Schwacke: Die ewige Mär von den nicht auszuschließenden Manipulationen

Gerichte haben Übung darin, voneinander abzuschreiben und damit irgendwelche gewollten Ergebnisse ihrer Urteile zu begründen. Irgendwann hat mal ein Richter behauptet, Manipulationen bei Schwacke seien nicht auszuschließen. Das findet sich immer wieder – unkonkret und ohne Beleg – in Urteilen bezüglich Mietwagenkosten.

Ein gutes Beispiel für eine solche Praxis liefert das AG Lampertheim (Urteil mit Az. 3 C 157/14 vom 24.11.2014):

„Die Zweifel an der Schwacke-Liste ergeben sich insbesondere aufgrund der Art der Datengewinnung. Die Mietwagenkosten für Selbstzahler sind in der Weise ermittelt worden, dass Fragebögen an die jeweiligen Mietwagenunternehmen unter Offenlegung des Verwendungszwecks übersandt worden sind. Dadurch besteht der naheliegende Verdacht einer Ergebnismanipulation durch die an der Feststellung bestimmter Preisstrukturen interessierten Autovermieter. Darüber hinaus hat die Schwacke-Liste ihre Erhebungsmethode nicht öffentlich dokumentiert, sodass nicht nachvollzogen werden kann, wie die Einzelwerte der Datenerhebung zustande gekommen sind.“

Im Schwacke-Vorwort steht dazu aber etwas anderes (z.B. 2014, Umschlagseite und Seite 9):

„Preisinformationen von Avis, Buchbinder, Enterprise, Euromobil, Europcar, FHD, Opelrent und Sixt … berücksichtigt. Die Abdeckung … liegt bei 90 %.“
„…Ergebnisse …reproduzierbar.“
„…Überprüfung der …Preisinformationen mittels Plausibilitätskontrollen und anonyme Stichproben.“
„mehr als 2000 verwendete Preislisten aus dem Internet“
„aus der Verschiebung des Modus kann man nicht auf eine Preissteigerung schließen.“
„..übermittelten Tarife stellen ebenfalls keine Wunschpreisliste dar. Sie wurden von uns … überprüft. … Abweichungen ergaben sich nicht.“
„Bei unseren Angebotspreis-Erhebungen werden nur Informationen genutzt, die für Jeden ohne Einschränkung zugänglich sind und der Preisauszeichnungspflicht entsprechen.“

Trotzdem schreibt das Gericht, dass Manipulationen vorgelegen haben könnten. Wenn das Gericht ohne Anhaltspunkte das so meint, dann wäre zunächst erst einmal durch das Gericht zu prüfen, ob es Manipulationen gab und welche erheblichen Auswirkungen vorliegen.

Warum hält sich der Fehler so hartnäckig bei der Frage der Anwendbarkeit der Schwackeliste?

1. Weil es einfach ist, irgendeine Begründung gegen die eine Liste und irgendeine Begründung gegen die andere Liste in ein Urteil  zu schreiben und daraus den Durchschnitt zu bilden. Als Gericht muss man nicht Position beziehen und folgt dem ausgleichenden Gedanken. Doch was wenn nur einer der Listen richtig ist und die andere unsinnig?

2. Weil andere – konkretere – Vorwürfe gegen die Schwackeliste leicht widerlegbar sind, wie z.B. die Behauptung des OLG Köln, in Schwacke hätte es nicht zu vernachlässigende ungerechtfertigte Preissteigerungen gegeben. Das ist in allen Einzelheiten widerlegt worden (z.B. in MRW 3.13, S. 42 ff., in MRW 4-13 S. 63 ff. und in MRW 3-15, S 45 ff.) und peinlich für dieses Gericht.

3. Weil man die Inhalte des Schwacke-Vorwortes nicht zur Kenntnis nehmen muss, um sich als Gericht zu den Zahlen zu äußern und mit Zahlen zu jonglieren. Die Klägervertreter können ein Gericht leider nicht zwingen, von nebulösem Unsinn abzusehen und auf einen konkreten Vortrag hin auch eine konkrete Antwort zu geben.

Weil Versicherer das tausendfach behaupten und wenn sich sonst nichts gegen die Schwackeliste finden lässt, muss man als Richter vielleicht auf dieses Niveau einsteigen.

PS: Ich habe noch in keinem Urteil gelesen, dass die Bandbreite der Schwacke-Werte die Werte aus den Internetscreenshots und aus Fraunhofer nicht enthalten würde. Denn genau diese Werte sind in Schwacke ja auch enthalten, nur eben auch andere und nicht nur die Vorbuchungs-Rumpf-Eventuell-Preise, die die Haftpflichtversicherer den Geschädigten zugestehen wollen.

 

 

 Nach oben