Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 41/25

Amtsgericht Bad Oeynhausen 24 C 70/25 vom 22.08.2025

  1. Das Mietwagenrisiko liegt in Bezug auf Ausfalldauer und dem berechneten Mietwagentarif beim Schädiger, denn die Rechtsprechung des BGH zum Werkstatt- und Sachverständigenrisiko ist auf die Mietwagenfrage übertragbar.
  2. Ob der klagende Geschädigte vor Anmietung Preise verglichen und ob er einen zu teuren Mietwagen angemietet hat – wie der Versicherer des Unfallgegners behauptet – kann dahinstehen. Denn der Preis war nicht laienerkennbar weit überhöht und er beruft sich auf das Mietwagenrisiko.
  3. Ebenso wie bei der Reparatur und der Inanspruchnahme eines Sachverständigen bestehen für den Geschädigten schwer erkennbare Risiken für eigene nicht laienerkennbare Fehler, für deren Folgen der Schädiger aufzukommen hat.
  4. Das Mietwagenrisiko greift, wenn eine Vorteilsausgleichsabtretung angeboten und die Zahlung des Gesamtbetrages an den Autovermieter verlangt wird, sofern dem Geschädigten kein Auswahl- und/oder Überwachungsverschulden vorzuwerfen ist.

Zusammenfassung:

Das Amtsgericht Bad Oeynhausen wendet die Rechtsprechung des BGH zum Werkstattrisiko auch auf die Mietwagenkosten an. Geschädigte unterliegen in Bezug auf die vom Schädiger aufgezwungene Kompensierung ihres Ausfallschadens ebenso konkreten Risiken, wie es für die Reparatur oder die Sachverständigen-Beauftragung festgestellt ist. Diese Risiken habe der Schädiger zu tragen. Der Schädiger ist durch das korrekte Vorgehen des Geschädigtenanwaltes in die Lage versetzt worden, eine nach seiner Auffassung entstehende Überzahlung vom Autovermieter zurückzufordern. Damit waren die Rahmenbedingungen für die Anwendung des Mietwagenrisikos hergestellt.

Bedeutung für die Praxis:

Der Versicherer hatte versucht, die Anwendung des subjektbezogenen Schadenbegriffes bzgl. Mietwagenkosten zu verhindern. Er argumentierte, dass ein Geschädigter sehr einfach nach Mietwagenangeboten suchen und Preise vergleichen könne. Insofern sei das nicht vergleichbar mit der Reparatur und dem Sachverständigenwesen und der subjektbezogene Schadenbegriff und die Übertragung von nicht erkennbaren Risiken auf den Schädiger falsch.
Das sah das Gericht anders, denn auch bei der Anmietung eines Fahrzeuges gebe es Risiken für den Mieter, deren Eintreten und Folgen dem Schädiger zugeschrieben werden müssten, genauso wie der BGH das bereits für die Reparatur- und die Gutachten-Frage vorgegeben hat.
Die Begründungen des Gerichtes unterscheiden sicherlich nicht gut genug zwischen laienerkennbaren Fehlern und solchen Kosten-Anteilen, deren Berechtigung der Geschädigte nicht bereits als Laie bewerten kann. Im Ergebnis ist die Auffassung dennoch als richtig anzusehen, weil das Gericht andererseits die bedeutendsten Gründe für die Anwendung des Mietwagenrisikos noch gar nicht erkannt hatte: Die Schwankung von Preisen, die lediglich situations- weil auslastungsabhängige Verfügbarkeit von Minimalpreis-Angeboten, die konkreten und die meisten Geschädigten von einer Miete ausschließenden Mietbedingungen von Anbietern und damit die fehlerhafte Annahme, die Miete eines Ersatzfahrzeuges nach einem Unfall sei gleichzusetzen mit der Miete eines Urlaubsautos o.ä.
Da der Geschädigte die formalen Voraussetzungen für die Anwendung eines Mietwagenrisikos erfüllte (Abtretung des eventuell vorliegenden Vorteils an den gegnerischen Haftpflichtversicherer, Zahlungsverlangen an den Vermieter), wurde der Gesamtbetrag zugesprochen. Der Versicherer kann nun selbst entscheiden, ob er weiterhin der Meinung ist, zu viel bezahlt zu haben, dafür tragfähige Begründungen suchen und seinerseits diesen Betrag außergerichtlich und ggf. gerichtlich vom Vermieter zurückverlangen.

Zitat: „Mietwagenrisiko auch für Mietwagentarif“

„Auf dieser Grundlage müssen alle Schadenspositionen — auch Mietwagenkosten — genauso beurteilt werden wie Werkstatt- und Privatgutachterkosten:
Durch den Verkehrsunfall bringt der Schädiger den Geschädigten in die Situation, Verträge abschließen zu müssen, um die Unfallfolgen zu beseitigen, z. B. mit einer Werkstatt, mit einem Privatgutachter oder mit einem Fahrzeugvermieter. Jeder dieser Verträge birgt für den Geschädigten Risiken. Hierzu gehören vor allem die Risiken, dass der Vertragspartner Preise verlangt, die über dem ortsüblichen Preis liegen, oder dass der Vertragspartner Leistungen abrechnet, die er tatsächlich nicht erbracht hat oder die unnötig waren.
Diese Risiken bestehen bei allen Verträgen, die der Geschädigte zur Beseitigung der Unfallfolgen abschließt, gleichermaßen…“

„Die Beklagte meint, wegen der jahrzehntelangen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu der Frage, unter welchen Voraussetzungen ein Geschädigter den Ersatz von Mietwagenkosten verlangen kann, seien die Mietwagenkosten anders zu beurteilen als die Werkstatt- und Privatgutachterkosten.
Dies ist zwar ein gewichtiges Argument, denn eine gefestigte Rechtsprechung bedeutet Rechtssicherheit. Allerdings wiegt der Grundsatz, dass gleiche Fälle gleich zu behandeln sind, schwerer:
Der Grundgedanke des Gleichheitssatzes, der bis in die Antike zurückverfolgbar ist und zu den gemeineuropäischen Rechtsüberzeugungen zählt, ist einfach und einleuchtend:
Gleiche Sachverhalte dürfen nicht unterschiedlich, unterschiedliche nicht gleich behandelt werden, es sei denn, ein abweichendes Vorgehen wäre sachlich gerechtfertigt. (…) Eine sachliche Rechtfertigung, die Mietwagenkosten anders zu beurteilen als andere Schadenspositionen — insbesondere als Werkstatt- und Privatgutachterkosten — gibt es aber, wie gezeigt, nicht.“

Hinweis:

Das Gericht ließ die Berufung zu, aber der beklagte Versicherer wollte lieber nicht zum Landgericht damit. Daher ist das Urteil nach konkreter Aussage des Gerichtes rechtskräftig.

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