In mehreren Gerichtsbezirken lassen sich Richter davon überzeugen, dass sie ihre Auffassung zur Verwendbarkeit der Fraunhofer-Liste überdenken. Wir haben seit mehr als einem Jahr immer wieder solche Urteile vorgestellt.
Es scheint ein Argument zu geben, das Richterinnen und Richter überzeugender finden als andere Argumente:
Die Tatsache, dass es Fraunhofer nicht gelingen kann, einen im Internet gefundenen Mietwagenpreis einer korrekten Mietwagenklasse korrekt zuzuordnen.
Wir sind der Meinung, dass damit das Fundament der Fraunhofer-Liste wegbricht. Jeder dort für einen abgedruckten rechnerischen Mittelwert verwendete Internet-Preis ist damit als willkürlich zu bezeichnen. Damit stimmt die ganze Liste nicht.
Das AG Siegburg am 16.04.2025, Zitat:
„Denn das Gericht zweifelt vor dem Hintergrund des seitens der Klägerin vorgelegten „Gutachten Mietwagenpreise Internet 2023 – Region Bonn“ (Anl. K4, BI. 193 ff d. A.) an der Eignung der Fraunhofer-Liste als Schätzgrundlage, welche zur Berechnung eines arithmetischen Mittels zugrunde gelegt werden könnte.
Die Klägerin hat insoweit unwidersprochen vorgetragen, dass ihr zumindest seit der Ausgabe des Jahres 2021 Erhebungsmethoden zugrunde liegen, die erhebliche Zweifel daran begründen, dass die Ergebnisse den relevanten Mietmarkt wenigstens einigermaßen realistisch widerspiegeln. Ausschlaggebend hierfür ist der Umstand, dass im Vorwort zum Fraunhofer Marktpreisspiegel Mietwagen unstreitig seit dem Jahr 2021 erläutert wird, dass die Auswertung auf Basis der Schwacke-Klassifikation und zusätzlich anhand der ACRISS-Klassifikation der Fahrzeuge durchgeführt wird. Es steht außer Streit, dass letztere Einordnung nach Ausstattungsmerkmalen für touristische Zwecke im Internet erfolgt.
Damit steht fest, dass Fraunhofer bei seiner Datenerhebung die ACRISS-Kategorien Fahrzeugkategorie, Bauart, Getriebe, Treibstoff und Klima automatisiert abgreifen konnte; weitere Information, insbesondere über den Listenpreis der angebotenen Mietwagen, waren dagegen auf Grundlage der Methodik der Datenerhebung bei Fraunhofer nicht abrufbar.
Die Klägerin hat anhand eines Beispiels nachvollziehbar dargelegt, dass diese Klassifizierung für die Ermittlung des Anschaffungspreises nicht geeignet ist. So hat sie auf S. 7 ff. der Replik (BI. 134 ff d. A.) erläutert, dass zwei verschiedene Modelle des VW Golf zwar den gleichen ACRISS-Code (CLMR), jedoch abweichende Anschaffungspreise von knapp 30.000,-EUR und knapp 60.000,-EUR und damit die Gruppen 4 bzw. 7 nach Schwacke aufweisen.
Dies ist auch zwanglos nachvollziehbar, da bei ACRISS bereits grundlegende wertbildende Faktoren wie die Motorisierung und die Ausstattung nicht differenzierend erfasst werden.
Damit steht fest, dass die von Fraunhofer herangezogenen Daten lediglich Rückschlüsse auf grundlegende Fahrzeugmerkmale, nicht jedoch auf den eigentlichen Fahrzeugwert zulassen. Letzterer ist jedoch maßgeblich für die Frage, ob der entsprechende Mietpreis erforderlich ist, da der Geschädigte berechtigt ist, ein gleichwertiges bzw. – zur Vermeidung der Anrechnung ersparter Aufwendungen ein um eine Gruppe niedriger eingeordnetes Fahrzeug anzumieten.“
Das Gericht hat das Mietwagenklassen-Problem verstanden und es als Grund angesehen, Fraunhofer nicht mehr anzuwenden:
Da die Fraunhofer-Erhebungs-Preise in jedem Einzelfall keine Zuordnung zu einer Mietwagenklassifikation erlauben. Ein Beispiel: Derselbe ACRISS-Code kann bei einem VW Golf zur Schwacke-Mietwagenklasse 06 und 09 führen.
Schriftsatzbaustein
Falls Sie das Argument anbringen wollen, verwenden Sie gern diese Formulierungen:
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