Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 46/25

Amtsgericht Köln 270 C 26/25 vom 30.07.2025
- Die Versuche der zum Schadenersatz verpflichteten gegnerischen Haftpflichtversicherung dem Geschädigten nach einem Unfall Preisvorgaben für einen Ersatzwagen zu machen, sind zu unkonkret.
- Die Schätzung der nach § 249 BGB erforderlichen Kosten erfolgt anhand des Mischmodells aus den Schätzlisten Schwacke und Fraunhofer.
- Bei klassengleicher Anmietung ist ein Abzug für ersparte Eigenaufwendungen auf den Grundpreis in Höhe von 4 Prozent als angemessen anzusehen.
- Für erforderliche Nebenleistungen sind weitere Kosten erstattungsfähig, bemessen anhand der Werte der Schwacke-Liste.
Zusammenfassung:
Das Amtsgericht Köln widerspricht der Auffassung der gegnerischen Haftpflichtversicherung, dass sich der Geschädigte an ihr „Angebot“ für einen Mietwagen halten müsse oder zumindest nicht den Preis eines anderen Mietwagens auf Marktniveau (Normaltarif) verlangen könne. Weder hatte die Beklagte ein Fahrzeug genannt, noch die Fahrzeugklasse und auch die Nebenkosten nicht, die damit verbunden sein sollten. Zur Schätzung wurde Fracke angewendet, zuzüglich Nebenkosten.
Bedeutung für die Praxis:
Die entscheidende Frage im Streit um die Gültigkeit von Preisvorgaben scheint die zu sein, ob die Haftpflichtversicherer einfach irgendein nichtssagendes „Angebot“ abgeben können, das dieser Bezeichnung nicht gerecht wird, weil sie den Anspruch des Geschädigten zum Zeitpunkt ihrer Anrufe und Schreiben nicht kennen ODER ob ihre Versuche, eine verbindliche Preisvorgabe zu platzieren erst dann ihr Ziel erreicht, wenn sie zumindest das konkrete Fahrzeug, die in einem konkreten Preis genannten Nebenleistungen und den/die mit ihr kooperierenden Anbieter benennen. An der Konkretheit des Fahrzeuges mangelt es eigentlich immer. Es werden lediglich Preise und Anbieter mitgeteilt und es wird „alles inklusive“ versprochen.
Das Amtsgericht Köln verlangt wie andere Gerichte auch, dass dem Geschädigten, wenn die Preisvorgabe für ihn verbindlich sein soll, ein konkretes Fahrzeug und die in einem Preis inkludierten sonstigen Leistungen genannt wird. Dem ist auch zuzustimmen, denn nur dann können er oder sein Anwalt prüfen, ob sich der Geschädigte darauf einlassen muss oder ihm im Zweifel ein Teil seines Schadenersatzanspruches vorenthalten werden soll, um für den Schädiger zu sparen.
In der Frage der dann anzuwendenden Schätzgrundlage wird es dann argumentativ wenig überzeugend. Immer wieder behaupten Gerichte eine Preisexplosion der Normaltarife in der Tabellen der Schwacke-Listen. Noch nie hat ein Gericht solche Entwicklungen konkret und nachvollziehbar benannt. Das eine Gericht schreibt das vom anderen ab. Es wäre eigentlich zu erwarten, dass sich die Gerichte hier mehr Mühe geben. Dann würden sie feststellen, dass sie einer Unterstellung aufgesessen sind. Vorhandene Internetbeispiele zeigen, dass die Schwacke-Werte durchaus richtig sind und Zweifel eher an den Fraunhofer-Werten angebracht sind, wie sie die Rechtsprechung in Bonn erkannt hat und in Urteilsgründen dortiger Verfahren ausführlich erklärt.
Zitat: „Kein konkretes Fahrzeug genannt und daher Preisvorgabe gescheitert“
„Bei dem Vortrag der Beklagten und dem entsprechenden Schreiben vom 13.04.2023 handelt es sich gerade nicht um gleichwertiges Angebot, dessen Nichtannahme als Verstoß gegen § 254 Abs. 2 BGB zu werten wäre. (…) Die Beklagte hat – auch bei Wahrunterstellung ihres Vortrags – dem Geschädigten allerdings nicht mitgeteilt, um welche Fahrzeugklasse es sich bei dem angemieteten Fahrzeug handeln würde. Der Geschädigte konnte daher nach dem Gespräch überhaupt nicht beurteilen, ob es sich bei dem im Gespräch angebotenen Mietwagen um ein gleichwertiges Fahrzeug handeln würde. Die Schadensminderungspflicht geht nur so weit, dass der Geschädigte auf ein günstigeres und zugleich gleichwertiges Angebot zugreifen muss. Die fehlende Angabe der Fahrzeugklasse oder auch des Fahrzeugstyps stellt auch nicht eine nur nebensächliche fehlende Information dar. (…) Es handelt sich mithin bei dem von Beklagtenseite dargelegten Gespräch und dem vorgelegten Schreiben nicht um ein gleichwertiges Angebot im Vergleich zum tatsächlich angemieteten Fahrzeug.“
(Amtsgericht Köln 270 C 26/25 vom 30.07.2025)
Zitat: „Keine passende Haftungsreduzierung genannt und daher Preisvorgabe gescheitert“
„Bei dem Vortrag der Beklagten und dem entsprechenden Schreiben vom 13.04.2023 handelt es sich gerade nicht um gleichwertiges Angebot, dessen Nichtannahme als Verstoß gegen § 254 Abs. 2 BGB zu werten wäre. (…) Des Weiteren fehlen in dem von der Beklagten dargestellten Gespräch und dem dazugehörigen Schreiben jegliche Angaben zu den Nebenleistungen wie beispielsweise, wie hoch die vereinbarte Selbstbeteiligung bei dem Mietfahrzeug ist. Hier gibt es erfahrungsgemäß erhebliche Unterschiede. Dass in dem angegebenen pauschalen Mietpreis von 57,00 Euro brutto pro Tag sämtliche Nebenleistungen nach Wahl beinhaltet sein sollen, ist weder behauptet noch naheliegend. Eine Mietwagenfirma lässt sich beispielsweise eine niedrige Selbstbeteiligung selbstverständlich durch einen höheren Mietpreis bezahlen. Dass in dem von der Beklagten angebotenen Tagespreis tatsächlich auch die vom Geschädigten gewünschte Selbstbeteiligung (…) enthalten ist, ist nicht substantiiert dargelegt. Auch welche Nebenleistungen sonst enthalten sein sollen, ergibt sich aus dem Vortrag der Beklagten nicht. Es handelt sich mithin bei dem von Beklagtenseite dargelegten Gespräch und dem vorgelegten Schreiben nicht um ein gleichwertiges Angebot im Vergleich zum tatsächlich angemieteten Fahrzeug.“
(Amtsgericht Köln 270 C 26/25 vom 30.07.2025)