Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 42/24

Amtsgericht Hamburg-Altona 315b C 30/23 vom 24.05.2024

1. Der Restbetrag der Mietwagenkosten für ein kleineres Ersatzfahrzeug im Vergleich zum nicht mehr fahrbereiten beschädigten Fahrzeug der Gruppe 07 ist vollständig vom Haftpflichtversicherer des Unfallgegners zu ersetzen.
2. Zur Bestimmung der schadenrechtlich ersatzfähigen Kosten wird nicht auf die Fraunhofer-Liste abgestellt.
3. Maßgeblich zur Bestimmung des ortsüblichen Betrages erscheint der klägerische Vortrag zur Erschütterung der Anwendbarkeit der Fraunhofer-Werte mittels konkreter vergleichbarer Preisbeispiele.
4. Erkundigt sich die Geschädigte nicht selbst durch eine Marktrecherche nach dem günstigsten Angebot, liegt darin – anders als die Beklagte behauptet – kein Verstoß gegen die Pflicht zur Geringhaltung des Schadens.
5. Kosten der Nebenleistungen für Winterreifen und Navigation sind erstattungsfähig. 

Zusammenfassung: Das Amtsgericht Hamburg-Altona spricht restliche geforderte Mietwagenkosten vollständig zu. Dazu wird die Anwendbarkeit der Fraunhofer-Liste für diesen konkreten Fall abgelehnt. Die Klägerin hatte ein BAV-Gutachten zum örtlichen Internet-Mietwagenmarkt vorgelegt sowie ergänzend mehrere konkrete Mietwagenangebote anderer Anbieter, die den verlangten Tarif und damit die Schadenersatzforderung als angemessen erscheinen ließen.

Bedeutung für die Praxis: Das Gericht konnte nicht umhin, die Fraunhofer-Liste beiseite zu legen. Denn die in Fraunhofer veröffentlichten Werte, die laut Haftpflichtversicherer für den örtlichen Markt in Hamburg das Maß der Angemessenheit darstellen sollen, lagen fernab der von der Klägerin in den Prozess eingebrachten Internetbeispiele.
Die Frage beiseite gelassen, ob Internet-Beispiele (Zugangsvoraussetzungen u.a. wie Vorkasse und Kaution) überhaupt ein Maßstab für die Angemessenheit eines Ersatzfahrzeug-Preises nach einem Unfall sein können – zeigten die Beispiele auf, dass die klägerische Forderung im Rahmen der ortsüblichen Internetpreise lag.
Der Prozess zeigt eindrücklich, dass die BGH-Rechtsprechung dazu genutzt werden kann, auch in Gerichtsbezirken mit betonierter Fraunhofer-Linie mit Unterstützung des BAV erfolgreiche Lösungen zu suchen.
Versicherer haben über Jahre daran gearbeitet, mittels (falscher) Internet-Screenshots die Schwacke-Rechtsprechung zu untergraben. Die Autovermieter müssen sich die Mühe machen, dem etwas konkretes entgegen zu setzen, wenn sie die Situation in Hamburg, München, Saarbrücken usw. wieder ändern wollen.

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