Vorsicht vor Versprechungen der Versicherung des Unfallgegners

Das Schadenersatzrecht verlangt von Geschädigten eine gewisse Beachtung des Grundsatzes, dass der Schadenumfang nicht unnötig ausufern darf. Schadenminderungs-Obliegenheit lautet der korrekte Begriff. Versicherer versuchen seit Jahren, die unschuldig in einen Unfall verwickelten Geschädigten ganz früh – am Besten noch an der Unfallstelle – anzurufen und/oder ihnen ein erstes Schreiben zuzusenden und darin in freundliche Worte geparkte rechtliche Vorgaben zu machen.

Das Interesse des Haftpflichtversicherers des Unfallgegners ist dabei trotz der Freundlichkeit des Auftretens mitnichten das Wohl des Geschädigten, sondern ihr eigenes Budget. Es werden Behauptungen aufgestellt. Der Nennung von Höchstpreisen folgt der Versuch, den Geschädigten im Nachhinein darauf festzunageln. “Wir haben doch eine günstige Werkstatt empfohlen, mehr zahlen wir nicht” oder “Wir haben den Vermieter zum Preis X empfohlen.”

Wird man vom Versicherer wegen der Vermittlung eines Ersatzwagens angerufen, steht die Frage im Raum, ob schon das eine verbindliche Preisvorgabe sein kann. Das verneinen Gerichte. Denn dazu müsste einerseits der Versicherer
– einen konkreten Vermieter benennen,
– der zum vom Geschädigten bestimmten Zeitpunkt (ggf. sofort)
– ein mit dem Unfallfahrzeug vergleichbares Fahrzeug
– mit den notwendigen Nebenleistungen wie Haftungsreduzierung auf Null Euro, Zustellen und Abholen, ggf. Zweitfahrer, ggf. Navigation, ggf. Winterreifen, ggf. Anhängerkupplung
– garantiert zur Verfügung stellt und dazu einen verbindlichen Gesamtpreis nennen. Das Angebot muss zudem insgesamt rechtsverbindlich sein, d.h. ein Telefonat reicht dafür nicht aus.

Folgt dem Anruf ein Schreiben, könnte die Sache schon anders aussehen. Doch auch hier ist zu prüfen, ob das Mietwagenangebot konkret ist (was genau passend zum Schadenersatzanspruch auf ein vergleichbares Fahrzeug und welche Zusatzleistungen – siehe oben?, wann genau? und wo genau? und zu welchen Preis?). Das sind die Grundvoraussetzungen, damit der Mietwagen-“Hinweis” verbindlich für den Geschädigten wäre.

Viel zu häufig gehen Geschädigte ohne rechtliche Beratung auf solche Kontaktversuche ein und erleben in der Folge ihr blaues Wunder. Zum Beispiel kommt es dazu, dass sich der Autovermieter (mit dem der Versicherer kooperiert und zu dem der Geschädigte geschickt wurde) nach relativ kurzer Zeit meldet und seinen Mietwagen zurück haben will. Dabei ist die Reparatur noch gar nicht beendet. Der Vermieter lässt nicht locker und letzten Endes traut sich der Geschädigte nicht, den Mietwagen weiter zu fahren, weil ihm damit gedroht wird, dass er den dann selbst bezahlen müsste. Ein aktueller Fall am Oberlandesgericht Oldenburg belegt die Praktiken (Az. 1 U 173/22, Urteil vom 21.09.2023).

Zitat OLG Oldenburg: “Dieser hat im Termin angegeben, er habe den ihm zur Verfügung gestellten Mietwagen im wesentlichen deswegen zurückgegeben, weil die Firma …, von der das Fahrzeug angemietet worden war, mehrfach angerufen und auf dessen Rückgabe gedrängt habe. Weil diese Anrufe auch während seiner Arbeitszeit erfolgt seien, sei er zunehmend genervt gewesen gewesen. Zudem habe der zur Verfügung gestellte Mietwagen über keine Anhängerkupplung verfügt, weswegen er sich den Transport von im Sommer häufig anfallenden Gartenabfällen ohnehin ein Fahrzeug von Freunden habe ausleihen müssen.”

Geschädigte sind davor zu warnen, auf solche Angebote einzugehen, ohne einen Fachanwalt für Verkehrsrecht zu befragen. Die Kosten der Anwaltseinschaltung sind in einem solchen Fall vom Unfallgegner zu bezahlen. Es gibt also keinen Grund, sich gegen einen eigenen Anwalt zu entscheiden.

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