielweise die Frage der speziellen Anmietvoraussetzungen der Erhebungsergebnisse aus der Fraunhofer Liste (wie die Vorreservierungsfrist oder die Notwendigkeit, als Mieter eine Kaution zu hinterlegen sowie die konkrete Bemessung der Mietzeit) werden vom Gericht einmal so herum und einmal andersherum eingesetzt. Obwohl es mit eben diesen Argumenten selbst den Angriff der Beklagten auf das Mischmodell abgelehnt hatte, werden die Argumente in der Hand der Klägerin zum Bumerang.
Das ist wenig überzeugend. Denn wenn man die Fraunhofer-Erhebung neben die Methode der Internet-Screenshots legt, erkennt man ohne Weiteres, dass es sich um dieselbe Vorgehensweise handelt (wie es zum Beispiel das OLG Celle mehrfach ausformulierte).
Die Ergebnisse der DAT-Liste werden ebenso zurückgewiesen. Zur Begründung wird angeführt, dass Gerichte mit Zu- und Abschlägen korrigieren könnten. Damit bleibt unberücksichtigt, dass laut dieser dritten Liste im regionalen Markt zum Anmietzeitpunkt höhere Marktpreise herrschten, als sich nach dem Mischmodell ergeben.
Landgericht Frankfurt/M. 2-01 S 152/18 vom 21.12.2018
(Vorinstanz Amtsgericht Frankfurt/M. 32 C 3236/17 vom 28.05.2018)
1. Die erstinstanzliche Schätzung anhand Fraunhofer wurde aufgehoben, das Mischmodell Fracke angewendet und die Restforderung hierdurch vollständig zugesprochen.
2. Eine Anwendung lediglich einer der Schätzgrundlagen ist nicht vorzugswürdig, da gegen beide begründete Zweifel bestehen.
3. Zur Bestimmung des Vergleichsbetrages wird der Gesamtzeitraum in Wochenpauschalen, 3-Tages-Pauschalen und Tagespreis unterteilt.
4. Ein Abzug wegen ersparter Eigenkosten ist in Höhe von 10 % anzusetzen, wenn klassengleich vermietet wurde.
5. Tatsächlich erforderliche und angefallene Kosten von Nebenleistungen werden hinzugerechnet und sind nach der SchwackeListe zu bemessen.
Zusammenfassung: Das Landgericht Frankfurt am Main wendet zur Schätzung erstattungsfähiger Mietwagenkosten nach Unfällen zukünftig das Mischmodell Fracke an. Der Eigenersparnisabzug ist mit 10 % zu bemessen. Nebenkosten für Haftungsreduzierung, Zustellen/Abholen und 24h-Dienst sind zusätzlich zu erstatten.
Bedeutung für die Praxis: Einige hessische Landgerichte wie auch in Frankfurt haben sich auf die Anwendung des Mischmodells Fracke geeinigt. Darauf gilt es sich einzustellen (oder wenn, dann mit konkreten Argumenten gegen die Richtigkeit der FraunhoferListe und damit auch gegen die Anwendbarkeit des Mittelwertes vorzutragen). Zumindest die Versicherer werden weiterhin lediglich Fraunhofer-Werte akzeptieren und den Kompromiss der Listenwerte (Fracke) weiterhin auch gerichtlich angreifen. Zunächst: Mit der Mittelwertlinie können die Gerichte daher keine Befriedung erreichen. Und auch die Begründung einer Abkehr von der alleinigen Anwendung der SchwackeListe verwundert sehr. Die im Urteil geäußerten Zweifel an Schwacke sind die üblichen unbewiesenen Behauptungen aus der Versicherungs-Ecke und abgeschrieben aus Fraunhofer-Urteilen (OLG Düsseldorf). Weder hat das Gericht eigene Erkenntnisse oder konkrete fallbezogene Sachverständigen-Aussagen herangezogen, die die allgemeinen Behauptungen in der Urteilsbegründung untermauen könnten. Ein Beispiel sind die nach der Schwacke-Methode (siehe Schwacke-Vorwort) zusammengetragenen Preislisten im Zusammenhang mit einer sich ständig ändernden Angebots- und Nachfragesituation. Letztere gibt es, aber nicht nur mit niedrigen, sondern auch mit hohen Preisen. Daher spricht das Argument, dass sich Preise flexibel der Marktsituation anpassen, eher gegen Fraunhofer als gegen Schwacke, da Fraunhofer lediglich extrem niedrige Preise enthält. Auch wenn Preise nicht starr sind, haben die Unternehmen Standardpreise, rund um die sich Preisschwankungen festmachen lassen und daher kann es auch eine Liste wie Schwacke geben, in der diese Standardwerte korrekt darstellt sind. Die Kritik an Schwacke trägt das Urteil daher nicht.
Das Gericht beachtet mit dem Mischmodell auch Fraunhofer und begründet das mit der "wachsenden Bedeutung des Internets" (Zitat Seite 8 oben). Auch dieses Argument geht völlig in die falsche Richtung. Einerseits sind in den Schwacke-Werten Internet-Preisangaben enthalten, das steht schon seit Jahren im offiziellen Vorwort der SchwackeListe (also ein Irrtum des Gerichtes, Zitat: "Erhebung von Preisen ohne Einbeziehung des Internets, wie sie die Schwacke-Erhebung durchführt, ..."). Aber noch viel wichtiger: Die Bedeutung des Internets an sich ist in der Mietwagendiskussion in keiner Weise in Frage gestellt, sondern die konkreten Mietbedingungen der Angebote im Internet auf den einschlägigen Internetseiten der bundesweiten Anbieter. Es ist einfach ein Fakt, dass die dortigen Fahrzeuge nur zu bekommen sind, wenn ich als Mieter in Vorkasse gehe, eine Kaution hinterlege oder es keine Rolle spielt, welches Fahrzeug ich konkret bekomme (Mietwagengruppe nicht bestimmbar), ich den Rückgabezeitpunkt sehr genau angeben kann und ich auf Zusatzleistungen verzichte, da manche übliche Zusatzleistungen hierüber gar nicht zu bekommen sind bzw. der diskutierte Preis kein Gesamtpreis ist, der alles konkret Erforderliche enthält.
Lediglich ergänzend kann man diskutieren, ob es einem Geschädigten, der als in Bezug auf seine persönlichen Daten aufgeklärter Mensch im Internet möglichst wenige Spuren hinterlässt, durch das Schadenrecht im Interesse des Schädigers gezwungen werden kann, mit seiner Kreditkarte auf einer Internetseite eine Fahrzeugreservierung anzufragen. In diesem lediglich ergänzenden Punkt kann ein Gericht der Auffassung sein, dass die Gewohnheiten und die Aufgeklärtheit des Geschädigten nicht von Bedeutung sind, weil dem Internet allgemein "eine immer höhere Bedeutung zukommt". In Ordnung finden muss man das aber nicht.
Landgericht Berlin 50 S 62/18 vom 06.12.2018
(Vorinstanz Amtsgericht Berlin Mitte 101 C 3065/17 vom 06.04.2018)
1. Es besteht keine generelle Pflicht zur Einholung von Vergleichsangeboten für Ersatzmietfahrzeuge.
2. Die Bezeichnung eines Tarifes als Normaltarif oder Unfallersatztarif ist nicht relevant, sondern ob der Tarif in Bezug auf seine Höhe als Normaltarif gelten kann.
3. Die Höhe des Normaltarifes kann anhand des arithmetischen Mittels der SchwackeListe und des Fraunhofer-Preisspiegels geschätzt werden.
4. Es obliegt dem Schädiger, zu beweisen, dass dem Geschädigten ein anderes Angebot zu einem günstigeren Tarif ohne weitere zumutbar und zugänglich gewesen ist.
5. Die von der Beklagten vorgelegten Internetangebote können eine solche Behauptung nicht beweisen, da es sich nur um ein Reservierungsangebot handelt, Verfügbarkeit und Mietbedingungen unklar sind, sie aus einer Zeit zwei Jahre nach dem Unfall stammen und sie zudem mit den konkreten Leistungen der Klägerin nicht vergleichbar sind.
6. Der Einwand gegen die Anmietdauer von 15 Tagen ist materiell-rechtlich unbeachtlich, da die Beklagte durch Teilregulierung die Erforderlichkeit für diesen Zeitraum durch schlüssiges Verhalten anerkannt hatte.
Zusammenfassung: Das Berufungsgericht hebt eine vollständig klageabweisende Entscheidung des AG Mitte auf. Das Amtsgericht hat nach dem Prinzip "Alles oder Nichts" gemeint, weil die Kläger nicht dargestellt haben, mit welchen Ergebnissen sich der Geschädigte erkundigt habe und der klägerische Vortrag auch den erforderlichen Schadenersatz nicht korrekt darstelle, sei kein weiterer Anspruch zuzusprechen. Das Landgericht Berlin schätzt die erforderlichen Mietwagenkosten mit dem Mischmodell.
Bedeutung für die Praxis: Die Auffassung des Amtsgerichts, dem Geschädigten sei weiterer Schadenersatz nicht zuzusprechen, weil er sich nicht nach Mietwagenangeboten erkundigt habe und daher ein Verstoß gegen die Schadenminderungspflicht vorliege, wird in eindeutiger Weise korrigiert. Eine Erkundigungspflicht besteht nur in besonderen Fällen. Auch das vom Erstgericht diesbezüglich angewandte Prinzip "Alles oder Nichts" wird verworfen. Richtig ist: Eine Erkundigung ist Pflicht bei deutlicher Preisüberhöhung, aber nur dann. Der BGH spricht von "mehrfach überhöht". Auch die Äußerung des Erstgerichtes, das erforderliche Maß könne anhand des Klägervortrages nicht festgestellt werden, wird verworfen. Das Berufungsgericht wertet zudem die Vorlage konkreter Internetscreenshots durch die Beklagte als einen Vorwurf der Verletzung der Schadenminderungspflicht (§ 254 BGB) und nicht als einen Versuch des Angriffes auf die Anwendung einer Schätzmethode (§ 249 BGB). Und als solcher wird der Versuch zurückgewiesen, da damit kein Beweis geführt sei, dass dem Geschädigten zum Anmietzeitpunkt eine vergleichbare Leistung weit günstiger verfügbar gewesen ist.
Die aktuelle Ausgabe der Mietwagenrechtswissen MRW ist auf dem Weg zu den Empfängern. Hier sehen Sie das Titelblatt mit den Inhaltsangaben.
Landgericht Stuttgart 5 S 20/18 vom 20.11.2018
(Vorinstanz Amtsgericht Stuttgart 45 C 5974/16 vom 12.01.2018)
1. Die Abtretung der Forderungen erfolgte erfüllungshalber, weshalb die jeweilige Forderung gegen den Mieter bis zum Ende einer anderweitigen Befriedigung gestundet ist. Daher sind Mietzinsansprüche nicht verjährt und die Klägerin in allen Fällen aktivlegitimiert.
2. Egal ob Stundung oder pactum de non petendo - die Folge ist jeweils ein Leistungsverweigerungsrecht des Geschädigten und damit eine Hemmung der Verjährung.
3. Daher kann es dahinstehen, ob die Geschädigten aufgrund der Schadenminderungspflicht gehalten gewesen wären, den Einwand der Verjährung zu erheben.
Zusammenfassung: Lässt sich der Autovermieter die Forderung des Geschädigten "erfüllungshalber" abtreten und klagt erst viel später aus der Abtretung gegen den Schädiger, kann dieser nicht einwenden, die Mietzinsforderung sei verjährt und damit mangels weiter bestehendem Schaden auch keine Aktivlegitimation mehr gegeben.
Bedeutung für die Praxis: Durch ein Urteil des OLG Stuttgart wurde (bei einer Sicherungsabtretung) vor einiger Zeit ein Fass geöffnet, das den Versicherern auf den ersten Blick die Möglichkeit bot, Schadenersatzprozesse zu torpedieren. Der (vermeintliche) Angriffspunkt lag in der Frage, ob der Vermieter den Mietzinsanspruch überhaupt noch beim Mieter durchsetzen könnte oder ob dieser verjährt sei. In mehreren Verfahren hatte die 5. Kammer des Landgerichtes zur Frage der Verjährung zu entscheiden. Die Position des Gerichtes ist eindeutig: Jedenfalls eine "Abtretung erfüllungshalber" (im Unterschied zur Sicherungsabtretung) führt auch nach Jahren nicht zu einem Verjährungsproblem. Auf die Frage, worin der Schaden eigentlich liegt, der abgetreten worden ist, musste das Gericht nicht eingehen. Bereits dieser Punkt wäre geeignet gewesen, die Beklagtenauffassung zurückzuweisen, da der abgetretene Schadenersatzanspruch auf Erstattung der Kosten von Ersatzmobilität im Augenblick des Unfalls entsteht und sich in der Mietwagenabrechnung lediglich konkretisiert.
Landgericht Koblenz 5 S 45/17 vom 05.11.2018 (Beschluss)
(Vorinstanz Amtsgericht Bad Neuenahr-Ahrweiler 31 C 195/17 vom 08.09.2017)
1. Die vom Amtsgericht vorgenommene Schätzung des Normaltarifes anhand der SchwackeListe ist nicht zu beanstanden.
2. Deren Eignung bedurfte keiner Klärung, da die Beklagte keinen konkreten Sachvortrag gehalten hat, sondern lediglich pauschale Behauptungen aufstellte.
3. Der unfallbedingte Aufschlag auf den Normaltarif in Höhe von 20 Prozent begegnet keinen Bedenken.
4. Es liegt kein Verstoß gegen die Schadenminderungspflicht des Geschädigten vor, da die Beklagte kein konkretes Angebot unterbreitet hat.
Zusammenfassung: Das Berufungsgericht bestätigt seine ständige Rechtsprechung in Bezug auf die Anwendung der Schätzgrundlage nach § 287 ZPO. Schwacke wird bestätigt, Fraunhofer dagegen nicht angewendet. Ein unfallbedingter Aufschlag auf den Normaltarif und Kosten von erforderlichen Nebenleistungen kommen hinzu. Es wurde der Vorwurf des Versicherers zurückgewiesen, der Geschädigte hätte sich ein günstigeres Ersatzfahrzeug nehmen müssen, weil er von ihm über solche Angebote informiert worden sei. Die Beklagte hatte lediglich auf ihre Serviceangebote hingewiesen, aber kein konkretes und annahmefähiges Angebot unterbreitet. Weder ein konkreter Mietwagenanbieter noch Vertragskonditionen und Preis wurden benannt. Das reichte dem Gericht nicht aus.
Bedeutung für die Praxis: Von großer Bedeutung sind Entscheidungen von Landgerichten in Bezug auf die Versuche der Versicherer, ihre Direktvermittlungs-Bemühungen als unzureichend zurückzuweisen. Die Frage der Sonderkonditionen musste hier nicht diskutiert werden, da der Versuch des Versicherers schon an der Konkretheit eines Angebotes an den Geschädigten gescheitert ist. So bleibt dem Gericht die Schätzung der erforderlichen Kosten (Schwacke + Aufschlag + Nebenkosten).
Landgericht Dresden 3 S 552/17 vom 09.11.2018
(Vorinstanz Amtsgericht Dresden 103 C 2516/17 vom 02.11.2017)
1. Die Auffassung der Beklagten zur Verletzung der Schadenminderungspflicht durch den Geschädigten nach einem ergangenen telefonischen Mietwagenhinweis wird zurückgewiesen.
2. Das Berufungsgericht wendet in ständiger Rechtsprechung die SchwackeListe-Automietpreisspiegel zur Schätzung des Normaltarifs der Mietwagenkosten an.
3. Einzelne Internetangebote können die Anwendbarkeit der SchwackeListe nicht erschüttern.
4. Internetangebote entstammen einem Sondermarkt.
5. Kosten für Nebenleistungen wegen Winterreifen und Haftungsbefreiung sind erstattungsfähig.
Zusammenfassung: Das Landgericht Dresden entscheidet in der Berufung auf ein erstinstanzliches Urteil des Amtsgerichts Dresden hin, dass keine Verletzung der Schadenminderungspflicht vorliegt, wenn der Versicherer den Geschädigten anruft, ihm jedoch kein konkretes Mietangebot unterbreitet wird. Erforderliche Mietwagenkosten werden mittels Schwacke geschätzt und Kosten der Nebenleistungen sind ebenso erstattungsfähig.
Bedeutung für die Praxis: Zunächst ist die Klarstellung bedeutsam, dass ein konkretes Angebot vorliegen muss, wenn der Geschädigte an ein Vermittlungsangebot des Haftpflichtversicherers gebunden sein soll. Dem Geschädigten ist daher kein Vorwurf der Verletzung der Schadenminderungspflicht zu machen. Denn die Zeugin der Beklagten hat nicht mit dem Kläger telefoniert, sondern mit einer dritten Person. Zudem wurde dieser Person kein konkretes Angebot unterbreitet, sondern nur grundlegende Daten von ihr abgefragt und ein Höchstpreis vorgegeben. Zu einem Angebot ist es letztlich gar nicht gekommen. Auf die Frage der Sonderkonditionen musste das Gericht nicht eingehen. Sodann wird der Auffassung entgegengetreten, einige Internetangebote könnten die Anwendbarkeit der SchwackeListe erschüttern. Das liegt für das Gericht fern, da die bloße Behauptung einiger günstigerer Anmietmöglichkeiten grundsätzlich nicht dazu führen kann, dass von einer Schätzungsmöglichkeit kein Gebrauch gemacht werden kann (BGH). Auch der angebotene Sachverständigenbeweis ist hier untauglich, weil es Aufgabe des Sachverständigen ist, aufgrund seines Wissens Wertungen und Schlussfolgerungen zu ziehen. Das ist aber nicht das Ziel des hiesigen Beweisantritts der Beklagten. Die vorgelegten günstigeren Anmietmöglichkeiten unterliegen zudem unzumutbaren Bedingungen. Eine Vorfinanzierung ist dem Geschädigten grundsätzlich nicht zuzumuten, da er das Risiko einer späteren Beitreibung der Forderungen beim Schädiger nicht tragen muss.
Landgericht Köln 11 S 44/18 vom 13.11.2018
(Vorinstanz Amtsgericht Köln 264 C 141/17 vom 15.01.2018)
1. Entgegen der Auffassung des Erstgerichtes haben die Geschädigten nicht gegen ihre Schadenminderungsverpflichtung verstoßen.
2. Zur Schätzung erforderlicher Mietwagenkosten wird die SchwackeListe angewendet.
3. Einwendungen der Beklagten gegen die Anwendbarkeit von Schwacke sind unkonkret und daher unerheblich.
4. Ein unfallbedingter Aufschlag aufgrund der Vorfinanzierung durch den Vermieter ist erstattungsfähig.
5. Kosten erforderlicher Nebenleistungen für Haftungsreduzierung, Zustellen, Navigation und Winterreifen sind ersatzfähig.
6. Es sind keine Abzüge wegen Eigenersparnis vorzunehmen, da klassenkleinere Fahrzeuge vermietet wurden.
7. Die Klägerin ist aktivlegitimiert, da die Klageerhebung rechtzeitg vor dem Eintritt der Verjährung erfolgte.
Zusammenfassung: Das Landgericht Köln weist den Vorwurf der Beklagten zurück, die Geschädigten hätten nach einem Anruf durch den Versicherer ein annahmefähiges Mietwagenangebot nicht angenommen und daher gegen ihre Schadenminderungspflicht verstoßen. Das Verweisungsangebot gab dem Geschädigten mangels Detailinformationen nicht die Möglichkeit, es zu prüfen und mit seinem Anmietbedarf abzugleichen. Die Schätzung der erforderlichen Kosten erfolgte mit Schwacke zuzüglich unfallbedingtem Aufschlag, soweit erforderlich sowie Kosten angefallener Nebenleistungen.
Bedeutung für die Praxis: Das Urteil enthält fast alle derzeit wichtigen Facetten der Mietwagenrechtsprechung: Direktvermittlung, Schätzgrundlage, Aufschlag und Verjährung. In allen diesen Aspekten setzt sich der Vermieter mit seiner Auffassung durch. Bemerkenswert ist vor allem die Begründung, warum es sich nicht um einen Verstoß gegen die Schadenminderungspflicht handelt, wenn der Geschädigte ein telefonisches "Angebot" ala "alles inklusive" ausschlägt, das auch noch lediglich mit dem Ehepartner geführt wurde: Das ist für ihn nicht überprüfbar und damit kein bindendes Angebot.
Wir stellen uns vor.
Der Bundesverband der Autovermieter Deutschlands e.V. (BAV) wurde am 05. April 1954 gegründet. Er ist eine Interessenvertretung von Unternehmen, die Pkw, Anhänger, Transporter und Lkw vermieten. Der BAV repräsentiert ca. zwei Drittel des Gesamtmarktes der Autovermietung. Er steht den Mitgliedern für alle branchenrelevanten Aufgaben zur Verfügung.
Alles Wissenswerte haben wir für Sie in einer Verbandsbroschüre aufbereitet. Bitte schauen Sie hinein. Sie erfahren wer wir sind und welche Aufgaben der BAV für die Branche der Autovermietung übernommen hat. Sie sehen, wie erfolgreich wir dabei bisher gewesen sind und warum es sich lohnt, unserer Interessengemeinschaft beizutreten und in Zukunft mit uns zusammenzuarbeiten.
BAV - Bundesverband der Autovermieter Deutschlands e. V.
Hohenzollerndamm 123
14199 Berlin
Tel. 030 - 25 89 89-45
Fax: 030 - 25 89 89-99
Der BAV bietet den Zugriff auf eine Datenbank für Gerichtsurteile und Fachartikel bzgl. Mietwagen an.
Meinung der Nutzer (10.08.2022):
„Die Datenbank des BAV ist für die Mitglieder von großem Nutzen. Hier kann sich der Autovermieter oder sein Anwalt jederzeit über den aktuellen Stand der lokalen Rechtsprechung informieren. Von unschätzbarem Wert ist die Datenbank für die überregionale bundesweite Rechtsprechung. Wenn ein Autovermieter nicht lokal Klagen kann, sondern am entfernten Unfallort oder am Sitz der Versicherung klagen muss, bietet die Datenbank wichtige Informationen über die dortige Rechtsprechung und insbesondere die möglichen Erfolgsaussichten einer Klage fern der Heimat.“
In der Datenbank sind - zumeist im Format PDF - enthalten:
- alle wichtigen BGH-Urteile der letzten Jahre
- alle wichtigen und uns bekannten Urteile der Oberlandesgerichte und der Landgerichte seit 2008
- jeweils mindestens ein Urteil einer Abteilung eines Amtsgerichtes seit 2008, soweit bekannt und von Bedeutung
- alle aktuellen uns bekannten Urteile seit Mitte 2010
Mitte 2022 befinden sich ca. 6.600 Dokumente in der Datenbank. Für ...