Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 40/25

Amtsgericht Düsseldorf 46 C 247/25 vom 15.08.2025

  1. Zur Beurteilung des erforderlichen Herstellungsaufwandes für Ersatzmobilität ist auf die subjektbezogene Schadenbetrachtung abzustellen.
  2. Die vom BGH entwickelten Grundsätze zum Werkstattrisiko und Sachverständigenrisiko sind auf das Mietwagenrisiko zu übertragen.
  3. Details der Anmietung und deren Bewertung vor dem Hintergrund des Schadenrechts wie Ausstattung, Berechtigung von Nebenleistungen, Fahrzeugklassen usw. sind dem Geschädigten fremd und er kann diese nur bedingt beeinflussen.
  4. Grenzen der Übertragung des Mietwagenrisikos auf den Schädiger sind wie beim Werkstattrisiko und Sachverständigenrisiko das Auswahl- und Überwachungsverschulden, sofern sich der Geschädigte ein solches vorhalten lassen muss.
  5. Da der vereinbarte Preis nicht erkennbar deutlich überhöht war, kann ein Auswahlverschulden nicht festgestellt werden.

Zusammenfassung:

Das Amtsgericht Düsseldorf wendet den subjektbezogenen Schadenbegriff an. Der Grundsatz des Werkstattrisikos wird auf die Mietwagen-Frage übertragen. Das gilt nicht nur für Fragen der richtigen Mietwagenklasse oder Mietwagendauer, sondern auch für die Höhe der Mietwagenkosten, solange dem Geschädigten kein Auswahlverschulden anzulasten ist.

Bedeutung für die Praxis:

Die Frage, ob das Mietwagenrisiko auch die Problematik des Mietwagenpreises, also die Höhe der Kosten betrifft, ist bedeutsam für die künftige Vermietung nach Unfällen. Denn dann lassen sich bundesweit viele Streitigkeiten rund um die Mietwagenkosten leichter klären. Dann geht es nur noch darum, ob die/der Geschädigte offensichtlich einen falschen Vermieter ausgewählt hat, da dessen Leistung oder Preisvorstellung außerhalb des Normalen liegen. Wenn das nicht feststellbar ist, liegen weder Auswahl- noch Überwachungsverschulden des Geschädigten vor und dann hat der Haftpflichtversicherer des Schädigers die Kosten zu erstatten. Er kann sich auf dem Rückweg mit der Abtretung der Überzahlungsansprüche des Geschädigten („Vorteilsausgleichsabtretung“) gegen den Vermieter in der Hand sodann zurückholen, was er nach seiner Auffassung zu viel bezahlt hat.
Im Bereich der Sachverständigen-Leistung gibt es erste Versicherer, die sich solche Überzahlungen zurückholen wollen. Bisher ist ihr Ergebnis mäßig, weil es wohl oft nur ihre ganz eigenen Vorstellungen von den richtigen Preisen sind, die sie von einem niedrigeren Schadenersatzanspruch ausgehen lassen. Zudem haben die Versicherer derzeit noch Schwierigkeiten bei der Formulierung tragfähiger Abtretungen und wird ihnen der Versuch zum Verhängnis, lediglich eine Freistellung zu erklären, anstatt erst einmal an den Sachverständigen zu zahlen.
Bis zur Reaktivierung des schon immer gültigen Prinzips des subjektbezogenen Schadenbegriffs durch den BGH hatten es die Versicherer leichter, Forderungen einfach zu halbieren und den Geschädigten dann – mit Aufwand auf seiner Seite – kommen zu lassen. Es musste wiederkehrend in immer denselben Konstallationen geklagt werden und die Gerichte haben immer wieder wortgleiche Urteile geschrieben. Nun besteht die Hoffnung, dass die Versicherer nur noch dann Rückforderungen auf Basis der Vorteilsausgleichsabtretung geltend machen, wenn diese wirklich berechtigt sind. Solche berechtigten Fälle gibt es, doch eben ist es nicht immer der Fall, sondern eher eine Ausnahme. Die Kräfteverhältnisse im Streit um angemessenen Schadenersatz – so sieht es zumindest derzeit aus – sind damit etwas zurechtgerückt worden.
Wenn die Übertragung des Mietwagenrisikos bundesweit durch die Gerichte akzeptiert wird, dürfte sich das auch auf das außergerichtliche Regulierungsverhalten der Versicherer auswirken. Denn wenn Anwälte der Geschädigten und Gerichte leichter und schneller urteilen können, weil sie sich zum Beispiel nicht mehr so intensiv mit den Schätzgrundlagen befassen und jedem Cent hinterherrechnen müssen, dann wird vielleicht nicht mehr so oft ausgebucht, wenn sich der Versicherer des Schädigers querstellt. Hinzu kommt, dass es dann an den Versicherungen liegt, deren üblicher Weg „kürzen und abwarten“ dann nicht mehr so erfolgreich sein dürfte, sich den weiteren Weg genauer zu überlegen. Wenn die Mietwagenforderung gegen den Haftpflichtversicherer auf dem Hinweg erst einmal leichter durchsetzbar ist und dabei Verfahrenskosten des noch immer erheblich kürzenden Versicherers beim ihm liegen, werden zumindest weniger streitlustige Gesellschaften vielleicht schon außergerichtlich weniger rigoros gegen die Geschädigten eingestellt sein.
Bisher lag der Erfolg der Versicherung im selbstbestimmten Kürzungsbetrag, z.B. von 50 Prozent der Mietwagenrechnung. Daraus wird nun ein etwas aufwendigerer Weg, sich genau zu überlegen, welcher Teil einer als überzogen bewerteten (zunächst bezahlten) Mietwagen-Forderung wirklich überhöht ist und dann diesen per Klage einzufordern.
Das Amtsgericht Düsseldorf sieht wie einige andere Gerichte das Mietwagenrisiko beim Schädiger. Ob die verlangte Schadenersatzforderung auf einem überhöhten Preis beruht, könne – da kein Auswahlverschulden feststellbar ist – dahinstehen, denn die Beklagte habe auf Basis der Abtretung Zug um Zug einen eventuellen Überzahlungsanspruch in der Hand und könne diesen zurückfordern.

 

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