Schriftsatz-Entwurf für Anwälte: Aktuelles Verjährungs-Thema
Wir haben Sie bereits mehrfach darauf aufmerksam gemacht: Versicherer haben ein Thema entdeckt, mit dem viele Standard-Verkehrsrechts-Anwälte nicht zurechtkommen. Der Versicherer behauptet einfach, weil die Mietzinsforderungen gegenüber dem Mieter verjährt ist, sei auch die abgetretene Schadenersatzforderung nicht mehr durchsetzbar.
Verjährung: Versicherer mit neuer Argumentation
Dazu haben wir auch einen juristischen Fachaufsatz veröffentlicht in der MRW 1-18. Hierdurch möchten wir allen Anwälten die Argumente der Kläger zugänglich machen.
Zusätzlich erhalten Sie hier einen Entwurf eines Textbausteins:
Die Grundforderung ist nicht verjährt (entgegen OLG Stuttgart). Die Beklagte beruft sich auf die Entscheidung des OLG Stuttgart vom 22.01.2018, Az. 7 U 122/12 und/oder die des BGH vom 28.01.2016, VII ZR 266/14 und vertritt die Auffassung, die der Schadenersatzforderung zugrundeliegende Mietzinsforderung sei verjährt.
Sie verkennt einen wesentlichen Unterschied im Sachverhalt. Im Stuttgarter Prozess lagen erkennbar noch die früheren Sicherungsabtretungen aus der Zeit vor dem Rechtsdienstleistungsgesetz zugrunde.
In jener Ära des Rechtsberatungsgesetzes waren Abtretungen in der Schadenabwicklung nur dann rechtskonform und wirksam, wenn sie als Sicherungsabtretungen formuliert waren. Sie taten so, als sei die Direktabrechnung mit dem Versicherer nur das letzte Mittel, wenn der Geschädigte selbst trotz Rechnung und Mahnung nicht gezahlt habe, der Sicherungsfall also eingetreten sei. Nach der Papierform verlangte der Vermieter also die Sofortzahlung vom Mieter/Geschädigten. Von einer Stundung konnte also nicht die Rede sein.
Seit der Geltung des RDG Mitte 2008 ist das aber anders. Seither sind – so auch im vorliegenden Fall – die Abtretungserklärungen ganz ehrlich als das formuliert, was sie sind: als Inkassoabtretungen im Rahmen des § 5 Abs. 1 RDG.
Die unfallersatztypische – und auch hier gegebene – Gesamtkonstellation ist mit der Inkassoabtretung wie folgt zu beschreiben:
Statt sofort bezahlen zu müssen, unterzeichnet der Geschädigte eine Abtretung erfüllungshalber. Der Autovermieter nimmt die Abtretung an.
Entweder wird dabei ausdrücklich besprochen oder jedenfalls konkludent vereinbart, dass der Vermieter dem Mieter die Mietzinsforderung derzeit, aber eben nicht endgültig stundet. Ebenfalls ausdrücklich besprochen oder jedenfalls konkludent vereinbart ist, dass der Vermieter nun versucht, die abgetretene auf die Erstattung der Mietwagenkosten begrenzte Schadenersatzforderung beim Schuldner geltend zu machen. Von dort erlangte Zahlungen werden auf die Mietzinsforderung angerechnet und lassen sie insoweit erlöschen.
Jedenfalls aber darf der Mieter/Geschädigte zunächst abwarten, wie sich die Schadenregulierung gestaltet. Solange muss er nicht zahlen.
[Hier muss nun konkretisierender Vortrag zur Stundungsabrede erfolgen.]Beweis für die Stundungsabrede: …………………..
Diese Stundung wirkt verjährungshemmend, sei es gemäß § 205 BGB, sei es durch eine von der Regel abweichende Fälligkeit gemäß § 199 BGB, sodass es zu der Situation wie im Stuttgarter Prozess nicht kommen kann.
Von allen Verjährungsfragen rund um die Mietzinsforderung abgesehen, hat das OLG Stuttgart unseres Erachtens krass verkannt, worin eigentlich der Schaden liegt. Das Gericht meinte, der Schaden des Geschädigten liege in der Belastung mit der Mietzinsforderung, die – wegen der alten Sicherungsabtretungen richtig gesehen – wegen Verjährung entfallen sei.
Das sieht der BGH aber ganz anders. Es gab mehrere bis zum BGH geführte Prozesse, in denen der Versicherer meinte, die jeweils zugrundeliegenden Mietverträge seien – zum Beispiel wegen Wuchers – nichtig.
Diese Frage hielt der BGH aber nie für bedeutsam. So heißt es im Urteil vom 09.10.2007, Az. VI ZR 27/07 unter Randnummer 7: „Für die Entscheidung des Streitfalls ist demzufolge nicht erheblich, ob der Mietvertrag zwischen der Klägerin und dem Mietwagenunternehmer wegen Verstoßes gegen die guten Sitten nach den §§ 138, 139 BGB nichtig ist.“
Wenn der Mietvertrag nichtig wäre, hätte der Vermieter ja von Anfang an keinen vertraglichen Anspruch gegen den Mieter. Soweit das den BGH gar nicht interessiert, ist es nur damit zu erklären, dass der Schaden nicht in der (dann ja nicht gegebenen) Belastung des Geschädigten mit dem Mietzins liegt, sondern im Entzug der Mobilität durch das Unfallereignis. Die Rechnung über den Mietwagen konkretisiert den Schaden, lässt ihn aber nicht entstehen und demgemäß auch nicht entfallen.