Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 42-22

Landgericht Aschaffenburg 12 O 44/22 vom 28.09.2022 

1. Die überlange Mietdauer ist aufgrund der mangelnden Liefermöglichkeit eines sicherheitsrelevanten Ersatzteils zur Instandsetzung des Unfallfahrzeuges gerechtfertigt.
2. Da die Beklagte nicht auf die Bitte um Unterstützung bei Ersatzteilbezug und Mietwagenvermittlung reagierte, hat sie die Mietwagenkosten vollständig nach dem Mischmodell aus Fraunhofer und Schwacke zu erstatten.
3. Die Höhe der Mietwagenkosten bestimmt sich aus den Pauschalen Woche, 3 Tage und Einzeltage.
4. Kosten der Nebenleistung Winterreifen sind zwischen Oktober und Ostern erstattungsfähig.
5. Ein Bestreiten der Aktivlegitimation des Klägers ist ohne eine weitere Substantiierung ausgeschlossen, da die Beklagte ihm gegenüber vorgerichtlich teilweise regulierte.

Zusammenfassung: Das Landgericht Aschaffenburg verurteilt die Allianz-Versicherung zu weiterem Schadenersatz aufgrund Mietwagenkosten und außergerichtliche Rechtsanwaltskosten. Insbesondere die mehrmonatige Dauer der Anmietung wird nicht beanstandet, da einerseits ein sicherheitsrelevantes Ersatzteil nicht lieferfähig gewesen ist und die Beklagte zur Reduzierung der Schadenkosten um geeignete Maßnahmen gebeten wurde. Auch die Kosten der erforderlichen Ausstattung mit Winterreifen sind vom Schädiger zu ersetzen. 

Bedeutung für die Praxis: Das Landgericht in Aschaffenburg sprach dem Geschädigten die restlichen geforderten Schadenaufwendungen bzgl. Mietwagenkosten und Rechtsanwaltskosten vollständig zu. Die hier angefallene überlange Mietdauer hat der Geschädigte nicht zu vertreten. Denn ein Verschulden nach § 254 BGB ist ihm nicht anzulasten, wenn einerseits notwendige Teile zur Unfallschadenreparatur fehlten und andererseits die Beklagte auf diesen Hinweis nicht reagierte. Im Rahmen seiner Ersetzungsbefugnis entstehende Mehraufwendungen, die sich seinem Einflussbereich entziehen, können nicht zu Lasten des Geschädigten gehen.
Die Kosten der Ausstattung des Mietwagens mit Winterreifen sind schadenrechtlich für eine Miete zwischen Oktober und Ostern zu ersetzen. Das Gericht macht diese Kosten nicht von der Ausstattung des Geschädigtenfahrzeuges abhängig und auch nicht von konkret zu beweisenden winterlichen Straßenverhältnissen. Das erscheint auch sachgerecht, denn es ist bei einer mehrtätigen Miete in dieser Zeit immer damit zu rechnen, dass die Temperaturen fallen. Es wäre unzumutbar und kaum zu organisieren, wenn Mieter massenhaft am Tag vor Frost Mietfahrzeuge oder Räder des Mietfahrzeuges tauschen wollten. Es entspricht grundsätzlich der Pflicht des Mieters, das Fahrzeug nur mit witterungs-konformer Bereifung zu nutzen. Daher hat er das Recht, wenn Winterwetter auftreten kann (in Deutschland anzunehmen von "O bis O"), auch ein Fahrzeug mit Winterreifen anzumieten und die Zusatzkosten vom Schädiger erstattet zu bekommen.
Bis in den Prozess hinein stritt man noch um weitere Positionen, wie Mietwagengruppe, Zweitfahrer-Gebühr, korrekte Mietwagenzulassung und die Frage, wie das verunfallte Fahrzeug versichert war, bis die Beklagte diese Positionen unstreitig stellte. Teilweise begab man sich auf Klägerseite dabei wohl aus Gründen der Prozess-Ökonomie in nicht zwingend notwendige Erklärungen. Weder besteht ein Zusammenhang zwischen Zulassung des Mietfahrzeuges als Mietwagen für Selbstfahrer und das Schadenersatzrecht, noch hat die Versicherung des Geschädigtenfahrzeuges etwas mit der Erstattungsfähigkeit weitgehender Haftungsreduzierungskosten aus dem Mietvertrag zu tun.

Zitiervorschlag: "Kosten Winterreifen von O bis O erstattungsfähig"

"Winterreifen sind auch bereits ab Mitte Oktober als erforderlich anzusehen. Der Zeuge XXX hat insoweit in seiner Zeugeneinvernahme ausgeführt, dass diese regelmäßig von "O bis O", d.h. von Oktober bis Ostern aufgezogen werden. Der zweite Mietwagen mit Winterreifen wurde am 14.10.2021 übergeben. Zu diesem Zeitpunkt waren Winterreifen erforderlich." (Anmerkung: Die Vermietung mit Winterreifen erfolgte im konkreten Fall Mitte Oktober) (Landgericht Aschaffenburg 12 O 44/22 vom 28.09.2022)

Zitiervorschlag: "Anwendung der Listenpauschalen, nicht Woche durch 7 mal Mietdauer"

"Die Berechnung des Mietwagentarifs nach Wochentarif und Zusatztag-Wochentarif ist ebenfalls nicht zu beanstanden. Grundsätzlich ist bei der Abrechnung der Mietwagenkosten bei mehrtägiger Vermietung die nach der Schwacke Automietpreisspiegel ausgewiesenen Reduzierungen nach Wochen-, 3-Tages- und Tagespauschalen zu berücksichtigen. (...)  Die Autovermietung ist nicht gehalten, hinsichtlich des Einzeltages den Tarif anteilig aus dem Wochentarif zu berechnen." (Landgericht Aschaffenburg 12 O 44/22 vom 28.09.2022)

Das Urteil ist rechtskräftig.

 

 

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