Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 38/25

Amtsgericht Siegburg 107 C 102/24 vom 15.05.2025 (Dtm. mdl. Verh.)

  1. Das Gericht schließt sich der im Vordringen befindlichen Auffassung an, dass eine Anwendung der Fraunhofer-Liste im Rahmen des Mischmodells auch beim weiten Schätzungsermessen der Gerichte  rechtsfehlerhaft wäre.
  2. Für einen angemessenen Schadenersatz ist für den Geschädigten bedeutsam, sein eigenes und das Ersatzfahrzeug in vergleichbare Mietwagenklassen nach Schwacke und nicht nach der Methode ACRISS einzuteilen.
  3. Eine konkrete Klassifizierung nach Schwacke aus einer Interneterhebung ist nicht möglich, was ehebliche Zweifel an der Eignung der Fraunhofer-Liste aufkommen lässt, die die Beklagte nicht ausräumen konnte.
  4. Auf den Grundwert ist ein pauschaler Aufschlag wegen der Erforderlichkeit unfallbedingter Mehrleistungen zuzusprechen.
  5. Kosten erforderlicher Nebenleistungen sind erstattungsfähig.
  6. Der Schadenersatzanspruch ist nicht wegen der Übermittlung eines konkreten abnahmefähigen Direktvermittlungsangebotes an den Geschädigten zu reduzieren.

Zusammenfassung:

Die Preisvorgabe des Haftpflichtversicherers gegen den Geschädigten ging ins Leere, denn es wurde kein konkretes Fahrzeug benannt, das der Geschädigte hätte mit anderen Angeboten vergleich können. Die Schätzung der erforderlichen Kosten erfolgte dann mittels Schwacke und nicht mit dem Mischmodell, da die Werte aus Fraunhofer inzwischen als zweifelhaft angesehen werden. Aufschlag und Nebenkosten kommen hinzu.

Bedeutung für die Praxis:

Der Geschädigte hat nicht gegen seine Pflicht zur Geringhaltung des Schadens verstoßen, als er das Schreiben der Beklagten ignorierend bei der Klägerin angemietet hat. Denn das „Angebot“ war nicht annahmefähig. Es fehlten eine konkrete Angabe zum Fahrzeug und ein eindeutiger Preis.
Die regionalen Gerichte gehen zur Bestimmung der erforderlichen Kosten zurück auf Schwacke, weil die Klägerin inzwischen in vielen Verfahren verdeutlichen konnte, dass es bei Fraunhofer ein seit der ersten Ausgabe 2008 bestehendes massives Problem gibt. Von Anfang an wurden die erhobenen Werte irgendwelchen Schwacke-Mietwagenklassen zugeordnet, ohne dass hierfür der konkrete Fahrzeugpreis bekannt gewesen ist. Da diese Einteilung jedoch auf den Anschaffungswerten von Fahrzeugen beruht, ist jede Eingruppierung zweifelhaft und damit alle Listen seit 2008. Erst seit 2021 das Fraunhofer-Institut in seinem Vorwort Erklärungen dazu abgegeben hat, die die Zweifel noch verstärken, lassen sich Gerichte wie das Amtsgericht Siegburg davon überzeugen, dass die Fraunhofer-Erhebungsmethode zu nicht verwendbaren Ergebnissen führt.

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