Vermietung nach Unfall

Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 19-20

Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 19-20

Landgericht Berlin 45 S 97/18 vom 15.10.2019
(Vorinstanz: Amtsgericht Berlin-Mitte 123 C 3074/18 vom 26.09.2018)

1. Der erstattungsfähige Schadenersatzbetrag nach einer Ersatzmiete kann mit dem Mittelwert aus den Listen von Schwacke und Fraunhofer geschätzt werden.
2. Es ist das Preisniveau am Ort der Anmietung maßgeblich.
3. Kosten von angefallenen und erforderlichen Nebenleistungen für erweiterte Haftungsreduzierung, Navigation, Winterreifen, Zustellung, Zusatzfahrer und Anhängerkupplung sind erstattungsfähig.
4. Ein Abzug für ersparte Eigenkosten in Höhe von 10% entfällt, sofern ein gruppenkleineres Fahrzeug angemietet wurde.
5. Die gewerbliche Anmietung bietet keinen Anlass für eine Abstufung der erstattungsfähigen Mietwagenklasse.

Zusammenfassung: Das Landgericht in Berlin wendet in der Berufung wie bereits häufiger die Mittelwertbildung aus den Listen von Schwacke und Fraunhofer an. Die üblichen Nebenkosten sind hinzuzufügen und ein Eigenersparnisabzug wird bei klassenkleinerer Anmietung verneint. Bei der Schätzung der erforderlichen Kosten wird auf den Gesamtpreis abgestellt, sodass es praxisnah nicht zu einzelnen Kürzungen kommt, wenn eine Unterposition der Abrechnung niedriger als in der Liste vorgenommen wurde und umgekehrt.

Bedeutung für die Praxis: Die Berliner Mietwagen-Rechtsprechung wendet einerseits Schwacke und in einigen Kammern den Mittelwert Fracke an. Sehr verlässlich werden inzwischen auch die Listen-Nebenkosten zugesprochen, sofern diese angefallen sind. Bemerkenswert ist dabei, dass das Gericht erkannt hat, dass Abrechnungen der Vermieter nie auf den Punkt einen Mittelwert aus einer Liste treffen können und müssen. Einer solchen Auffassung des OLG Köln wird entgegengehalten, dass hierdurch keine Sonderabzüge gerechtfertigt werden können. Statt dessen ist die Summe aller Leistungen der Vermietung unter dem Strich zu sehen und erst dann mit dem Schätz-Betrag aus der Liste zu vergleichen, um den angemessenen Marktpreis für die erfolgte Ersatzanmietung zu finden. Würde man es anders machen, würde in einigen Positionen die Abrechnung mit dem Verweis auf den niedrigeren Listenwert gekürzt und in anderen Positionen der Listenwert beiseitegeschoben, weil der Abrechnungsbetrag darunter liegt. Das kann nicht im Sinne der Anwendung des § 287 ZPO sein. Nebenkosten für Einparkhilfen, Automatikgetriebe und Freisprechanlage sieht das Gericht nicht als erstattungsfähig an, da sie nicht in den Listen ausgewiesen sind.

Zitiervorschlag „Schätzung lediglich auf der Ebene Gesamtkosten“

„Keiner Prüfung bedarf es, ob die in der Nebenkostentabelle ausgewiesenen Werte der Zusatzleistungen höher sind als die dafür tatsächlich in den jeweiligen Fällen vereinbarten Bruttopreise. Auch bei Überschreitung der vereinbarten Preise wäre entgegen der Auffassung des OLG Köln (…) ein Abzug von den in der Nebenkostentabelle ausgewiesen Werten nicht gerechtfertigt. Der für die Erstattung maßgebliche Normalpreis muss einheitlich nach den zur Schätzung herangezogenen Tabellwerken bemessen werden, wobei es für die Frage einer Überschreitung des Marktpreises oder eines vereinbarten Preises lediglich auf den Endpreis ankommen kann und zur Vermeidung zufälliger Ergebnisse nicht auf dessen Aufgliederung in verschiedene Rechnungspositionen wie Grundpreis und Zusatzleistungen (OLG Celle, Urteil vom 29.02.2012, 14 U 49/11 …)“
Landgericht Berlin 45 S 97/18 vom 15.10.2019
(Fettdruck durch den Unterzeichner)

Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 17-20

Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 17-20

Amtsgericht Stralsund 16 C 1027/13 vom 02.04.2020

1. Die Schätzung erforderlicher Mietwagenkosten erfolgt anhand des Mittelwertes der Listen von Schwacke und Fraunhofer.
2. Die Ergebnisse des Gerichtsgutachtens werden zur Schätzung des Normaltarifes nicht verwendet.
3. Die klägerische Reduzierung um 5 Prozentpunkte wegen ersparter Eigenkosten ist nicht zu beanstanden.
4. Die geltend gemachten Kosten einer Haftungsreduzierung für eventuelle Beschädigungen am Mietfahrzeug sind in allen Fällen vollständig erstattungsfähig.
5. Weitere Kosten für Fahrzeugverbringung sind ebenso von der Beklagten zu zahlen.

Zusammenfassung: Das Amtsgericht Stralsund entscheidet nach 9 Jahren eine Mietwagensache mit vier Fällen zugunsten des Klägers. Die Ergebnisse eines vom Gericht beauftragten Sachverständigen spielen wegen dessen Befangenheit keine Rolle mehr. Statt dessen wird mit dem Mittelwert aus den Listen geschätzt. Die Nebenkosten werden hinzugerechnet.

Bedeutung für die Praxis: Im Laufe der Jahre seit Anhängigkeit der Klage wurden Gerichte, Parteien und Anwälte vielfältig beschäftigt. Unter anderem wurden vor einem Richterwechsel  alle Geschädigten gehört und dezidiert dazu befragt, warum sie denn überhaupt einen Ersatzwagen benötigten. Dabei sind sie im Augenblick des unverschuldeten Unfalles individuell mit ihrem eigenen Fahrzeug unterwegs gewesen und der Unfall hat ihre Fahrt jäh beendet. Dann gehört ein Ersatzfahrzeug zu den grundsätzlich erforderlichen Kosten der Wiederherstellung.
Ein von der Beklagten vorgeschlagener Sachverständiger (Consulimus AG, Herr Abbing) wurde vom Gericht beauftragt, das Gutachten vom Berufungsgericht nach der klägerischen Beschwerde wegen Befangenheit des Gutachters jedoch verworfen. Das Verfahren kann als Beispiel gesehen werden, wie Kläger die Ergebnisse von Gutachtern angreifen können, die auf geschicktes Betreiben der Versicherer von Gerichten beauftragt werden und am Gerichtsbeschluss vorbei begutachten. Die Beklagte trägt die Kosten der Ersatzanmietung, der Rechtsanwälte, des Gerichts und des nicht ganz billigen Sachverständigen, den sie selbst vorgeschlagen hatte.

Hinweis: Über die Frage, ob das Urteil des Amtsgerichtes rechtskräftig ist, ist derzeit nichts bekannt.

Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 16-20

Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 16-20

Amtsgericht Düsseldorf 24 C 324/19 vom 01.04.2020

1. Die Abtretung erfüllungshalber führt zur Aktivlegitimation des Klägers, weil aufgrund der nicht zu beanstandenden Formulierungen weder ein Verstoß gegen § 307 BGB (Transparenz), noch gegen das Rechtsdienstleistungsgesetz feststellbar ist.
2. Die erforderlichen Kosten der Ersatzanmietung werden anhand der Fracke-Liste geschätzt.
3. Von der Beklagten vorgelegte Internetbeispiele sind kein konkreter Sachvortrag, der die Anwendbarkeit Schätzgrundlage in Zweifel ziehen könnte.
4. Ein Abzug von 5 %  für ersparte Eigenkosten entfällt bei klassenkleinerer Anmietung.
5. Kosten der Nebenleistungen einer niedrigen Selbstbeteiligung im Schadenfall, Zustellung, Zusatzfahrer und Navigationsgerät sind erstattungsfähig.

Zusammenfassung: Entgegen der Auffassung der beklagten Haftpflichtversicherung verstößt die Verwendung des hier angewandten Abtretungsformulars nicht gegen das Transparenzgebot und auch nicht gegen das Rechtsdienstleistungsgesetz. Das Gericht orientiert sich an der geänderten Rechtsprechung zur Schätzgrundlage im Gerichtsbezirk und wendet die Fracke-Methode an. Auch die Kosten vereinbarter erforderlicher Nebenleistungen sind vom Schädiger zu ersetzen.

Bedeutung für die Praxis: Zunächst ist festzuhalten, dass sich die Mittelwert-Rechtsprechung auch an denjenigen Amtsgerichten immer weiter durchsetzt, die zum Gebiet des OLG Düsseldorf gehören. Die jahrelange Fraunhofer-Rechtsprechung scheint damit weitestgehend der Vergangenheit anzuhören. In überraschender Weise lassen auch die von der Beklagten eingereichten Internetscreenshots Zweifel an der Fraunhoferliste zu. Denn die darin aufgezeigten Internet-Preise zweier Anbieter liegen fast drei Mal so hoch wie entsprechende Fraunhofer-Internetwerte. Das Gericht hat das aber übergangen und die Internet-Beispiele bereits deshalb als irriges Argument zurückgewiesen, weil diese aus nicht fallrelevanten Zeiträumen stammen.
Der Kläger hatte sich vom Geschädigten eine neue Abtretung unterzeichnen lassen, um dem Risiko eines Verstoßes gegen Transparenzanforderungen aus dem Weg zu gehen, mit Erfolg. Dabei ist die aktuelle Abtretungsempfehlung des BAV verwendet worden.

 

Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 15-20

Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 15-20

Landgericht Rostock 1 S 30/18 vom 05.04.2019
(Vorinstanz: Amtsgericht Güstrow 60 C 796/17 vom 09.02.2018)

1. Der Geschädigte kann den Mietwagenanbieter grundsätzlich frei wählen.
2. Von mehreren inhaltsgleichen Angeboten hat er das günstigere Ersatzfahrzeug anzumieten.
3. Zur Schätzung erforderlicher Mietwagenkosten wird der Normaltarif-Grundbetrag durch Berechnung des Mittelwertes aus den Listen von Schwacke und Fraunhofer gebildet.
4. Der Geschädigte hat sich vor der Anmietung im ländlichen Raum nach günstigen Angeboten im Umkreis von 30 Kilometern zu erkundigen.
5. Ein Abzug wegen ersparter Eigenkosten in Höhe von 5 Prozent auf den Grundbetrag ist angemessen.
6. Kosten der Nebenleistung Zustellen/Abholen sind erstattungsfähig.

Zusammenfassung: Das Berufungsgericht hebt ein Fraunhofer-Urteil des Amtsgerichtes auf und schätzt die zu erstattenden Mietwagenkosten auch weiterhin anhand des Mittelwertes Fracke, abzüglich 5 % Eigenersparnis.

Bedeutung für die Praxis: Das Berufungsgericht hebt ein schwer nachzuvollziehendes Urteil des Erstgerichtes auf, in dem vom Unfallersatztarif ebenso die Rede ist, wie vom nicht reinen Vermietungsgeschäft. Die Mittelwert-Linie der Rostocker Berufungskammer wird beibehalten und im Gerichtsbezirk durchgesetzt. Doch die Berufungsinstanz überzieht den Geschädigten mit der Forderung, er müsse sich nach günstigeren Preisen außerhalb des regionalen Marktes erkundigen, ohne dass es sich hier um einen Fall mehrfach überhöhter Tarife handelt. Die Leitlinie des BGH besagt lediglich, dass der Geschädigte nachfragen bzw. sich anderswo nach günstigeren Angeboten erkundigen muss, wenn ihm eine erhebliche Preisüberhöhung auffallen muss. Das Landgericht Rostock generalisiert hingegen diese Forderung bereits bei einer längeren Mietdauer und auf Anbieter außerhalb des regionalen ländlichen Raumes. Das dürfte die Anforderungen an einen Geschädigten weit überspannen.

Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 14-20

Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 14-20

Amtsgericht Gummersbach 11 C 166/19 vom 02.01.2020

1. Der erstattungsfähige Betrag für Mietwagenkosten nach einem Unfall kann anhand der Schwacke-Liste Automietpreisspiegel geschätzt werden.
2. Ein Vorteil von Schwacke ist der bewusste Verzicht auf unzuverlässige und nicht reproduzierbare telefonische Erhebungen und Internetrecherchen.
3. Schwacke setzt auf tatsächliche Preislisten, die jedem frei zugänglich sind.
4. Die Beklagte hat gegen die Verwendbarkeit der Schwacke-Liste keinen konkreten Sachvortrag vorgebracht.
5. Im konkreten Fall der Beschädigung eines gewerblich genutzten Fahrzeuges ist ein Abzug für ersparte Eigenkosten von 10 Prozent gerechtfertigt.
6. Kosten von Nebenleistungen für drei Zusatzfahrer, Zustellen,, Winterreifen und Reduzierung der Haftung sind erstattungsfähig.

Zusammenfassung: Das Amtsgericht Gummersbach sieht die Schwacke-Liste aufgrund der ausführlich dargestellten, nachvollziehbaren und für korrekt angesehenen Datenerhebung als geeignete Schätzgrundlage an. Die Beklagte sah das anders, hatte aber keinen konkreten Sachvortrag dazu gehalten, wie sich angebliche Mängel auf den Fall auswirken würden. Auch die Nebenkosten für Zusatzleistungen sind wenn angefallen zu erstatten.

Bedeutung für die Praxis: Das Gericht in Gummersbach sieht die Methode der Datenerhebung bei Schwacke als vorteilhaft an. Hervorzuheben ist, dass Schwacke keine Daten erhebt, die nicht später nachvollziehbar belegt werden könnten. Physische Preislisten und statische Preisangaben auf Internetseiten z.B. als PDF-File sind die Basis der veröffentlichten Werte. Das leuchtet dem Gericht ein. In Bezug auf die Eigenersparnis wird auf die gewerbliche Nutzung des beschädigten Fahrzeuges hingewiesen. Gemeint ist, dass das Fahrzeug viel und intensiv genutzt ist und durch mehrere Mitarbeiter eines Unternehmens. Daher setzt das Gericht eine recht hohe Eigenersparnis von 10 Prozent an.

Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 13-20

Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 13-20

Landgericht Wiesbaden 8 S 20/19 vom 11.03.2020
(Vorinstanz: Amtsgericht Wiesbaden 91 C 3947/18 (15) vom 02.07.2019)

1. Die erstattungsfähigen Mietwagenkosten nach einem Verkehrsunfall werden mittels der Mittelwert-Methode aus den Listen von Schwacke und Fraunhofer bestimmt.
2. Die Argumentation der Beklagten gegen diese so genannte Fracke-Methode wird als unsubstantiiert zurückgewiesen.
3. Die Beklagte blieb auch den Nachweis schuldig, dass die vier Geschädigten zum konkreten Zeitpunkt am Anmietort ein Ersatzfahrzeug mit einer vergleichbaren Leistung zu wesentlich günstigeren Konditionen hätten anmieten können.
4. Die Einholung eines vergangenheitsbezogenen Sachverständigengutachtens zum Beweis niedrigerer durchschnittlicher Marktpreise wird als nicht sachdienlich, weil schlicht nicht möglich abgelehnt.
5. Angefallene Kosten für Nebenleistungen aufgrund von Haftungsreduzierung, Winterreifen und Zustellung / Abholung sind erstattungsfähig.

Zusammenfassung: Die Berufungskammer des Landgerichts Wiesbaden weist die Berufung der Beklagten gegen die Anwendung der Mittelwertbildung aus Schwacke und Fraunhofer zurück. Auch die Nebenkosten sind vom Haftpflichtversicherer zu erstatten.

Bedeutung für die Praxis: Das Urteil ist vor allem deshalb von Bedeutung, weil am Gerichtsstandort einer der regulierungs-unwilligsten Haftpflichtversicherer sitzt, der immer wieder durchsetzen will, dass allein die Fraunhofer-Liste als Schätzgrundlage angewendet werden kann. Das Landgericht sieht die Mittelwertmethode klar als den richtigen Weg. Dazu braucht das Gerciht kein Sachverständigengutachten, da eine Markterhebung zu Preisen weit in der Vergangenheit als nicht möglich anzusehen ist.

 

 

Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 12-20

Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 12-20

Landgericht Stade 5 S 28/19 vom 04.03.2020
(Vorinstanz: Amtsgericht Tostedt 3 C 45/18 vom 20.08.2019)

1. Die verwendete Abtretungsklausel entspricht der vom BGH in 2012 auf Verstöße gegen § 1,2,3 und 5 RDG und §§ 307 ff. BGB hin geprüften und wurde vom BGH nicht beanstandet.
2. Die Aktivlegitimation des Klägers ist zu bestätigen.
3. Der erforderliche Normalbetraf wird anhand des Mittelwertes der Liste von Schwacke und Fraunhofer geschätzt.
4. Dagegen vorgebrachte Einwendungen der Beklagten sind unkonkret und ihnen ist daher nicht nachzugehen.
5. Ohne konkreten Vortrag der Beklagten zu ersparten Eigenaufwendungen des Geschädigten bei klassengleicher Vermietung ist kein Abzug vorzunehmen.
6. Die Kosten erforderlicher Nebenleistungen für einen Zusatzfahrer sind erstattungsfähig.

Zusammenfassung: Das Berufungsgericht in Stade sieht die Aktivlegitimation der Klägerin als gegeben an und schätzt den Mietwagenkosten-Normaltarof mit der Mittelwert-Methode. Nebenkosten werden zugesprochen.

Bedeutung für die Praxis: Seit langem argumentieren Versicherer in Bezug auf übliche Abtretungsformulare, dass deren Formulierungen intransparent sind und daher den Geschädigten unangemessen benachteiligen, mit der angestrebten Folge der mangelnden Aktivlegitimation des Klägers und einer Klageabweisung. So soll der Geschädigte zum Beispiel nicht verstehen können, welche Folgen eine Minimalzahlung des Unfallgegners auf seinen konkreten Schadenersatzanspruch hat. Das Landgericht Stade hat das nun mit dem Blick auf ein älteres BGH-Urteil zurückgewiesen. Beim BGH verhandelt wurde das BAV-Abtretungsformular in der Version von 2008. Der BGH hatte die konkreten Formulierungen geprüft und auch im BGH-Urteil abgedruckt und auch in Bezug auf §§ 307 ff. BGB festgestellt, dass das Formular nicht zu beanstanden ist.

Zitiervorschlag „Aktivlegitimation aufgrund Abtretung von 2008“
Die verwendete Abtretungsklausel stimmt wörtlich mit der Klausel überein, die der Bundesgerichtshof mit Urteil vom 31.01.2012, Az. VI ZR 143/11, für zulässig befunden hat. Zwar hat er sich in der zitierten Entscheidung in erster Linie zu einer möglichen Nichtigkeit der Klausel gemäß § 134 BGB i.V.m. §§ 1, 2 3 und 5 RDG geäußert. Aus Ziffer 2. der Gründe (Rn. 18) geht jedoch hervor, dass der Bundesgerichtshof die Klausel auch anhand der §§ 307 ff. BGB überprüft hat – was i.Ü. auch ohne entsprechenden Parteivortrag erforderlich war, weil es sich um zwingende Rechtsanwendung handelt (vgl. Staudinger/Wendland (2019), Vorbemerkung zu § 307 BGB, Rn. 25).
Die weitere Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 17.07.2018, Az. VI ZR 274/17, die das Amtsgericht zur Begründung seiner Entscheidung herangezogen hat, ist im vorliegenden Fall nicht einschlägig. Die dort geprüfte Abtretungsklausel war unklar und unwirksam, weil die Abtretung zugleich „zur Sicherheit“ und „erfüllungshalber“ erfolgen sollte und nicht klar erkennbar war, welche rechtlichen Folgen eintreten würden, wenn der Zessionar seine Forderung doch gegenüber dem Geschädigten geltend machte.
(Landgericht Stade 5 S 28/19 vom 04.03.2020)

Unfallersatzvermietung in Zeiten von Corona

Kfz-Versicherer dürften in Bezug auf Corona (wirtschaftlich gedacht) frohlocken. Jeder zahlt seine Versicherungsprämien weiter und auf den Straßen ist nichts los, also auch weniger Unfälle und weniger Ersatzwagen.

Doch wie sieht das im Detail aus?

Der Schlüssel für die Fragen der Autovermieter liegt in der Mietdauer, die abhängig ist davon, was in den Werkstätten in Bezug auf die Unfallreparatur passiert und was im Handel zur Frage der Ersatzbeschaffung von Fahrzeugen möglich oder nicht mehr möglich ist.

Reparaturen

Werkstätten sind weiter geöffnet (Stand KW 12). Es liegt jedoch auf der Hand, dass die Arbeitsfähigkeit der Betriebe in Bezug auf Fahrzeugreparaturen eingeschränkt ist. Mitarbeiter dürften häufig fehlen, weil sie krank sind, in Quarantäne oder ihre Kinder nicht zur Schule gehen usw. Alle tun so, als wäre Homeoffice ein Allheimmittel, für einen Mechatroniker oder Lackierer fällt das wohl aus. Benötigte Teile oder sonstige Materialien der Reparatur des Unfallfahrzeuges dürften derzeit längere Lieferzeiten haben oder gar nicht kommen.

Wird ein Gutachten erstellt, dürfte das ggf. auch länger dauern.

Das bedeutet, dass der Geschädigte einen Anspruch auf einen Ersatzwagen hat und behält bis zum Ende der Reparatur. Das betrifft Unfälle von vor der Corona-Krise wie Unfälle, die jetzt erst auftreten.

Versicherer werden einwenden, dass die Geschädigten hätten mit Ausgangssperren rechnen müssen oder das tatsächlich solche vorgelegen haben (je nach weiterer Entwicklung in den kommenden Tagen). Hier ist konkret zu argumentieren, ob der Geschädigte auch bei Ausgangssperren auf ein Fahrzeug angewiesen war.

Wiederbeschaffungsdauer

Bereits jetzt ist es dem Kfz-Handel verboten (Stand 20.03.), Fahrzeuge zu verkaufen. Die Konsequenz daraus ist, dass ein Geschädigte im Handel keinen Ersatz für sein Unfallfahrzeug bekommt und er damit so lange mit einem Mietwagen fahren kann (bzw. Nutzungsausfall beanspruchen kann), bis er sein „neues“ gebrauchtes Fahrzeug erhalten kann. Laut BGH-Rechtsprechung hat er Anspruch auf ein vergleichbares Ersatzfahrzeug aus dem gewerblichen Autohandel. Jedenfalls für die Fahrzeuge, die nach Alter und Laufleistung typischerweise noch im gewerblichen Fahrzeughandel angeboten werden, hat der Geschädigte nach der Rechtsprechung des BGH auch Anspruch auf den Kauf im gewerblichen Autohandel (BGH-Urteil vom 25.06.2019, Az. VI ZR 358/18).

Zitat:

„Das für den Kauf eines Ersatzfahrzeugs unter Inzahlunggabe des Unfallwagens notwendige persönliche Vertrauen wird der Geschädigte ohne Nachforschungen, zu denen er nicht verpflichtet ist, aber typischerweise nur ortsansässigen Vertragswerkstätten und Gebrauchtwagenhändlern, die er kennt oder über die er gegebenenfalls unschwer Erkundigungen einholen kann, entgegenbringen, nicht aber erst über das Internet gefundenen, jedenfalls ohne weitere Nachforschungen häufig nicht ausschließbar unseriösen Händlern und Aufkäufern.“

Sofern Versicherer zur Vermeidung hoher Mietwagenkosten sodann einwenden werden, der Geschädigte hätte im Privatmarkt kaufen müssen, ist das eindeutig zurückzuweisen.

Ganz grundsätzlich ist die Frage, ob Ersatzfahrzeuge noch zugelassen werden können, denn auch die Zulassungsstellen haben derzeit bereits geschlossen. Auch aus diesem Grund kann der Einwand des Versicherers nicht gelten, der Geschädigte habe eine zu lange Mietdauer verursacht und gegen seine Schadenminderungspflicht verstoßen.

„Corona-Aufschlag“ bei der Ausfalldauer

Daraus ergibt sich, dass bereits die Schadengutachter berücksichtigen sollten, die Möglichkeit einer Corona-bedingten längeren Reparaturdauer und längeren Ersatzbeschaffung im Gutachten festzuhalten.

Geringer Fahrbedarf

Auch bei einem geringen Fahrbedarf, dürfte es unzumutbar sein, mit anderen in öffentlichen Verkehrsmitteln zu fahren, wenn man das selbst nicht möchte, um sich nicht anzustecken. Zudem kann es sein, dass ein geringer Fahrbedarf ex ante nicht vorhersehbar gewesen ist.

Mietwagenpreise

Die aktuellen Mietwagenpreise liegen aufgrund der grundsätzlichen Schwierigkeiten der Branche höher als üblich. Insoweit dürften Versuche der Haftpflichtversicherer, einen Corona-bedingten niedrigeren Marktpreis zu behaupten in Leere gehen, weil sie den nicht belegen können. Vermieter können aber selbst aktiv werden und sich einen Marktüberblick verschaffen und für kommende rechtliche Auseinandersetzungen weglegen.

Beispiel-Internet-Preis bei einem der beiden größten Anbieter (mit Vorfinanzierung, Kaution, Internetbuchung, nach Verfügbarkeit, unklar welches Fahrzeug konkret,..):
6 Tage Gruppe 01 am 12.03.20 in Berlin, ohne Nebenkosten, nur 750 Euro SB = 427,26 Euro (zum Vergleich: Fraunhofer-Wochenpreis 2019 Gruppe 02 = 149,81 Euro)

 

Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 11-20

Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 11-20

Landgericht Bonn 1 O 297/19 vom 06.03.2020

1. Die Schätzung erforderlicher Mietwagenkosten nach Unfall erfolgt bezüglich Grundpreis anhand des Mittelwertes der Listen von Schwacke und Fraunhofer .
2. Sofern die Mietwagenklasse 1 in der Fraunhofer nicht ausgewiesen ist, ist mit Schwacke zu schätzen.
3. Der Ansatz eines unfallbedingten Aufschlages wegen erforderlicher besonderer Leistungen des Vermieter ist in Höhe von 20 Prozent gerechtfertigt.
4. Kosten erforderlicher und erbrachter Nebenleistungen sind erstattungsfähig. 
5. Zur Direktvermittlung mit den Geschädigten geführte Telefonate und Schreiben der Beklagten zu KW-Gruppen der Fahrzeuge und ohne konkrete Angebote binden den Geschädigten nicht.

Zusammenfassung: Das Gericht wendet – wenn möglich – den Mittelwert der Listen an. Ausnahmen bestehen, wenn eine Liste keinen Wert enthält, wie die Fraunhofer-Liste u.a. keine Werte der Gruppe 01 in den Ausgaben 2018 und 2019. Der unfallbedingte Aufschlag wird zugesprochen, ebenso Nebenkosten. Der Versuch des Versicherers, die Geschädigten telefonisch über Angebote kooperierender Vermieter zu informieren, löst keinen Verstoß des Geschädigten gegen seine Schadenminderungsobliegenheiten aus. 

Bedeutung für die Praxis: Auch wenn das Gericht für den Grundwert des Normaltarifes eigentlich den Mittelwert der Listen bildet, wird hier auch der Schwacke-Wert angewendet. Das geschient dann, wenn Fraunhofer keinen Wert liefert. Und das ist seit 2018 in mehr als 10 Prozent der Fälle so, darunter in allen PLZ-Gebieten bzgl. der Mietwagengruppe 01. Diese gibt es angeblich nicht. Dann nimmt das LG Bonn den Schwacke-Wert als einzige vorhandene Alternative her.
Der Versuch des Versicherers, den Schadenersatz mit der Begründung zu minimieren, die Geschädigten hätten seine „Angebote“ annehmen müssen, ist gescheitert. Das Gericht sieht eine Verpflichtung zur Annahme von Direktvermittlungsangeboten nur dann, wenn dem Geschädigten ein konkretes und vergleichbares Angebot unterbreitet wurde. Das ist schon dann nicht gegeben, wenn der Geschädigte das Angebot zum Beispiel wegen zu allgemeiner Angaben lediglich zur Motorleistung in KW nicht mit seinem Fahrzeug und dem letztlich in Anspruch genommenen Mietwagen vergleichen kann. Angaben zur Ausstattung fehlen.
Die Praxis des Gerichtes, den Grundwert des Schadenersatzanspruches aus der längsten enthaltenen Pauschale der Mietwagenabrechnung auf die Mietdauer hochzurechnen, begegnet Kritik. Das Gericht sieht keinen Mehraufwand bei der Notwendigkeit für einen Geschädigten, eine Fahrzeugmiete unerwartet früh zu beenden oder zu verlängern. Beides kommt aber häufig vor und kostet den Mieter durchaus Aufwand und Geld. Insofern irrt das Gericht hier.

Zitiervorschlag „Direktvermittlung“

„Dass den Geschädigten in den streitgegenständlichen Schadensfällen XXX indes von diesem ortsüblichen Normaltarif abweichende günstigere Tarife in der konkreten Unfallsituation zugänglich gewesen sind, diese mithin bei der Inanspruchnahme der Leistungen der Klägerin gegen ihre Schadensminderungspflichten verstoßen haben könnten XXX, hat die Beklagte nicht hinreichend dargetan.

Die Beklagte hat hier lediglich als Anlage XXX zum Fall 2 ein Schreiben vorgelegt und ansonsten auf Telefonate mit den Geschädigten verwiesen. Bei diesem Schreiben handelt es sich jedoch nicht um ein konkretes Angebot, sondern um ein Formschreiben sowie eine Preisauflistung für verschiedene Klassen. Der Kunde erhält somit nicht ein auf ihn zugeschnittenes Angebot, sondern nur eine Information zu anderen Angeboten, ohne dass er diese direkt vergleichen kann. Hinzu kommt, dass eine Vergleichbarkeit auch aufgrund der unterschiedlichen angegebenen Fahrzeugklassen dem Verbraucher nicht möglich ist. Die Beklagte orientiert sich insoweit nicht an den auch in den Übersichtswerken genutzten Fahrzeugklassen, sondern bildet Klassen nach kw-Werten, ohne andere Faktoren wie Preis, Ausstattung etc. zu berücksichtigen. Dadurch ist eine Vergleichbarkeit für den Verbraucher, der den Preis einer Ersatzanmietung ermitteln will, nicht ohne Schwierigkeiten und detaillierte Kenntnis der genannten Automodelle möglich.“
(Landgericht Bonn 1 O 297/19 vom 06.03.2020)

Zitiervorschlag „Schwacke statt Fracke, wenn kein Fraunhofer“

Die Fälle XXX sind ebenfalls von der Klägerin korrekt abgerechnet worden. Diese betreffen Mietwagen der Klasse 1, die in der Fraunhofer-Liste für das PLZ-Gebiet 53 nicht berücksichtigt sind, sondern nur in der Schwacke-Liste. Da dem Gericht als Schätzgrundlage daher nur die Daten dieser Liste vorliegen, kann auch nur diese als Schätzgrundlage herangezogen werden.
(Landgericht Bonn 1 O 297/19 vom 06.03.2020)

Zur Frage, ob das Urteil bereits rechtskräftig geworden ist, ist nichts bekannt.

Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 10-20

Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 10-20

Landgericht Halle/Saale 1 S 203/19 vom 27.01.2020
(Vorinstanz: Amtsgericht Weißenfels 1 C 99/19 vom 11.09.2019)

1. Der Schadenersatzanspruch wird mit Tageswerten der Schwacke-Liste geschätzt.
2. Die von der Beklagten aufgezeigten Internet-Beispiele sind nicht vergleichbar und daher kein konkreter Sachvortrag.
3. Dem Beweisangebot mittels Sachverständigen-Gutachten ist daher nicht nachzugehen.
4. Eine generelle Erkundigungspflicht des Geschädigten nach günstigeren Alternativen gibt es nicht.
5. Kosten für erforderliche Nebenleistungen für Haftungsreduzierung, Winterreifen, Zustellung und 24-Stundendienst sind zu erstatten.
6. Für ersparte Eigenaufwendungen wird ein Abzug von 10 Prozent vorgenommen.

Zusammenfassung: Das Landgericht Halle bestätigt die Anwendbarkeit der Schwacke-Liste. Die Anwendung von Tagespreisen wird ausführlich begründet. Auch Kosten der angefallenen Nebenleistungen sind vom Haftpflichtversicherer zu erstatten.

Bedeutung für die Praxis: Das Berufungsgericht tritt der Auffassung der Beklagten entgegen, die behauptete, das Erstgericht hätte mit der Schwacke-Liste eine untaugliche Schätzgrundlage angewendet. Den unter Verweis auf Internetangebote gehaltene Vortrag der Beklagten, der Geschädigte hätte erheblich günstiger anmieten können, ordnet das Gericht richtig ein: Als eine Behauptung nach § 254 BGB zur Verletzung der Schadenminderungspflicht, für die die Beklagte hätte beweisen müssen, dass für den Geschädigten günstigere und gleichwertige Alternativen ohne Weiteres zugänglich gewesen seien. Merke: Internetangebote der Versicherer sind ein Argument des § 254 und daher erst einmal nicht geeignet zur Argumentation gegen eine Schätzgrundlage, solange sie von der Bandbreite der Erhebungsergebnisse umfasst sind. Die angeblich vorhandenen preiswerteren Alternativen wären dem Geschädigten auch gar nicht nicht zugänglich gewesen, weil er sowohl an einem Samstag, außerhalb regulärer Öffnungszeiten und außerhalb größerer Städte anmietete und weil er weder zur Vorfinanzierung noch zu anderen Bedingungen der Internetangebote einen Mietvertrag schließen konnte.
Da die Beklagte keinen hinreichenden Vortrag zur Erschütterung der Anwendbarkeit der Schätzgrundlage geliefert hat, war auch die Einholung eines SV-Gutachtens nicht angezeigt, unabhängig davon, dass eine rückwirkende Ermittlung von Preisen für einen Sachverständigen auch nicht möglich ist.
Das Gericht räumt auch mit dem unsinnigen Argument auf, die Schwacke-Liste sei zur Schätzung nach § 287 ZPO ungeeignet, weil sie für den Verbraucher unbekannt sei. Das trifft ebenso auf die Fraunhofer-Liste zu (und spielt sowieso keine Rolle für die Schadenregulierung). Die Schätzung der vergleichbaren erforderlichen Preise erfolgt anhand von Tagespreisen, da der Geschädigte nicht in der Lage war, den Anmietzeitraum ex ante konkret anzugeben und daher sozusagen eine tägliche Verlängerung des Mietvertrages erfolgen musste.
Der Eigenersparnis-Abzug wird auch bei geringer während der Miete angefallener Fahrleistung vorgenommen. Außerdem erfolgt der Abzug auf den Gesamtbetrag und nicht nur auf den Grundpreis der Mietwagenforderung und damit leider auch auf Kostenbestandteile, die der Geschädigte für sein verunfalltes Fahrzeug auch während der Ausfallzeit zu tragen hat, wie zum Beispiel die Kosten für Fahrzeugversicherung oder die Kfz-Steuer.

Zitiervorschlag „Schätzung mit Tagestarif“

„…, während das Amtsgericht den vom Kläger veranschlagten Tagestarif zugrunde gelegt hat, weil zum Zeitpunkt der Anmietung die voraussichtliche Reparaturdauer bzw. das Fehlschlagen der Reparatur noch nicht bekannt war (vgl. auch BGH, Urteil vom 02. Februar 2010 – VI ZR 139/08 -, Rn. 30, juris). (…)
Als Abrechnungseinheit für die Schätzung der erforderlichen Mietkosten geht das Gericht vom Tagestarif aus und multipliziert diesen mit der Anzahl der Kalendertage der Gesamtmietdauer, hier 14 Tage, weil zum Anmietzeitpunkt die voraussichtliche Dauer nicht bekannt war.“
(Landgericht Halle/Saale 1 S 203/19 vom 27.01.2020)

Zitiervorschlag „Schwacke anwendbar trotz nur noch elektronischer Version“

„Dass die Schwacke-Liste nicht mehr ohne Weiteres für den Verbraucher zugänglich ist und folglich ein Sondermarkt etabliert worden sei, hindert nicht deren Eignung als Schätzgrundlage. Insoweit ist diese Sachlage auch bei der Fraunhofer-Liste gegeben, da auch diese nicht für jeden ohne Weiteres zugänglich ist.“
(Landgericht Halle/Saale 1 S 203/19 vom 27.01.2020)

 

 

Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 09-20

Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 09-20

Amtsgericht Köln 268 C 153/19 vom 17.12.2019

1. Sofern der Geschädigte die Mietwagenrechnung bereits bezahlt hat oder die unbezahlte Mietwagenforderung selbst gegen den Schädiger durchsetzt, indiziert die Rechnung die erforderlichen Kosten.
2. Die Schätzung erforderlicher Mietwagenkosten kann anhand der Schwacke-Liste Automietpreisspiegel erfolgen.
3. Der Verweis der Beklagten auf die Fraunhofer-Liste und Internetbeispiele sind kein konkreter Sachvortrag gegen die Anwendung der Schwacke-Liste.
4. Ein unfallbedingter Aufschlag auf den Normaltarif ist bei Eilbedürftigkeit der Anmietung gerechtfertigt.
5. Die Geschädigten verstießen nicht gegen ihre Pflicht zur Schadengeringhaltung, weil sie die Vermittlung von Ersatzfahrzeugen durch die Beklagte ignorierten.

Zusammenfassung: Das AG Köln schätzt erforderliche Kosten mittels Schwacke und lehnt die Verwendbarkeit der Fraunhofer-Liste ab. Inhalte vorgelegter Internetscreenshots sind nicht vergleichbar und daher kein konkreter Sachvortrag. Die Anrufe und Schreiben der Beklagten zur Direktvermittlung von Ersatzwagen waren unkonkret. Es fehlte die Angabe des konkret anzumietenden Fahrzeuges und eine ausreichende Reduzierung der Haftung im Schadenfall. Daher konnten die Geschädigten bei der Klägerin anmieten und dieser sind die erforderlichen Kosten vom Haftpflichtversicherer zu ersetzen.

Bedeutung für die Praxis: Das Gericht stellt zunächst fest, dass der Geschädigte entgegen der Auffassung der Beklagten vor Anmietung nicht zur Erforschung des Marktes verpflichtet ist und keine überobligatorischen Anstrengungen für den Schädiger unternehmen muss, für ihn zu sparen. Auch wenn das Gericht die Schwacke-Liste anwendet und die Nebenkosten für Kasko, Winterreifen, Zustellung, Zusatzfahrer und Navigation zuspricht, verwehrt es für die allermeisten Schadenfälle den unfallbedingten Aufschlag. Denn es macht diesen abhängig von der Eil- und Notsituation. Das Gericht verkennt hier, dass der Aufschlag im Rahmen der Erforderlichkeit nach § 249 zu gewähren und an der Stelle eine Diskussion des § 254 BGB fehlerhaft ist. Denn es geht hier nicht um den Unfallersatztarif, sondern um typische Zusatzleistungen des Vermieters, die erforderlich sind, damit der Geschädigte überhaupt eine Ersatzmobilität erhalten kann, auch wenn er beispielsweise nicht in der Lage ist, eine Kaution zu stellen oder die Miete selbst vorzufinanzieren. Stattdessen verlangt das Gericht für einen unfallbedingten Aufschlag den Vortrag des Klägers, dass dem Geschädigten keine günstigeren Tarife zur Verfügung gestanden haben. Laut BGH ist dieser Nachweis jedoch nur notwendig, wenn es sich um einen Unfallersatztarif handelt, der teurer ist als ein Marktpreis zuzüglich Aufschlag.

Zitiervorschlag „Direktvermittlung“

Die Beklagte wendet schließlich unerheblich ein, dass die Geschädigten gegen ihre Pflicht zur Schadensminderung aus § 254 Abs. 2 S. 1 Fall 2 BGB verstoßen haben, indem sie das behauptete Angebot im Verweisungsschreiben bzw. Telefonat nicht angenommen hätten. (…)
Das Angebot (…) war für den Geschädigten nicht bindend, weil es die ihm zustehende Ersetzungsbefugnis unzumutbar beschränkte. Denn der Geschädigte durfte grundsätzlich ein Ersatzfahrzeug anmieten mit einer Vollkaskoversicherung ohne Selbstbeteiligung (…). Zudem wurde nicht dargelegt, welches konkrete Fahrzeug den Geschädigten zu welchen Konditionen einschließlich der Nebenleistungen angeboten wurde.“ Amtsgericht Köln 268 C 153/19 vom 17.12.2019
(Fettdruck durch den Unterzeichner)

Da der Versicherer inzwischen bezahlt hat, ist die Entscheidung rechtskräftig.

Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 07-20

Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 07-20

Landgericht Essen 15 S 19/19 vom 21.01.2020
(Vorinstanz: Amtsgericht Gladbeck 11 C 495/16 vom 18.12.2018)

1. Der Kläger ist aufgrund des BAV-Abtretungsformulars von 2008 zur Geltendmachung der Schadenersatzforderung im Hinblick auf die Mietwagenkosten aktivlegitimiert.
2. Das vom Kläger verwendete und vom BGH bestätigte Abtretungsformular besticht durch seine Klarheit und den Verzicht auf die Regelung von Selbstverständlichkeiten.
3. Die Klauseln sind nicht wegen fehlender Angaben zur Rückübertragung im Fall der Inanspruchnahme des Geschädigten durch den Kläger unwirksam.
4. Auch ohne eine ausdrückliche Regelung einer Rückübertragung der Ansprüche ergibt sich der Rückübertragungsanspruch des Geschädigten automatisch aus dem Mietvertrag.
5. Die Schadenersatzansprüche sind auch nicht erloschen wegen Verjährung der ursprünglichen Mietzinsforderung.
6. Die Schätzung erforderlicher Mietwagenkosten erfolgt anhand der Mittelwert-Methode, die beklagtenseits vorgelegten Internetangebote zeigen keine vergleichbare Leistung.
7. Kosten der Haftungsreduzierung des Mietfahrzeuges gehören unabhängig vom Vorliegen einer Kaskoversicherung für das beschädigte Fahrzeug zum Schadenersatz.

Zusammenfassung: Das Landgericht Essen sieht den Kläger aus abgetretenem Recht als aktivlegitimiert an, auch wenn der ein Abtretungsformular des Bundesverbandes der Autovermieter aus 2008 verwendete. Die Berufungskammer sieht in den Abtretungsformulierungen eine klare Vereinbarung, die darauf verzichtet, Selbstverständlichkeiten zu regeln. Der Vorwurf des Verstoßes gegen das verbraucherrechtliche Transparenzgebot wird ebenso zurückgewiesen, wie der Beklagtenvortrag zur Verjährung der Grundforderung. Das Gericht schätzt mit dem Mittelwert der Listen und spricht die Kosten der Nebenleistungen zu.

Bedeutung für die Praxis: Die in der letzten Zeit festzustellenden Angriffe der Versicherer auf die Aktivlegitimation der aus abgetretenem Recht klagenden Vermieter sind massiv. Das Urteil behandelt mit der Verjährungsproblematik und dem Transparenzgebot einen großen Teil davon und weist die Versicherereinwendungen allesamt zurück. Dabei wird sogar die inzwischen mehrfach überarbeitete Abtretungsformulierung des BAV als völlig ausreichend angesehen. Trotzdem wurde das aktuell vom BAV empfohlene Abtretungsformular seit 2008 mehrmals weiterentwickelt. Da eben nicht alle Gerichte die am Landgericht Essen zugrunde gelegte tiefgehende Prüfung der Rechtslage vornehmen und immer wieder  in Bezug zur Hemmungswirkung der Abtretung bzgl. einer Verjährung der Schadenersatzforderung sowie zu den Transparenzanforderungen nach § 307 BGB zu anderen Ergebnissen kommen, sind Änderungen am Formular notwendig geworden, um bundesweit überhaupt eine Formular-Empfehlung geben zu können.
Die immer neuen Anforderungen mancher Gerichte an die Abtretungsformular hinterlassen den Eindruck, dass die Klagen aus abgetretenem Recht nicht mehr gewollt sind. Denn bei manchen Gerichten besteht der Eindruck, dass der Mieter in seiner Rolle als Geschädigter selbst nicht klagen würde. Macht man die Klagen aus abgetretenem Recht unmöglich, wären die Gerichte folglich massiv entlastet, denn die Mietwagenstreitigkeiten lähmen wegen ihrer Menge die Justiz.
Weil man einem solchen „Ich will das nicht mehr“ kaum begegnen kann, ist es wichtig, die Formulare immer auf neuestem Stand zu halten, wie der BAV es tut. Garantie, dass das angepasste Formular „hält“, kann wegen der teilweise zu beobachtenden Tendenz der Gerichte aber nicht gegeben werden.

Zitiervorschlag „Aktivlegitimation bei Einwand Verjährung der Grundforderung“

„Die Argumentation des Amtsgerichts zum fehlenden Schaden der Unfallgeschädigten und ehemaligen Inhaberin der abgetretenen Forderung, weil ihr gegenüber die vertragliche Forderung der Klägerin mangels verjährungshemmender Maßnahmen verjährt sei und diese insoweit keinen Schaden mehr habe, überzeugt die Kammer nicht.
In dem Sachverhalt, der dem BGH im Urteil, abgedruckt in NJW 2007, 2695 vorlag, ging es darum, dass bei einer Leistungskette bei der Errichtung eines Bauwerks der Besteller von Fenstern, die durch einen Dritten im Bauvorhaben eines Bauherrn eingebaut wurden, nicht mehr für unstreitige Mängel der gelieferten Fenster gegenüber dem Lieferanten Schadensersatz geltend machen kann, wenn die Verjährungsfrist für den Bauherren und denjenigen, der die Fenster zum Einbau erworben hat, offensichtlich abgelaufen ist und beide nie Mängel gerügt haben. Da erschien es gut nachvollziehbar unbillig, dass der Kläger Schadensersatz geltend macht, obwohl er überhaupt keinen Schaden hatte.
Hier macht die Klägerin jedoch eine nicht vollständig erfüllte Mietforderung geltend, für deren Erfüllung ihr lediglich eine Schadensersatzforderung abgetreten wurde.
Eine der vorgenannten Konstellation aus dem Bau vergleichbare Unbilligkeit kann die Kammer hier nicht erkennen. Die Gepflogenheiten bei der Schadensabwicklung nach einem Verkehrsunfall sind andere.“ (Landgericht Essen 15 S 19/19 vom 21.01.2020)
(Fettdruck druch den Unterzeichner)

Zitiervorschlag „Aktivlegitimation bei Einwand Verstoß gegen Transparanzgebot 307 und 305 BGB

„Vorliegend ist für den Fall, dass die Klägerin mangels Erfüllung ihrer Mietwagenforderung durch den Anspruchsgegner der abgetretenen Schadensersatzforderung keine oder keine ausreichende Erfüllung erhält und deshalb die Unfallgeschädigte aus dem ihr verbliebenen vertraglichen Anspruch in Anspruch nehmen kann, keine ausdrückliche Regelung zum Verbleib der abgetretenen Schadensersatzforderung in der Abtretungsklausel getroffen worden.
Dies diente hier aber der Klarheit der Klausel. So wie bei jeder Sicherungsvereinbarung aus den Grundsätzen allgemeiner Vertragsauslegung auch ohne ausdrückliche Regelung ohne weiteres ein vertraglicher Rückübertragungsanspruch, etwa bei Wegfall des Sicherungszweckes besteht, so besteht auch bei erfüllungshalber abgetretenen Ansprüchen für den Ausgleich von Mietwagenkosten beim Verkehrsunfall – wie hier – ein automatischer sich aus dem Mietwagenvertrag ergebender Rückübertragungsanspruch hinsichtlich dem abgetretenen Schadensersatzanspruch gegenüber dem Unfallgegner und seiner Versicherung durch den Geschädigten (vgl. zum Grundsätzlichen nur BGH, Großer Senat für Zivilsachen, NJW 1998, 671, (672/673)).
Aus dem vorgenannten Grund ist die Klausel auch nicht deshalb überraschend im Sinne des § 305c Abs. 1 BGB, weil keine Rückabtretung vorgesehen ist“ (Landgericht Essen 15 S 19/19 vom 21.01.2020)
(Fettdruck druch den Unterzeichner)

Zitiervorschlag „Kosten Haftungsreduzierung unabhängig von Kasko bei Unfallauto“

„Die Klägerin hat auch Anspruch auf die von ihr für die Haftungsfreistellung gesondert berechneten 169,93 € brutto. Unabhängig davon, wie das  geschädigte Fahrzeug von Frau XXX versichert war, hatte diese hier bei der 100%-igen Haftung der Beklagten einen Anspruch auf Haftungsfreistellung für das Mietfahrzeug.“ (Landgericht Essen 15 S 19/19 vom 21.01.2020)
(Fettdruck durch den Unterzeichner)

 

 

Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 06-20

Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 06-20

Oberlandesgericht Köln 15 U 109/18 vom 14.03.2019
(Vorinstanz: Landgericht Bonn 3 O 331/17 vom 01.06.2018)

1. Dem Geschädigten ist eine Verletzung seiner Schadenminderungsobliegenheit aufgrund einer erheblichen Mietdauer nicht vorzuwerfen.
2. Die Verwendung eines nicht ausreichenden Vorschusses für die Befriedigung der schadenbedingten Ansprüche von Abschlepper, Gutachter und Rechtsanwalt und nicht zur Beschaffung eines günstigeren Interimsfahrzeuges ist dem Geschädigten nicht vorzuwerfen.
3. Die Anforderungen an die Warnpflicht des Geschädigten gegenüber der Schädigerversicherung sind erfüllt, wenn immer wieder und auch nach Zahlung des unzureichenden Vorschusses auf weiter auflaufende Kosten hingewiesen wurde.
4. Auch bei langer Mietdauer sind konkrete Mietwagenkosten zu schätzen und es ist nicht stattdessen einfach von den Vorhaltekosten auszugehen.
5. Ein Abzug von den ersatzfähigen Mietwagenkosten aufgrund Alters des Geschädigtenfahrzeuges mittels Herunterstufung der Mietwagengruppe ist nicht vorzunehmen.
6. Bei klassenkleinerer Anmietung kommt ein Abzug für Eigenersparnis in Höhe von 4 Prozent nicht in Betracht.

Zusammenfassung: Das OLG Köln hat ein erstinstanzliches Urteil des LG Bonn korrigiert und dem Kläger zugunsten des Autovermieters die gesamten restlichen Mietwagenkosten und die Rechtsanwaltskosten in Höhe von nahezu 30.000 Euro zugesprochen. Hintergrund war der Streit darüber, ob der Geschädigte hätte frühzeitig auf der Basis eines (hier unzureichenden) Kostenvorschusses ein Interimsfahrzeug kaufen müssen, weiter ob er hätte einen Kredit aufnehmen müssen und ob er den Haftpflichtversicherer ausreichend auf den Umstand hingewiesen hatte, dass bei zögerlicher Regulierung immer weitere Kosten für ein Ersatzfahrzeug anfallen würden. Ergebnis: Bei schuldhafter Verzögerung der Regulierung durch den Haftpflichtversicherer und wenn der Geschädigte seiner Warnpflicht genüge getan hat, verlängert sich die erstattungsfähige Ausfalldauer bis zur Regulierung und der anschließenden Reparatur oder Ersatzbeschaffung. Die Schätzung anhand des Mittelwertes der Listen wird bestätigt.

Bedeutung für die Praxis: Aufgrund der Höhe des Streitwertes über 20.000 Euro konnte der Versicherer den Versuch unternehmen, trotz Nichtzulassung der Revision durch das OLG, den BGH über die Sache schauen zu lassen. Der BGH hat die Nichtzulassungsbeschwerde jedoch am 28.01.2020 zurückgewiesen (VI ZR 143/19), wodurch das Berufungsurteil rechtskräftig geworden ist. Das Urteil bedeutet folgendes: Wer seiner Warnpflicht gegenüber dem Schädiger nachkommt (dass eine Nichtregulierung oder unvollständige Regulierung dazu führt, dass weder Reparatur noch Ersatzbeschaffung vorgenommen werden können und daher weitere Kosten anfallen), hat bei Anspruch auf einen Ersatzwagen auch Anspruch auf die entstehenden hohen Kosten bei langer Miete. Selbst wenn die letztlich abgerechneten Mietwagenkosten – wie das OLG formuliert – den Neupreis des Mietwagens übersteigen dürften, sind die erforderlichen Kosten erstattungsfähig und anhand der Mittelwert-Methode aus den Listen zu schätzen. Die landgerichtliche Orientierung an fiktiven Mietkosten wie beim Nutzungsausfall, um bei längeren Mieten lediglich Vorhaltekosten anzuwenden, wird verworfen.

Zitiervorschlag „Mietwagendauer“

„Allerdings verlängert sich die zeitliche Dauer der entschädigungspflichtigen Ausfalls dann, wenn dem Geschädigten die Gebrauchsvorteile des Pkw durch ein schuldhaftes Verhalten des Schädigers, insbesondere ein zögerliches Regulierungsverhalten, für einen längeren Zeitraum entgehen.“ (Oberlandesgericht Köln 15 U 109/18 vom 14.03.2019)
(Fettdruck durch den Unterzeichner)

Zitiervorschlag „Vorfinanzierung“

“ (…) nur ausnahmsweise kann daher eine Pflicht des Geschädigten zur Finanzierung bejaht werden, nämlich dann, wenn er über ausreichende Mittel verfügt und sich den Kredit ohne Schwierigkeiten beschaffen kann, ohne dass er damit über seine wirtschaftlichen Verhältnisse hinaus belastet wird. Die Annahme der Vorfinanzierung muss im Einzelfall von der Sache her geboten sein und dem Geschädigten auch zuzumuten sein. (…) das allein die bloße Möglichkeit der Vorfinanzierung die Annahme eines anspruchsmindernden bzw. anspruchsausschließenden Mitverschuldens nicht zu begründen vermag.
(..) erforderlich, dass dem Geschädigten unter Abwägung aller Umstände des Einzelfalles und unter Berücksichtigung des Grundsatzes von Treu und Glauben schadenmindernde Maßnahmen zumutbar sind.
(…) ist aber davon auszugehen, dass dem Geschädigten eine Vorfinanzierung nicht möglich bzw. unzumutbar war, und zwar schon deswegen, da unwidersprochen vom Kläger vorgetragen worden ist, er habe sich erfolglos um einen Kredit bemüht (…). (Oberlandesgericht Köln 15 U 109/18 vom 14.03.2019)
(Fettdruck durch den Unterzeichner)

Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 05-20

Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 05-20

Landgericht Wiesbaden 3 S 60/19 vom 19.12.2019
(Vorinstanz: Amtsgericht Wiesbaden 91 C 4555/18 vom 14.06.2019)

1. Im Rahmen der Schätzung der erstattungsfähigen Mietwagenkosten nach § 287 ZPO greift das Berufungsgericht auf den Mittelwert aus den Listen von Schwacke und Fraunhofer zurück.
2. Im Rahmen der Sondersituation der Vermietung nach einem Unfall ist ein 20-prozentiger Aufschlag auf den Grundbetrag erstattungsfähig.
3. Auch die Kosten erforderlicher Nebenleistungen für Haftungsreduzierung, Zweitfahrer, Winterreifen sind zu erstatten.

Zusammenfassung: Das Landgericht Wiesbaden gibt der Berufung des Autovermieters in einer Sammelklage von sieben Fällen statt. Der Normaltarif erstattungsfähiger Mietwagenkosten wird mit dem Mittelwert zuzüglich 20 Prozent geschätzt und angefallene Nebenkosten sind in Höhe der Liste Schwacke zu erstatten.

Bedeutung für die Praxis: Im OLG-Bezirk Frankfurt ist der Mittelwert inzwischen Standard. Aber vor allem das Zusprechen eines selbstverständlichen Aufschlages für unfallbedingte Mehrleistungen des Vermieters, weil nach einem Unfall eben in der Regel Zusatzleistungen erforderlich werden, ist auch hier nicht selbstverständlich. Als Gründe sind angegeben die Vorfinanzierung durch den VERmieter, die schlechtere Auslastung, weil die Rückgabe des Fahrzeuges vom Geschädigten nicht genau angegeben werden kann und besondere Risiken für den Vermieter, weil er keine Kaution verlangen kann.

Zitiervorschlag „Unfallbedingter Aufschlag“

„Das Gericht geht weiter davon aus, dass auf diesen Normaltarif bezüglich der besonderen Situation im Rahmen einer Unfallabwicklung ein prozentualer Aufschlag zulässig ist, der mit 20 % geschätzt wird. Hierbei ist insbesondere darauf abzustellen, dass durch die Bearbeitung im Rahmen eines Unfallschadens mehr Aufwand erforderlich sein kann, für den einzelnen Mietwagenanbieter auch ein höheres Risiko gegeben sein kann, keine Vorkasse geleistet wird und üblicherweise auch keine unmittelbare Zahlung erfolgt. Zudem müssen entsprechende Fahrzeuge vorgehalten werden, hierbei ist die wirtschaftliche Planung nicht immer exakt möglich, anders beispielsweise als bei der normalen Anmietung eines Mietwagens …“ (Landgericht Wiesbaden 3 S 60/19 vom 19.12.2019)
(Fettdruck durch den Unterzeichner)

 

Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 04-20

Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 04-20

Landgericht Frankenthal (Pfalz) 2 S 91/19 vom 04.12.2019
(Vorinstanz: Amtsgericht Ludwigshafen 2a C 253/18 vom 27.03.2019)

1. Die Beklagte kann mit Einwendungen gegen die Wirksamkeit der Abtretung nicht gehört werden, nachdem sie außergerichtlich gegenüber der Klägerin einen Teilbetrag reguliert hat.
2. Die Schwacke-Liste Automietpreisspiegel kann zur Schätzung erforderlicher Mietwagenkosten verwendet werden.
3. Dabei ist der Modus aus den Pauschalen zu addieren (Wochentarif plus Dreitagestarif plus Tagestarif).
4. Die Beklagte muss ihre Behauptung beweisen, für den Geschädigten sei zum Anmietzeitpunkt ein günstigeres Angebot verfügbar (und ihm bekannt) gewesen.
5. Der Abzug für ersparte Eigenkosten des Geschädigten ist mit 5 Prozent zu bemessen.
6. Ein unfallbedingter Aufschlag auf den Grundpreis ist nicht berechtigt.

Zusammenfassung: Das Berufungsgericht hebt eine erstinstanzliche Entscheidung auf und fasst das Urteil insgesamt neu. Die Einwendungen der Beklagten gegen die Aktivlegitimation der Klägerin, gegen die Anwendbarkeit der Schwacke-Liste und gegen die Erstattung vorgerichtlicher Anwaltskosten werden zurückgewiesen.

Bedeutung für die Praxis: Das Berufungsgericht betont seine ständige Rechtsprechung zur Anwendung der Schätzgrundlagen. Lediglich allgemeine Verweise auf Fraunhofer und Internetangebote lösen keine fallbezogene Prüfung der Eignung der Schwacke-Liste aus. Behauptet die Beklagte, dem Geschädigten sei es ohne weiteres möglich gewesen, günstiger anzumieten, muss sie das vor dem Hintergrund des § 254 BGB (außerhalb der Erforderlichkeit) beweisen. Dazu gehört nicht nur, dass es am Markt auch günstigere Fahrzeuge gegeben haben könnte, sondern dass dem Geschädigte solche vergleichbaren Angebote vorgelegen haben und er sie ausgeschlagen hat. Die Berechnungsmethode ist die Addition der Pauschalen der Schwacke-Liste je nach Mietdauer. Die Hochrechnung der längsten Pauschale auf den Gesamtzeitraum wird als ungeeignet verworfen.
Obwohl die Klägerin auf die Erforderlichkeit unfallspezifischer Mehrleistungen für den Geschädigten hingewiesen hat, wurden ein Aufschlag auf den Grundpreis des Mietfahrzeuges nicht zugesprochen. Die Kammer sieht den Aufschlag als Unfallersatztarif, für dessen Erstattungsfähigkeit der Geschädigte beweisen müsste, dass ihm kein günstigeren Fahrzeug zugänglich war.

Zitiervorschlag „Schwacke“

Ausgangspunkt der Betrachtung zur Höhe der erstattungsfähigen Mietkosten ist nach der ständigen Rechtsprechung der Kammer der Normaltarif nach der Schwacke-Tabelle. (…) Es ist nach höchstrichterlicher Rechtsprechung nicht die Aufgabe des Tatrichters, lediglich allgemein gehaltenen Angriffen gegen eine bewährte Schätzgrundlage wie den Schwacke-Mietpreisspiegel nachzugehen. (…) Der Rechenweg, den der Beklagtenvertreter bevorzugt, nämlich die Ermittlung eines fiktiven Tagespreises aus dem Wochenpreis, verbietet sich.“ (Landgericht Frankenthal (Pfalz) 2 S 91/19 vom 04.12.2019)
(Fettdruck durch den Unterzeichner)

Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 03-20

Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 03-20

Landgericht Trier 1 S 40/19 vom 20.12.2019
(Vorinstanz: Amtsgericht Prüm 6 C 250/18 vom 22.03.2019)

1. Die Geltendmachung der restlichen Mietwagenforderung aus der vorliegenden Abtretung erfüllungshalber heraus stellt keinen Verstoß gegen das Rechtsdienstleistungsgesetz dar, da lediglich die Haftungshöhe in Streit steht.
2. Die Beklagte lieferte keinen Nachweis, dass der Geschädigte zum Anmietzeitpunkt am Anmietort hätte günstiger anmieten können.
3. Die Schätzung der erforderlichen Mietwagenkosten für Ersatzmobilität kann mithilfe der Schwacke-Liste erfolgen, hiergegen ist mit den vorgelegten unspezifischen Internetscreenshots von der Beklagten kein konkreter Sachvortrag gehalten worden.
4. Unfallbedingter Aufschlag ist wegen Eilbedürftigkeit der Anmietung gerechtfertigt und wird mit 20 Prozent bestätigt.
5. Den Geschädigten trifft eine Erkundigungspflicht nach günstigeren Angeboten lediglich bei erheblich überteuerter Anmietung.
6. Die Kosten erforderlicher Nebenleistungen sind zu erstatten.
7. Auch die Kosten außergerichtlicher anwaltlicher Tätigkeit sind schadenersatzrechtlich als erstattungsfähig anzusehen.

Zusammenfassung: Das Landgericht Trier hebt ein Urteil der Erstinstanz auf. Die Aktivlegitimation des Klägers auf Basis einer Abtretung erfüllungshalber wird bestätigt. Die Kammer schätzt erforderliche Mietwagenkosten anhand der Werte der Schwacke-Liste zuzüglich unfallbedingtem Aufschlag. Auch die Nebenkosten sind erstattungsfähig.

Bedeutung für die Praxis: Das Landgericht Trier verlangt von der Beklagten zunächst konkreten Beweis zu ihrer Behauptung, dem Geschädigten wäre es „ohne Weiteres“ möglich gewesen, zu von ihr behaupteten minimalen Preisen mobil zu bleiben. Diesen Beweis hat sie jedoch nicht erbracht. Ebenso stellt das Berufungsgericht fest, dass der Vortrag der Beklagten ungeeignet ist, die Anwendbarkeit der Werte der Schwacke-Liste in Abrede zu stellen. Ihre Argumente sind unkonkret und die Internetbeispiele nicht mit dem tatsächlichen Mietwagenservice vergleichbar. Grundsätzlich weist das Gericht darauf hin, dass die Anforderungen an den Geschädigten nach § 254 BGB die Pflichten des Schädigers nicht übersteigen dürfen.

Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 02-20

Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 02-20

Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht 7 U 39/19 vom 28.11.2019
(Vorinstanz: Landgericht Flensburg, Az. unbekannt, vom 08.02.2019)

1. Die erstattungsfähigen Mietwagenkosten bestimmen sich nach dem Mittelwert der Schätzlisten von Schwacke und Fraunhofer.
2. Ein unfallbedingter Aufschlag erscheint grundsätzlich gerechtfertigt und ist zuzusprechen, sofern eine Eil- und Notsituation oder die fehlende Möglichkeit der Vorfinanzierung durch den Geschädigten unfallbedingte Mehrleistungen des Vermieters erforderlich machen.
3. Ein Abzug für ersparte Eigenkosten entfällt bei Anmietung eines klassenkleineren Fahrzeuges.
4. Kosten für Nebenleistungen bzgl. erweiterter Haftungsreduzierung, Winterreifen, Anhängerkupplung, Zweitfahrer, Zustellung und Navigationsgerät sind erstattungsfähig, sofern sie angefallen sind.

Zusammenfassung: Das Schleswig-Holsteinische Oberlandesgericht wendet zur Schätzung des Grundwertes erforderlicher Mietwagenkosten den Mittelwert aus den Listen von Schwacke und Fraunhofer an. Der unfallbedingte Aufschlag ist im Allgemeinen erstattungsfähig, wenn es sich um eine eilbedürftige Anmietung handelt oder die Finanzierung durch den Vermieter notwendig ist. Nebenkosten sind zu erstatten, wenn erforderlich und angefallen.

Bedeutung für die Praxis: Erfreulich ist zunächst die Tatsache, dass sich mit dem Schleswig-Holsteinischen OLG ein weiteres OLG zur Mietwagenfrage geäußert hat und damit die Klärung der Rechtsprechung im OLG-Bezirk vorankommt. Die Schätzung der erforderlichen Kosten sieht der Senat als Mindestschaden. Damit verbunden wird dem Geschädigten eine grundsätzliche Erkundigungspflicht attestiert, welche jedoch damit wieder relativiert wird, dass zur Schätzung der erstattungsfähigen Mietwagenkosten die Listen gemittelt werden (Fracke). Hintergrund bzgl. Erkundigungspflicht dürfte hier in diesem Fall die Abrechnung von völlig überhöhten Mietwagenkosten gewesen sein. Für die Zeit direkt nach dem Unfall unterstellt der Senat, sei der Geschädigte nicht auf ein Ersatzfahrzeug angewiesen gewesen, weil lediglich seine Frau das Unfallfahrzeug für gelegentliche Mobilität zur Verfügung hatte. Daher habe keine Eilsituation vorgelegen und sei ein unfallbedingter Aufschlag hier nicht erstattungsfähig.

Weitere Anmerkungen:

Äußerst fragwürdig sind die Begleitumstände der Klage, wie die Zusammenarbeit der klägerseits Beteiligten, die erhöhte Rechnungen schreiben, die selbst der Klägeranwalt nicht nachvollziehen kann und die Weitergabe solcher Forderungen zur gerichtlichen Geltendmachung bis zur höchstmöglichen Instanz. Das ist als branchenschädlich anzusehen. In der Vergangenheit haben solche Fälle überhöhter Abrechnungen zur maßgeblichen Verschlechterung der Rechtsprechung beigetragen. Vermieter und Autohäuser, die meinen, mit überteuerten Rechnungen arbeiten zu müssen, machen sich mitschuldig daran, wenn Versicherer uneinsichtig sind und Gerichte den Auffassungen von Versicherungen zuneigen.

Zitiervorschlag „Mittelwert-Schätzung“

„Der Senat geht nach alledem bei der hier vorzunehmenden Schätzung in Anwendung des § 287 ZPO von dem arithmetischen Mittel der Fraunhofer-Liste einerseits und der Schwacke-Liste andererseits aus.“ (Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht 7 U 39/19 vom 28.11.2019)
(Fettdruck durch den Autor)

 

AG Stuttgart hat keine Bedenken mehr gegen neue Abtretung

Ein BAV-Mitglied hatte große Probleme mit der Geltendmachung älterer Forderungen aus abgetretenem Recht mittels älterer Abtretungen. Denn inzwischen behaupten Gerichte sehr oft einen Verstoß der Formulierungen in älteren Abtretungen gegen die Transparenzpflichten nach § 307 BGB.

Zitat:

„Unklar … nicht hinreichend deutlich wird, welche Rechte ihm gegenüber dem klägerischen Mietwagenunternehmen zustehen sollen. (…) wann die Klägerseite den Geschädigten nach der Abtretung auf ihre Mietzinsforderung in Anspruch nehmen kann. (…) ungeregelt, welche Rechte der Geschädigte im Hinblick auf die von ihm abgetretene Schadenersatzforderung hat, wenn er vom Mietwagenunternehmer auf die Mietforderung in Anspruch genommen wird. …“

Auf solche Bedenken hatten wir bereits Anfang des Jahres mit neuen Abtretungen reagiert.

Das Amtsgericht Stuttgart sieht nun die Aktivlegitimation des Klägers in den vorliegenden Verfahren als gegeben an. Das betrachten wir als einen Erfolg unserer Arbeit für unsere Mitglieder.

Fraunhofer 2019

Die Liste Marktpreisspiegel Mietwagen Deutschland 2019 des Fraunhofer-Institutes IAO ist erschienen.

Inhaltlich ist das Werk aufgebaut wie zuletzt. Hauptsächliche Tabellen-Abschnitte sind die Interneterhebung der Mietwagenklassen nach Schwacke, die Interneterhebung der Mietwagenklassen nach ACRISS und die Darstellung der Werte für größere Städte.

Eine detaillierte Darstellung der Ergebnisse der Telefonerhebung wird wohl mangels Datenmenge nicht mehr vorgenommen.

Die Erhebungsergebnisse 2019 (Wochenpreise) sind weit überwiegend erheblich niedriger als die Vorjahreswerte. Die 9 Mietwagenklassen des Bundesdurchschnittes / Klassen nach Schwacke (Seite 40), sind (bis auf Gruppe 07) gesunken, meist um 10 bis 20 Prozent, bei Gruppe 02 um 24 Prozent.

Ergebnisse der Mietwagengruppe 01 gibt es wieder nicht. Das belegt auch in diesem Jahr wieder, dass Fraunhofer die Einteilung der Fahrzeuge in Schwacke-Mietwagenklassen aus Internet-Ergebnissen nicht im Griff hat, was zwangsläufig zu erheblichen Verzerrungen der Durchschnittpreise führen dürfte.

Das Buch kostet 225 Euro und ist hier näher beworben und über einen Link bestellbar:
https://www.iao.fraunhofer.de/lang-de/presse-und-medien/sonstiges/2234-marktpreisspiegel-mietwagen-deutschland-2019.html

Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 51-19

Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 51-19

Landgericht Lüneburg 5 O 279/17 vom 25.10.2019

1. Der gerichtlich bestellte Sachverständige bestätigt die Erforderlichkeit bestrittener Teile des Reparaturweges.
2. Der Beklagten steht kein Recht der Nachbesichtigung zu.
3. Die Behauptung, der Nutzer des beschädigten Fahrzeuges sei auf den Ersatzwagen nicht angewiesen gewesen, wurde von der Beklagten nicht weitergehend substantiiert.
4. Zur Schätzung der erforderlichen Mietwagenkosten kann die Schwacke-Liste herangezogen werden.
5. Der Verweis auf die Fraunhofer-Liste ist kein konkreter Sachvortrag.

Zusammenfassung: Das Landgericht in Lüneburg wendet zur Schätzung des Schadenersatzanspruches bezüglich Mietwagenkosten die Schwacke-Liste an. Der Vortrag der Beklagten zur Erschütterung dieser Auffassung wird als unkonkret zurückgewiesen.

Bedeutung für die Praxis: Die Beklagte hatte in einem Schadenersatzverfahren um restliche Reparaturkosten, Abschleppkosten, Mietwagenkosten und Rechtsanwaltskosten mehr oder weniger alles bestritten, was man bestreiten kann. Das Gericht ließ sogar ein Sachverständigengutachten erstellen, um Fragen rund um Richtwinkelsätze und Lackangleichungen nachzugehen, obwohl das schadenrechtlich nicht nötig gewesen wäre. Das Ergebnis bestätigt die Kläger und steigerte die Kosten des Verfahrens für die Beklagte. In Bezug auf die Mietwagenkosten machte das Gericht klar, dass Schwacke laut BGH verwendbar sei und die Beklagte konkret darlegen müsse, warum in dem konkreten Fall diese Liste den Anforderungen an eine Schätzgrundlage nicht gerecht werden soll.

Zitiervorschlag „Schwacke“

„Der Kläger kann auch die Mietwagenkosten wie geltend gemacht verlangen. Die Schwacke-Liste konnte zur Abrechnung herangezogen werden. Dies ist mit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (…) möglich, solange nicht mit konreten Tatsachen Mängel (…) aufgezeigt werden, die sich im betreffenden Fall auswirken (…). Solches hat die Beklagte nicht dargelegt. Der Verweis auf alternative Schätzungsgrundlagen (Fraunhofer oder Fracke) ist keine konkrete Tatsache in diesem Sinne, welche Zweifel an der Geeignetheit der sogenannten Schwacke-Liste begründet.“
(Fettdruck durch den Autor)

Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 50-19

Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 50-19

Amtsgericht Sondershausen 2 C 277/19 vom 28.11.2019

1. Durch Vorlage der Mietwagenrechnung genügt der Kläger seiner Darlegungslast zur Erforderlichkeit der Mietwagenkosten.
2. Die Schwacke-Liste ist eine hinreichend gesicherte Anknüpfungstatsache zur Schätzung nach § 287 ZPO.
3. Der Fraunhofer-Liste mangelt es an regionalem Bezug.
4. Erforderliche Kosten für Nebenleistungen sind erstattungsfähig.
5. Dem Kläger ist kein Vorwurf des Verstoßes gegen § 254 BGB (Schadenminderungspflicht) zu machen, dazu hat die Beklagte nicht hinreichend vorgetragen.

Zusammenfassung: Das Amtsgericht in Sondershausen wendet zur Schätzung von Mietwagenkosten die Schwacke-Liste an. Die Fraunhofer-Liste sei weniger geeignet. Nebenkosten sind erstattungsfähig und ein Vorwurf des Verstoßes gegen die Schadenminderungspflicht sei dem Geschädigten nicht zu machen.

Bedeutung für die Praxis: Die Anwendbarkeit der Fraunhofer-Liste zur Bestimmung der Höhe angemessener Mietwagenkosten nach einem Verkehrsunfall wird verneint. Die dortige Zusammenfassung der erhobenen Werte in 2-stelligen PLZ-Gebieten berücksichtigt regionale Unterschiede nicht und führt vor allem mit Blick auf den ländlichen Raum zu Gebieten mit fast 10.000 Quadratkilometern Fläche und Entfernungen von – in der Fraunhofer-Erhebung berücksichtigten – Angeboten von 165 Kilometern. Den auch hier wieder erfolgten Versuch des Versicherers, das realisierte Angebot als einen Unfallersatztarif hinzustellen, wies das Gericht mittels Vergleich mit der Schwacke-Liste zurück.  Es lag auch kein Verstoß gegen die Schadenminderungspflicht vor. Die Beklagte hätte dazu beweisen müssen, dass dem Geschädigten zum Anmietzeitpunkt der von ihr behauptete günstigere Tarif vorgelegen hätte und vergleichbar und zugänglich gewesen wäre.

Zitiervorschlag „Internet-Screenshots“

„Der Kläger hat auch nicht gegen § 254 Abs. 2 BGB verstoßen. Die Beklagte wäre darlegungs- und beweisbelastet dafür, dass dem Kläger zum Anmietzeitpunkt tatsächlich ein günstigerer Tarif zugestanden hätte. (…) Sofern die Beklagte sich auf die von ihr vorgelegten Angebote der Autovermietungen AVIS, Europcar und Sixt bezieht, so ist dies nicht ausreichend. (…) Es ist nicht gesagt, dass zum Anmietzeitpunkt tatsächlich die hier angegebenen Fahrzeuge zum angegebenen Preis abrufbar gewesen wären. Zu beachten ist, dass zwei Angebote eine begrenzte Kilometeranzahl aufweisen. (…) … ist nach gerichtlicher Erfahrung bei größeren Vermietungsfirmen das Angebot nicht immer identisch. Es ist davon abhängig, wie viele Fahrzeuge der jeweiligen Klasse gerade zur Verfügung stehen (…) zu berücksichtigen, dass die Angebote jeweils schon die Buchung für einen festen Zeitraum voraussetzen. Dies war dem Kläger allerdings nicht möglich.“
(Fettdruck durch den Autor)

 

BGH zum Großkundenrabatt in der Schadenabwicklung und zu Kosten der außergerichtlichen Einschaltung eines Rechtsanwalts

Der Bundesgerichtshof hat eine Entscheidung zur Frage der Anrechnung von Großkundenrabatten bei fiktiver Abrechnung von Kfz-Haftpflichtschäden an Fahrzeugen von Gewerbetreibenden veröffentlicht.

Im zweiten Teil der Entscheidung geht es um die Frage, ob auch in der Schadenabwicklung erfahrene Geschädigte wegen Unklarheiten im Hinblick auf die Höhe der Ersatzpflicht des Gegnerversicherers bereits außergerichtlich einen externen Rechtsanwalt beauftragen dürfen, dessen außergerichtliche Kosten der Schädiger zu tragen hat.

Die Ergebnisse können so zusammengefasst werden:

Der Haftpflichtversicherer kann bei konkreter und bei fiktiver Abrechnung der Reparatur eines Kfz-Schadens einwenden, der Geschädigte würde üblicherweise einen Rabatt des mit der Reparatur beauftragten Betriebes erhalten, der seinen Anspruch verringert und dementsprechend den Schadeneratzanspruch kürzen. Der Geschädigte muss dann nachweisen, dass dem nicht so ist bzw. nicht in der Höhe der Kürzung so ist, bzw. bei vorhandenen Rabatten von Anfang an dazu vortragen.

In der Kfz-Schadenregulierung dürfte es (von besonderen Ausnahmen abgesehen, wie dem Fall der immobilen Leitplanke als „Unfallgegener“) ex ante keinen einfach gelagerten Fall geben. Nahezu jede Schadenersatzposition ist – weil darüber seit Jahren in Literatur und Praxis intensiv gestritten wird – mit uneinheitlicher Rechtsprechung belegt. Gerade mit der Schadenabwicklung vertraute Geschädigte können daher ex ante begründete Zweifel haben, dass der Schädiger ohne weiteres seiner Schadenersatzpflicht nachkommt. Aus diesem Grund sind auch Kosten der außergerichtlichen, also von Beginn an beauftragten externen Rechtsberatung und Rechtsdurchsetzung schadenersatzrechtlich vom Gegnerversicherer zu erstatten. Auch wenn es anfangs lediglich um die Bezifferung des Schadens geht, handelt es sich hierdurch nicht bereits um einen einfach gelagerten Fall.

BGH VI ZR 45/19 vom 29.10.2019

Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 49-19

Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 49-19

Oberlandesgericht Frankfurt/Main 7 U 147/18 vom 27.11.2019
(Vorinstanz: Landgericht Frankfurt/Main 2-08 O 327/17 vom 05.09.2018)

1. Die Schätzung erforderlicher Mietwagenkosten nach Unfall ist anhand des Mittelwertes der Listen von Schwacke und Fraunhofer vorzunehmen.
2. Beruft sich der Kläger auf Schwacke, geht es grundsätzlich um den erforderlichen Normaltarif (§249 BGB) und nicht um einen Unfallersatztarif (§254 BGB).
3. Die Beklagte hat keine konkreten Einwände gegen die Anwendung der favorisierten Schätzgrundlage vorgetragen.
4. Kosten für erforderliche Nebenleistungen aufgrund Vollkasko-ähnlichem Schutz mit niedriger Selbstbeteiligung, Winterreifen, Navigation und Anhängerkupplung, 24h-Dienst sowie Zustellung und Abholung sind erstattungsfähig, wenn angefallen.
5. Aufwendungen der Geschädigten für die Zweitfahrererlaubnis sind grundsätzlich zu erstatten, wenn vertraglich vereinbart.
6. Der grundsätzlich vorzunehmende Abzug von 10 Prozent auf den Grundpreis wegen ersparter Eigenkosten entfällt bei klassenkleinerer Anmietung.

Zusammenfassung: Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main bestätigt eine Entscheidung des örtlichen Landgerichtes, das zur Schätzung erforderlicher Mietwagenkosten den Mittelwert der Listen (Fracke) herangezogen hatte. Das OLG diskutiert dazu ausführlich die Vor- und Nachteile der Listen und legt sich dann auf die Fracke-Liste fest. Die Kosten vertraglich vereinbarter Nebenleistungen sind erstattungsfähig. Ein Eigenersparnis-Abzug entfällt bei klassenkleinerer Anmietung.

Bedeutung für die Praxis: Das OLG Frankfurt bestätigt ausführlich den an den hessischen Landgerichten eingeschlagenen Weg der Anwendung des Mittelwertes Fracke. Zunächst wird in Bezug auf die Argumentationslinie der Beklagten das Missverständnis korrigiert, dass der Geschädigte generell beweisen müsse, dass ihm kein günstigeres Fahrzeug zur Verfügung stand und er sich daher zunächst nach einem günstigeren Angebot zu erkundigen hätte. Solange es um den Listenstreit geht, liegt also trotz regelmäßiger gegenteiliger Behauptung der Haftpflichtversicherer kein Unfallersatztarif vor. Daher müsste stattdessen die Beklagte beweisen, dass einem/einer Geschädigten ein konkretes vergleichbares und annahmefähiges günstigeres Angebot vorgelegen hatte, dass er/sie ausgeschlagen hat. In Bezug auf die Listen stellt das Gericht fest, dass keine der Parteien hinreichend konkret die Anwendung einer Schätzungsvariante angegriffen hatte. Die diesbezügliche Vorgabe des Gerichtes wäre die Darlegung konkreter vergleichbarer Angebote zum Zeitpunkt der Anmietung und für den Mietzeitraum. Diese Vorstellung begegnet Kritik, denn einige wenige Angebote sind kein ausreichendes Instrument, wenn eine Markterhebung eine Vielzahl von Angeboten zu niedrigen und hohen Preisen in einen Mittelwert zusammenfasst. Denn dann sind auch solche Angebote in der Markterhebung berücksichtigt und kann durch diese nicht erschüttert werden. Anders sähe es dann aus, wenn diese konkreten Angebote unter dem Minimum- oder über dem Maximum-Betrag der Erhebung liegen würden.

Zitiervorschlag „Mittelwert der Listen“

„Der Senat schließt sich der zuletzt genannten Methode an, nachdem gegen beide Schätzgrundlagen Einwände erhoben werden können. (…) Vorzugswürdig ist die Heranziehung des arithmetischen Mittels des nach der jeweiligen Liste ermittelten Wertes. (…) Zwar kann hiergegen eingewendet werden, die Rechenoperation der Bildung des arithmetischen Mittels garantiere nicht, dass etwaige Mängel der Schätzgrundlagen ausgeglichen würden. Jedoch kann hierdurch jedenfalls im Ansatz Rechtssicherheit, Rechtsgleichheit und Vorhersagbarkeit des zu bestimmenden Normalpreises hergestellt werden.“

 

Schwacke 2019 ist erschienen

Die Schwacke-Liste 2019 ist erschienen und steht den Schwacke-Kunden unter dem Online-Zugang der Firma eurotaxSchwacke zur Verfügung.

Sowohl die Methode der Erhebung und Darstellung, als auch die Ergebnisse der Erhebung bergen auf den ersten Blick keine nennenswerten Überraschungen. Die Werte im Bundesdurchschnitt sind je nach Metwagenklasse teilweise moderat niedriger oder höher und dasselbe trifft auch auf die Nebenkosten zu.

Inhalt der Darstellung sind:

  • Fachliche Informationen
  • Erhebungsergebnisse 3-stellige PLZ-Gebiete, jeweils pro Mietwagenklasse
  • Erhebungsergebnisse 1-stellige PLZ-Gebiete, jeweils pro Mietwagenklasse
  • Erhebungsergebnisse Großstädte jeweils pro Mietwagenklasse
  • Erhebungsergebnisse LG- und OLG-Bezirke, jeweils pro Mietwagenklasse
  • Nebenkosten weitergehender Haftungsreduzierungen
  • Nebenkosten weiterer zusätzlicher Leistungen

Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 48-19

Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 48-19

Landgericht Frankfurt/Main 2-15 S 97/19 vom 18.10.2019
(Vorinstanz Amtsgericht Frankfurt/Main 32 C 4000/18 vom 16.05.2019)

1. Zur Erstattungshöhe der Schadenersatzforderungen aufgrund Mietwagenkosten ist dann lediglich die Schwacke-Liste Automietpreisspiegel heranzuziehen, wenn die Fraunhofer-Liste keine Werte bereithält.
2. Zur Frage der Mietwagenkosten eines Transporters enthält die Fraunhoferliste keine Werte und kann daher ein Fracke-Wert nicht zur Schätzung verwendet werden.
3. Von der Beklagten vorgelegtes Internetangebot ist nicht vergleichbar, da ein fester Mietzeitraum zugrunde liegt und das Fahrzeug nicht vergleichbar ist.
4. Damit hat die Beklagte nicht aufgezeigt, dass eine vergleichbare Leistung am Ort und zur Zeit der Anmietung zu wesentlich günstigeren Konditionen möglich gewesen wäre.
5. Ein Vergleichswert ist durch Addition von Wochen- und 3-Tagespauschale bestimmbar.
6. Kosten außergerichtlicher Rechtsanwalts-Einschaltung sind erstattungsfähig.

Zusammenfassung: Das Landgericht Frankfurt schätzt die Erforderlichen Mietwagenkosten anhand der Schwacke-Liste zuzüglich Nebenkosten. Die Einholung eines Gerichtsgutachtens zur Marktpreisermittlung lehnt das Gericht ab, weil der verursachte Aufwand unverhältnismäßig wäre und mit der Schwacke-Liste eine grundsätzlich verwendbare Schätzgrundlage zur Verfügung steht.

Bedeutung für die Praxis: Ausnahmsweise schätzt das Landgericht Frankfurt wieder ausschließlich auf Basis der Schwacke-Liste. Diese Ausnahme ergibt sich dadurch, da die Fraunhofer-Liste für Transporter keine Werte ausweist. Die Schwacke-Liste wird – weil auch aus Sicht des LG Frankfurt vom BGH grundsätzlich akzeptiert – als verwendbare Schätzgrundlage betrachtet, auch wenn es im Normalfall zu einer Mischung beider Listen „Fracke“ kommt. Dass die Fraunhofer-Liste keine Werte enthält, kommt relativ häufig vor. Immer wieder sind es in verschiedenen PLZ-Gebieten einzelne Mietwagengruppen (Bsp. 2018: PLZ 41, Mietwagengruppe 04) und bundesweit in 2018 die Mietwagengruppe 01, die nicht erhoben oder nicht ausgewiesen sind. Von Bedeutung ist ebenso, dass das Gericht die außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten für erstattungsfähig ansieht, unabhängig von der Frage, ob die Klägerin als Expertin in Fragen des Fuhrpark- und Schadenrechts anzusehen ist. Es reicht bereits, dass durch die Anwaltseinschaltung ein nachdrückliches Erfüllungsverlangen deutlich gemacht wird, um eine weitere Verzögerung der Regulierung zu verhindern.

Zitiervorschlag Fraunhofer:

„Diese Rechtsprechung kann jedoch nur in Ansatz gebracht werden, wenn zu der relevanten Fahrzeugklasse auch in beiden Listen Mietpreise erhoben worden sind. Dies ist vorliegend nicht der Fall: Der Fraunhofer-Mietpreisspiegel enthält für die Transporterklasse (…) keine Daten. Unter diesen Umständen greift die Kammer allein auf die Schwacke-Liste zurück. (…) Bedenken (…) wiegen nicht so schwer, dass der Schluss gerechtfertigt wäre, die Schwacke-Liste sei  als Schätzgrundlage schlechterdings ungeeignet“ (Landgericht Frankfurt/Main 2-15 S 97/19 vom 18.10.2019)
(Hinweis: Fettdruck durch den Bearbeiter)

Zitiervorschlag außergerichtliche Anwaltskosten:

„… steht (…) Anspruch auf Zahlung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten zu. (…) Zur Beitreibung der Forderung ist dann regelmäßig selbst in einfach gelagerten Fällen die Beauftragung eines Rechtsanwaltes erforderlich und zweckmäßig. Das seinerseits Erforderliche tut der Gläubiger dadurch, dass er den Schuldner in Verzug setzt. Eine weitere Verzögerung der Erfüllung … muss er nicht hinnehmen. Vielmehr kann er seinem Erfüllungsverlangen durch Einschaltung eine Rechtsanwaltes Nachdruck verleihen. (…)
Dass die Klägerin als Autovermietungsunternehmen über Expertenschaft in Angelegenheiten wie der hiesigen und eigenes auch im juristischen Bereich geschultes Personal besitzt, rechtfertigt keine andere Beurteilung.“ 
(Landgericht Frankfurt/Main 2-15 S 97/19 vom 18.10.2019)
(Hinweis: Fettdruck durch den Bearbeiter)

 

Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 47-19

Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 47-19

Amtsgericht Kamen 30 C 59/19 vom 05.11.2019

1. Erstattungsfähige Kosten der Ersatzwagenanmietung können anhand des Mittelwertes der Listen von Schwacke und Fraunhofer geschätzt werden.
2. Vorteile der Schwacke-Liste liegen darin, dass sie interaktive Internetpreise nicht berücksichtigt und örtlich genauer ist.
3. Die Beklagte hat keine konkreten Tatsachen aufgezeigt, dass und wie sich die behaupteten Mängel auf den konkreten Fall in erheblicher Weise auswirken.
4. Vorgelegte Screenshots sind lediglich Ausschnitte aus einem Baukastensystem zur Online-Reservierungsanfrage und zeigen daher keine vergleichbaren Leistungen und Preise auf.
5. Kosten schadenrechtlich erforderlicher und vertraglich vereinbarter Nebenleistungen sind erstattungsfähig.
6. Aufgrund unfallbedingter Mehrleistungen ist ein Aufschlag von 20 Prozent auf den Normaltarif gerechtfertigt.

Zusammenfassung: Auf den Normaltarif nach der Fracke-Liste gibt das Gericht wegen unfallbedingt erforderlicher Mehrkosten des Vermieters einen Pauschalaufschlag hinzu. Nebenkosten für Haftungsreduzierung, Winterreifen, Zustellen und Zweitfahrer werden ebenso zugesprochen wie die Kosten einer außergerichtlichen Anwaltsbeauftragung.

Bedeutung für die Praxis: Das Amtsgericht Kamen spricht auf einen Fracke-Mittelwert einen 20%-Aufschlag zu, da die Geschädigte bereits am Tag des Unfalls mit einem Anmietbedarf vorstellig wurde und der Vermieter den Mietzins vorfinanzieren musste, ohne dass die Haftungsfrage zu Mietbeginn geklärt gewesen wäre. Mithin lag eine typische Situation nach einem unverschuldeten Unfall vor und gehörte laut BGH-Rechtsprechung der Aufschlag zum erforderlichen Schadenersatzanspruch nach § 249 BGB.

Hinweis: Es ist nicht bekannt, ob gegen diese Entscheidung ein Rechtsmittel eingelegt wurde.

Zitiervorschlag Aufschlag:

„…Die Klägerin hat ferner hinreichend substantiiert Umstände vorgetragen, nach welchen ein Zuschlag von 20 % auf den Normaltarif aufgrund der spezifischen unfalltypischen Situation gerechtfertigt ist. Die Anmietung ist bereits am Tag nach dem Unfallereignis und damit unter dem Eindruck besonderer Eilbedürftigkeit vollzogen worden und die Klägerin bzw, deren Kundin hat nach ihrem unbestrittenen Vorbringen den Mietpreis vorfinanziert, obwohl die Haftungslage nicht geklärt gewesen ist, …“ (Amtsgericht Kamen 30 C 59/19 vom 05.11.2019)
(Hinweis: Fettdruck durch den Bearbeiter)

Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 45-19

Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 45-19

Oberlandesgericht Stuttgart 7 U 128/19 vom 27.08.2019 (Beschluss)
(Vorinstanz: Landgericht Stuttgart 21 O 283/18 vom 12.03.2019)

1. Die erstinstanzliche Schätzung erforderlicher Mietwagenkosten mittels der Schwacke-Liste Automietpreisspiegel wird bestätigt.
2. Die Beklagte hat auch nicht aufgezeigt, dass die Geschädigten weit günstiger hätten anmieten können.
3. Ein Abschlag auf die Schwacke-Liste 2017 wegen bestehender Zweifel ist nicht vorzunehmen.
4. Auf den Normaltarif ist ein Aufschlag für unfallbedingte Mehrleistungen hinzuzugeben.
5. Die Kosten erforderlicher Winterbereifung der Mietfahrzeuge sind erstattungsfähig.
6. In Bezug auf die Zweitfahrergebühr ist schadenrechtlich relevant, ob das Geschädigtenfahrzeug von mehreren Personen gefahren wurde.
7. Die Schätzung des Normaltarifes kann durch Zusammensetzen mittels Wochen-, Dreitages- und Tagestarifen erfolgen.

Zusammenfassung: Die Berufung der Beklagten gegen ein Urteil des Landgericht Stuttgart wird auf dem Wege eines Beschlusses zurückgewiesen. Die Anwendbarkeit der Schwacke-Liste wird bestätigt, der geforderte Abschlag verworfen und ein unfallbedingter Aufschlag als erforderlich und erstattungsfähig angesehen. Kosten für Nebenleistungen sind zu erstatten.

Bedeutung für die Praxis: Das Oberlandesgericht Stuttgart sorgt für Klarheit im Gerichtsbezirk in Bezug auf die Anwendung der richtigen Schätzgrundlage, den von der Beklagten geforderten Abschlag auf Schwacke, den unfallbedingten Aufschlag und in Bezug auf die Methode der Anwendung der Werte zwischen Tagespreisen und Wochenpreisen.

Hinweis: Der Beschluss ist rechtskräftig, die nochmalige Stellungnahme der Beklagten wurde vom Gericht per Beschluss vom 29.10.2019 verworfen.

Zitiervorschlag Schätzgrundlage:

„… nicht zu beanstanden, dass das Landgericht seiner Schätzung der Mietwagenkosten die Schwacke-Liste zugrunde gelegt hat. Konkrete Zweifel an der Eignung der Schwacke-Liste 2017 hat die Beklagte nicht hinreichend aufgezeigt, insbesondere nicht, dass die Anmietung entsprechender Ersatzfahrzeuge zum maßgeblichen Zeitraum und am maßgeblichen Ort deutlich günstiger möglich gewesen wäre. (…) ist es deshalb weiter nicht zu beanstanden, dass das Landgericht in Ausübung seines tatrichterlichen Ermessens (§ 287 ZPO) den von der Berufung vermissten Abschlag auf den Normaltarif der Schwacke-Liste mangels aufgezeigter konkreter Zweifel an der Eignung der bezeichneten Liste nicht vorgenommen hat“ (Oberlandesgericht Stuttgart 7 U 128/19 vom 27.08.2019 (Beschluss))
(Hinweis: Fettdruck durch den Bearbeiter)

Zitiervorschlag Aufschlag:

„Schließlich hat das Landgericht auch zu Recht einen Aufschlag von 20 % auf den sog. Normaltarif der Schwacke-Liste vorgenommen. Ein solcher Zuschlag kann gerechtfertigt sein, wenn die höheren Kosten auf Leistungen des Vermieters beruhen, die durch die besondere Unfallsituation veranlasst und infolgedessen zur Schadensbehebung nach § 249 Abs. 2 S. 1 BGB erforderlich sind. (…) derartige unfallspezifische Kostenfaktoren können insbesondere sein, dass die voraussichtliche Mietzeit im Mietvertrag offengeblieben war, keine Vorauszahlung und keine Kaution für Fahrzeugschäden oder für die Betankung erhoben wurde und/oder keine Nutzungseinschränkungen vereinbart wurden (BGH, Urteil vom 19.01.2010 -Vl ZR 112/09 (…)“ (Oberlandesgericht Stuttgart 7 U 128/19 vom 27.08.2019 (Beschluss))
(Hinweis: Fettdruck durch den Bearbeiter)

Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 44-19

Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 44-19

Landgericht Braunschweig 7 O 5012/18 vom 20.06.2019

1. Die amtshaftende Beklagte wird zur Zahlung der restlichen abgerechneten Mietwagenkosten aufgrund von bestehenden Schadenersatzansprüchen nach einem Verkehrsunfall verurteilt.
2. Die Mietwagendauer ist, wie sich aus dem Reparaturablaufplan ergibt, nicht zu beanstanden.
3. Der Grundpreis des Normaltarifs ist nach dem Mittelwert der Listen von Schwacke und Fraunhofer zu schätzen.
4. Durch die Beklagte vorgelegte Internetangebote erschüttern die Anwendbarkeit dieser Schätzmethode nicht.
5. Auf den Grundpreis des Normaltarifes wird ein Abzug von 10 Prozent für ersparte Eigenkosten des Geschädigten vorgenommen.
6. Kosten der Nebenleistungen für einer weitgehende Haftungsreduzierung, Zustellen und Abholen des Fahrzeuges sowie Winterreifen sind zu erstatten.

Zusammenfassung: Das Landgericht Braunschweig spricht erstinstanzlich die Forderungen der aus abgetretenem Recht klagenden Autovermietung vollumfänglich zu. Zur Schätzung wird die Fracke-Liste angewendet und die Nebenkosten werden nach Schwacke geschätzt.

Bedeutung für die Praxis: auch wenn der Kläger die kompletten restlichen Forderungen zugesprochen bekommen hat, ergibt sich auch in diesem Urteil ein Schönheitsfehler. Das Gericht sieht zwar in den von der Beklagten vorgelegten Internetscreenshots keinen ausreichend konkreten Sachvortrag zur Erschütterung der Anwendbarkeit der Mittelwert-Methode. Es verweist darauf, dass diese Angebote nicht dem vollständigen Leistungsumfang entsprechen und aus einem anderen Zeitpunkt stammen, daher nicht den Nachweis liefern können, dass dem Geschädigten zum Anmietzeitpunkt diese Fahrzeuge zu diesen Konditionen zur Verfügung gestanden hätten. Doch das ist nicht relevant. Auch wenn die Geschädigten theoretisch solche Fahrzeuge zu den behaupteten Preisen hätten bekommen können, hätte das Gericht den arithmetischen Mittelwert einer anerkannten Liste zur Schätzung heranziehen können und müssen (§ 249 BGB), solange die Beklagte solche von ihr behaupteten Angebote nicht bereits zum Anmietzeitpunkt dem Geschädigten selbst mitteilt (Direktvermittlung / Preisvorgabe, % 254 BGB).

 

Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 43-19

Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 43-19

Amtsgericht Salzgitter 22 C 1243/18 vom 27.09.2019

1. Ein Direktvermittlungsangebot des Versicherers an den Geschädigten muss ein konkretes und annahmefähiges Angebot umfassen und dazu Vertragspartner, Modell und konkretes Fahrzeug, Anmietzeitraum sowie Zusatzleistungen und deren Kosten enthalten.
2. Ohne ein konkretes Angebot scheitert die Preisvorgabe an den Geschädigten.
3. Die erforderlichen Kosten der Fahrzeuganmietung werden anhand des Mittelwertes der Listen von Schwacke und Fraunhofer geschätzt.
4. Die von der Klägerin gegenüber dem Geschädigten abgerechneten Kosten für Nebenleistungen sind schadenrechtlich ersatzfähig.
5. Ein Abzug für ersparte Eigenkosten ist in Höhe von 10 Prozent auf den Grundpreis gerechtfertigt.

Zusammenfassung: Der Geschädigte muss sich keinen Abzug wegen Verstoßes gegen die Schadenminderungspflicht gefallen lassen, weil er unberechtigt beim Kläger zum Marktpreis angemietet hat.  Der erforderliche Schadenersatzbetrag für den Normaltarif wird mittels der Frackeliste geschätzt.

Bedeutung für die Praxis: Will der Haftpflichtversicherer den Geschädigten an einen Preis erheblich unter dem Marktpreis binden, indem er ihm ein Direktvermittlungsangebot erteilt, kommt es darauf an, wie konkret dieses Angebot ist. Es muss alle Bestandteile der erforderlichen Leistungen enthalten und auch deutlich machen, bei wem der Geschädigte welches konkrete Fahrzeug erhalten kann.

 

Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 42-19

Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 42-19

Amtsgericht Siegen 14 C 466/19 vom 04.09.2019

1. Eine generelle Erkundigungspflicht des Geschädigten nach alternativen günstigeren Mietwagenangeboten besteht nicht, sondern lediglich dann, wenn der angebotene Preis des Ersatzwagens auffällig übersetzt ist.
2. Die Schadenersatzforderung wegen Mietwagenkosten liegt lediglich 45 Prozent über einem vergleichbaren Fracke-Wert. Das ist keine auffällige Überhöhung und daher erstattungsfähig.
3. Vom Grundpreis ist ein 3-prozentiger Abschlag wegen ersparter Eigenkosten vorzunehmen.
4. Auch die Kosten einer weitergehenden Haftungsreduzierung, der Zusatzfahrer-Erlaubnis und der Ausstattung des Ersatzfahrzeuges mit Navigationssystem sind Teil des Schadenersatzanspruches des Geschädigten.
5. Das Auswahlrisiko der Werkstatt, die für die Reparatur mit Folgen für die Mietdauer länger braucht, trägt der Schädiger.

Zusammenfassung: Das Amtsgericht Siegen schätzt erforderliche Mietwagenkosten anhand des Mittelwertes der Listen und sieht in den Angriffen der Beklagten dagegen keinen konkreten Sachvortrag. Die über dem Vergleichswert nach Fracke liegende Schadenersatzforderung wird zugesprochen, weil sie lediglich 45 % über dem Fracke-Mittelwert liegt und damit nicht deutlich überhöht ist und keine spezielle Erkundigungspflicht der Geschädigten nach günstigeren Angeboten auslöst.

Bedeutung für die Praxis: Die Sichtweise des Gerichtes ist selten und doch korrekt: Der Geschädigte sucht sich Ersatzmobilität und da es eine generelle Erkundigungspflicht nicht gibt, kann der Preis auch oberhalb des Mittelwertes der Normaltarife liegen, ohne dass ihm der Schadenersatzanspruch gekürzt werden könnte. Weder ist der Markt gleichgeschaltet auf einen Mittelwert, noch hat der Geschädigte die Pflicht, generell einen Ersatzwagen zum günstigsten am Markt verfügbaren Preis zu suchen. Zumal der Fracke-Wert lediglich ein Mittelwert aus dem Schwacke-Mittelwert und dem Fraunhofer-Mittelwert ist.

Hinweis: Über die Rechtskraft des Urteils ist nichts bekannt.

Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 41-19

Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 41-19

Amtsgericht Prenzlau 10 C 440/16 vom 06.02.2019

1. Die klägerischen Tagespreise halten sich nach einem Vergleich mit den Wochentarifen der Schwackeliste im Bereich des Normaltarifes des allgemeinen örtlichen Mietwagenmarktes und sind daher erstattungsfähig.
2. Ein eingeholtes Sachverständigen-Gutachten widerlegt die Behauptungen der Beklagten zur angeblichen Ortsüblichkeit der Werte laut Fraunhofer und aus vorgelegten Internetscreenshots.
3. Der Abzug für ersparte Eigenkosten wird mit 10 Prozent bemessen.
4. Entgegen der Auffassung der Beklagten hat ein Geschädigter bei tagesdurchschnittlichen Fahrleistungen von 38 Kilometern einen Ersatzwagenanspruch und muss sich nicht mit Taxifahrten behelfen.
5. Eine Reduzierung des Anspruches durch Abstufung des klägerischen Fahrzeuges wegen Fahrzeugalters – hier sogar nur 3,5 Jahre alt – ist nicht vorzunehmen.

Zusammenfassung: Das Gericht spricht die restlichen Mietwagenkosten weit überwiegend zu, zieht lediglich eine Eigenersparnis ab. Der Verweis auf die Werte der Schwackeliste wird durch die Ergebnisse eines Sachverständigengutachtens bestätigt.

Bedeutung für die Praxis: In dem Verfahren ist ein Grundproblem der Fraunhoferliste augenfällig: die PLZ-Vergröberung. Der Mietwagenanspruch bestand in ländlicher Region. Fraunhofer weist wenige Werte für eine Region mit einer Ausdehnung von mehr als 170 Kilometern aus. Gerade in ländlichen Regionen zeigt sich, dass die PLZ-Vergröberung bei Fraunhofer erhebliche Verzerrungen aufzeigt. Verallgemeinert bedeutet das: Damit führt bereits dieser eine Kritikpunkt, dass Fraunhofer den regionalen Markt nicht abbilden kann, wenn es mit 2-stelligen PLZ-Strukturen operiert, dazu, dass die Werte der Liste nicht anwendbar sind. Dieses Argument zählt übrigens auch in der Stadt, denn Regionen mit dem Durchmesser von 150 Kilometern und mehr enthalten zwangsläufig mehrere voneinander völlig unabhängige Städte und ländliche Gebiete. Eine Mietwagenstation an dem einen Rand kann keinen Schadenersatzanspruch in 150 Kilometer Entfernung prägen. Das eingeholte Sachverständigengutachten zeigt das auf.

 

 

Urteilsliste bis September 2019

Die aktuelle Liste der vorliegenden 120 Urteile aus Juli/August/September finden Sie hier...

AG Achern

3 C 245/18

17.05.2019

S+ / F- / kein MW

AG Köln

273 C 231/18

12.06.2019

S+ / F- / kein MW

AG Köln

273 C 228/18

17.06.2019

S+ / F- / kein MW

AG Stuttgart-Bad Cannstatt

4 C 2335/18

08.04.2019

S+ / F-

AG Frankfurt am Main

29 C 3837/18 (40)

08.05.2019

Mittelwert

AG Köln

275 C 214/18

03.05.2019

S+ / F-

AG Stuttgart-Bad Cannstatt

11 C 2617/18

27.03.2019

S+ / F-

AG Düren

42 C 90/19

13.05.2019

Aktivlegitimation

AG Pforzheim

2 C 103/19

04.07.2019

Mittelwert

AG Trier

31 C 79/18

04.05.2019

S+

  
   ...

Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 39-19

Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 39-19

Amtsgericht Montabaur 10 C 143/19 vom 15.08.2019

1. Als Besitzer kann auch einem Familienangehörigen des Eigentümers ein Ersatzfahrzeug zustehen.
2. Der Kläger ist aktivlegitimiert und Inhaber der Schadenersatzforderung bezüglich der Ersatzfahrzeuganmietung des Geschädigten, da die Forderungen wirksam an ihn abgetreten wurden.
3. Der Schwacke-Automietpreisspiegel ist eine geeignete Schätzgrundlage für den Normaltarif der erforderlichen Mietwagenkosten, zuzüglich eines 20%igen unfallbedingten Aufschlages.
4. Der Verweis der Beklagten auf die Fraunhofer-Liste und nicht mit der Anmietung vergleichbare Internetscreenshots erschüttern die Anwendbarkeit der Schwacke-Liste nicht.
5. Eine längere Mietdauer aufgrund Verzögerungen im Reparaturablauf muss der Schädiger hinnehmen.
6. Kosten erforderlicher Nebenleistungen für eine weitergehende Reduzierung der Haftung, Navigation und Zusatzfahrer sind erstattungsfähig.

Zusammenfassung: Das Amtsgericht Montabaur wendet zur Schätzung erforderlicher Mietwagenkosten die Schwacke-Liste an. Der dagegen gerichtete Vortrag der Beklagten wird als unerheblich zurückgewiesen, da er den Konkretheitsanforderungen des Bundgerichtshofes nicht genügt. Auch einem unfallbedingten Aufschlag wird entsprochen, die streitige Mietdauer erscheint nachvollziehbar und eine Eigenersparnisabzug wird verneint.

Bedeutung für die Praxis: Immer mehr Gerichte sprechen auch den unfallbedingten Aufschlag zu, ganz unabhängig von der Frage einer Eil- und Notsituation. Das entspricht der BGH-Rechtsprechung, wenn zumindest ein Teil dieser Zusatzleistungen unfallbedingt ist: Zusatzrisiken wegen unklarer Haftung zum Zeitpunkt der Anmietung, keine Vorfinanzierung des Mietzinses (und der Umsatzsteuer) durch den Geschädigten, keine Kautionszahlung durch den Geschädigten oder unklare Rückgabe des Fahrzeuges. Die Anwendbarkeit der Schwacke-Liste konnte durch die Beklagte nicht erschüttert werden. Die Beklagte behauptet lediglich vehement einen konkreten Sachvortrag, liefert einen solchen aber wie üblich nicht ab.

Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 38-19

Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 38-19

Amtsgericht Linz am Rhein 22 C 333/19 vom 05.09.2019

1. Nur ein konkretes Mietwagenangebot kann eine Verpflichtung des Geschädigten entsprechend § 254 BGB auslösen.
2. Ein Direktvermittlungs-Anschreiben des Gegnerversicherers an den Geschädigten ohne konkrete Konditionen und ohne Angabe des Selbstbehalts ist kein konkretes Angebot.
3. Auch ein telefonischer Hinweis, dass ein passendes Mietfahrzeug zu einem genannten Preis erhältlich sei, ist kein konkretes Angebot, das einen Verstoß gegen die  Schadenminderungspflicht auslösen könnte.
4. Die Schätzung erforderlicher Mietwagenkosten kann anhand der Schwacke-Liste erfolgen.
5. Ein pauschaler Aufschlag auf den Normaltarif kommt bei Vorliegen einer Eil- und Notsituation in Betracht.

Zusammenfassung: Das Amtsgericht Linz am Rhein weist die Auffassung der Beklagten zurück, die Geschädigten hätten gegen ihre Schadenminderungs-Obliegenheiten verstoßen, indem sie bei der Klägerin angemietet haben. Das Gericht schätzt die Schadenersatzforderungen aufgrund Mietwagenkosten mittels der Schwacke-Liste.

Bedeutung für die Praxis:

Dem Geschädigten lediglich telefonisch erteilte Hinweise, für welchen Preis er ein Ersatzfahrzeug bekommen könnte, und auch Geschädigtenanschreiben ohne konkretes Angebot können den Geschädigten nicht nach § 254 BGB an Vorgaben des Haftpflichtversicherers binden. Diese Auffassung vertritt das Gericht auch vor dem Hintergrund des BGH-Entscheidung vom 12.02.2019.

Hinweis: Ob das Urteil rechtskräftig ist, ist nicht bekannt.

Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 37-19

Landgericht Berlin 42 S 57/19 vom 28.08.2019
(Vorinstanz: Amtsgericht Berlin-Mitte 111 C 3068/17 vom 07.05.2019)

1.  Das Berufungsgericht hebt das Urteil der Erstinstanz auf und schätzt die erforderlichen Mietwagenkosten unter Anwendung der Werte der Schwacke-Liste 2016.
2. Der Verweis der Beklagten auf Fraunhofer ist kein konkreter Sachvortrag zu der Frage, ob die Schwacke-Liste anwendbar ist.
3. Auch mit – als ungeeignet anzusehenden – Internetscreenshots sind keine konkreten Tatsachen vorgetragen, die Zweifel an der Geeignetheit der Schwacke-Liste begründen könnten.
4. Eine generelle Erkundigungspflicht und ein eventueller Verstoß gegen die Schadenminderungs-Obliegenheit scheiden aus, da sich der abgerechnete Preis im Rahmen der Normaltarife bewegt.
5. Kosten der Haftungsreduzierung sind gesondert erstattungsfähig.
6. Der Abzug wegen Eigenersparnis ist mit 10 Prozent zu bemessen.

Zusammenfassung: Das Berufungsgericht korrigiert eine Entscheidung des Amtsgerichtes Berlin-Mitte und festigt seine Schwacke-Linie. Der Beklagtenvortrag mittels Fraunhofer-Liste und Internetscreenshots wird zurückgewiesen. Der Geschädigte muss sich einen 10-prozentigen Abzug wegen ersparter Eigenkosten anrechnen lassen.

Bedeutung für die Praxis: Die 42. Berufungskammer des Landgerichts Berlin bleibt bei seiner Schwacke-Linie und verweist dazu auf den Bundesgerichtshof. Der Vortrag der Beklagten ist unkonkret und daher ungeeignet, diese Auffassung zu erschüttern. Laut BGH ist die Schwacke-Liste anwendbar, so lange nicht mit konkreten Tatsachen belegte Mängel der Liste aufgezeigt werden, die sich erheblich auf den betreffenden Fall auswirken. Diese Tatsachen hat die Beklagte nicht geliefert, sondern lediglich auf weit niedrigere Fraunhofer-Werte hingewiesen und Einzelbeispiele aus dem Internet vorgelegt.

Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 36-19

Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 36-19

Landgericht Düsseldorf 20 S 185/18 vom 23.08.2019
(Vorinstanz: Amtsgericht Düsseldorf 38 C 149/18 vom 10.10.2018)

1.  Das erstinstanzliche Urteil wird aufgehoben und erforderliche Mietwagenkosten werden  anhand der Fracke-Methode geschätzt.
2. Die Kammer schließt sich der neuen kritischen Sichtweise des Oberlandesgericht Düsseldorf zur Fraunhofer-Liste an.
3. Kosten der Zustellung und Abholung des Ersatzfahrzeuges sind erstattungsfähig.
4. Die Kosten der wintertauglichen Bereifung sind ebenso Teil der Schadenfolgeaufwendungen und durch die Beklagte zu tragen.
5. Es besteht ein grundsätzlicher Anspruch auf Absicherung im Umgang mit dem Mietwagen und daher auf Kostenerstattung einer Haftungsreduzierung auf null Euro, unabhängig von der tatsächlichen Kaskoversicherung des Geschädigtenfahrzeuges.

Zusammenfassung: Das Berufungsgericht hebt ein Fraunhofer-Urteil des Amtsgerichtes in Düsseldorf auf und wendet den Mittelwert der Listen zur Schätzung erforderlicher Mietwagenkosten an. Das Gericht verweist dazu auf die Kritik des OLG Düsseldorf an der von Fraunhofer angewendeten Erhebungsmethode. Kosten der erforderlichen Nebenleistungen werden ebenso zugesprochen.

Bedeutung für die Praxis: Zunächst zeigt sich hier wie erwartet, dass auch das Landgericht in Düsseldorf auf die Wende des OLG reagiert und rein Fraunhofer-basierte Entscheidungen aufgehoben werden. Bis vor kurzem haben sich allerdings nahezu alle zugehörigen Gerichte der ersten und zweiten Instanz darin überschlagen, wortreich die Vorteile der Fraunhofer-Liste und angeblichen Nachteile der Schwacke-Liste hervorzuheben. Inzwischen wird hervorgehoben, dass der BGH beide Listen grundsätzlich als anwendbar ansieht und dass die Fraunhofer-Methode mit Internet, Kreditkarte und Vorbuchungsfrist doch sehr bedenklich ist. Es drängt sich die Frage auf, was Kläger in Schadenersatzprozessen von Urteilsbegründungen zu halten haben. Was heute in Stein gemeißelte „ständige Rechtsprechung“ ist, wird morgen – nicht aufgrund guter Argumente, sondern für die Einheitlichkeit der Rechtsprechung – fortgewischt. Fracke wird sich im OLG-Bezirk Düsseldorf aus Sicht der Geschädigten nun erfreulicherweise wohl vollständig durchsetzen.

 

Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 35-19

Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 35-19

Amtsgericht Köln 261 C 77/19 vom 30.07.2019

1. Wie der BGH sieht das Gericht die Schwacke-Liste als geeignete Schätzgrundlage an.
2. Die Methode der Datenerhebung durch eurotaxSchwacke erscheint dem Gericht nachvollziehbar und geeignet.
3. Die Beklagte hat nicht bewiesen, dass den Geschädigten alternativ günstigere Angebote ohne Weiteres bekannt und zugänglich gewesen sind.
4. Der Verweis auf Fraunhofer ist kein konkreter Sachvortrag und Fraunhofer auch nicht besser zur Schätzung der Mietwagenkosten geeignet.
5. Vorgelegte Internetangebote sind nicht vergleichbar, da sie aus einer anderen Zeit stammen und nicht die im konkreten Vermietfall relevanten Leistungen enthalten.
6. Ein Geschädigter kann nicht auf Internetangebote und Kreditkarten-Einsatz verwiesen werden.
7. An ein unkonkretes Angebot des Haftpflichtversicherers zur Anmietung bei einem mit ihm kooperierenden Autovermieter ist der Geschädigte nicht gebunden. 

Zusammenfassung: Das Gericht sieht im erfolgten Anschreiben an die Geschädigten keinen Grund dafür, dass die Geschädigten nicht hätten am freien Markt zu marktüblichen Preisen ein Ersatzfahrzeug mieten können. Denn diese Schreiben enthielten dafür nicht die notwendigen Informationen, auf deren Basis die Geschädigten hätten prüfen können, ob diese Angebote ihren Anspruch auf vergleichbare Ersatzmobilität erfüllen können. Die Schätzung erforderlicher Mietwagenkosten wird mittels Schwacke vorgenommen und die Anwendbarkeit des Mittelwertes Fracke abgelehnt.

Bedeutung für die Praxis: Die meisten Versuche der Preisvorgabe von Versicherern an Geschädigte sind unzureichend. Geschädigte können häufig kein konkretes Mietwagenangebot darin erkennen und daher nicht darüber entscheiden, ob es für sie annahmefähig ist. Denn der Pflicht zur Geringhaltung des Schadens steht das Recht gegenüber, einen vergleichbaren Mobilitätsersatz zu erhalten „als wäre der Unfall nicht geschehen“. In diesen Fällen sind Geschädigte berechtigt, das „Angebot“ auszuschlagen und sich einen Ersatzwagen bei einem frei gewählten Unternehmen zu marktüblichen Preisen zu mieten. Der Beklagtenvortrag mittels Fraunhofer, Internetscreenshots, Beweisangebot wird als unkonkret verworfen und die Schwacke-Liste zur Schätzung erstattungsfähiger Normaltarife herangezogen.

Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 34-19

Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 34-19

Amtsgericht Prenzlau 10 C 440/16 vom 06.02.2019

1. Die nach einem unverschuldeten Unfall erstattungsfähigen Mietwagenkosten sind mittels der SchwackeListe Automietpreisspiegel zu bestimmen.
2. Das Ergebnis des Sachverständigengutachtens bestätigt sowohl die Angemessenheit der Schwacke-Werte als auch die Mietwagenabrechnung, auf der die klägerische Forderung beruht.
3. Die Argumentation der Beklagten mittels Fraunhofer-Liste führt nicht zu anderen Ergebnissen.
4. Das Bestreiten der Beklagten die Ausrüstung des Mietwagens mit Winterreifen ist nicht relevant, da nach dem Gutachten die Abrechnung der Mietwagenkosten noch weit unterhalb der Normaltarife des regionalen Marktes liegt und es daher nicht auf diese Zusatzfrage ankommt.
5. Der Abzug für ersparte Eigenkosten wird mit 10 Prozent bemessen.

Zusammenfassung: Das Amtsgericht in Prenzlau schätzt erforderliche Mietwagenkosten zu den regionalen Normaltarifen anhand der SchwackeListe. Diese Entscheidung stützt das Gericht auf ein Sachverständigengutachten zu den örtlichen Normaltarifen. Die von der Beklagten behauptete alleinige Richtigkeit der Werte der Fraunhofer-Erhebung konnte nicht bestätigt werden.

Bedeutung für die Praxis: Die Beklagte scheint auch hier wieder alles bestritten zu haben, was möglich (oder unmöglich) erscheint. Trotz erheblicher Fahrleistung während der Mietzeit hatte das Gericht darüber zu entscheiden, ob überhaupt ein Anmietbedarf bestand. Ob das Mietfahrzeug im Dezember mit Winterreifen ausgestattet war, wurde ebenso angezweifelt. Angeblich hätte der Geschädigte für einen Bruchteil der abgerechneten Kosten Ersatzmobilität bekommen können. Das Ergebnis eines Mietwagenkosten-Gutachtens sagte dann etwas anderes aus und so sprach das Gericht die geforderten Restbeträge weitestgehend zu, zog lediglich 10 Prozent als Eigenersparnis-Anteil ab.

Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 33-19

Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 33-19

Landgericht Dresden 3 S 552/17 vom 09.11.2018
(Vorinstanz: Amtsgericht Dresden 103 C 2516/17 vom 02.11.2017)

1.  Der Geschädigte verstößt nicht gegen seine Obliegenheit zur Schadengeringhaltung, wenn ihm der gegnerische Haftpflichtversicherer kein annahmefähiges Angebot unterbreitet und er sich Ersatzmobilität zum Marktpreis verschafft.
2. Eine nach Ausfragen des Unfallgeschädigten abgegebene Mietpreis-Obergrenze inkl. Benennung angeblicher Vermieter ist kein bindendes Angebot.
3. Die Schätzung des erforderlichen Normaltarifes für Selbstzahler erfolgt anhand der SchwackeListe Automietpreisspiegel.
4. Mittels einzelner günstigerer Internetangebote ist eine Erschütterung der Anwendbarkeit der SchwackeListe nicht denkbar.
5. Ein Abzug für ersparte Eigenkosten des Geschädigten erfolgt bei klassengleicher Anmietung in Höhe von 10 Prozent auf den Grundpreis.
6. Kosten von Nebenleistungen für eine erweiterte Haftungsreduzierung, Zustellung und Zusatzfahrer sind schadenersatzrechtlich erstattungsfähig und werden ebenso nach Schwacke geschätzt.

Zusammenfassung: Das Berufungsgericht weist den Vorwurf des gegnerischen Versicherers an den Geschädigten zur Verletzung der Schadenminderungspflicht zurück. Der Geschädigte hatte kein konkretes Mietwagenangebot vorliegen. Daher werde Schwacke zur Schätzung angewendet und Nebenkosten zugesprochen. Die Mietdauer hat jeweils den Tag der Anmietung sowie den der Rückgabe gesondert zu berücksichtigen.

Bedeutung für die Praxis: Zunächst weist das Gericht die Auffassung der Beklagten zurück, der Geschädigte hätte ein günstigeres Angebot annehmen müssen. Auch wenn sich zeitlich nach diesem Urteil der BGH noch einmal mit der Frage der Preisvorgaben der Versicherer beschäftigt hat, ist dieses Berufungsurteil von erheblicher Bedeutung. Denn das Gericht befasst sich mit der entscheidenden Frage, was der Geschädigte in dem Augenblick an die Hand bekommt, in dem ihn der Versicherer zu einem Kooperationspartner steuern möchte. Und das ist kein Mietwagenangebot, sondern nur eine Aufforderung, im Versicherersinne aktiv zu werden, ohne hierfür die notwendigen prüfbaren Informationen zu Fahrzeug, Leistungsinhalt, Verfügbarkeit zu erhalten. Der Geschädigte kann es ja nicht ändern, dass der Versicherer keine konkreten Informationen zum Mietwagenangebot zur Verfügung hat und es wettbewerbsrechtlich auch nicht erlaubt ist, dass Versicherer eigene Mietwagen vermitteln.
Die Beklagte versuchte, die klägerische Forderung immer wieder als unberechtigten Unfallersatztarif hinzustellen. Dahinter steht die Idee, die Beweislast für eine dann lediglich ausnahmsweise teurere – über den Marktpreisen liegende – Abrechnung  dem Geschädigten überzuhelfen. Viele Gerichte durchschauen das aber inzwischen, übergehen es zumeist und wenden stattdessen auf der Basis von § 287 ZPO eine Liste zur Schätzung des Marktpreises an.
Zur Frage der Anwendbarkeit der Schätzgrundlage Schwacke kommt das Berufungsgericht der Beklagten in einem ernstzunehmenden Punkt jedoch weit entgegen. Sofern die Behauptungen der Beklagten zu den niedrigen Angeboten auch zum Zeitpunkt der Anmietung zuträfen, sei Schwacke „unmittelbar erschüttert“. Diese Auffassung überrascht und ist kritisch zu betrachten. Denn die SchwackeListe besteht aus einer Vielzahl niedriger und hoher Angebote. Nur weil sich die Beklagte erfolgreich ein günstigeres Angebot (vergleichbar, zum Anmietzeitpunkt, am Anmietort) unterhalb des Mittelwertes des Marktes beschafft, kann sie denklogisch die Schätzgrundlage damit nicht in Zweifel ziehen. Lediglich wenn dem Geschädigten dieses Angebot konkret vorgelegen und er ein (viel) teureres realisiert hätte, wäre das eine Frage der Schadenminderungspflicht nach § 254 BGB, wofür die Beklagte allerdings die Beweislast zu tragen hätte.
In Bezug auf die Mietwagendauer werden der Anmiettag und der Rückgabetag als Teil der Gesamtmietdauer angesehen.
Leider haben es hier auch die Kläger nicht vermocht, die Begriffe Unfallersatztarif und Normaltarif den Listen und den Streitpunkten korrekt zuzuordnen. Denn anders als klägerseits in den Anträgen formuliert, enthält die SchwackeListe seit vielen Jahren (2008) keinen Unfallersatztarif mehr, sondern nur noch einen Normaltarif (1 Tag, 3 Tage, Woche und Wochenende), auch wenn dieser viel höher ist, als der von Fraunhofer im Versicherersinne mit speziellen Bedingungen optimierte.

Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 32-19

Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 32-19

Amtsgericht Betzdorf 37 C 328/18 vom 09.07.2019

1. Die Schwacke-Liste Automietpreisspiegel ist eine taugliche Schätzgrundlage nach § 287 ZPO zur Ermittlung erforderlicher Mietwagenkosten nach einem Verkehrsunfall.
2. Der beklagtenseits zur Regulierung herangezogene Fraunhofer-Mietwagenspiegel wird nicht angewendet.
3. Das Risiko von Reparaturverzögerungen mit der Folge einer längeren Mietdauer trägt der Schädiger.
4. Vom Grundmietpreis ist ein Abzug für ersparte Eigenkosten am Geschädigtenfahrzeug in Höhe von 10 % vorzunehmen.
5. Ein Aufschlag von 20 % wegen unfallbedingter Zusatzleistungen erscheint bei einer Ersatzanmietung binnen einer Woche nach dem Unfall gerechtfertig.
6. Zusätzliche Kosten für Nebenleistungen bzgl. Haftungsreduzierung sowie für Zustellen und Abholen sind erstattungsfähig.

Zusammenfassung: Das Amtsgericht Betzdorf schätzt erforderliche Mietwagenkosten anhand der Schwacke-Liste, die nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung geeignet sei. Der Beklagtenvortrag enthalte keine konkreten Hinweise darauf, dass Schwacke hier nicht anwendbar sei. Insbesondere ist eine Hinweis auf Fraunhofer kein konkreter Sachvortrag. Auf den Grundpreis ist ein unfallbedingter Aufschlag zuzusprechen und Nebenkosten sind ebenso erstattungsfähig.

Bedeutung für die Praxis: Im Bezirk des Landgerichtes Koblenz ist Schwacke die etablierte Liste, auch wenn das OLG Koblenz das im Einzelfall anders sehen mag. Das Gericht verweist auch auf eine Entscheidung des OLG Koblenz, in der lediglich mit den Werten der Fraunhofer-Liste geschätzt wurde, da nach Ansicht des OLG hier der Beklagtenvortrag die Schwacke-Liste erschütterte. In dem OLG-Verfahren habe die Beklagte günstigere und vergleichbare Alternativen vorgelegt. Und genau das ist in dem Verfahren am Amtsgericht Betzdorf nicht geschehen. Hier lagen keine Alternativangebote vor, und wenn waren sie nicht vergleichbar mit der Leistung, die der Geschädigte erhalten hat und die erforderlich gewesen ist. Damit ist hier die Schwacke-Liste anwendbar, so das Gericht. Das zeigt, dass selbst bei negativer obergerichtlicher Rechtsprechung genauer hingesehen werden muss und es sich lohnt, tiefer in die Materie einzusteigen und anhand der Besonderheiten des Falles genauer zu prüfen. Zudem spricht das Amtsgericht einen unfallbedingten Aufschlag in Höhe von 20 % zu, den es auch ausführlich mit bestimmten unfallbedingt erbrachten und auch aus Sicht des Geschädigten erforderlichen Leistungen des Vermieters begründet.

Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 30-19

Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 30-19

Kammergericht Berlin 22 U 160/17 vom 11.07.2019
(Vorinstanz: Landgericht Berlin 50 O 41/17 vom 26.07.2017)

1. Die erstattungsfähigen Mietwagenkosten bei einem beschädigten Luxusfahrzeug ergeben sich aus dem klägerischen Vortrag und den dortigen beispielhaft dargestellten Normaltarif-Angeboten des regionalen Marktes.
2. Entgegen der Auffassung der Beklagten sind die Werte der Fraunhofer-Liste Gruppe 10  dazu ungeeignet, wie sich aus dem konkreten Sachvortrag der Klägerin ergibt.
3. Die Höhe des Schadenersatzes richtet sich nach dem Anschaffungswert von Fahrzeugen und nicht nach Gebrauchseigenschaften.
4. Der grundsätzliche Verweis auf die Nutzung eines Taxis ist zurückzuweisen.
5. Bei klassenkleinerer Anmietung ist ein Abzug für Eigenersparnis nicht vorzunehmen.

Zusammenfassung: Das Berliner Oberlandesgericht – hier Kammergericht / KG genannt – korrigiert eine erstinstanzliche Klageabweisung des Berliner Landgerichtes und spricht die restlichen Mietwagenkosten für ein Luxus-Ersatzmietfahrzeug zu. Da die Schätzlisten Normaltarife von Luxusfahrzeugen nicht enthalten, bezieht sich das OLG auf den Klägervortrag, der regionale Beispielangebote für Luxusfahrzeuge aufgezeigt hatte. Insbesondere weist das Berufungsgericht die Auffassung zurück, dass ein Geschädigter keinen Ersatzwagenanspruch habe, wenn sein Luxusfahrzeug beschädigt wurde, weil er alternative Formen der Mobilität wie ein Taxi nutzen könne.

Bedeutung für die Praxis: Insofern die Mietwagenkosten erheblich erscheinen, weil es sich um ein beschädigtes Luxusfahrzeug handelt, dessen Anschaffungskosten bei vielen Menschen Neid- und Frustgefühle auslösen, wird von Haftpflichtversicherern reflexartig die Versichertengemeinschaft aufs Tapet gehoben, um bei Gericht zu erreichen, dass in solchen Fällen schon aus diesem Grund der Schadenersatzanspruch beschnitten oder – wie hier erstinstanzlich – vollkommen versagt wird. Das Berufungsgericht stimmt jedoch nicht mit der Beklagten überein, dass der Geschädigte bei hohen Schadenersatzkosten wegen eines Luxusmietfahrzeuges auf die Nutzung eines Taxis zu verweisen ist, da dies nicht dem Schadenrecht auf eine ersatzweise jederzeitige Verfügbarkeit eines Pkw zur Eigennutzung entspricht. Das komme nur ausnahmsweise bei sehr geringem Fahrbedarf unter 20 km infrage. Das Berufungsgericht wies die Auffassung der Vorinstanz zurück, dass ein Schadenersatz deshalb ausgeschlossen sei, weil der Geschädigte anstatt einer Luxuslimousine ein offenes zweisitziges Luxusfahrzeug gemietet hatte, dem andere Gebrauchseigenschaften zuzuschreiben sind. Auch der Verweis auf die Solidargemeinschaft der Haftpflichtversicherten kann keine Grundlage sein, dem Geschädigten einen erforderlichen Schadenersatz zu verwehren, der ihm nach dem Gesetz zusteht. Da ein Anspruch auf eine Ersatzmiete eines Fahrzeugs im Fahrzeugwert von 250.000 Euro bestand und lediglich ein Fahrzeug im Fahrzeugwert von 190.000 Euro gemietet wurde, ist kein Abzug für Eigenersparnis vorzunehmen. Immer wieder kommt es in Bezug auf das konkrete beschädigte Fahrzeug vor, dass in den Listen kein Wert enthalten ist. So ist in der Fraunhofer-Liste 2018 in allen PLZ-Gebieten ohne verständliche Begründung keine Fahrzeuggruppe 1 ausgewiesen und damit existiert dann auch kein Fracke-Wert. Dann steht jedoch mit den Werten der Gruppe 1 der Schwacke-Liste ein Schätzwert zur Verfügung, anders als in dem hier zu entscheidenden Fall des Luxus-Segments.

 

Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 29-19

Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 29-19

Amtsgericht Gummersbach 11 C 226/18 vom 05.07.2019

1. Nach telefonischen Mietwagenvermittlungs-Hinweisen der Beklagten an die Geschädigten liegt kein Verstoß gegen deren Schadenminderungspflicht vor.
2. Die Beklagte konnte den Geschädigten – wie die Zeugenbefragung ergeben hat – mangels konkreter Informationen zu Bedarf und Verfügbarkeit gar kein konkretes Angebot unterbreiten.
3. Die Schätzung erforderlicher Mietwagenkosten im Rahmen der Ersatzmobilität wird anhand des Mischmodells aus Schwacke und Fraunhofer vorgenommen.
4. Von der Beklagten vorgelegte günstigere Internetangebote sind nicht vergleichbar und nicht geeignet, den Weg der Schätzung in Zweifel zu ziehen.
5. Die Beauftragung eines Sachverständigengutachtens aufgrund der von der Beklagten lediglich in den Raum gestellten Behauptungen käme einem Ausforschungsbeweis gleich.
6. Auf den Grundpreis zu erstatten ist ein Aufschlag in Höhe von 20 % für erforderliche unfallbedingte Mehrleistungen des Vermieters.
7. Die Kosten der vereinbarten Nebenleistungen für Winterreifen, Navigationsgerät, Zustellen/Abholen und erweiterte Haftungsreduzierung sind ebenso zu erstatten.

Zusammenfassung: Das Gericht sieht keinen Verstoß der Geschädigten gegen die Schadenminderungspflicht nach § 254 BGB. Der Normaltarif wird mit dem Mittelwert geschätzt und die Kosten der Nebenleistungen mit den Werten aus Schwacke. Ein unfallbedingter Aufschlag in Höhe von 20 % wird der Klägerin zugesprochen.

Bedeutung für die Praxis: Das Amtsgericht befasst sich ausführlich mit der Frage, ob die Geschädigten das vermeintliche Mietangebot der Versicherung hätten annehmen müssen und kommt zu dem Ergebnis, dass es gar kein annahmefähiges Angebot gegeben hat. Ein Geschädigter, der nach dem Versuch der telefonischen Verweisung auf einen mit dem Versicherer kooperierenden Vermieter nicht weiß, worin das Angebot besteht, kann auch nicht entscheiden, ob es aus Sicht des „verständigen, wirtschaftlichen denkenden Menschen“ angeraten wäre, dieses Angebot anzunehmen. Der Geschädigte muss also nicht auf ein vermeintliches Ersatzangebot einlassen, auf das er dringend angewiesen ist, wenn er dessen Umfang nicht bestimmen und mit dem Angebot eines anderen freien Vermieters vergleichen kann.

Hinweis: Es ist nichts darüber bekannt, ob dieses Urteil bereits rechtskräftig ist.

Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 28-19

Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 28-19

Amtsgericht Achern 3 C 245/18 vom 17.05.2019

1. Die erstattungsfähigen Mietwagenkosten sind mit der SchwackeListe zu schätzen.
2. Der Verweis auf die Werte der Fraunhofer-Liste ist kein konkreter Sachvortrag zur Erschütterung der SchwackeListe.
3. Eine Schätzgrundlage ist nicht bereits dadurch als zweifelhaft anzusehen, dass  Mietfahrzeuge auch zu günstigeren Konditionen angeboten werden.
4. Die mittels Internetangeboten aufgezeigten konkreten niedrigeren Preisbeispiele sind grundsätzlich nicht geeignet, die Anwendung einer Schätzgrundlage in Zweifel zu ziehen, da sie nicht vergleichbar sind.
5. Kosten der Nebenleistungen für Haftungsausschluss SB=0, Winterreifen und Zweitfahrer sind angefallen und damit erstattungsfähig.
6. Ein Abzug für ersparte Eigenkosten wird in Höhe von 5 Prozent auf den Grundmietpreis vorgenommen.

Zusammenfassung: Das Amtsgericht Achern wendet zur Schätzung der erstattungsfähigen Mietwagenkosten die SchwackeListe an. Die Fraunhofer-Liste hält das Gericht nicht für verwendbar. Einwände des Versicherers mittels konkret aufgezeigter günstigerer Mietfahrzeuge weist das Gericht zurück. Auch die Kosten für Nebenleistungen sind vom Versicherer zu bezahlen.

Bedeutung für die Praxis: Das Gericht begründet sein Urteil sehr ausführlich. Sämtliche Einwendungen gegen die Anwendbarkeit der SchwackeListe werden angesprochen. Zunächst: Der Hinweis der Beklagten auf die Fraunhofer-Liste sei nicht nur kein konkreter Sachvortrag, sondern die Werte daraus sind aufgrund der mangelhaften Erhebungsmethode auch zweifelhaft. Bereits wegen grundsätzlicher Überlegungen des Gerichtes scheidet eine Anwendbarkeit der Fraunhofer-Liste aus. Dies sind die 2-stelligen PLZ-Gebiete, die keinen regionalen Markt mehr abbilden und die Konzentration auf Internetergebnisse zu weniger Anbieter. Daher wird auch das Mischmodell Fracke aus beiden Listen nicht herangezogen, da sonst die Fehler der Fraunhofer-Liste über diesen Umweg doch eine Berücksichtigung finden würden. Der SchwackeListe gebühre der Vorzug. Sodann: Das Abstellen der Beklagten auf günstigere Internetangebote wird zurückgewiesen, da diese nicht vergleichbar mit der erbrachten Leistung sind und darüber hinaus einzelne günstigere Angebote einen statistischen Wert nicht in Zweifel ziehen können. Der konkrete Schätzwert wird mittels des Modus und der Pauschalen Woche/3Tage/Tag aus Schwacke bestimmt. In Bezug auf die Nebenkosten wird klargestellt, dass auch die Pflicht des Vermieters der Vermietung eines verkehrssicheren Fahrzeuges die Kostenabrechnung und Erstattungsfähigkeit für wintertaugliche Reifen nicht ausschließt.

Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 27-19

Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 27-19

Oberlandesgericht Celle 14 U 186/18 vom 26.06.2019
(Vorinstanz: Landgericht Hannover 17 O 469/17 vom 19.10.2018)

1. Die erforderlichen Mietwagenkosten sind anhand des Mischmodells Fracke zu bemessen.
2. Das Erstgericht durfte die von der Beklagten vorgelegten Internetangebote außer Acht lassen, da diese wegen der Art ihrer Erhebung keinen konkreten Sachvortrag zur Erschütterung der favorisierten Schätzgrundlage darstellen.
3. Zur Erschütterung der Schätzgrundlage wäre eine repräsentative Umfrage notwendig, die den angeblich niedrigeren Normaltarif einer Teilgesamtheit des Marktes erkennen lässt.
4. Kosten der Nebenleistungen für Zusatzfahrer, Winterreifen, Navigationsgerät, Anhängezugvorrichtung und weitgehende Haftungsreduzierung sind zu erstatten, soweit diese Leistungen als erforderlich anzusehen sind.
5. Ein Abzug für ersparte Eigenkosten wird in Höhe von 5 Prozent vorgenommen.

Zusammenfassung: Das OLG Celle schätzt erforderliche Mietwagenkosten anhand des Mischmodells aus den Listen von Schwacke und Fraunhofer. Die von der Beklagten aufgezeigten alternativen Internetangebote sind methodisch wie die FraunhoferListe erhoben und können das Mischmodell daher nicht erschüttern. Die erforderlichen Kosten der Nebenleistungen sind schadenersatzrechtlich erstattungsfähig.

Bedeutung für die Praxis: Das OLG Celle hat immer wieder zu Mietwagenkosten zu entscheiden, da verklagte Haftpflichtversicherer aus Hannover den Mittelwert aus den Listen nicht als Schätzgrundlage akzeptieren und den Gerichtsweg bis zum Ende beschreiten. Im Berufungsverfahren greift die Beklagte sowohl die Einbeziehung der SchwackeListe in die Berechnung des Normaltarifes an als auch die Verurteilung zur Zahlung von Nebenkosten. Der Senat sieht im Beklagtenvortrag zum Normaltarif jedoch keinen Beleg, dass allein die Fraunhofer-Werte den Normaltarif ausmachen könnten. Einige wenige Internetangebote repräsentieren einen Normaltarif des Mietwagenmarktes schon dann nicht, wenn die Anbieter nicht ausgewogen ausgewählt wurden. Die Beispiele müssten eine repräsentative Umfrage darstellen, in der auch kleinere örtliche Anbieter berücksichtigt sind. Der Eigenersparnis-Abzug wird von der Gesamtsumme abgezogen, obwohl ein solcher Abzug bei dem Teil der Nebenkosten wie einer Haftungsreduzierung oder dem Zweitfahrer offensichtlich unlogisch ist.

Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 25-19

Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 25-19

Amtsgericht Heilbronn 9 C 2779/17 vom 04.12.2018

1. Die Aktivlegitimation der Klägerin wird bejaht, da ihr die „…Schadenersatzforderungen auf Erstattung der Mietwagenkosten erfüllungshalber abgetreten…“ wurden.
2. Für den Abtretungszeitpunkt gilt, dass die Abtretung wirksam vereinbart werden kann, wenn die Forderung bestimmt oder später bestimmbar ist.
3. Die Schätzung der erforderlichen Kosten der Ersatzanmietung erfolgt anhand des Modus der SchwackeListe.
4. Die Schwächen der Fraunhofer-Erhebung liegen vor allem darin, dass überwiegend nur sechs Anbieter befragt wurden und eine Vorbuchungsfrist unterstellt wurde.
5. Für die Anwendung der Schwacke-Werte sprechen die große Anzahl der Werte und Anbieter sowie die Differenzierung des regionalen Marktes in 3-stellige PLZ-Gebiete.
6. Eine Erkundigungspflicht nach anderen günstigeren Tarifen kann vom Geschädigten lediglich dann erwartet werden, wenn eine erhebliche Preisüberhöhung vorliegt, z.B. wenn der Wert der SchwackeListe um 50 Prozent überschritten wird.
7. Übliche Kosten erforderlicher Nebenleistungen sind ebenso erstattungsfähig.

Zusammenfassung: Das Gericht bestätigt die Aktivlegitimation des aus abgetretenem Recht vorgehenden Klägers, der sich üblicher Formulierungen in seinem Abtretungsformular bediente. Anders als die Versicherung meinte, sei die Abtretung in Bezug auf die Frage, was abgetreten wurde, nicht zu unbestimmt formuliert. Zur Schätzung der erstattungsfähigen Mietwagenkosten wird die SchwackeListe angewendet, da die Fraunhofer-Erhebung erheblichen Bedenken begegne. Kosten für Nebenleistungen werden zugesprochen.

Bedeutung für die Praxis: Auf die Frage des Vorliegens der Aktivlegitimation des Klägers aus abgetretenem Recht wird wieder vermehrt Bezug genommen. Einer der Streitpunkte ist die Wirksamkeit der Abtretung vor dem Hintergrund der Bestimmtheit bzw. Bestimmbarkeit. Der BGH hatte vor einiger Zeit die Abtretungen vieler Sachverständigen als zu unbestimmt angesehen. Leider neigen auch Vermieter immer wieder zur Abänderung bewährter und vom BGH geprüfter Formulierungen. Beispielsweise findet sich immer wieder eine Passage, die sich auf die Rechnungshöhe oder den Rechnungsendbetrag bezieht. Da die Forderung jedoch davon abweichen kann, ist dieser feste Bezug auf die Rechnung anstatt auf die Forderung ein gewichtiger Punkt, der es den Versicherern immer wieder erlaubt, die Durchsetzung offener Forderungen zu torpedieren. Hier jedoch nicht, da der Vermieter die empfohlene Formulierung verwendete. Die erforderlichen Kosten werden mittels Schwacke geschätzt und solange die Abrechnung nicht weit darüber liege, liege auch kein Verstoß gegen die Schadenminderungsplicht vor und muss sich der Geschädigte auch nicht erkundigen. 

Fraunhofer-Durchschnitt missachtet erhebliche Preisschwankungen

Fraunhofer-Durchschnitt missachtet erhebliche Preisschwankungen

Fraunhofer bringt jedes Jahr einen neuen Mietwagenspiegel heraus, dessen Daten über mehrere Monate hinweg erhoben werden. Von erheblichen, die Abfragen beeinträchtigenden Preisschwankungen ist da keinerlei Rede. Doch diese gibt es.

Zitat aus aus www.mietwagen.tips zur Check24-Auswertung 2019

„Check24 hat erneut eine Studie über die Mietwagenpreise veröffentlicht. Hierzu wurden alle bereits getätigten Mietwagenbuchungen mit Abholdatum in 2019 ausgewertet. (…) Das Ergebnis verwundert nicht wirklich. Urlaub in den Ferien ist prinzipiell teurer als im restlichen Jahr. Die durchschnittlichen Preise für Leihwagen sind in den gebuchten Urlaubsländern in den Sommerferien 2019 um bis zu 54 Prozent höher als vergleichbare, durchschnittliche Tagespreise im Rest des Jahres. Ausgewertet wurden hierfür alle Buchungen für 2019.
(…) Obgleich alle Anbieter wohl über ausreichend Fahrzeugkontingente verfügen dürften, erfolgt die Preissteigerung natürlich gezielt in den Ferienzeiten, wenn die Nachfrage nach Mietfahrzeugen sprunghaft ansteigt. Sie sollten daher auch nicht zu lange warten und möglichst frühzeitig buchen. Je kürzer die Zeit bis zur Abholung, desto weiter werden die Preise steigen. Sonderangebote und Last-Minute-Schnäppchen sucht man hier vergebens.“

Link zu „Mietwagen in Sommerferien deutlich teurer“: https://www.mietwagen.tips/6545/mietwagen-in-sommerferien-deutlich-teurer

Abbildung zu Preisunterschieden, Quelle Check24:

Das Ergebnis für alle in Europa über das Portal laufenden Länder bei Check24 lautet „bis zu 54 Prozent Preisveränderungen“. Fraunhofer erhebt seine Interne-Normaltarife“ auch in dieser Zeit. Zitat aus dem Vorwort 2018: „…vom 28. Februar bis 30. Juli 2018“. Bei Fraunhofer ist das wohl nicht enthalten, da hier lediglich die immer gleichen Minimalpreise zu finden sind. Da in dieser Zeit immer wieder auch Ferien sind und nicht nur Vermieter wissen, dass Preise stark schwanken, wirft das die Frage auf, wieso Fraunhofer-Werte und Vorwort nicht dazu passen.

Wichtig in dem Zusammenhang ist der Blick auch auf den Mieter nach einem Unfall. Denn der kann nicht rechtzeitig vor den Preissteigerungen buchen und findet so die Schnäppchen nicht, die die Versicherer in ihren Screenshots als Normalpreise bezeichnen.

 

Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 24-19

Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 24-19

Amtsgericht Schwandorf 1 C 333/19 vom 07.06.2019

1. Der Normaltarif der Mietwagenkosten bemisst sich nach den Werten der SchwackeListe.
2. Es liegt kein Verstoß gegen die Schadengeringhaltungs-Obliegenheit des Geschädigten vor.
3. Ein Schreiben der Beklagten, dass bei Bedarf ein Mietwagen zur Verfügung gestellt werden könnte, ist nicht als konkretes Angebot zu werten.
4. Eine dort enthaltene Fahrzeugtabelle von Bruttotagespreisen zeigt weder auf, welches Fahrzeug anzumieten ist, noch welche Konditionen relevant sind.
5. Auch im Übrigen liegt – anders als von der Beklagten behauptet – kein Verstoß gegen § 254 BGB vor, da der geforderte Schadenersatzbetrag nicht auf einem erheblich überhöhten Unfallersatztarif beruht.

Zusammenfassung: Das Gericht spricht den geforderten restlichen Schadenersatz aufgrund Mietwagenkosten vollständig zu und wendet zur Schätzung des Normaltarifes die SchwackeListe an. Der Streit drehte sich jedoch vor allem um ein vermeintliches Direktvermittlungsangebot der gegnerischen Haftpflichtversicherung. Da jedoch kein konkretes und annahmefähiges Angebot abgegeben wurde, sondern nur eine Beispieltabelle von Tagespreisen verschiedener Fahrzeuge nach KW-Sortierung, lag dem Geschädigten kein annahmefähiges Angebot vor und er konnte zum Normaltarif anmieten.

Bedeutung für die Praxis: Zu der wichtigen Frage der Mietwagenangebote der Versicherer an Geschädigte kommt es verstärkt darauf an, ob dem Geschädigten ein konkretes Angebot unterbreitet wurde. Die bisherigen Versuche der Versicherer sind unkonkret. Es wird kein reales Fahrzeug genannt, zumeist ist auch der Leistungsinhalt des Angebotes nicht vervollständigt, ja häufig noch nicht einmal die richtige Mietwagengruppe angegeben. So auch in diesem Verfahren, in dem die HUK lediglich ihre übliche Tabelle der KW-sortierten Fahrzeuge an den Geschädigten sendete und daraufhin rechtswidrig den Schadenersatzbetrag zusammenstrich. Das Gericht hält auch grundsätzlich in Bezug auf die Anforderungen an den Geschädigten Maß. Zwar kann er von tatsächlich erhältlichen vergleichbaren Tarifen grundsätzlich nur den Preis eines günstigeren Fahrzeuges verlangen. Doch muss er keine Marktforschung betreiben, um den günstigsten Preis herauszufinden. Statt dessen kommt es darauf an, was er für erforderlich halten durfte.

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