Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 18-24
Amtsgericht Nürtingen 44 C 3916/23 vom 23.04.2024
1. Die Schätzung der Höhe erstattungsfähiger Mietwagenkosten erfolgt anhand der Vergleichswerte aus der Schwacke-Liste.
2. Die Anwendung des Mischmodells Fracke oder gar der Fraunhofer-Liste begegnet erheblichen Bedenken.
3. Die Geschädigte ist nicht verpflichtet, darzulegen und zu beweisen, dass ihr auf Nachfrage kein günstigeres Angebot zur Verfügung stand.
4. Auch Kosten der Nebenleistungen für Winterreifen, Navigationsgerät, Zusatzfahrer und Zustellen/Abholen sind der Geschädigten vom gegnerischen Versicherer zu erstatten.
5. Der Abzug für ersparte Eigenkosten entfällt bei klassenniedrigerer Anmietung.
Zusammenfassung: Das Amtsgericht Nürtingen lehnt eine Anwendung der Fraunhofer-Liste und des Mischmodells ab. Warum Schwacke zur Schätzung verwendbar ist, wird begründet. Auch die Kosten der erforderlichen Nebenleistungen werden als erstattungsfähig angesehen und ein Eigenersparnisabzug verneint.
Bedeutung für die Praxis: Das Gericht stellt klar, dass Geschädigte im Normalfall nicht verpflichtet sind darzulegen, dass ihnen kein günstigeres Mietfahrzeug zur Verfügung gestanden hätte. Eine generelle Erkundigungspflicht nach Alternativen gibt es nicht, auch nicht für das Amtsgericht Nürtingen. Die Darlegungs- und Beweislast des Geschädigten endet dort, wo er nachweist, dass die Höhe der geforderten Schadenkosten dem Üblichen entspricht. Lediglich wenn er einen Betrag über dem erforderlichen Geldbetrag erhalten möchte, muss er nachweisen, dass dem unfallbedingte Mehrleistungen zugrunde liegen, auf die er angewiesen war (BGH: “erforderlicher Unfallersatztarif = unfallbedingter Aufschlag) oder im konkreten Fall nichts günstigeres zu haben war (ggf. Unfallersatztarif, der eigentlich zu teuer ist).
Die Behauptungen der Versicherer, die Darlegungs- und Beweislast des Geschädigten bedeuten eine generelle Erkundigungspflicht des Geschädigten sind eine Falschbehauptung, die nicht richtiger wird, wenn man sie tausendfach wiederholt.
Das Amtsgericht Nürtingen äußert sich deutlich gegen die Verwendbarkeit der Werte aus der Fraunhofer-Liste und in der Folge auch der Fracke-Liste / des Mischmodells.