Vermietung nach Unfall

Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 6/25

Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 6/25

Landgericht Köln 22 O 166/24 vom 02.01.2025

  1. Die Abtretung der Schadenersatzforderung an die Klägerin erfolgte wirksam, ein Verstoß gegen die Transparenzregeln liegt nicht vor.
  2. Der Rechtsprechung des OLG Köln folgend wendet das Gericht in der Mietwagenfrage den Mittelwert der Listen an.
  3. Sämtliche neue und vertiefende Argumente der Klägerin gegen die Anwendbarkeit der Fraunhofer-Liste sieht das Gericht mit dem Mischmodell Fracke als berücksichtigt an.
  4. Zum Grundbetrag für den Ersatzwagen ist unabhängig von einer Not- und Eilsituation ein Aufschlag in Höhe von 20 Prozent wegen unfallbedingter Mehrleistungen des Vermieters hinzuzurechnen.
  5. Die Kosten für die hier im konkreten Fall erforderlichen Nebenleistungen (erweiterte Haftungsreduzierung, Winterreifen, Navigation und Zustellen/Abholen) sind grundsätzlich erstattungsfähig und werden nach den Werten der Schwacke-Liste bemessen.

Zusammenfassung:

Die angerufene Kammer des Landgerichts Köln beharrt weiterhin auf der Mittelwert-Rechtsprechung „Fracke“. Allerdings wurde auf den Grundbetrag ein unfallbedingter Aufschlag in Höhe von 20 Prozent gewährt. Auch die Kosten der Nebenleistungen und der außergerichtlichen Anwaltseinschaltung wurden zugesprochen.

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Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 5/25

Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 5/25

Landgericht Braunschweig 9 O 1413/22 vom 10.10.2024

  1. Nach neuester Rechtsprechung des BGH kommt es auf die tatsächliche Erforderlichkeit der Kosten der Schadenreparatur nicht mehr an, bedarf es auch nicht mehr der Erkenntnisse aus dem gerichtlich eingeholten Sachverständigengutachten. Denn der Geschädigte hat eventuelle Regressansprüche gegen die Werkstatt wegen eventueller Reparaturfehler an die Beklagte abgetreten.
  2. Ebenso hat der Geschädigte die nach Auffassung der gegnerischen Versicherung bestehenden Regressansprüche wegen zu hoher Mietwagenkosten nach angeblich überlanger Mietdauer bzw. Reparaturverzögerungen Zug um Zug an die Beklagte abgetreten. Daher liegt das Mietwagenrisiko einer ggf. zu langen Mietdauer zu ihren Lasten und hat sie die erforderlichen Kosten zunächst vollständig an den Rechnungsaussteller zu erstatten.
  3. Insgesamt ist dem Geschädigten kein Überwachungsverschulden vorzuwerfen und sind diesbezügliche Vorhaltungen der Beklagten von ihr nicht nachgewiesen.
  4. Im Einzelfall bestehen keine Bedenken gegen eine Überlegungszeit von eineinhalb Wochen bis zum Reparaturauftrag, weil die Suche nach einem vergleichbaren Fahrzeug als Ersatzanschaffung zum beschädigten Fahrzeug erfolglos geblieben war. Also war auch in dieser Zeit die Nutzung eines Ersatzfahrzeuges erforderlich und die Mietwagenkosten schadenrechtlich erstattungsfähig.

Zusammenfassung:

Das Landgericht Braunschweig spricht Reparaturkosten, Sachverständigenkosten, Wertminderung, Mietwagenkosten usw. nahezu vollständig zu. In Bezug auf angeblich durch Fehler in der Reparatur entstandene zu hohe Kosten der Reparatur selbst und der Ersatzmobilität nimmt das Gericht Bezug auf den subjektbezogenen Schadenbegriff und die neue BGH-Linie. Der Vorwurf einer zu langen Reparaturdauer trifft den Geschädigten nicht, wenn er zunächst den vollen Betrag mit Zahlung an die Werkstatt und den Autovermieter verlangt und eventuelle Regressansprüche gegen die angeblich zu langsam reparierende Werkstatt an den Haftpflichtversicherer Zug um Zug abtritt.

Bedeutung für die Praxis:

Das Gericht hatte zunächst ein Gerichtsgutachten beauftragt zur Frage, ob es Fehler bei der Reparatur gegeben hat, später jedoch Bezug genommen auf die neue Rechtsprechung des BGH. Nach der kann der Geschädigte den vollen Betrag ersetzt verlangen kann, auch wenn die Vorwürfe des Versicherers noch ungeklärt sind, wenn er selbst klagt, Zahlung an Werkstatt und Vermieter verlangt und angeblich bestehende Überzahlungsansprüche an den Versicherer abtritt. Denn der Versicherer kann im Anschluss mit der Abtretung in der Hand dann selbst bei dem angeblich zu langsam reparierenden Betrieb eine Rückzahlung verlangen, das konkret begründen und gerichtlich durchzusetzen versuchen.
Hinzuweisen ist auch auf die beiden Aussagen des Gerichtes: Sofern mit dem Mietwagen wenig gefahren wird, besteht kein Grund für einen Eigenersparnis-Abzug und zur Berechtigung der Kosten der Haftungsreduzierung kommt es auf den Versicherungsvertrag für das Geschädigtenfahrzeug nicht an.

 

 

 

Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 4/25

Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 4/25

Amtsgericht Bielefeld 417 C 75/24 vom 08.12.2024

  1. Die Schätzung der vom gegnerischen Versicherer zu erstattenden Kosten für Ersatzmobilität kann mit der Fracke-Liste erfolgen, d.h. dem Mittelwert aus den Mittelwerten von Schwacke und Fraunhofer.
  2. Ein Abzug für ersparte Eigenkosten des Geschädigten ist nicht vorzunehmen, wenn der Ersatzwagen weniger als 1.000 Kilometern genutzt wurde.
  3. Kosten der Reduzierung der Haftung des Mieters für Schäden am Ersatzwagen können Geschädigte grundsätzlich und vollständig ersetzt verlangen, der Höhe nach geschätzt (§ 287 ZPO).
  4. Beauftragt der Kläger bereits außergerichtlich einen Rechtsanwalt, sind dessen außergerichtliche Kosten ebenso vom Haftpflichtversicherers des Unfallgegners zu erstatten.

Zusammenfassung:

Das Amtsgericht Bielefeld urteilt – mit oberflächlicher Begründung – mit dem Fracke-Ansatz. Hinzugerechnet werden Kosten für Nebenleistungen und für die außergerichtliche Anwaltseinschaltung. Ein Abzug für ersparte Eigenaufwendungen wird mangels Messbarkeit nicht vorgenommen, da der Mieter mit dem Ersatzwagen weniger als 1.000 Kilometer gefahren ist.

Bedeutung für die Praxis:

Hier hat ein Kläger vorgetragen, dass es keinen Abzug vom Schadenersatz wegen ersparter eigener Kosten des Geschädigten geben kann, wenn dieser während des Ausfalls seines eigenen Fahrzeuges lediglich wenige Kilometer fährt. Eine Nutzung unterhalb von 1.000 Kilometers kann dem Geschädigten keine messbare Ersparnis für sein eigenes Fahrzeug bringen. Denn worin soll diese liegen? Jedenfalls nicht darin, dass er 500 km später auf neue Reifen wechselt oder zur Inspektionen fährt, Wartungen benötigt oder Teile tauschen muss. Solche konkreten Abzüge vom Schadenersatzanspruch wegen Ersatzmobilität sind geeignet, Geschädigte davon abzuhalten, einen Ersatzwagen zu nutzen, obwohl sie darauf angewiesen sind.
Zur Begründung für eine Anwendung des Mischmodells Fracke werden die Vorteile der Fraunhofer-Liste in der Anonymität und Manipulationssicherheit gesehen. Dass es sich dann jedoch um Internet-Angebote handelt, die nur mit Vorbuchungsfrist, Kaution, Vorauskasse und fester Mietdauer handelt – weitere Einschränkungen betreffen jeden von Fraunhofer abgefragten Betrag – wird stillschweigend ausgeblendet. Der Schwacke-Liste werden Probleme angedichtet, weil Manipulationen „nicht auszuschließen“ seien. Und so wird weiter mit den Fracke-Werten hantiert, die aus dem Mittelwert von Schwacke (Durchschnitt aus vielen von Schwacke erhobenen Einzelwerten) und dem Mittelwert von Fraunhofer (Durchschnitt aus vielen dortigen Einzelwerten) nochmals ein weiterer Mittelwert berechnet wird.
Der beklagte Versicherer wollte auch die Kosten der Haftungsreduzierung nicht tragen. Das Gericht hat – wie es andere Gerichte in tausenden anderen Urteilen auch schon getan haben – darauf hingewiesen, dass diese unabhängig davon zu erstatten seien, ob das vom Unfallverursacher beschädigte Fahrzeug kaskoversichert ist.

Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 3/25

Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 3/25

Amtsgericht Sinzig 14 C 17/24 vom 17.07.2024

  1. Die Auffassung der Beklagten, sie sei nicht zahlungsverpflichtet, weil ein Erlassvertrag vorliege, wird als nicht nachvollziehbar zurückgewiesen.
  2. Die Dauer der Ersatzwagenanmietung ist nicht zu beanstanden.
  3. Die Höhe der erforderlichen Kosten kann mittels der Schwacke-Liste geschätzt werden, da keine dagegen sprechenden konkreten Tatsachen ersichtlich sind, die sich auf den Fall auswirken.
  4. Neben dem Grundtarif nach der Schätzgrundlage ist in diesem konkreten Fall ein unfallbedingter Aufschlag in Höhe von 20 Prozent als erforderlich anzusehen (§ 249 BGB).
  5. Die Kosten vereinbarter Nebenleistungen hat die Beklagte ebenso zu erstatten.

Zusammenfassung:

Das Amtsgericht Sinzig prüft den Vortrag der Beklagten daraufhin, ob sie konkrete Tatsachen gegen die Schätzgrundlage vorträgt oder nur die allgemeinen Argumente zu Schwacke und Fraunhofer, die das Gericht für untauglich hält. Im Ergebnis wird weiterhin die Schwacke-Liste angewendet. Hinzu kommt ein Aufschlag für unfallbedingte Mehrleistungen und für Nebenleistungen.

Bedeutung für die Praxis:

Das Gericht kann mit der Auffassung der Beklagten wenig anfangen, die Autovermietung hätte dem Geschädigten zwar ein Fahrzeug gegeben, ihm aber versichert, er müsse nicht zahlen und daher sei auch sie die eintrittspflichtige Versicherung leistungsfrei. Der Schaden ist im Augenblick des Unfall entstanden, konkretisiert mit den abgerechneten Mietwagenkosten. In dieser Höhe werden sie als Schadenersatzanspruch beziffert, abgetreten an die Klägerin.
Die Schätzung der Höhe der erstattungsfähigen Kosten erfolgt hier weiterhin mittels Schwacke-Liste. Da mit ungewisser Mietdauer und unklarer Haftungsfrage besondere Umstände der Vermietung vorgelegen haben, wurde auch ein unfallbedingter Aufschlag zugesprochen.
Des Weiteren hatte die Beklagte für Kosten von Nebenleistungen und für außergerichtliche Anwaltskosten aufzukommen.

Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 2/25

Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 2/25

Amtsgericht Dresden 113 C 355/24 vom 21.06.2024

  1. Die erforderlichen Kosten für Ersatzmobilität nach einem Unfall richten sich nach dem Normaltarif des regionalen Marktes.
  2. Die Höhe des angemessenen Schadenersatzbetrages ist anhand der Schwacke-Liste zu schätzen.
  3. Unangemessen hoch wären solche Forderungen ab einem Betrag weit oberhalb des arithmetischen Mittels des Schwacke-Wertes, dann mit der Folge einer Pflicht für den geschädigten zur Erkundigung nach anderen passenden Mietwagenangeboten.
  4. Es ist nicht zu beanstanden, dass sich die Klägerin bei klassengleicher Anmietung 10 Prozent Eigenersparnis anrechnen lässt.
  5. Aufwendungen für erforderliche Nebenleistungen für Haftungsreduzierung und Zustellen sowie Abholen des Ersatzfahrzeuges sind ebenso vom Schädiger bzw. seinem Haftpflichtversicherer zu erstatten.
  6. Der Vorwurf der zahlungspflichtigen Haftpflichtversicherung gegen den Geschädigten und Mieter, der hätte auf ein angebliches Mietwagenangebot eingehen müssen, wird zurückgewiesen.

Zusammenfassung:

Das Amtsgericht Dresden sieht keinen Verstoß des Geschädigten gegen seine Schadenminderungs-Obliegenheit, nachdem der gegnerische Versicherer ihn angerufen hatte, bevor er einen Ersatzwagen anmietete. Den Marktpreis für Mietwagen zum Anmietzeitpunkt schätzt das Gericht mit den Normaltarifen der Schwacke-Liste. Solange der für den Mietwagen vereinbarte Preis nicht deutlich darüber liege, treffe den Geschädigten auch keine Erkundigungspflicht.
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Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 1/25

Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 1/25

Amtsgericht Wesel 26 C 19/24 vom 09.09.2024

  1. Entgegen der Ansicht der beklagten Haftpflichtversicherung liegt kein Verstoß des Geschädigten gegen seine Pflicht zur Geringhaltung des Schadens vor.
  2. Der Geschädigte durfte sich Ersatzmobilität zu Marktpreisen verschaffen und der Versicherer hatte den entstandenen Schadenersatzbetrag zu erstatten.
  3. Das Schreiben der Beklagten an den Geschädigten enthielt kein annahmefähiges Mietwagenangebot und die beabsichtigte Preisvorgabe ist daher für den Geschädigten nicht relevant gewesen.
  4. Die Schätzung der Höhe der erforderlichen Mietwagenkosten erfolgt mittels Mischmodell Schwacke/Fraunhofer.

Zusammenfassung:

Das Amtsgericht Wesel hat die Frage, ob den Geschädigten die Preisvorgabe des gegnerischen Haftpflichtversicherers trifft, klar verneint. Denn der Versicherer hatte dem Geschädigten kein konkretes und annahmefähiges Angebot unterbreitet. Daher wurde der Schadenersatzbetrag im Rahmend er Erforderlichkeit mittels Fracke geschätzt.
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Nutzungsausfall verlangen nach Ersatzmiete, wenn der Versicherer auf Fraunhofer verweist: Eine Tabelle zum Vergleich

Wer nach einem Unfall einen Ersatzwagen mietet, wird – mehr oder weniger unabhängig von der Höhe der Rechnung – vom eintrittspflichtigen Haftpflichtversicherer hören, das sei viel zu teuer. Ein Streit darüber ist lohnenswert, denn der Verweis des Versicherers auf die Werte der Fraunhofer-Liste und auf Internetangebote trägt nicht, das urteilen Gerichte.

Wer sich darüber nicht streiten will, der kann grundsätzlich, statt um konkrete Mietwagenkosten zu streiten, auch darüber nachdenken, pauschal Nutzungsausfall (NA; ein pauschaler Tagessatz) zu verlangen. Dem Geschädigten stehe diesbezüglich ein Wahlrecht zu (BGH VI ZR 290/11 vom 05.02.2013).

So ließe sich dem Streit aus dem Weg gehen. Jedoch sind die Tagessätze des Nutzungsausfalls in der Regel viel niedriger als realistische Mietwagenkosten. Je nach konkreten Werten der Fraunhofer-Liste (für die Mietwagenkosten kürzende Versicherer das Maß der Dinge) und bei längeren Mieten kann der Nutzungsausfall über dem Betrag nach Fraunhofer liegen und sich daher ein Verlangen lediglich von NA vielleicht sinnvoll sein, wenn man sich nicht streiten möchte. Dann muss je nach Lage im Einzelfall der Versicherer jedenfalls etwas nachzahlen.

Es schließt ich die Frage an, ab welcher Mietdauer  bei welcher Mietwagenklasse / Nutzungsausfallgruppe (in Abhängigkeit von der örtlichen Rechtsprechung und den Bestandteilen des Mietvertrages ggf. mit weiteren Nebenkosten) ein Wechsel auf den Nutzungsausfall in Erwägung gezogen werden könnte.

Eine Tabelle wie die untere kann hilfreich sein. Diese Vergleichstabelle soll eine erste Orientierung bieten. Im Einzelfall ist sie auf das konkrete PLZ-Gebiet bezogen nachzuschlagen.

Wie die Tabelle gemeint ist:

  1. Die Miete dauerte eine konkrete Zeit (Zeile TAG).
  2. Versicherer wollen nur Beträge pro Tag nach Fraunhofer bezahlen (Zeile unterhalb „TAG“).
  3. In der Praxis werden meist Zusatzleistungen im Mietvertrag vereinbart, die der Versicherer auch zusätzlich zu erstatten hat, Beispiele sind Haftungsreduzierung (Kasko), Zusatzfahrer, Winterreifen, Anhängekupplung, Zustellen usw. Wir haben daher die Tagessätze der Zeile „Fraunhofer“ in der Zeile „Fraunhofer-plus“ erweitert um die Tagesbeträge für Kasko und eine weitere Nebenleistung. Der Wert ist die Summe aus dem Grundwert Fraunhofer und zwei Nebenkosten.
  4. Zeile „NA“: Der Nutzungsausfall-Wert pro Tag wird mit der Anzahl der Tage multipliziert.

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Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 51/24

Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 51/24

Landgericht Köln 16 O 163/24 vom 13.11.2024

  1. Im Streit um restliche von Schädiger zu ersetzende Mietwagenkosten für Ersatzmobilität kann sich der Kläger auf die Werte der Schwacke-Liste berufen.
  2. Es wird die Auffassung der Klägerin bestätigt, dass die Fraunhofer-Liste zur Ermittlung der erforderlichen Mietwagenkosten ungeeignet ist.
  3. Die Dauer der Ersatzanmietung ist schadenrechtlich nicht zu beanstanden, auch wenn die Beklagte unsubstantiiert auf die Möglichkeit einer Notreparatur zur Weiternutzung des Geschädigtenfahrzeuges bis zum Reparaturbeginn hinweist.
  4. Es ist nicht von einer Verletzung der Schadenminderungspflicht auszugehen bei Abrechnung eines erforderlichen Unfallersatztarifes / Grundpreis zuzüglich pauschaler Aufschlag.
  5. Die Kosten der Nebenleistungen für Winterreifen und Navigationsgerät sind vom Haftpflichtversicherer des Schädigers zu erstatten.
  6. Die Erstattung der Kosten der außergerichtlichen Hinzuziehung eines Rechtsanwaltes kann der Kläger ebenso erwarten.

Zusammenfassung:

Das Landgericht Köln entscheidet erstinstanzlich zu restlichen Mietwagenkosten in zwei Schadenfällen für den Kläger aus abgetretenem Recht. Es wendet zur Schätzung der Höhe erforderlicher Mietwagenkosten die Werte der Schwacke-Liste an. Auch ein unfallbedingter Aufschlag wird zugesprochen, ebenso wie Kosten von Nebenleistungen und außergerichtliche Rechtsanwaltskosten.
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Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 50/24

Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 50/24

Amtsgericht Naumburg 12 C 235/23 vom 23.10.2024

  1. Maßstab für die wirtschaftliche Erforderlichkeit des Mietwagenpreises für ein Ersatzfahrzeug ist der am Markt übliche Tarif.
  2. Der erforderliche Betrag kann mittels Schwacke-Automietpreisspiegel geschätzt werden.
  3. Die Schwacke-Liste hat den Vorzug vor anderen Erhebungen, weil sie durch stark differenzierte PLZ-Gebiete den regionalen Markt abbildet.
  4. Die von der Beklagten vorgelegten Internetangebote haben schon deshalb keinen Bezug zum konkreten Fall, weil sie mit erheblichem zeitlichen Abstand erstellt wurden.
  5. Dass Internetangebote ein fixiertes Miet-Ende unterstellen, führt ebenso zu dem Ergebnis, dass sie kein konkretes Argument gegen die Anwendung der Schwacke-Liste darstellen.
  6. Wie das Mietfahrzeug zugelassen ist, kann aus Sicht des Schadenrechts offen blieben.
  7. Kosten erforderlicher Nebenleistungen für Haftungsreduzierung und Winterreifen sind ebenso erstattungsfähig.

Zusammenfassung:

Das Amtsgericht Naumburg wendet die Schwacke-Liste zu Bestimmung der erstattungsfähigen Mietwagenkosten nach einem Unfall an, denn diese Liste eignet sich besser als die Alternativen Fracke und Fraunhofer. Internetbeispiele sind schon deshalb kein taugliches Gegenargument, weil dort von einer ex ante fixierten Mietdauer ausgegangen wird. Hinzuzusetzen sind Kosten für Nebenleistungen.
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Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 49/24

Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 49/24

Amtsgericht Bonn 106 C 97/24 vom 03.12.2024

  1. Für die Bestimmung der Höhe erstattungsfähiger Mietwagenkosten ist die Schwacke-Liste heranzuziehen.
  2. Die Anwendbarkeit der Fraunhofer-Liste ist durch konkreten fallbezogenen Vortrag der Klägerin als erschüttert anzusehen.
  3. Auch eine Verwendbarkeit der Werte der Fraunhofer-Liste im Rahmen des Mischmodells ist abzulehnen.
  4. Zu dem Grundpreis der erforderlichen Mietwagenkosten ist ein Aufschlag in Höhe von 20 Prozent für unfallbedingte Mehrleistungen des Vermieters hinzuzufügen.
  5. Die Kosten erforderlicher Nebenleistungen sind ebenso erstattungsfähig und nach den Beträgen der Schwacke-Liste zu schätzen.

Zusammenfassung

Nachdem sich das Landgericht Bonn ausführlich mit dem Klägervortrag gegen die Anwendbarkeit der Fraunhofer-Liste in ihrer aktuellen Form befasst hatte und seine Rechtsprechung nunmehr ausdrücklich auf die Verwendung lediglich der Schwacke-Liste umgestellt hat, folgt dem inzwischen das Amtsgericht Bonn. Der Kläger aus abgetretenem Recht hatte konkrete Mängel der Fraunhofer-Liste vorgetragen und die Auswirkungen auf den zu entscheidenden Fall verdeutlicht. Auch ein unfallbedingter Aufschlag und Nebenkosten sind zugesprochen worden.
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Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 48/24

Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 48/24

Amtsgericht Ahrensburg 48a C 133/24 vom 26.09.2024

  1. Die Geschädigte musste keine Marktforschung betreiben, um während der Ausfallzeit einen Mietwagen zu nutzen, dessen Kosten erstattungsfähig sind.
  2. Die von der Geschädigten von dem Schädiger bzw. seiner eintrittspflichtigen Haftpflichtversicherung verlangten Schadenersatzzahlungen für die Nutzung eines Ersatzmietwagens sind vollständig berechtigt.
  3. Anhand der Beispiele anderer Anbieter, welche die Klägerin vorgelegt hat, wird erkennbar, dass die Mietwagenabrechnung im Rahmen gängiger Marktpreise erfolgte.
  4. Die von der beklagten Haftpflichtversicherung dagegen aufgezeigten Internetbeispiele sind nicht relevant, weil sie einen Markt ein Jahr später betreffen und die Kunden dort eine Kreditkarte benötigt hätten. 
  5. Zusatzkosten des Autovermieter für Nebenleistungen wie Automatikgetriebe und Zustellen und Abholen sind ebenso vom Versicherer des Unfallverursachers zu erstatten.
  6. Ein Abzug für ersparte Eigenaufwendungen entfällt bei klassenkleinerer Anmietung.

Zusammenfassung:

Das Amtsgericht Ahrensburg spricht der Geschädigten die vollen restlichen Mietwagenkosten zu, da die Klägerseite dem Gericht aufzeigen konnte, dass die Preise des Autovermieters marktkonform gewesen sind. Dazu nutzte der Anwalt der Geschädigten Internetpreise des regionalen Marktes, die zuvor angefertigt und für eine spätere Verwendung archiviert wurden. Auch vom Versicherer wurden Internetbeispiele verwendet, die jedoch nicht den Anmietzeitraum betrafen und vom Gericht auch deshalb als irrelevant angesehen wurden.
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Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 47/24

Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 47/24

Amtsgericht Fürstenfeldbruck 4 C 910/23 (2) vom 01.02.2024

  1. Die Leasingnehmerin ist zur Durchsetzung der Forderungen nach einem Haftpflichtschaden aktivlegitimiert, da sie – wie sich aus dem Leasingvertrag ergibt – sich selbst um den Schaden zu kümmern habe.
  2. Eine Leasingnehmerin kann sich grundsätzlich darauf berufen, dass Werkstattrisiko und Mietwagenrisiko beim Schädiger liegen.
  3. Die Einwendungen der Beklagten zu unberechtigten Reparaturpositionen und in der Höhe überzogenen Rechnungspositionen können aufgrund der subjektbezogenen Schadenbetrachtung unbeachtet bleiben, ebenso wie die Frage, ob die Rechnung vom Geschädigten bezahlt ist.
  4. Bei Mietwagenkosten unterhalb des Schwacke-Normaltarifes muss sich der Geschädigte nicht nach günstigeren Alternativen umsehen.
  5. Lediglich wenn konkrete Tatsachen mit erheblichen Auswirkungen auf den Fall vortragen werden, begegnet die Anwendung der Schwacke-Liste Bedenken, denen dann nachzugehen wäre.
  6. Ein Abzug für ersparte Eigenkosten hat nicht zu erfolgen, da ein klassenniedrigeres Fahrzeug angemietet wurde.

Zusammenfassung:

Das Amtsgericht Fürstenfeldbruck spricht der Klägerin weitere Reparaturkosten auf der Basis der subjektbezogenen Schadenbetrachtung zu. Zu Mietwagenkosten wendet das Gericht § 287 ZPO an und schätzt mittels Schwacke. Die dagegen vorgebrachten Bedenken mittels Internet-Screenshots und Fraunhofer werden zurückgewiesen. 
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Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 46/24

Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 46/24

Amtsgericht Trier 31 C 65/24 vom 16.10.2024

1. Die Kosten der Mietwagenbeschädigung sind vollständig vom Mieter zu ersetzen, wenn dieser keine Reduzierung seiner Haftung für Kasko-Schäden vereinbart hat.
2. Wenn ein Wegrollen des Fahrzeuges laut Bedienungsanleitung durch Einlegen des 1. Ganges verhindert werden muss, ist ein Unterlassen eine Obhutsverletzung durch den Mieter.
3. Der Beklagte kann sich nicht darauf berufen, dass ihm die Nutzung des Transporters unbekannt war, denn er hätte sich mit der Bedienungsanleitung vertraut machen müssen.
4. Der Klägerin obliegt keine Vortrags- und Beweislast dazu, ob der Beklagte weitere Vorkehrungen gegen das Wegrollen hätte treffen müssen.
5. Für die Auffassung des Mieters zum Vorliegen eines Fahrzeugdefektes ist er beweisfällig geblieben. Denn der Mieter hat entgegen der Mietbedingungen nicht sofort die Polizei und auch nicht die Autovermietung verständigt, weshalb der Sachverhalt nicht konkret überprüfbar gewesen ist.

Zusammenfassung:

Bei Beschädigung des Mietfahrzeuges ohne Vereinbarung einer Haftungsreduzierung ist der Mieter vollständig zum Ersatz verpflichtet, sofern er für den Schaden verantwortlich ist. Von ihm vorgetragene Argumente für eine Verantwortlichkeit beim Vermieter hat er zu konkretisieren, was ihm bei zusätzlicher Missachtung der Polizeiklausel und bei nicht erfolgter Information an den Autovermieter umso weniger gelingen kann. 
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Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 45/24

Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 45/24

Amtsgericht Hamburg -St. Georg 916 C 55/23 vom 12.07.2023

  1. Die vom Zessionar / Autovermieter aus abgetretenem Recht geforderten Mietwagenkosten in Höhe der Mietwagenrechnung sind vom Haftpflichtversicherer des Unfallverursachers vollständig zu ersetzen.
  2. Die verwendete Abtretungserklärung zur Übertragung des Schadenersatzanspruchs von der Geschädigten an den Vermieter ist gültig und der Autovermieter daher für den Schadenersatzprozess aktivlegitimiert.
  3. Die Hinweise der Beklagten auf die Fraunhofer-Liste und Internetbeispiele sind kein hinreichendes Argument gegen ihre Pflicht zur Kostenerstattung des Ersatzwagens.
  4. Die Geschädigte musste sich nicht nach günstigeren Angeboten erkundigen.
  5. Kosten für die Reduzierung der Mieterhaftung für eventuelle Schäden am Mietwagen und für das Zustellen und Abholen sind ebenso erstattungsfähig.

Zusammenfassung:

Die subjektbezogene Schadenbetrachtung zugrunde gelegt ergibt sich kein Verstoß der Geschädigten gegen ihre Pflicht zur Geringhaltung des Schadens oder das Wirtschaftlichkeitsgebot. Sie durfte den abgerechneten Betrag als erforderlich ansehen. Selbst im Vergleich zum Vortrag der Beklagten war der Betrag nicht so stark überhöht, dass sich hieraus eine Erkundigungspflicht nach alternativen Mietwagenangeboten ergeben könnte.

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Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 44/24

Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 44/24

Landgericht Koblenz 5 S 18/24 vom 09.09.2024 (Beschluss)
(Vorinstanz Amtsgericht Linz am Rhein 23 C 455/23 vom 26.03.2024)

1. Die erstinstanzliche Heranziehung der Schwacke-Werte zur Bestimmung der ersatzfähigen Mietwagenkosten nach einem Unfall ist nicht zu beanstanden.
2. Die gegen die Verwendbarkeit der Schwacke-Liste durch die Beklagte vorgelegten Preisbeispiele sind kein konkreter Sachvortrag.
3. Auf den Grundbetrag ist ein unfallbedingter Aufschlag wegen der Eilbedürftigkeit der Anmietung gerechtfertigt.
4. Die Kosten erforderlicher Nebenleistungen für Haftungsreduzierung, Winterreifen und Zustellen/Abholen sind ebenfalls von der gegnerischen Haftpflichtversicherung zu ersetzen.

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Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 43/24

Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 43/24

Landgericht Düsseldorf 20 S 153/22 vom 11.09.2024
(Vorinstanz AG Düsseldorf 25 C 129/22 vom 21.12.2022)

1. Die für die Aktivlegitimation der Klägerin verwendete Abtretungserklärung verstößt nicht gegen das Rechtsdienstleistungsgesetz und auch nicht gegen das Transparenzgebot des BGB.
2. Die Höhe erstattungsfähiger Mietwagenkosten wird mittels Fracke-Werten bestimmt.
3. Für ersparte Eigenaufwendungen sind 5 Prozent vom Grundbetrag in Abzug zu bringen.
4. Die Kosten Nebenleistungen in Höhe der Werte aus der Schwacke-Nebenkostentabelle sind ersatzfähig, da die Leistungen für eine Reduzierung der SB auf Null, Navigationsgerät, Zweitfahrererlaubnis und Zustellen und Abholen vereinbart und erforderlich gewesen sind. 
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Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 42/24

Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 42/24

Amtsgericht Hamburg-Altona 315b C 30/23 vom 24.05.2024

1. Der Restbetrag der Mietwagenkosten für ein kleineres Ersatzfahrzeug im Vergleich zum nicht mehr fahrbereiten beschädigten Fahrzeug der Gruppe 07 ist vollständig vom Haftpflichtversicherer des Unfallgegners zu ersetzen.
2. Zur Bestimmung der schadenrechtlich ersatzfähigen Kosten wird nicht auf die Fraunhofer-Liste abgestellt.
3. Maßgeblich zur Bestimmung des ortsüblichen Betrages erscheint der klägerische Vortrag zur Erschütterung der Anwendbarkeit der Fraunhofer-Werte mittels konkreter vergleichbarer Preisbeispiele.
4. Erkundigt sich die Geschädigte nicht selbst durch eine Marktrecherche nach dem günstigsten Angebot, liegt darin – anders als die Beklagte behauptet – kein Verstoß gegen die Pflicht zur Geringhaltung des Schadens.
5. Kosten der Nebenleistungen für Winterreifen und Navigation sind erstattungsfähig. 

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Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 41/24

Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 41/24

Landgericht Itzehoe 1 S 41/23 vom 10.09.2024 (Datum mündliche Verhandlung) 
(Vorgericht Amtsgericht Meldorf 97 C 74/22 vom 11.04.2023)

1. Die Berufung der Klägerin mit dem Ziel der Erstattung vollständiger Mietwagenkosten ist begründet.
2. Es geht nicht zu Lasten des Geschädigten, wenn er dadurch höhere Mietwagenkosten auslöst, dass er den Reparaturauftrag erst nach Regulierungszusage des gegnerischen Haftpflichtversicherers erteilt.
3. Lieferverzögerungen von Ersatzteilen und die sich daraus ergebende längere Reparaturdauer sind Risiken des Schädigers aus denen sich höhere Mietwagenkosten ergeben können, die der Schädiger zu ersetzen hat.
4. Ein Verstoß gegen Treu und Glauben kann nicht angenommen werden, wenn der Geschädigte bei einer fünfstelligen Summe den Schaden nicht zunächst aus eigener Tasche reguliert. Eine Verletzung der Schadenminderungsobliegenheit ist daher zu verneinen.
5. Da die Höhe der Schadenpauschale von 25 Euro zwischen den Parteien unstreitig war, wurde sie vom Erstgericht zu Unrecht auf 20 Euro gekürzt. 

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Schwacke-Automietpreisspiegel 2024 erschienen

Die Firma Schwacke hat auch in 2024 wieder Preise für den Mietwagenkosten-Normaltarif erhoben. Die Ergebnisse wurden nun wie gewohnt im Online-Portal SchwackeNet veröffentlicht. Ein erster Blick auf die Werte „arithmetisches Mittel / Bundesdurchschnitt“ ergibt wenig Veränderung zum Vorjahr.

BAV-Mitglieder erhalten in Kürze eine kleine Auswertung nach einem etwas detaillierteren Blick in die Zahlenreihen.

Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 40/24

Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 40/24

Landgericht Köln 22 O 124/24 vom 05.08.2024

1. Die erforderlichen Kosten für den Mietwagen zum Ersatz der entzogenen Mobilität werden mittels Mischmodell Fraunhofer / Schwacke geschätzt.
2. Die wechselseitig geäußerte Kritik an den beiden Schätzgrundlagen wird durch das Mischmodell berücksichtigt.
3. Auf den Grundtarif der Mietwagenkosten ist ein unfallbedingter Aufschlag in Höhe von 20 Prozent als angemessen anzusehen, zuzusprechen bereits aufgrund der unbestimmten Mietdauer.
4. Ein Abzug für ersparte eigene Aufwendungen wäre unbillig, da das Mietfahrzeug bereits klassenniedriger eingestuft war, als das Fahrzeug des Geschädigten.
5. Die Kosten erforderlicher und erbrachter Nebenleistungen sind zu erstatten, hier Haftungsreduzierung ohne Selbstbeteiligung, Winterreifenkosten, Navigationsgerätekosten sowie Kosten für Zustellen und Abholen.

Zusammenfassung: Das Landgericht Köln spricht eine geforderte restliche Schadenersatzforderung aufgrund Mietwagen vollständig zu. Zur Schätzung des Grundbetrages des Mietwagens wird Fracke angewendet. Hinzu kommen ein 20%iger Aufschlag für unfallbedingte Mehrleistungen und die Kosten für Nebenleistungen, bestimmt anhand der Werte der Schwacke-Nebenkostentabelle.  

Bedeutung für die Praxis: Das Gericht bleibt beim Mischmodell und folgt der Klägerin nicht in dem Punkt, dass die Fraunhofer-Liste wegen aktuell feststellbarer Mängel überhaupt im Rahmen des Mischmodells noch eine anwendbare Schätzgrundlage ist. Die klägerische Kritik wurde inhaltlich nicht diskutiert, sondern lediglich damit weggewischt, dass beide Erhebungen in der Rechtsprechung und Literatur kritisiert würden und man eben deshalb ja den Mittelwert Fracke bilde.
Die Kritik des Gerichtes an der Schwacke-Liste ist die übliche Falschinformation „Fragebögen“, von der die Gerichte nicht wegkommen, weil sie sich nicht ausreichend dafür interessieren und statt dessen nur ein Richter vom anderen per copy ’n‘ paste Urteilsbegründungen abschreibt. Der außerdem genannte Kritikpunkt, dass Schwacke den Internetmarkt nicht abbilde, ist einerseits falsch, wie das eigene Zitat des Vorwortes belegt und darüber hinaus auch unsinnig. Denn eben diejenigen Angebote im Internet, die Fraunhofer berücksichtigt, sind ja das Problem. Wie daraus, dass Schwacke das nicht so mache ein Nachteil erwachsen könnte, erschließt sich nicht. Letztlich will das Gericht beim Mischmodell bleiben und auch das führt bei Berücksichtigung des Aufschlages und der Nebenkosten bereits zum vollständigen Obsiegen der Klägerseite.

Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 39/24

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Amtsgericht Siegburg 113 C 10/24 vom 28.08.2024

1. Die „Hinweise“ der Haftpflichtversicherung des Unfallverursachers an den Geschädigten binden diesen nicht an die dort genannten Höchstpreise für einen Ersatzwagen.
2. Die von der Beklagten genannten Preise beruhen nicht auf konkrete und vergleichbare und damit auch nicht auf annahmefähige Mietwagenbeispiele.
3. Die Aussage der Versicherung wird nicht bestätigt, solche Angebote seien bereits dann verpflichtend zu beachten, wenn sie ein vergleichbares Modell und die Zustellung zum Anmietort verspreche.
4. Die Schätzung erforderlicher Mietwagenkosten erfolgt anhand des Mischmodells zuzüglich eines 20-prozentigen Aufschlages für unfallbedingte Mehrleistungen des Vermieters.
5. Der klägerische Vortrag gegen die Anwendung der Fraunhofer-Werte im Rahmen des Mischmodells wird nicht diskutiert.
6. Auch die Kosten erforderlicher Nebenleistungen sind erstattungsfähig.
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Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 38/24

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Amtsgericht Köln 148 C 34/24 vom 19.08.2024 (Datum mündliche Verhandlung)

1. Die wegen Kosten der Beschädigung an einem Mietwagen nach einem Mahnbescheid geführte Klage gegen den Mieter war trotz der vertraglichen Vereinbarung einer Haftungsreduzierung erfolgreich.
2. Die mietvertragliche Vereinbarung einer Haftungsreduzierung war in den Mietbedingungen unter den Vorbehalt der Polizeiklausel gestellt, was keine unangemessene Benachteiligung des Vertragspartners darstellt.
3. Die Berechtigung des Vermieters, vom Mieter im Schadenfall die Hinzuziehung der Polizei zu verlangen, resultiert aus seinem Interesse, die Unfallsituation von neutraler Seite her belastbar feststellen zu können, Beispiele sind die tatsächliche Identität des Fahrers oder dessen Fahrtauglichkeit.
4. Der Mieter hat noch immer eine Wahl entweder die Polizei zu rufen oder wegen der Verletzung dieser vertraglichen Obliegenheit einen erheblichen Teil des Schadens selbst zu tragen.
5. Eine Pflicht für den Mieter zur Selbstbezichtigung oder ein Verlust seines Rechtes, eine Aussage zu verweigern, ist in der Polizeiklausel nicht zu sehen.
6. Der Beklagte ist zur Zahlung von 70 Prozent der Schadensumme und entstandener Rechtsanwaltskosten zu verurteilen. 
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Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 37/24

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Amtsgericht Rheinbach 5 C 90/24 vom 11.09.2024

1. Die Fraunhofer-Liste ist aufgrund von Mängeln für diesen konkreten Fall nicht verwendbar.
2. Eine Schätzung erforderlicher Mietwagenkosten erfolgt anhand der Werte der Schwacke-Liste.
3. Die Argumentation der Beklagten mittels Internet-Screenshots ist unkonkret, weil nicht auf den zu entscheidenden Fall bezogen.
4. Auf den Grundpreis der zu erstattenden Mietwagenkosten ist ein Aufschlag wegen erforderlicher unfallbedingter Mehrleistungen gerechtfertigt.
5. Kosten erforderlicher Nebenleistungen für Haftungsreduzierung, Winterreifen, Zustellen, Zweitfahrer-Erlaubnis, Anhängerkupplung und Navi sind ebenso erstattungsfähig und werden nach der Schwacke-Nebenkostentabelle bemessen.
6. Ein Abzug für ersparte Eigenaufwendungen entfällt bei klassenkleinerer Anmietung.
7. Kosten durch die außergerichtliche Anwaltseinschaltung sind vom Schädiger zu erstatten.

Zusammenfassung: Das Amtsgericht Rheinbach wendet allein die Schwacke-Werte an, weil die Fraunhofer-Liste für die in Rede stehende Mietwagenklasse keine Werte liefert. Auf den Grundbetrag des Normaltarifes ist ein unfallbedingter Aufschlag gerechtfertigt, ebenso wie die Kosten der erforderlichen Nebenleistungen. 
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Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 36/24

Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 36/24

Landgericht München I 6 S 7498/22  vom 27.08.2024 (Beschluss)
(Vorinstanz Amtsgericht München 242 C 651/22 vom 23.06.2022)

1. Reguliert die Versicherung des Schädigers vorgerichtlich einen Teilbetrag der Mietwagenrechnung, ist das für den Anspruchsteller nur so zu verstehen, dass der Versicherer sich gegenüber seinem Versicherungsnehmer als deckungspflichtig ansieht und Ansprüche aus dem Haftpflichtschaden grundsätzlich gegenüber dem Anspruchsteller anerkennt. Der Versicherer kann die Frage, ob ein Erstattungsanspruch für den Mobilitätsbedarf besteht, sodann im Gerichtsprozess nicht mehr bestreiten.
2. Die erstinstanzliche Schätzung der Höhe erforderlicher Mietwagenkosten ist nicht zu beanstanden.
3. Der Schädiger hat keinen Anspruch darauf, dass die Rechtsprechung für ihn verlässlich immer gleich erfolgt. Im Übrigen kann eine Entscheidung unter Verwendung der Werte der Schwacke-Liste Automietpreisspiegel nicht überraschend sein, wenn sich die Klägerin bei der Bezifferung des Anspruchs darauf berufen hatte.
4. Die Anwendung des Mischmodells Fracke erscheint geeignet, die vieldiskutieren Schwächen der Erhebungen von Fraunhofer und Schwacke auszugleichen.
5. Allgemeiner Vortrag der Beklagten und zwei mit dem Fall nicht vergleichbare Internet-Screenshots sind nicht als konkreter Sachvortrag gegen die Anwendung einer Schätzgrundlage anzusehen. Die Internet-Screenshots sind vier Jahre später erstellt und es wird nicht klar, welche Leistungen sie konkret umfassen. 

Zusammenfassung: Das Landgericht München I bestätigt eine erstinstanzliche Entscheidung, die nach einem Vergleich mit den Werte der Schwacke-Liste sämtliche restliche Forderungen des Autovermieters zugesprochen hatte. Das erstinstanzliche Gericht hatte ausdrücklich die Verwendbarkeit der Schwacke-Liste betont, die Restforderung belief sich jedoch nur auf einen Forderungsbetrag im Rahmen des Mischmodells Fracke. Daher stellte die Berufungskammer auf Fracke ab. Die wie selbstverständlich vorgetragene Position der Beklagten, in München müsse es nach den Fraunhofer-Werten gehen, wurde durch das Gericht mit klaren Formulierungen verneint.
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Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 35/24

Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 35/24

Amtsgericht Dresden 113 C 5624/23 vom 07.06.2024

1. Die vom Haftpflichtversicherer zu ersetzen Kosten für einen Ersatzwagen bestimmen sich nach der Schwacke-Liste Automietpreisspiegel.
2. Das Gericht folgt der Auffassung der Versicherung nicht, es sei statt dessen die Fraunhofer-Liste anzuwenden und der dort abgedruckte Wert heranzuziehen.
3. Als nicht angemessen sind lediglich solche Mietwagenkosten zu bewerten, die ab 50 Prozent über dem Normaltarif des Marktes erheblich überhöht sind.
4. Eine generelle Erkundigungspflicht nach alternativen Angeboten besteht nicht.
5. Ein Abzug für ersparte Eigenaufwendungen entfällt bei klassenkleinerer Anmietung.
6. Außergerichtliche Anwaltskosten sind erstattungsfähig.

Zusammenfassung: Das Amtsgericht Dresden wendet die Werte der Schwacke-Liste an . Es gibt keine grundsätzliche Erkundigungspflicht nach anderen Angeboten, wenn sich das erste und realisierte Angebot im Rahmen des Normaltarifes nach Schwacke bewegt.
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Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 34/24

Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 34/24

Landgericht Schweinfurt 47 S 18/23  vom 02.02.2024
(Vorinstanz AG Bad Kissingen 72 C 3/23 vom 25.04.2023)

1. Die Beklagte zeigt weder eine Rechtsverletzung nach § 546 ZPO noch die Rechtfertigung einer Änderung der Entscheidung des Erstgerichts aufgrund der berücksichtigten Tatsachen auf.
2. Die Auffassung des Erstgerichtes ist zutreffend, dass das von der Beklagten unterbreitete Angebot eines Mietwagens an den Kläger für diesen nicht bindend war.
3. Das Angebot der Beklagten war schon deshalb unbeachtlich, weil es an die Reparaturwerkstatt übermittelt wurde, was der Kläger im Zweifel nicht einmal gewusst haben muss. Eine Nebenpflicht der Werkstatt zur Weitergabe der Information ist fernliegend.
4. Das Angebot selbst war auch unzureichend, denn es enthielt lediglich eine Preisvorgabe und ein Versprechen einer Bereitstellung, jedenfalls kein annahmefähiges Angebot mit allen Details zu Fahrzeug, Nebenleistungen und zum Wie und Wann.
5. Die Kosten außergerichtlicher anwaltlicher Tätigkeit sind erstattungsfähig. 

Zusammenfassung: Das Berufungsgericht in Schweinfurt bestätigt das Vorgericht in seiner Auffassung, dass die zu erstattenden Mietwagenkosten entsprechend der Erforderlichkeit nach § 249 BGB zu bestimmen sind. Denn ein Verstoß gegen die Schadenminderungspflicht durch den Kläger – der eine Preisvorgabe des Haftpflichtversicherers nicht beachtet hatte – wurde nicht festgestellt.
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Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 33/24

Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 33/24

Amtsgericht Andernach 62 C 100/24 vom 12.07.2024

1. Die Höhe erforderlicher Mietwagenkosten nach einem Unfall kann mittels der Schwacke-Liste Automietpreisspiegel geschätzt werden.
2. Das Gericht widerspricht der Auffassung der Beklagten, lediglich die Fraunhofer-Liste sei verwendbar.
3. Der Geschädigte verstößt mit einem höheren Mietpreis über dem Normaltarif nicht gegen seine Schadenminderungspflicht, wenn die Besonderheiten des Tarifs auf unfallbedingten Zusatzleistungen des Vermieters beruhen, die aus Sicht des Geschädigten als erforderlich anzusehen sind.
4. Forderungen aufgrund von vereinbarten Nebenleistungen für Haftungsreduzierung, Zustellen / Abholen, Navigation, Winterreifen und Zusatzfahrer sind zusätzlich erstattungsfähig.
5. Die Kosten außergerichtlicher Anwaltsvertretung sind ebenso vom Schädiger zu erstatten.

Zusammenfassung: Das Amtsgericht in Andernach wendet zur Bestimmung der Höhe von Mietwagenkosten nach einem Unfall die Schwacke-Werte an. Wegen unfallbedingter Zusatzleistungen wird ein Aufschlag zugesprochen. Auch die Kosten erforderlicher Nebenleistungen sind vom Versicherer des Unfallverursachers zu ersetzen.
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R+V-Preisliste wieder ein Fall für die Rundablage?

Die R+V-Versicherung fährt folgende Strategie: Man zahlt fast nichts, lässt sich verklagen und gibt auf dem Postweg an alle Geplagten eine freundliche Preisliste heraus, was man außergerichtlich und freiwillig zu zahlen bereit wäre. Die Werte darin sind weniger als das, was Gerichte landauf landab für angemessen halten (außer vielleicht in Hamburg).

Das soll folgendes Beispiel zeigen:

Nach Mischmodell Fracke zuzüglich Nebenkosten für Haftungsreduzierung, Zweitfahrer und Zustellen/Abholen (nur eine Auswahl an möglichen Nebenleistungen) ergibt sich für eine Miete der Mietwagenklasse 05 in Wiesbaden (PLZ 651** und 652**) pro Woche:

431,33 Euro Grundpreis
+ 159,25 Euro Haftungsreduzierung
+ 84,63 Zweitfahrer
+ 60,88 Zustellen/Abholen

Summe = 736,09 Euro brutto

Die R+V bietet den Autovermietern als freiwillige Zahlung nach ihrem Tableau für diese Leistung einen Betrag in Höhe von 524,79 Euro brutto (klassenkleiner).

Wer allerdings sowieso keine Nebenkosten mit dem Mieter vereinbart oder wer seinen Mieter, obwohl der dem Versicherer gegenüber einen Anspruch auf eine niedrige Selbstbeteiligung für Schäden hat, mit einer SB von 1000 Euro fahren lässt, der kann das Tableau nutzen.

Welche anderen Schweinereien in dem Tableau versteckt sind, erklären wir den Mitgliedern im internen Bereich der Seite und zeigen dort auch das Tableau selbst.

 

Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 32/24

Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 32/24

Amtsgericht Köln 276 C 179/23 vom 17.05.2024

1. Ein Verstoß des Geschädigten gegen seine Pflicht zur Geringhaltung des Schaden ist nicht festzustellen, denn das an ihn gerichtete Schreiben des Schädiger-Versicherers enthält kein annahmefähiges Angebot.
2. Die Höhe der erstattungsfähigen Mietwagenkosten wird bezüglich des Grundwertes mit dem Mischmodell bestimmt.
3. Ein Abzug für ersparte Eigenkosten in Höhe von 4 Prozent ist ausreichend.
4. Für unfallbedingte Mehrleistungen des Vermieters ist ein Aufschlag in Höhe von 20 Prozent vorzunehmen.
5. Ebenso sind die Kosten angefallener Nebenleistungen für eine Haftungsreduzierung, für Winterreifen und für das Zustellen und Abholen des Mietwagens zum Ort des Ersatzbedarfs erstattungsfähig.

Zusammenfassung: Das Amtsgericht Köln weist einen Vorwurf der Verletzung der Schadenminderungspflicht zurück und spricht die erforderlichen Mietwagenkosten nach dem Mischmodell zuzüglich Aufschlag und Nebenkosten zu.
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Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 31-24

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Landgericht Schweinfurt 32 S 15/23 vom 15.07.2024
(Vorinstanz Amtsgericht Schweinfurt 1 C 152/23 vom 26.04.2023)

1. Der Geschädigte hat mit der Miete des Ersatzfahrzeuges nicht gegen seine Pflicht zur Geringhaltung des Schadens verstoßen.
2. Das Schreiben der Beklagten enthielt kein relevantes Mietwagenangebot und damit waren auch die genannten Höchstpreise nicht relevant für den Geschädigten.
3. Der erforderliche Betrag für den Mietwagen bemisst sich daher nach regionalen Marktpreisen, welche mittels der Werten der Schwacke-Liste Automietpreisspiegel geschätzt werden.
4. Ein Abzug für ersparte Eigenkosten ist in Höhe von drei Prozent als angemessen anzusehen.
5. Kosten erforderlicher Nebenleistungen für Haftungsreduzierung und Winterreifen sind vom Versicherer des Unfallgegners ebenso zu erstatten.

Zusammenfassung: Das Landgericht Schweinfurt spricht dem Geschädigten weiteren Schadenersatz nach Anmietung eines Ersatzfahrzeuges zu. Der Geschädigte hat nicht gegen seine Schadenminderungspflicht verstoßen, als er bei einem regionalen Vermieter mietete, da ein Schreiben des Versicherers kein konkretes Mietwagenangebot enthielt. Die Höhe erstattungsfähiger Mietwagenkosten wird mittels Schwacke geschätzt.
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Stiftung Warentest und Unfallschadenregulierung: Verbraucherinformation inzwischen korrekt

Vor einiger Zeit hat die Stiftung Warentest noch sehr oberflächlich formulierte Hinweise für Unfallgeschädigte veröffentlicht. Dazu hatten wir sie konkret angeschrieben und auf Probleme mit Versicherungen des Unfallgegner bei frühem Kontakt hingewiesen, über die man wohl keine Kenntnis hatte.

Inzwischen heißt es bei der Stiftung Warentest richtig, dass Geschädigte sich vor einem zu frühen Kontakt mit dem Gegnerversicherer hüten sollten. Verlockende Angebote sind trügerisch, Absprachen gelten einseitig. Das Wissen um das Schadenrecht ist ungleich verteilt, daher:

Ohne einen Anwalt kein Wort zum Versicherer des Unfallgegners.

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Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 30-24

Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 30-24
Oberlandesgericht Oldenburg 1 U 173/22 vom 21.09.2023 (Vorinstanz Landgericht Osnabrück 7 O 1492/22 vom 19.10.2022) 1. Dem Kläger steht die Zahlung einer Nutzungsausfallpauschale für 148 Tage zu. 2. Der Anspruch besteht für den Zeitraum, der zur Wiederherstellung des vor dem Unfall bestehenden Zustandes erforderlich ist, in Form eines Wahlrechts eines konkreten Nutzungsausfallschadens wie Mietwagenkosten oder einer pauschalierten Entschädigung. 3. Der zu prüfende Nutzungswille ist grundsätzlich auch dann als gegeben anzusehen, wenn der Geschädigte ein beklagtenseits finanziertes Mietfahrzeug vorzeitig zurück gibt.

Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 29-24

Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 29-24

Amtsgericht Siegburg 112 C 151/23 vom 13.05.2024

1. Die Kosten des Ausfallschadens für einen Ersatzwagen sind nach den Mittelwerten aus Schwacke bestimmbar.
2. Eine Anwendung der Fraunhofer-Werte ist nicht mehr möglich, auch im Rahmen des Mischmodells Fracke nicht angezeigt.
3. Die Internetbeispiele, auf die die Beklagte verwies, sind kein konkreter Sachvortrag, beziehen sich nicht auf den zu entscheidenden Fall.
4. Kosten für Nebenleistungen, die für die Kompensation des Ausfallschadens des Geschädigten erforderlich gewesen sind, sind nach der Schwacke-Nebenkostentabelle erstattungsfähig.

Zusammenfassung: Diese Abteilung des Amtsgerichts Siegburg wendet die Fracke-Liste nicht mehr an. Da die Fraunhofer-Werte zumindest seit 2021 den örtlichen Markt – gerichtsbekannt – nicht mehr wenigstens einigermaßen realistisch abbildet, steht dem Gericht nur noch die Schwacke-Liste als verwendbare Schätzgrundlage zur Verfügung. Nebenkosten aus der Schwacke-Nebenkostentabelle kommen hinzu.

Bedeutung für die Praxis: Die
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Vorsicht vor Versprechungen der Versicherung des Unfallgegners

Das Schadenersatzrecht verlangt von Geschädigten eine gewisse Beachtung des Grundsatzes, dass der Schadenumfang nicht unnötig ausufern darf. Schadenminderungs-Obliegenheit lautet der korrekte Begriff. Versicherer versuchen seit Jahren, die unschuldig in einen Unfall verwickelten Geschädigten ganz früh – am Besten noch an der Unfallstelle – anzurufen und/oder ihnen ein erstes Schreiben zuzusenden und darin in freundliche Worte geparkte rechtliche Vorgaben zu machen.

Das Interesse des Haftpflichtversicherers des Unfallgegners ist dabei trotz der Freundlichkeit des Auftretens mitnichten das Wohl des Geschädigten, sondern ihr eigenes Budget. Es werden Behauptungen aufgestellt. Der Nennung von
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Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 28-24

Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 28-24

Amtsgericht Köln 264 C 88/23 vom 29.04.2024 (Datum mdl. Verhandlung)

1. Der Vorwurf der Versicherung gegen den Geschädigten ist unberechtigt, er hätte eine Preisvorgabe in Bezug auf die Mietwagenkosten beachten müssen. Der Versicherer hat ihm kein passendes annahmefähiges Angebot unterbreitet.
2. Die erforderlichen Mietwagenkosten richten sich nach dem auf dem Markt üblichen Preis, der mit Fracke geschätzt wird, abzüglich 4 Prozent Eigenersparnis bei gleicher Mietwagenklasse.
3. Zum Grundtarif kommen Kosten für Nebenleistungen hinzu, hier für Haftungsreduzierung, Winterreifen und Zustellen/Abholen.
4. Die Corona-bedingten Desinfektionskosten kann der Autovermieter nicht verlangen.

Zusammenfassung: Das Amtsgericht Köln sieht keinen Verstoß des Geschädigten gegen die Schadenminderungspflicht darin, dass eine Preisvorgabe nicht beachtet wurde. Das Gericht schätzt mit Mischmodell und fügt die Nebenkosten hinzu.

Bedeutung für die Praxis: Der
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Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 26-24

Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 26-24

Amtsgericht Leverkusen 24 C 163/23 vom 19.04.2024 

1. Ein Geschädigter muss sich im Normalfall nicht nach einem besonders günstigen Mietwagen erkundigen, um einen Ersatzwagen zu mieten und den Preis vom Haftpflichtversicherer vollständig ersetzt zu bekommen. 
2. Dem Vorwurf der Versicherung des Unfallgegners gegen den Geschädigten, der habe gegen seine Pflicht zur Schadengeringhaltung verstoßen, da er dessen Mietwagenangebot ausgeschlagen habe, widerspricht das Gericht.
3. Die Schätzung der zu erstattenden Mietwagenkosten entsprechend der Erforderlichkeit erfolgt mittels Mischmodell.
4. Kosten konkret angefallener Nebenleistungen für Haftungsreduzierung auf SB 150 und Zustellen/Abholen sind vom Versicherer zu erstatten.
5. Ein Abzug für ersparte Eigenkosten ist in Höhe von 10 Prozent als angemessen anzusehen, hier jedoch wegen einer klassenkleineren Anmietung nicht vorzunehmen.
6. Außergerichtliche Anwaltskosten hält das Gericht nicht für erforderlich.

Zusammenfassung: Das Amtsgericht Leverkusen sieht keinen Verstoß des Geschädigten durch Anmietung eines Ersatzwagens zum Marktpreis. Denn das angebliche Direktvermittlungsangebot war unzureichend. Die Mietwagenkosten werden mittels Fracke bestimmt zuzüglich Nebenkosten.

Bedeutung für die Praxis: Ob sich der Geschädigte nach günstigeren Mietwagenangeboten erkundigen muss, hängt einzig und allein vom Preis des Ersatzwagens ab, den er angeboten bekommt. Ist der Preis nicht deutlich zu teuer, muss er sich auch nicht nach Alternativen erkundigen.
Der Geschädigte erhielt von der Beklagten kein konkretes Mietwagenangebot. Es war lediglich ein allgemeiner Hinweis, der umfangreiche Prüfungen und umständliche Erkundigungen erfordert hätte. Das hat dem Gericht nicht ausgereicht, daher durfte er sich ein Fahrzeug seiner Wahl zum Marktpreis besorgen. Dieser wird an Fracke gemessen. Hier zieht das Gericht zweifelhafte Schlussfolgerungen: Wenn die Kläger von sich aus nur Fracke einklagen würden, sei erkennbar, dass das Mischmodell richtig ist. Der Grund dafür dürfte jedoch sein, dass Gerichte beim Mischmodell verharren wollen und Argumenten der Kläger nicht zugänglich sind, da ein Abweichen Aufwand nach sich zieht. Kläger reduzieren nur aus einem Grund ihre Forderungen auf Fracke: Weil es zu teuer ist, immer wieder per Quote Verfahrenskosten zu tragen.
Die Kosten einer Haftungsreduzierung mit geringer Selbstbeteiligung sind unabhängig von der Frage zu erstatten, ob der Geschädigten sein eigenes beschädigtes Fahrzeug auch mit einer niedrigen Selbstbeteiligung bei einem Kaskoversicherer abgesichert hat. Bereits die Unsicherheiten im Umgang mit einem Mietwagen seien Grund genug dafür. 
Sonderbar urteilt das Gericht auch in Bezug auf die Kosten der außergerichtlichen Anwaltsbeauftragung. Danach hätte der Zessionar vorgerichtlich keinen Anwalt einschalten dürfen, da er als Dienstleister selbst rechtskundig sei. Als würden alle Versicherer und dort alle Sachbearbeiter gleich reagieren. Doch so ist es nicht und der Versuch, jeden Regulierungsfall außergerichtlich zu klären, sollten Gerichte fördern und nicht abwürgen.

Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 25-24

Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 25-24

Amtsgericht Brühl 25 C 121/23 vom 03.06.2024 

1. Zur Schätzung der nach einem Unfall erforderlichen Mietwagenkosten ist der Mittelwert aus Schwacke und Fraunhofer geeignet.
2. Der Beklagten gelingt es mit den vorlegten Internetbeispielen nicht, geeignete Argumente gegen die Verwendung der Schwacke-Liste im Rahmen des Mischmodells anzubringen, u.a. da ein von der Klägerin vorgelegtes Internetangebot einen weit höheren Betrag enthält.
3. Auf den Grundbetrag ist ein Aufschlag wegen unfallbedingter Mehrleistungen in Höhe von 20 Prozent zuzusprechen.
4. Kosten der erweiterten Haftungsreduzierung sind schon deshalb erstattungsfähig, weil ein eventueller Schaden bei einem nahezu neuen Mietfahrzeug viel teurer werden könnte als beim eigenen in der Regel älteren Fahrzeug.
5. Der Beklagten ist nicht in der Ansicht zu folgen, eine Navigations-Ausstattung sei nicht erforderlich, weil der Geschädigte  sein Mobiltelefon hätte verwenden können.

Zusammenfassung: Das Amtsgericht Brühl wendet den Mittelwert aus den Listen an zuzüglich unfallbedingtem Aufschlag und Nebenkosten.

Bedeutung für die Praxis: In zwei Punkten gibt das Gericht ausführliche Antworten auf abenteuerliche Vorstöße der Beklagten: zur Haftungsreduzierung und zum Anspruch auf Ausstattung mit einem Navigationsgerät.
Das Anrecht des Geschädigten auf die vertraglich vereinbarte Reduzierung der Haftung für eventuelle Beschädigungen am Mietwagen und die Erstattung der entstehenden Kosten wird im Verfahren vom Versicherer – im Widerspruch zur BGH-Rechtsprechung – in Abrede gestellt. Das Gericht sieht das anders und begründet ausführlich, warum der Geschädigte einen Anspruch auf diese Absicherung hat. Das Mietfahrzeug habe in der Regel einen viel höheren Wert als das Fahrzeug des Geschädigten. Kommt es zu Schäden, sind die drohenden Kosten dann viel höher als beim eigenen Fahrzeug. Auch steige das Risiko eines Schadens, weil der Mietwagen (im Umgang und seinen Abmessungen) ungewohnt sei. Auch im Selbstzahler-Markt mieten Kunden mit niedriger Selbstbeteiligung an. Daher könne der Kläger die Erstattung der Kosten für Haftungsreduzierung verlangen.
Zur Ausstattung des Ersatzfahrzeuges mit Navigation verweist die Beklagte darauf, dass der Geschädigte sein Mobiltelefon dafür nutzen könnte und daher die Navigationsausstattung nicht erforderlich, Kosten dafür nicht ersatzfähig seien. Das Gericht verneint auch das, da die Funktionalität eine herabgesetzte sei, wie die Größe des Bildschirms, Bild- und Tongebung, und die Bedienung eines Mobiltelefons zum Navigieren eine Handyhalterung voraussetzen würde, um es dem Straßenverkehrsrecht entsprechend nutzen zu dürfen. Ein integriertes System ist daher erforderlich und dessen Kosten zu erstatten. 

Zitat: „Kosten Haftungsreduzierung sind vom Schädiger zu übernehmen“ 

Die Kosten für eine Vollkaskoversicherung sind zu ersetzen. Dies liegt darin begründet, dass die Kosten für einen Schaden am Mietwagen meist höher sind als die für den eigenen Wagen. Mietwägen sind in der Regel moderner als der eigene Wagen und dadurch kommt es auch zu höheren Reparaturkosten. Zudem sind die Fahrer eines Mietwagens zumeist an ihren eigenen Wagen gewöhnt und nicht an den Mietwagen. Dadurch bestehende Besonderheiten sind einem Mietwagenfahrer meist nicht sofort bekannt. Weiterhin ist es auch in Fällen der Anmietung eines Wagens über gängige Vermieter auf dem Markt nicht unüblich, dass die Kunden eine Vollkaskoversicherung mit einbeziehen. Zudem ist zu beachten, dass die Beklagte mit ihren Ausführungen, weswegen ein Zusatzfahrer nicht erstattungsfähig ist, sich widersprüchlich zu ihren Aussagen bezüglich der Vollkaskoversicherung verhält. Wenn aus ihrer Sicht angemerkt wird, dass die Kosten eines Zusatzfahrers nicht zu ersetzen sind, weil eine Vollkaskoversicherung abgeschlossen wurden ist, dann erkennt sie so indirekt doch selbst an, dass bestimmte extra Risiken bestehen, die abgesichert werden sollten.“ (Amtsgericht Brühl 25 C 121/23 vom 03.06.2024)

Zitat: „Kosten Navigation-Ausstattung sind vom Schädiger zu übernehmen“ 

„Auch die Kosten für ein Navigationssystem sind zu ersetzen. Dass die Beklagte darauf verweist, dass die Nutzung durch eine App auf einem Smartphone sinnvoller gewesen wäre, ändert daran nichts. Der Vorteil der einschlägigen Programme auf dem Smartphone liegt vor allem darin, auf aktuelle Staus, Unfälle oder ähnliche Probleme zu reagieren (wenn diese auftreten). Im Rahmen der üblichen Ansage der Fahrtstrecke, ergibt sich aber selten ein Vorteil. Die Wegführung dürfte in der Regel über ähnliche Strecken gehen. Die Straßenführung ändern sich nicht so schnell wie es die Technik tut. Zudem hat die Nutzung eines Smartphones für die Navigation den Nachteil, dass der Bildschirm im Verhältnis zum Navigationssystem in einem Auto kleiner ist. Die Erkennbarkeit ist zwar grundsätzlich möglich, aber es macht einen Unterschied, ob auf einen ca 6 Zoll oder auf einen ca 14 Zoll großen Bildschirm geschaut wird. Weiterhin wäre bei der Navigation über ein Smartphone regelmäßig noch eine Halterung notwendig, damit das Smartphone in einer Höhe sichtbar ist, die es erlaubt, auf das Gerät zu schauen, ohne erheblich vom Straßenverkehr abgelenkt zu sein. Eine solche Halterung hat nicht jede Person und würde selbst neue Kosten erzeugen. Weiterhin dürften die meisten Autofahrer sowohl die Bild- als auch Tonfunktion eines Navigationssystems nutzen. Im Rahmen dessen muss sichergestellt werden, dass die Person sich nicht zu sehr auf das Navigationssystem konzentriert, vgl. § 23 la Nr. 2 b) StVO. Ob dies durch die Umstände bei einem Smartphone nun besser ist als bei einem im Auto integrierten Navigationssystem erfolgen kann, ist zweifelhaft.“ (Amtsgericht Brühl 25 C 121/23 vom 03.06.2024)

Versicherungen schwer getroffen

Eine Kammer des Landgerichtes Bonn hatte sich vor einiger Zeit von der Fracke-Rechtsprechung abgewendet und schätzt nun wieder allein mit den Werten der Schwacke-Liste. Hintergrund dafür war der erfolgreiche Nachweis eines örtlichen Vermieters, dass die Fraunhofer-Werte den Preis des Mietwagenmarktes nicht bzw. falsch abbilden und sein Verweis auf viele Ungereimtheiten bei Fraunhofer, u.a. dass dort bei Internetpreisen die gefundenen Fahrzeug-Darstellungen lediglich auf die Fahrzeug-Kategorisierung von ACRISS zu beziehen sind und nicht auf die schadenersatzrechtlich notwendige Einteilung der Fahrzeuge in Mietwagenklassen nach Schwacke.

Das Ergebnis: Fraunhofer kann nicht richtig sein, wenn die Fahrzeugeinteilung aus dem Blickwinkel des Schadenrechts willkürlich erfolgt.

Dadurch scheinen Versicherer hart getroffen. Sie wollen wohl versuchen, diesen Gedanken soweit wie möglich im Keim zu ersticken, bevor auch andere Gerichte den Gedanken „willkürliche Fahrzeugeinteilung“ verfolgen und (weil der Gedanke zwingend ist) das Mischmodell ebenso verwerfen wie es das LG Bonn getan hat.

Woran ist die Aufregung bei den Versicherern erkennbar?

Man will das Problem bekämpfen und nutzt dazu versicherungsnahe (aus unserer Sicht) Autoren in der Anwaltschaft, teilweise Ex-OLG-Richter.

Zunächst formulierte ein Dr. Scholten, früher schon als Vorsitzender eines OLG-Senates mit wilden Urteilsbegründungen zu Fraunhofer u.a. aufgefallen und nun als Anwalt tätig, einen unter Richtern unüblichen Angriff auf die renommierte erste Kammer des Landgerichtes in Bonn. Nun schreiben weitere Autoren einer „Versicherungskanzlei“ mit Blick auf das Landgericht Bonn „Zweifelhaft erscheint die kaum einleuchtende Meinung, die Fraunhoferliste sei wegen der Anwendung des ACRISS-Systems im Rahmen der Kategorisierung der Mietwagen nicht verwendbar“ (Halm + Fitz in DAR 6/2024, S. 308). 

Wer sich mit der ACRISS-Einteilung befasst oder sie sich erklären lässt, wird zwangsläufig feststellen, dass Fraunhofer keine korrekten Mietwagenklassen daraus ableiten kann und damit alle Werte der Fraunhofer-Liste willkürlich sein müssen. Das beginnt bereits bei der Preisnennung im Internet, die immer nur eine Beispielangabe darstellt, Zitat: „oder ähnlich“, aber nicht konkret und schon gar nicht mit Ausstattung und Motorisierung versehen ist. Eine korrekte Schwacke-Mietwagenklasse lässt sich für einen Beispiel-Preis daher nie und nimmer ableiten.

Das hat das Landgericht Bonn verstanden und wollen die genannten Autoren – aus ihrer Position im Lager des Versicherers nachvollziehbar – nicht verstehen.

Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 26-24

Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 26-24

Amtsgericht Leverkusen 24 C 163/23 vom 19.04.2024 

1. Ein Geschädigter muss sich im Normalfall nicht nach einem besonders günstigen Mietwagen erkundigen, um einen Ersatzwagen zu mieten und den Preis vom Haftpflichtversicherer vollständig ersetzt zu bekommen. 
2. Dem Vorwurf der Versicherung des Unfallgegners gegen den Geschädigten, der habe gegen seine Pflicht zur Schadengeringhaltung verstoßen, da er dessen Mietwagenangebot ausgeschlagen habe, widerspricht das Gericht.
3. Die Schätzung der zu erstattenden Mietwagenkosten entsprechend der Erforderlichkeit erfolgt mittels Mischmodell.
4. Kosten konkret angefallener Nebenleistungen für Haftungsreduzierung auf SB 150 und Zustellen/Abholen sind vom Versicherer zu erstatten.
5. Ein Abzug für ersparte Eigenkosten ist in Höhe von 10 Prozent als angemessen anzusehen, hier jedoch wegen einer klassenkleineren Anmietung nicht vorzunehmen.
6. Außergerichtliche Anwaltskosten hält das Gericht nicht für erforderlich.

Zusammenfassung: Das Amtsgericht Leverkusen sieht keinen Verstoß des Geschädigten durch Anmietung eines Ersatzwagens zum Marktpreis. Denn das angebliche Direktvermittlungsangebot war unzureichend. Die Mietwagenkosten werden mittels Fracke bestimmt zuzüglich Nebenkosten.

Bedeutung für die Praxis: Ob sich der Geschädigte nach günstigeren Mietwagenangeboten erkundigen muss, hängt einzig und allein vom Preis des Ersatzwagens ab, den er angeboten bekommt. Ist der Preis nicht deutlich zu teuer, muss er sich auch nicht nach Alternativen erkundigen.
Der Geschädigte erhielt von der Beklagten kein konkretes Mietwagenangebot. Es war lediglich ein allgemeiner Hinweis, der umfangreiche Prüfungen und umständliche Erkundigungen erfordert hätte. Das hat dem Gericht nicht ausgereicht, daher durfte er sich ein Fahrzeug seiner Wahl zum Marktpreis besorgen. Dieser wird an Fracke gemessen. Hier zieht das Gericht zweifelhafte Schlussfolgerungen: Wenn die Kläger von sich aus nur Fracke einklagen würden, sei erkennbar, dass das Mischmodell richtig ist. Der Grund dafür dürfte jedoch sein, dass Gerichte beim Mischmodell verharren wollen und Argumenten der Kläger nicht zugänglich sind, da ein Abweichen Aufwand nach sich zieht. Kläger reduzieren nur aus einem Grund ihre Forderungen auf Fracke: Weil es zu teuer ist, immer wieder per Quote Verfahrenskosten zu tragen.
Die Kosten einer Haftungsreduzierung mit geringer Selbstbeteiligung sind unabhängig von der Frage zu erstatten, ob der Geschädigten sein eigenes beschädigtes Fahrzeug auch mit einer niedrigen Selbstbeteiligung bei einem Kaskoversicherer abgesichert hat. Bereits die Unsicherheiten im Umgang mit einem Mietwagen seien Grund genug dafür. 
Sonderbar urteilt das Gericht auch in Bezug auf die Kosten der außergerichtlichen Anwaltsbeauftragung. Danach hätte der Zessionar vorgerichtlich keinen Anwalt einschalten dürfen, da er als Dienstleister selbst rechtskundig sei. Als würden alle Versicherer und dort alle Sachbearbeiter gleich reagieren. Doch so ist es nicht und der Versuch, jeden Regulierungsfall außergerichtlich zu klären, sollten Gerichte fördern und nicht abwürgen.

Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 25-24

Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 25-24

Amtsgericht Brühl 25 C 121/23 vom 03.06.2024 

1. Zur Schätzung der nach einem Unfall erforderlichen Mietwagenkosten ist der Mittelwert aus Schwacke und Fraunhofer geeignet.
2. Der Beklagten gelingt es mit den vorlegten Internetbeispielen nicht, geeignete Argumente gegen die Verwendung der Schwacke-Liste im Rahmen des Mischmodells anzubringen, u.a. da ein von der Klägerin vorgelegtes Internetangebot einen weit höheren Betrag enthält.
3. Auf den Grundbetrag ist ein Aufschlag wegen unfallbedingter Mehrleistungen in Höhe von 20 Prozent zuzusprechen.
4. Kosten der erweiterten Haftungsreduzierung sind schon deshalb erstattungsfähig, weil ein eventueller Schaden bei einem nahezu neuen Mietfahrzeug viel teurer werden könnte als beim eigenen in der Regel älteren Fahrzeug.
5. Der Beklagten ist nicht in der Ansicht zu folgen, eine Navigations-Ausstattung sei nicht erforderlich, weil der Geschädigte  sein Mobiltelefon hätte verwenden können.

Zusammenfassung: Das Amtsgericht Brühl wendet den Mittelwert aus den Listen an zuzüglich unfallbedingtem Aufschlag und Nebenkosten.

Bedeutung für die Praxis: In zwei Punkten gibt das Gericht ausführliche Antworten auf abenteuerliche Vorstöße der Beklagten: zur Haftungsreduzierung und zum Anspruch auf Ausstattung mit einem Navigationsgerät.
Das Anrecht des Geschädigten auf die vertraglich vereinbarte Reduzierung der Haftung für eventuelle Beschädigungen am Mietwagen und die Erstattung der entstehenden Kosten wird im Verfahren vom Versicherer – im Widerspruch zur BGH-Rechtsprechung – in Abrede gestellt. Das Gericht sieht das anders und begründet ausführlich, warum der Geschädigte einen Anspruch auf diese Absicherung hat. Das Mietfahrzeug habe in der Regel einen viel höheren Wert als das Fahrzeug des Geschädigten. Kommt es zu Schäden, sind die drohenden Kosten dann viel höher als beim eigenen Fahrzeug. Auch steige das Risiko eines Schadens, weil der Mietwagen (im Umgang und seinen Abmessungen) ungewohnt sei. Auch im Selbstzahler-Markt mieten Kunden mit niedriger Selbstbeteiligung an. Daher könne der Kläger die Erstattung der Kosten für Haftungsreduzierung verlangen.
Zur Ausstattung des Ersatzfahrzeuges mit Navigation verweist die Beklagte darauf, dass der Geschädigte sein Mobiltelefon dafür nutzen könnte und daher die Navigationsausstattung nicht erforderlich, Kosten dafür nicht ersatzfähig seien. Das Gericht verneint auch das, da die Funktionalität eine herabgesetzte sei, wie die Größe des Bildschirms, Bild- und Tongebung, und die Bedienung eines Mobiltelefons zum Navigieren eine Handyhalterung voraussetzen würde, um es dem Straßenverkehrsrecht entsprechend nutzen zu dürfen. Ein integriertes System ist daher erforderlich und dessen Kosten zu erstatten. 

Zitat: „Kosten Haftungsreduzierung sind vom Schädiger zu übernehmen“ 

Die Kosten für eine Vollkaskoversicherung sind zu ersetzen. Dies liegt darin begründet, dass die Kosten für einen Schaden am Mietwagen meist höher sind als die für den eigenen Wagen. Mietwägen sind in der Regel moderner als der eigene Wagen und dadurch kommt es auch zu höheren Reparaturkosten. Zudem sind die Fahrer eines Mietwagens zumeist an ihren eigenen Wagen gewöhnt und nicht an den Mietwagen. Dadurch bestehende Besonderheiten sind einem Mietwagenfahrer meist nicht sofort bekannt. Weiterhin ist es auch in Fällen der Anmietung eines Wagens über gängige Vermieter auf dem Markt nicht unüblich, dass die Kunden eine Vollkaskoversicherung mit einbeziehen. Zudem ist zu beachten, dass die Beklagte mit ihren Ausführungen, weswegen ein Zusatzfahrer nicht erstattungsfähig ist, sich widersprüchlich zu ihren Aussagen bezüglich der Vollkaskoversicherung verhält. Wenn aus ihrer Sicht angemerkt wird, dass die Kosten eines Zusatzfahrers nicht zu ersetzen sind, weil eine Vollkaskoversicherung abgeschlossen wurden ist, dann erkennt sie so indirekt doch selbst an, dass bestimmte extra Risiken bestehen, die abgesichert werden sollten.“ (Amtsgericht Brühl 25 C 121/23 vom 03.06.2024)

Zitat: „Kosten Navigation-Ausstattung sind vom Schädiger zu übernehmen“ 

„Auch die Kosten für ein Navigationssystem sind zu ersetzen. Dass die Beklagte darauf verweist, dass die Nutzung durch eine App auf einem Smartphone sinnvoller gewesen wäre, ändert daran nichts. Der Vorteil der einschlägigen Programme auf dem Smartphone liegt vor allem darin, auf aktuelle Staus, Unfälle oder ähnliche Probleme zu reagieren (wenn diese auftreten). Im Rahmen der üblichen Ansage der Fahrtstrecke, ergibt sich aber selten ein Vorteil. Die Wegführung dürfte in der Regel über ähnliche Strecken gehen. Die Straßenführung ändern sich nicht so schnell wie es die Technik tut. Zudem hat die Nutzung eines Smartphones für die Navigation den Nachteil, dass der Bildschirm im Verhältnis zum Navigationssystem in einem Auto kleiner ist. Die Erkennbarkeit ist zwar grundsätzlich möglich, aber es macht einen Unterschied, ob auf einen ca 6 Zoll oder auf einen ca 14 Zoll großen Bildschirm geschaut wird. Weiterhin wäre bei der Navigation über ein Smartphone regelmäßig noch eine Halterung notwendig, damit das Smartphone in einer Höhe sichtbar ist, die es erlaubt, auf das Gerät zu schauen, ohne erheblich vom Straßenverkehr abgelenkt zu sein. Eine solche Halterung hat nicht jede Person und würde selbst neue Kosten erzeugen. Weiterhin dürften die meisten Autofahrer sowohl die Bild- als auch Tonfunktion eines Navigationssystems nutzen. Im Rahmen dessen muss sichergestellt werden, dass die Person sich nicht zu sehr auf das Navigationssystem konzentriert, vgl. § 23 la Nr. 2 b) StVO. Ob dies durch die Umstände bei einem Smartphone nun besser ist als bei einem im Auto integrierten Navigationssystem erfolgen kann, ist zweifelhaft.“ (Amtsgericht Brühl 25 C 121/23 vom 03.06.2024)

Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 24-24

Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 24-24

Landgericht Saarbrücken 6 O 279/23 vom 02.05.2024

1. Der berechtigte Fahrer ist zu vollständigem Schadenersatz für den am Mietfahrzeuge durch eine Trunkenheitsfahrt entstandenen Schaden zu verurteilen.
2. Die vertraglich vereinbarte Haftungsreduzierung auf eine Selbstbeteiligung pro Schadenfall greift nicht bei einer Nutzung des Mietwagens mit einem Blutalkoholgehalt ab 1,1 Promille.
3. Der Verweis des Beklagten auf einen aus seiner Sicht als Arbeitnehmer dem das Fahrzeug vom Mieter / Arbeitgeber überlassen wurde ungültigen Mietvertrag wird vom Gericht zurückgewiesen.
4. Der Fahrer kann sich auch nicht darauf berufen, dass er als im Mietvertrag eingetragener Fahrer die Mietbedingungen nicht kannte.
5. Bei einer Fahrt unter absoluter Fahruntüchtigkeit ist von grober Fahrlässigkeit auszugehen und bei der Schwere des Verschuldens greift die mietvertraglich vereinbarte Haftungsreduzierung nicht.
6. Der zum Schadenersatz zu verurteilende Mieter hat auch die Kosten der Schadenfeststellung durch den Sachverständigen, die Schadenpauschale und Rechtsanwaltsgebühren für die außergerichtliche anwaltliche Tätigkeit zu erstatten.

Zusammenfassung: Das Landgericht Saarbrücken verurteilte einen Alkoholfahrer mit 1,3 Promille zu 100 Prozent Schadenersatz für Schäden am Mietfahrzeug und Folgekosten. Es half ihm nichts, dass er den Mietwagen von seinem Arbeitgeber gestellt bekam und daher wie er meinte die Mietbedingungen zur Haftungsreduzierung nicht kannte.

Bedeutung für die Praxis: Fahrten von Mietern unter Einfluss von Rauschmitteln sind ein stete Bedrohung für den Autovermieter. Nicht nur die Schäden am vermietetem Gut, auch Schäden bei Dritten bedeuten letztlich hohe Kosten in der Autovermietung, die es so gut es geht an den Mieter weiterzugeben gilt. Daher ist es wichtig, die Mietbedingungen richtig zu formulieren und darüber hinaus den Mietern die Folgen von Obliegenheitsverletzungen wie diese vor Augen zu führen: Wer alkoholisiert fährt, gefährdet nicht nur Eigentum und Gesundheit anderer, sondern auch seine private wirtschaftliche Existenz. Urteile wie dieses zeigen auch den mittelständischen Unternehmen, dass es sich lohnen sollte, in solchen Fällen mit hochwertigem Anwaltsbeistand aufs Ganze zu gehen. Der Mieter wird den Betrag mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht bezahlen können, aber er wird für lange Zeit kein Auto mehr mieten.

Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 27-24

Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 27-24

Landgericht Bonn 5 S 30/24 vom 17.06.2024 (Beschluss)
(Vorinstanz Amtsgericht Bonn 116 C 262/23 vom 09.04.2024)

1. Ein Geschädigter verstößt nicht gegen seine Pflicht zur Geringhaltung des Schadens, wenn er einen Ersatzwagen zum Marktpreis anmietet.
2. Ein telefonischer Anruf erfüllt grundsätzlich nicht die Anforderungen an ein verbindliches Direktvermittlungsangebot für den Geschädigten.
3. Wenn nicht erkennbar ist, dass dem Geschädigten die genauen Konditionen transparent gemacht wurden, reicht ein Angebot auch über ein Telefonat hinaus nicht aus und ist daher für den Geschädigten nicht bindend.
4. Der bloße Versuch, den Geschädigten zu einem eigenen Kontakt mit einem kooperierenden Autovermieter zu verpflichten, ersetzt nicht die Notwendigkeit eines „ohne weiteres“ zugänglichen Angebotes. 

Zusammenfassung: Das Landgericht Bonn weist die Berufungsausführungen der Beklagten zur Schadenminderungspflicht des Geschädigten mit der Begründung zurück, dass der Versicherer kein konkretes und annahmefähiges Angebot unterbreitet hat.

Bedeutung für die Praxis: Der
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Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 23-24

Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 23-24

Amtsgericht Bielefeld 403 C 16/24 vom 13.03.2024 

1. Die Miete eines Ersatzfahrzeugs war über die gesamte der Mietwagenforderung zugrunde liegende Mietdauer gerechtfertigt.
2. Die Schätzung der erforderlichen Mietwagenkosten ist anhand des Mischmodells der Listen Schwacke und Fraunhofer vorzunehmen.
3. Dem sich daraus ergebenden Grundbetrag sind Kosten für eine erweiterte Haftungsreduzierung hinzuzufügen, da beide Listen eine solche Zusatzleistung nur mit sehr hohen Selbstbeteiligungen berücksichtigt haben, der Geschädigte einen Anspruch auf einen Haftungsausschluss (SB = 0) hat und diese zusätzlichen Kosten angefallen sind.
4. Weitere Nebenkosten für Zustellen und Abholen, wintertaugliche Bereifung, die Erlaubnis zur Nutzung durch einen weiteren Fahrer und die Zusatzausstattung des Mietfahrzeuges mit einem Navigationsgerät sind ebenso als erforderlich anzusehen und da die Leistungen erbracht wurden, dem Kläger aus abgetretenem Recht auch zu erstatten.
5. Im Rahmen einer während des Prozesses vom Kläger vorgenommenen Klageerweiterung gelten übliche Verjährungszeiträume für zivilrechtliche Forderungen und da der Betrag der Klageerweiterung nicht Teil des ursprünglichen Streitgegenstandes war, ist zwischenzeitlich Verjährung eingetreten.

Zusammenfassung: Das Amtsgericht Bielefeld orientiert sich an der Mittelwert-Rechtsprechung des Berufungsgerichtes. Nebenkosten für Haftungsreduzierung, Zustellfahrten, Winterreifen, Zusatzfahrer und Navigation sind ebenso erstattungsfähig. Eine verlängerte Mietdauer geht zu Lasten des Schädigers, wenn dem Geschädigten kein Überwachungsverschulden vorzuwerfen ist.

Bedeutung für die Praxis: Zunächst nicht ungewöhnlich wendet das Gericht das Mischmodell Fracke an. In den Begründungen offenbart es jedoch eigene Erkenntnisse, die das infrage stellen. So wird die Verwendung lediglich der Fraunhofer-Liste damit verneint, dass von der Beklagten vorgelegte Internet-Screenshots von einer Vorauszahlungspflicht des Mietzinses und vom Einsatz einer Kreditkarte spätestens bei Abholung des Fahrzeuges ausgehen. Das sei unzumutbar. Aber genau dies und viele weitere Vorbedingungen treffen auch auf die Internetwerte der Fraunhofer-Liste zu. Außerdem seien Internetangebote kein genereller Tarif. Konsequent wäre es daher gewesen, auch die Fraunhofer-Liste im Rahmen des Mischmodells abzulehnen. 
Das Gericht arbeitet deutlich und korrekt die Details zum lediglich geringen Umfang der Haftungsreduzierung heraus, wie sie in den Listen-Grundpreisen inkludiert ist (Fraunhofer 750 € bis 1.500 € und Schwacke 500 € bis 1.500 €). Damit ist dem häufigen Versicherer-Behauptung zu begegnen, dass Zusatzkosten der Haftungsreduzierung unberechtigt gefordert würden, da angeblich bereits im Grundpreis inkludiert.
In Bezug auf die tatsächliche Mietdauer, die der klägerischen Forderung zugrunde liegt, sieht das Gericht das Risiko einer im Vergleich zur Angabe im Sachverständigengutachten längeren Reparatur beim Schädiger. Der Kläger hat mit einem Ablaufplan dargestellt, warum die Reparatur länger dauerte. Damit ist dem Geschädigten in dem konkreten Fall weder Auswahl- noch Überwachungsverschulden vorzuwerfen. Mit Blick auf die neue Rechtsprechung des BGH ist für die Zukunft zu vermuten, dass Gerichte, zumindest wenn der Geschädigte klagt, dieser Frage nicht mehr nachgehen werden. Liegt kein offensichtlicher und laienerkennbarer Grund dafür vor, dass der Geschädigte woanders hätte reparieren oder während des Reparaturprozessen hätte eingreifen müssen, muss der Frage nicht mehr nachgegangen werden. Hat der Schädiger einen Grund, dem Reparaturbetrieb etwas vorzuwerfen, muss er das in einem separaten Verfahren auf dem Rückweg versuchen, wozu ihm vom Geschädigten eventuelle Rückforderungsansprüche abgetreten werden müssen. Klagt der Rechnungsaussteller aus abgetretenem Recht dagegen, dürfte es wie bisher bereits im Schadenersatzprozess zu klären sein, warum die Reparatur länger dauerte. 

 

Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 23-24

Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 23-24

Amtsgericht Bielefeld 403 C 16/24 vom 13.03.2024 

1. Die Miete eines Ersatzfahrzeugs war über die gesamte der Mietwagenforderung zugrunde liegende Mietdauer gerechtfertigt.
2. Die Schätzung der erforderlichen Mietwagenkosten ist anhand des Mischmodells der Listen Schwacke und Fraunhofer vorzunehmen.
3. Dem sich daraus ergebenden Grundbetrag sind Kosten für eine erweiterte Haftungsreduzierung hinzuzufügen, da beide Listen eine solche Zusatzleistung nur mit sehr hohen Selbstbeteiligungen berücksichtigt haben, der Geschädigte einen Anspruch auf einen Haftungsausschluss (SB = 0) hat und diese zusätzlichen Kosten angefallen sind.
4. Weitere Nebenkosten für Zustellen und Abholen, wintertaugliche Bereifung, die Erlaubnis zur Nutzung durch einen weiteren Fahrer und die Zusatzausstattung des Mietfahrzeuges mit einem Navigationsgerät sind ebenso als erforderlich anzusehen und da die Leistungen erbracht wurden, dem Kläger aus abgetretenem Recht auch zu erstatten.
5. Im Rahmen einer während des Prozesses vom Kläger vorgenommenen Klageerweiterung gelten übliche Verjährungszeiträume für zivilrechtliche Forderungen und da der Betrag der Klageerweiterung nicht Teil des ursprünglichen Streitgegenstandes war, ist zwischenzeitlich Verjährung eingetreten.

Zusammenfassung: Das Amtsgericht Bielefeld orientiert sich an der Mittelwert-Rechtsprechung des Berufungsgerichtes. Nebenkosten für Haftungsreduzierung, Zustellfahrten, Winterreifen, Zusatzfahrer und Navigation sind ebenso erstattungsfähig. Eine verlängerte Mietdauer geht zu Lasten des Schädigers, wenn dem Geschädigten kein Überwachungsverschulden vorzuwerfen ist.

Bedeutung für die Praxis: Zunächst nicht ungewöhnlich wendet das Gericht das Mischmodell Fracke an. In den Begründungen offenbart es jedoch eigene Erkenntnisse, die das infrage stellen. So wird die Verwendung lediglich der Fraunhofer-Liste damit verneint, dass von der Beklagten vorgelegte Internet-Screenshots von einer Vorauszahlungspflicht des Mietzinses und vom Einsatz einer Kreditkarte spätestens bei Abholung des Fahrzeuges ausgehen. Das sei unzumutbar. Aber genau dies und viele weitere Vorbedingungen treffen auch auf die Internetwerte der Fraunhofer-Liste zu. Außerdem seien Internetangebote kein genereller Tarif. Konsequent wäre es daher gewesen, auch die Fraunhofer-Liste im Rahmen des Mischmodells abzulehnen. 
Das Gericht arbeitet deutlich und korrekt die Details zum lediglich geringen Umfang der Haftungsreduzierung heraus, wie sie in den Listen-Grundpreisen inkludiert ist (Fraunhofer 750 € bis 1.500 € und Schwacke 500 € bis 1.500 €). Damit ist dem häufigen Versicherer-Behauptung zu begegnen, dass Zusatzkosten der Haftungsreduzierung unberechtigt gefordert würden, da angeblich bereits im Grundpreis inkludiert.
In Bezug auf die tatsächliche Mietdauer, die der klägerischen Forderung zugrunde liegt, sieht das Gericht das Risiko einer im Vergleich zur Angabe im Sachverständigengutachten längeren Reparatur beim Schädiger. Der Kläger hat mit einem Ablaufplan dargestellt, warum die Reparatur länger dauerte. Damit ist dem Geschädigten in dem konkreten Fall weder Auswahl- noch Überwachungsverschulden vorzuwerfen. Mit Blick auf die neue Rechtsprechung des BGH ist für die Zukunft zu vermuten, dass Gerichte, zumindest wenn der Geschädigte klagt, dieser Frage nicht mehr nachgehen werden. Liegt kein offensichtlicher und laienerkennbarer Grund dafür vor, dass der Geschädigte woanders hätte reparieren oder während des Reparaturprozessen hätte eingreifen müssen, muss der Frage nicht mehr nachgegangen werden. Hat der Schädiger einen Grund, dem Reparaturbetrieb etwas vorzuwerfen, muss er das in einem separaten Verfahren auf dem Rückweg versuchen, wozu ihm vom Geschädigten eventuelle Rückforderungsansprüche abgetreten werden müssen. Klagt der Rechnungsaussteller aus abgetretenem Recht dagegen, dürfte es wie bisher bereits im Schadenersatzprozess zu klären sein, warum die Reparatur länger dauerte. 

 

Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 22-24

Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 22-24

Amtsgericht Königswinter 15 C 2/24 vom 08.05.2024

1. Den Maßstab für die wirtschaftliche Erforderlichkeit für Mietwagenkosten bildet der am Markt übliche Normaltarif nach der Schwacke-Liste.
2. Das Gericht ändert seine bisherige Rechtsprechung in der Frage der heranziehbaren Listen mit Verweis auf den BGH ausdrücklich und hält die Fraunhofer-Liste nicht mehr für anwendbar und die Anwendung des Mischmodells nicht mehr für gerechtfertigt.
3. Die Beklagte hat weder mit dem Hinweis auf angebliche Vorzüge von Fraunhofer noch mit allgemeiner Kritik an Schwacke und auch nicht mit Internetbeispielen die Anforderungen an den konkreten Sachvortrag zur Erschütterung der Verwendbarkeit einer Schätzgrundlage erfüllt.
4. Dem Geschädigten ist grundsätzlich nicht zuzumuten, im Internet oder anderswo nach besonders günstigen Anbietern zu suchen, da lediglich der Normaltarif nach Schwacke gefordert wird.
5. Der erstattungsfähige Betrag ist im Rahmen der Addition von Pauschalen (Woche + 3 Tage + Tag) zu ermitteln, Kosten erforderlicher Nebenkosten kommen hinzu.
6. Die Klägerin – eine Autovermietung – durfte sich eines Rechtsanwalts zur Durchsetzung ihrer Forderungen bedienen, weshalb auch die außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten von der Beklagte zu erstatten sind.

Zusammenfassung: Das Amtsgericht Königswinter schließt sich dem Landgericht Bonn an und beendet die Ära des Mischmodells Fracke. Aus zwei vermeintlich falschen Erhebungen könne man nicht eine richtige machen und die neueren Argumente der Klägerin in Bezug auf die jüngsten Ausgaben der Fraunhofer-Liste führen zur kompletten Abkehr von der Auffassung, man könne Fraunhofer im Rahmen der Schadenschätzung einsetzen.

Bedeutung für die Praxis: Das Amtsgericht Königswinter folgt dem Landgericht Bonn bei der Änderung der Mietwagen-Rechtsprechung im Listenstreit. Zur Begründung werden die Fehler und methodischen Kniffe der Fraunhofer-Liste genannt. Das Überwiegen der Internet-Preise bei wenigen Anbietern schließ es aus, dass die Fraunhofer-Werte den Markt angemessen repräsentieren. Der Mieter eines Fahrzeuges nach einem Unfall kann nicht auf Internetangebote verwiesen werden, zum Beispiel weil deren Miete nicht mit offenem Miet-Ende erfolgen kann. Der BGH hat den Internetmarkt als Sondermarkt angesehen. Internetangebote sind nicht allgemein für jeden zugänglich. Dem Geschädigte steht daher der regionale Markt zur Verfügung. Die Vorbuchungszeit – die die Höhe der Preise beeinflusst – kann der Geschädigte meist nicht einhalten. Die Werte im Internet sind Lockvogelangebote, eine Reservierung keine sichere Buchung (invitatio ad offerendum).
Die Methode der Schwacke-Liste hingegen ist breiter angelegt, berücksichtigt auch Preisangaben im Internet und anders als es die Beklagte behauptet, führt es nicht zur Unbrauchbarkeit der Schwacke-Werte, dass keine anonyme Befragung durchgeführt wird. Die immer wieder behaupteten falschen Angaben der Vermieter sind eine Unterstellung, d.h. es liegen dafür keine Belege vor.

Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 21-24

Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 21-24

Landgericht Bonn 1 O 324/23 vom 01.03.2024

1. Eine Anwendung der Fraunhofer-Werte zur Schätzung erforderlicher Mietwagenkosten ist sowohl in Reinform als auch in Form der Mittelwertbildung Fracke abzulehnen.
2. Die Fraunhofer-Liste ist nach neuesten Erkenntnissen nicht mehr zur Schätzung des Schadenersatzes für die Anmietung eines Ersatzwagens geeignet.
3. Ein Gutachten des Bundesverbandes der Autovermieter für die Region der Anmietung durch den Geschädigten bestätigt die nochmals konkretisierten Kritikpunkte der Klägerin gegen die Verwendbarkeit der Fraunhofer-Werte.
4. Durch Reparaturrechnung und -ablaufplan nachgewiesene Ausfallzeit begründet die lange Mietdauer, das Werkstattrisiko trägt der Schädiger.
5. Aufgrund unfallbedingt erforderlicher Zusatzleistungen ist ein Aufschlag auf den Normaltarif zu berücksichtigen.
6. Kosten erforderlicher Nebenleistungen sind ebenso vom Schädiger zu erstatten.

Zusammenfassung: Das Landgericht Bonn bestätigt seine Abkehr von der Fraunhofer-Liste und begründet das ausführlich mit neuen Erkenntnissen für aktuelle Ausgaben der Liste. Daher wird der erforderliche Schadenersatzbetrag für Mietwagenkosten mit Schwacke geschätzt. Unfallbedingter Aufschlag und Nebenkosten nach Schwacke kommen hinzu.

Bedeutung für die Praxis: Das erstinstanzliche Urteil, das der Haftpflichtversicherer nicht zur Überprüfung zum OLG Köln tragen wollte, enthält mehrere bedeutende Argumente, warum die Fraunhofer-Liste auch im Rahmen des Mischmodells nicht mehr angewendet werden kann. Viele Gerichte wollen die für sie bequeme Fracke-Linie nicht verlassen und verwiesen dann lapidar darauf, dass beide Listen kritikwürdig seien. Gegen die Schwacke-Liste wird dann nur Unkonkretes, Unbewiesenes und Falsches wiederholt wie ungerechtfertigte Preissteigerungen.
Das Landgericht Bonn hat sich mit den vielfältigen Argumenten der Klägerin ihres für das Gericht „einleuchtenden und nachvollziehbaren“ Vortrages befasst. Dazu zählen a) kein realer Marktpreis durch „Glättung“ (= Entfernung) von Daten, b) Erhebungen keine Totalerhebungen, c) unvollständig und fehlerhaft, da keine Werte für untere Klassen, dadurch unklarer Verbleib der Preise mit Nennung in höheren Klassen und dann niedrigeren und daher falschen Durchschnittswerten in höheren Mietwagenklassen (wird ein Preis für ein Fahrzeug der Klasse 1 fehlerhaft der Klasse 4 zugeordnet, sinkt der Durchschnittspreis in Klasse 4 ungerechtfertigt), d) Unmöglichkeit der korrekten Zuordnung von im Internet angebotenen Fahrzeugen in Mietwagenklassen, e) konkrete Internetbeispiele und das Gutachten des Bundesverbandes der Autovermieter Deutschlands e.V. belegen falsche Fraunhofer-Ergebnisse. Diese Kritikpunkte zu inhaltlichen und methodischen Fehlern bei Fraunhofer konnte die Beklagte nicht ausräumen und das Gericht hielt sie für so gravierend, dass es für eine Schätzung der erforderlichen Kosten nur noch die Schwacke-Liste heranzieht.
Bereits mit der Vorleitungs-Notwendigkeit des Mietwagenunternehmens in Bezug auf den Mietzins und der Breite des vorzuhaltenden Fuhrparks begründet das Gericht einen unfallbedingten Aufschlag auf den Normaltarif.
Hinweis: Das Urteil ist rechtskräftig.

Zitat: „Fraunhofer nicht mehr verwendbar, kein Mischmodell“ 

Hinsichtlich der Eignung der Fraunhofer-Liste seit den neuesten Ausgaben ab 2020 als Schätzungsgrundlage hat die Klägerin indes substantiiert und einleuchtend konkrete Umstände dargelegt, aus denen sich ergibt, dass dieser neue Marktpreisspiegel an inhaltlichen und methodischen Fehlern leidet. Diese Mängel stehen einer Heranziehung der vorgelegten Fraunhofer-Liste 2022 (so Seile 3 der Klageerwiderung) beziehungsweise 2021 (so Seite 18 der Replik) im vorliegenden Fall entgegen. Insoweit wird auf das deshalb ausführlich im Tatbestand wiedergegebene Vorbringen der Klägerin Bezug genommen.
Die Beklagte (…) verweist allein auf die fehlende Eignung des Schwacke-Mietpreisspiegels (Seite 6 der Klageerwiderung) und stützt dies auf die Erhebung Fraunhofer Marktpreisspiegel Mietwagen Deutschland 2008 (Seite 8 ebenda) sowie auf die Eignung der Fraunhofer-Liste aussprechende Entscheidungen des Bundesgerichtshofes vom 12.04.2011 – VI ZR 300/09 – (Seite 8 ebenda) sowie des Oberlandesgerichts Köln vom 30.07.2013 – 15 U 186/12 – (Seiten 3ff. des Schriftsatzes vom 04.12.2023). (…)
Gleiches gilt für die Eignung der Fraunhofer-Liste in der/den diesem Rechtsstreit zugrundeliegenden Fassung/en, die bereits in einem weiteren rechtskräftigen Urteil der 1. Zivilkammer des Landgerichts Bonn vom 22.09.2023 – 1 O 36/23 – (Kopie Bl. 119 – 130 d.A) für den dort zur Entscheidung unterbreiteten Lebenssachverhalt verneint worden ist. Diese Entscheidung ist in der mündlichen Verhandlung im Einzelnen erörtert worden (vgl. Seite 1 des Sitzungsprotokolls), ohne dass die Beklagte hierzu konkrete Umstände dargetan hat, die eine abweichende Beurteilung tragen könnten.
Mit nachgelassenem Schriftsatz vom 19.01.2024 (Seite 2) führt die Beklagte erstmals aus: Es wird bestritten, dass in der Fraunhofer-Liste für eine bestimmte Mietwagenklasse die Werte verschiedener Mietwagenklassen vermischt sind. (…) Dieses erstmalige Bestreiten entkräftet aber in dieser Allgemeinheit unabhängig von der bestehenden Präklusionswirkung (arg. § 296a ZPO) den eingangs dargestellten substantiierten Klägervortrag nicht (arg. § 138 Abs. 1 und Abs. 2 ZPO).
3.Anschließend an diese Würdigung verbleibt damit als Grundlage für eine Schätzung der erforderlichen Mietwagenkosten in den streitgegenständlichen Fällen 1. und 2. nach § 287 ZPO allein das arithmetische Mittel der in der klägerseits vorgelegten Schwacke-Liste (Automietpreisspiegel 2022).“
(Landgericht Bonn 1 O 324/23 vom 01.03.2024)

Zitat: „Unfallbedingter Aufschlag gerechtfertigt“ 

Ausgehend von dem eingangs errechneten Normaltarif von 6.478,45 € erhöht sich dieser noch um einen Aufschlag von 20 % (vgl. OLG Köln, Urt. v. 16.06.2015 – 15 U 220/14 = BeckRS 2016, 06499 Rd.14 – 16; OLG Köln NZV 2011, 450, 452; sowie bereits das erkennende Gericht mit Urteil vom 16.03.2018 – 1 O 224/17). Denn ein Aufschlag auf den Normaltarif rechtfertigt sich im Unfallersatztarif-Geschäft schon deshalb, weil hiermit für den Mietwagenunternehmer, der regelmäßig in Vorleistung tritt und sein Fahrzeugangebot in diesem Marktsegment ausgesprochen flexibel gestalten muss, gegenüber dem Normaltarif ein höherer Risiko- und Kostenaufwand verbunden ist. Der Aufschlag von 20 % bildet dieses Risiko in angemessener, aber auch in ausreichender Weise ab.“
(Landgericht Bonn 1 O 324/23 vom 01.03.2024)

Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 21-24

Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 21-24

Landgericht Bonn 1 O 324/23 vom 01.03.2024

1. Eine Anwendung der Fraunhofer-Werte zur Schätzung erforderlicher Mietwagenkosten ist sowohl in Reinform als auch in Form der Mittelwertbildung Fracke abzulehnen.
2. Die Fraunhofer-Liste ist nach neuesten Erkenntnissen nicht mehr zur Schätzung des Schadenersatzes für die Anmietung eines Ersatzwagens geeignet.
3. Ein Gutachten des Bundesverbandes der Autovermieter für die Region der Anmietung durch den Geschädigten bestätigt die nochmals konkretisierten Kritikpunkte der Klägerin gegen die Verwendbarkeit der Fraunhofer-Werte.
4. Durch Reparaturrechnung und -ablaufplan nachgewiesene Ausfallzeit begründet die lange Mietdauer, das Werkstattrisiko trägt der Schädiger.
5. Aufgrund unfallbedingt erforderlicher Zusatzleistungen ist ein Aufschlag auf den Normaltarif zu berücksichtigen.
6. Kosten erforderlicher Nebenleistungen sind ebenso vom Schädiger zu erstatten.

Zusammenfassung: Das Landgericht Bonn bestätigt seine Abkehr von der Fraunhofer-Liste und begründet das ausführlich mit neuen Erkenntnissen für aktuelle Ausgaben der Liste. Daher wird der erforderliche Schadenersatzbetrag für Mietwagenkosten mit Schwacke geschätzt. Unfallbedingter Aufschlag und Nebenkosten nach Schwacke kommen hinzu.

Bedeutung für die Praxis: Das erstinstanzliche Urteil, das der Haftpflichtversicherer nicht zur Überprüfung zum OLG Köln tragen wollte, enthält mehrere bedeutende Argumente, warum die Fraunhofer-Liste auch im Rahmen des Mischmodells nicht mehr angewendet werden kann. Viele Gerichte wollen die für sie bequeme Fracke-Linie nicht verlassen und verwiesen dann lapidar darauf, dass beide Listen kritikwürdig seien. Gegen die Schwacke-Liste wird dann nur Unkonkretes, Unbewiesenes und Falsches wiederholt wie ungerechtfertigte Preissteigerungen.
Das Landgericht Bonn hat sich mit den vielfältigen Argumenten der Klägerin ihres für das Gericht „einleuchtenden und nachvollziehbaren“ Vortrages befasst. Dazu zählen a) kein realer Marktpreis durch „Glättung“ (= Entfernung) von Daten, b) Erhebungen keine Totalerhebungen, c) unvollständig und fehlerhaft, da keine Werte für untere Klassen, dadurch unklarer Verbleib der Preise mit Nennung in höheren Klassen und dann niedrigeren und daher falschen Durchschnittswerten in höheren Mietwagenklassen (wird ein Preis für ein Fahrzeug der Klasse 1 fehlerhaft der Klasse 4 zugeordnet, sinkt der Durchschnittspreis in Klasse 4 ungerechtfertigt), d) Unmöglichkeit der korrekten Zuordnung von im Internet angebotenen Fahrzeugen in Mietwagenklassen, e) konkrete Internetbeispiele und das Gutachten des Bundesverbandes der Autovermieter Deutschlands e.V. belegen falsche Fraunhofer-Ergebnisse. Diese Kritikpunkte zu inhaltlichen und methodischen Fehlern bei Fraunhofer konnte die Beklagte nicht ausräumen und das Gericht hielt sie für so gravierend, dass es für eine Schätzung der erforderlichen Kosten nur noch die Schwacke-Liste heranzieht.
Bereits mit der Vorleitungs-Notwendigkeit des Mietwagenunternehmens in Bezug auf den Mietzins und der Breite des vorzuhaltenden Fuhrparks begründet das Gericht einen unfallbedingten Aufschlag auf den Normaltarif.
Hinweis: Das Urteil ist rechtskräftig.

Zitat: „Fraunhofer nicht mehr verwendbar, kein Mischmodell“ 

Hinsichtlich der Eignung der Fraunhofer-Liste seit den neuesten Ausgaben ab 2020 als Schätzungsgrundlage hat die Klägerin indes substantiiert und einleuchtend konkrete Umstände dargelegt, aus denen sich ergibt, dass dieser neue Marktpreisspiegel an inhaltlichen und methodischen Fehlern leidet. Diese Mängel stehen einer Heranziehung der vorgelegten Fraunhofer-Liste 2022 (so Seile 3 der Klageerwiderung) beziehungsweise 2021 (so Seite 18 der Replik) im vorliegenden Fall entgegen. Insoweit wird auf das deshalb ausführlich im Tatbestand wiedergegebene Vorbringen der Klägerin Bezug genommen.
Die Beklagte (…) verweist allein auf die fehlende Eignung des Schwacke-Mietpreisspiegels (Seite 6 der Klageerwiderung) und stützt dies auf die Erhebung Fraunhofer Marktpreisspiegel Mietwagen Deutschland 2008 (Seite 8 ebenda) sowie auf die Eignung der Fraunhofer-Liste aussprechende Entscheidungen des Bundesgerichtshofes vom 12.04.2011 – VI ZR 300/09 – (Seite 8 ebenda) sowie des Oberlandesgerichts Köln vom 30.07.2013 – 15 U 186/12 – (Seiten 3ff. des Schriftsatzes vom 04.12.2023). (…)
Gleiches gilt für die Eignung der Fraunhofer-Liste in der/den diesem Rechtsstreit zugrundeliegenden Fassung/en, die bereits in einem weiteren rechtskräftigen Urteil der 1. Zivilkammer des Landgerichts Bonn vom 22.09.2023 – 1 O 36/23 – (Kopie Bl. 119 – 130 d.A) für den dort zur Entscheidung unterbreiteten Lebenssachverhalt verneint worden ist. Diese Entscheidung ist in der mündlichen Verhandlung im Einzelnen erörtert worden (vgl. Seite 1 des Sitzungsprotokolls), ohne dass die Beklagte hierzu konkrete Umstände dargetan hat, die eine abweichende Beurteilung tragen könnten.
Mit nachgelassenem Schriftsatz vom 19.01.2024 (Seite 2) führt die Beklagte erstmals aus: Es wird bestritten, dass in der Fraunhofer-Liste für eine bestimmte Mietwagenklasse die Werte verschiedener Mietwagenklassen vermischt sind. (…) Dieses erstmalige Bestreiten entkräftet aber in dieser Allgemeinheit unabhängig von der bestehenden Präklusionswirkung (arg. § 296a ZPO) den eingangs dargestellten substantiierten Klägervortrag nicht (arg. § 138 Abs. 1 und Abs. 2 ZPO).
3.Anschließend an diese Würdigung verbleibt damit als Grundlage für eine Schätzung der erforderlichen Mietwagenkosten in den streitgegenständlichen Fällen 1. und 2. nach § 287 ZPO allein das arithmetische Mittel der in der klägerseits vorgelegten Schwacke-Liste (Automietpreisspiegel 2022).“
(Landgericht Bonn 1 O 324/23 vom 01.03.2024)

Zitat: „Unfallbedingter Aufschlag gerechtfertigt“ 

Ausgehend von dem eingangs errechneten Normaltarif von 6.478,45 € erhöht sich dieser noch um einen Aufschlag von 20 % (vgl. OLG Köln, Urt. v. 16.06.2015 – 15 U 220/14 = BeckRS 2016, 06499 Rd.14 – 16; OLG Köln NZV 2011, 450, 452; sowie bereits das erkennende Gericht mit Urteil vom 16.03.2018 – 1 O 224/17). Denn ein Aufschlag auf den Normaltarif rechtfertigt sich im Unfallersatztarif-Geschäft schon deshalb, weil hiermit für den Mietwagenunternehmer, der regelmäßig in Vorleistung tritt und sein Fahrzeugangebot in diesem Marktsegment ausgesprochen flexibel gestalten muss, gegenüber dem Normaltarif ein höherer Risiko- und Kostenaufwand verbunden ist. Der Aufschlag von 20 % bildet dieses Risiko in angemessener, aber auch in ausreichender Weise ab.“
(Landgericht Bonn 1 O 324/23 vom 01.03.2024)

Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 20-24

Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 20-24

Amtsgericht Duisburg-Hamborn 9 C 329/23 vom 07.05.2024

1. Ein Verstoß des Geschädigten gegen seine Pflicht zur Geringhaltung des Schadens ist nicht festzustellen.
2. Insbesondere hatte der Geschädigte keine Veranlassung, das Mietwagen“angebot“ des Haftpflichtversicherers anzunehmen.
3. Die Schätzung der erforderlichen Kosten der Ersatzmobilität mittels Mischmodell ergibt höhere Mietwagenkosten, als von der Klägerin verlangt werden.
4. Auch Kosten erforderlicher Nebenleistungen des Mietwagen-Services sind von der Beklagten zu erstatten.
5. Ein Abzug für ersparte Eigenkosten entfällt bei klassenkleinerer Anmietung.
6. Die Kosten des Reparaturablaufplan sind erstattungsfähig, wenn der Versicherer des Schädigers die berechtigte Mietdauer bestreitet. 

Zusammenfassung: Der Versicherer zahlte – sehr moderat berechnete – Mietwagenkosten des Reparaturbetriebes nicht vollständig, da er dem Geschädigten ein Direktvermittlungsangebot unterbreitet hatte. Mit dem Schreiben lag dem Geschädigten jedoch kein konkretes und daher kein annahmefähiges Angebot vor, sodass der Schadenersatzanspruch im Rahmen der Erforderlichkeit mittels Mischmodell bestimmt wurde. Nebenkosten kamen ebenso hinzu wie die Kosten des Reparaturablaufplans.

Bedeutung für die Praxis: Das Gericht prüft das Direktvermittlungsangebot des gegnerischen Haftpflichtversicherers an den Geschädigten in der gebotenen Ausführlichkeit. Das Ergebnis lautet wenig überraschend, dass es sich nicht um ein konkretes Angebot handelt. Die Anforderung lautet, dass der Geschädigte in der Lage versetzt wird, dieses Angebot mit Alternativen anderer Anbieter zu vergleichen, zum Beispiel von seiner Werkstatt oder dem mit der Werkstatt kooperierenden Autovermieter. Die häufige Aussage des Schädigerversicherers „Vermieter sind viel zu teuer, bei uns bekommen Sie den Mietwagen für Preis X und mehr zahlen wir nicht“ reicht nicht, um den Geschädigten auf diesen Preis zu verpflichten.

Zitierhilfe: „Direktvermittlungsangebot muss konkret und annahmefähig sein“ 

„Dem steht auch kein Verstoß der Klägerin gegen ihre Schadenminderungspflicht gemäß § 254 Abs. 2 BGB entgegen, weil sie ein konkretes Mietwagenangebot der Beklagten vor Anmietung nicht angenommen hätte. (…)
Der Geschädigte muss sich nur auf das Angebot des Versicherers einlassen, wenn es sich um ein konkretes Angebot zur Anmietung eines Fahrzeuges handelt. Die Versicherung muss ein derartig individualisierten Angebot für einen Mietwagen machen, dass der Geschädigte nur noch mit bloßer Zustimmung annehmen muss. Das Mietwagenangebot des Haftpflichtversicherers muss konkret annahmefähig und zumutbar sein. Dies ist nur der Fall, wenn das Angebot  Angaben zum Standort des Fahrzeuges, zum Ort und der zeit der Anmietung, zum Fahrzeugtyp/-modell, dem Tages-/Grundpreis/Tarif, dem konkreten Zeitpunkt der Zurverfügungstellung, den Übergabemodalitäten (Übergabeort, kostenlose Zustellung/Abholung) zur Kilometerlaufleistung, den Kosten für eventuelle Zusatzleistungen (z.B. Zusatzfahrer, Sonderausstattung), zu den Zahlungsmodalitäten (Vorkasse, Kreditkarte) und den Versicherungsbedingungen (Selbstbeteiligung) enthält.“
(
Amtsgericht Duisburg-Hamborn 9 C 329/23 vom 07.05.2024)

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