Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 24/25
Amtsgericht Mühldorf am Inn 1 C 295/24 vom 11.03.2025
- Verzögerungen bei der Reparatur, die zu höheren Mietwagenkosten führen und die der Geschädigte nicht vorhersehen oder im Verlauf erkennen und beeinflussen konnte, gehen als Mietwagenrisiko zu Lasten des Schädigers.
- Die außergerichtliche Zahlung der Beklagten, bei der sie sich auf die Fraunhofer-Liste bezieht, ist als Schadenersatz unzureichend.
- Die Höhe erstattungsfähiger Mietwagenkosten wird nach dem Mischmodell der Listen bestimmt.
- Eine Anmietung einen Tag vor der terminierten Reparatur ist in begründeten Fällen nicht zu beanstanden.
Zusammenfassung:
Das Gericht sieht in Bezug auf die Verzögerung der Reparatur und daraus resultierend gestiegener Mietwagenkosten kein Verschulden des Geschädigten. Da der sich auf das Mietwagenrisiko beruft und Zahlung an den Vermieter verlangt sowie eventuelle Überzahlungsansprüche an den Schädiger abgetreten hat, wird der erforderliche Betrag für die gesamte Reparaturdauer zugesprochen.
Bedeutung für die Praxis:
Das Amtsgericht Mühldorf am Inn wendet die BGH-Rechtsprechung zum subjektbezogenen Schadenbegriff an. Die Frage der Verzögerung der Reparatur unterfällt dem Mietwagenrisiko des Schädigers. Denn dem Geschädigten sei es in dem konkreten Fall nicht vorzuhalten, dass er eine Werkstatt auswählte, die wohl aufgrund Überlastung länger brauchte, um die Reparatur zu beenden. Die Gründe der längeren Mietdauer lagen nicht in seinem Einflussbereich. Die Klärung der Hintergründe und ggf. bestehende Ansprüche wegen Reparaturverzögerung hat die Beklagte per Vorteilsausgleichsabtretung erhalten und kann sie selbst gegen den Reparaturbetrieb durchzusetzen versuchen.
Anders könne die Frage des subjektbezogenen Schadenbegriffes zu bewerten sein, wenn der Geschädigte über die erhöhte Auslastung der Werkstatt Kenntnis gehabt hätte oder bei fehlenden Teilen der Versicherer hätte nachweisen könnte, dass er für eine Beschleunigung gesorgt hätte. Sofern sich die Beklagte darauf beruft, ihr sei eine Geringhaltung des Schadens leicht möglich gewesen, wenn sie nur von fehlenden Teilen gewusst hätte, obliegt ihr die Beweislast dafür, dass eigene Maßnahmen zu einem geringeren Schaden geführt hätten.
Die Frage des Mietwagenrisikos wird jedoch lediglich auf den Aspekt der Mietwagendauer angewendet und nicht auf die Höhe der Mietwagenkosten bezogen. Begründet hat es das Gericht nicht. Nach hiesiger Auffassung wäre es in dem Gerichtsverfahren nicht notwendig gewesen, die Höhe der erstattungsfähigen Mietwagenkosten konkret zu schätzen. Das Gericht hätte aufgrund der Vorteilsausgleichsabtretung und nach der sicherlich unproblematisch zu treffenden Feststellung, dass dem Geschädigten kein Auswahl- oder Überwachungsverschulden bzgl. Schadenhöhe aus Mietwagenvertrag und -rechnung anzulasten ist, die Mietwagenkosten einfach durchwinken können. Denn auch in diesem Punkt hätte die Beklagte aufgrund der Abtretung einen Rückforderungsanspruch gegen den Rechnungsaussteller in der Hand gehabt.
Mit dem Einwand, der Geschädigte müsste eine Vollkaskoversicherung für sein beschädigtes Fahrzeug nachweisen, hat sich das Gericht gar nicht erst befasst und den gesamten geforderten Betrag für erstattungsfähig gehalten.