Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 31-24

Landgericht Schweinfurt 32 S 15/23 vom 15.07.2024
(Vorinstanz Amtsgericht Schweinfurt 1 C 152/23 vom 26.04.2023)

1. Der Geschädigte hat mit der Miete des Ersatzfahrzeuges nicht gegen seine Pflicht zur Geringhaltung des Schadens verstoßen.
2. Das Schreiben der Beklagten enthielt kein relevantes Mietwagenangebot und damit waren auch die genannten Höchstpreise nicht relevant für den Geschädigten.
3. Der erforderliche Betrag für den Mietwagen bemisst sich daher nach regionalen Marktpreisen, welche mittels der Werten der Schwacke-Liste Automietpreisspiegel geschätzt werden.
4. Ein Abzug für ersparte Eigenkosten ist in Höhe von drei Prozent als angemessen anzusehen.
5. Kosten erforderlicher Nebenleistungen für Haftungsreduzierung und Winterreifen sind vom Versicherer des Unfallgegners ebenso zu erstatten.

Zusammenfassung: Das Landgericht Schweinfurt spricht dem Geschädigten weiteren Schadenersatz nach Anmietung eines Ersatzfahrzeuges zu. Der Geschädigte hat nicht gegen seine Schadenminderungspflicht verstoßen, als er bei einem regionalen Vermieter mietete, da ein Schreiben des Versicherers kein konkretes Mietwagenangebot enthielt. Die Höhe erstattungsfähiger Mietwagenkosten wird mittels Schwacke geschätzt.

Bedeutung für die Praxis: Das Landgericht Schweinfurt weist den Vorwurf des Verstoßes gegen die Schadenminderungspflicht zurück. Das Gericht hat verstanden, dass es nicht nur darauf ankommt, dass sich der Versicherer des Schädigers schnell beim Geschädigten meldet, um diesem einen minimalen Direktvermittlungspreis verbindlich vorgeben zu können. Der Versicherer hatte hier lediglich den Tagespreis mehrerer Mietwagenklassen pauschal vorgegeben, wie er angeblich bei bestimmten mit dem Versicherer kooperierenden Vermietern zu erzielen sei. Das Schreiben enthielt kein konkretes günstigeres Angebot für ein bestimmtes vergleichbares Fahrzeug, welches dem Geschädigten ohne Weiteres zur Verfügung stehen könnte. Der Versicherer hätte ein unkonkretes auf den Fall bezogenes Mietwagenangebot abgeben müssen. Der Geschädigte muss mit dem Angebot in der Hand prüfen können, ob es seinem Schadenersatzanspruch auf Mobilität genügt, um ein vergleichbares Fahrzeug mit den für ihn wichtigen konkreten Merkmalen zu erhalten und es auch mit anderen Angeboten zum Beispiel seiner Werkstatt vergleichen zu können.
Sich selbst zunächst aktiv bei drei Autovermietungen zu erkundigen, was dort denn gerade für Fahrzeuge und zu welchem Preis zu mieten sind, obwohl die ihm genannten Vermieter ihn und seinen Mobilitätsbedarf noch gar nicht kennen, geht über die Anforderungen des § 254 BGB zur Geringhaltung des Schadens hinaus.
Daher kam es im Berufungsverfahren auf den Marktpreis des regionalen Mietwagenmarktes an, der als erforderlicher Schadenersatzbetrag anzusehen ist und der mittels Schwacke-Liste abzüglich Eigenersparnis zu schätzen war.

Zitiervorschlag: “Ohne konkrete Angaben zum Mietwagenangebot kein Verstoß gegen § 254 BGB”: Ein Verstoß des Klägers gegen seine Schadensminderungspflicht liegt nicht vor. (…) Das von der Beklagten an den Kläger mit Schreiben vom 07.11.2022 übersandte Informations­blatt stellt kein günstigeres Angebot eines Mietwagens dar, welches dem Kläger ohne weiteres zugänglich gewesen wäre. (…) … hat das Informationsblatt keinen konkreten Bezug zu dem Fahrzeug des Geschädigten (…) Der Geschädigte erhält daher nicht ein auf ihn zugeschnittenes Angebot, sondern lediglich eine unverbindliche Information zu anderen Angeboten (vgl. LG Bonn, MRW 2020, 29; ebenso LG Koblenz, MRW 2020, 48). Eine besondere Ausstattung oder ein besonderer Fahr­zeugtyp werden (…) ebenfalls nicht berücksichtigt. Für den Geschädigten ist daher nicht erkennbar, welchen konkreten Erstattungsanspruch er aus Sicht des Versicherers hätte, um dies zum Anlass zu nehmen, andere Mietwagenangebote damit zu vergleichen (LG Koblenz, a.a.O.). “
(Landgericht Schweinfurt 32 S 15/23 vom 15.07.2024)

 

 Nach oben