Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 2/25
Amtsgericht Dresden 113 C 355/24 vom 21.06.2024
- Die erforderlichen Kosten für Ersatzmobilität nach einem Unfall richten sich nach dem Normaltarif des regionalen Marktes.
- Die Höhe des angemessenen Schadenersatzbetrages ist anhand der Schwacke-Liste zu schätzen.
- Unangemessen hoch wären solche Forderungen ab einem Betrag weit oberhalb des arithmetischen Mittels des Schwacke-Wertes, dann mit der Folge einer Pflicht für den geschädigten zur Erkundigung nach anderen passenden Mietwagenangeboten.
- Es ist nicht zu beanstanden, dass sich die Klägerin bei klassengleicher Anmietung 10 Prozent Eigenersparnis anrechnen lässt.
- Aufwendungen für erforderliche Nebenleistungen für Haftungsreduzierung und Zustellen sowie Abholen des Ersatzfahrzeuges sind ebenso vom Schädiger bzw. seinem Haftpflichtversicherer zu erstatten.
- Der Vorwurf der zahlungspflichtigen Haftpflichtversicherung gegen den Geschädigten und Mieter, der hätte auf ein angebliches Mietwagenangebot eingehen müssen, wird zurückgewiesen.
Zusammenfassung:
Das Amtsgericht Dresden sieht keinen Verstoß des Geschädigten gegen seine Schadenminderungs-Obliegenheit, nachdem der gegnerische Versicherer ihn angerufen hatte, bevor er einen Ersatzwagen anmietete. Den Marktpreis für Mietwagen zum Anmietzeitpunkt schätzt das Gericht mit den Normaltarifen der Schwacke-Liste. Solange der für den Mietwagen vereinbarte Preis nicht deutlich darüber liege, treffe den Geschädigten auch keine Erkundigungspflicht.
Bedeutung für die Praxis:
Der Versicherer hatte den Geschädigten angerufen, um ihm einen Ersatzwagen zu vermitteln und ihm im späteren Verlauf vorhalten zu können, er hätte sich schadenerhöhend verhalten, wenn er teurer als zum genannten Preis anmieten würde. Doch das Gericht machte das nicht mit, da der Versicherer kein konkretes und annahmefähiges Angebot unterbreitet hatte. Grundsätzlich erscheint es fraglich, ob durch einen Telefonanruf ein nachvollziehbares Angebot unterbreitet werden kann. Einerseits liegen dem Versicherer die dafür nötigen Daten in der Regel nicht vor. Wenn er den Geschädigten in dem Telefonat konkret nach dem beschädigten Fahrzeug befragen sollte und der Geschädigte in der Lage sein sollte, in Kenntnis seiner Rechte konkret fernmündlich zu formulieren, welcher Mobilitätsanspruch ihm zusteht, könnte der Versicherer per sofort lediglich ein leeres Versprechen abgeben: „Wir können alles und das sofort und überall.“ Soll heißen, der Versicherer kann genau das nicht zusagen: „Das benötige Fahrzeug ist am … um … für Preis … pro Tag für Sie zum Einsteigen bereit. Sie müssen nur unten rechts unterschreiben.“ Doch nur dann hätte er ein konkretes Angebot abgegeben. Es bliebe dann noch die Frage offen, wie der Geschädigte im Streit mit dem Versicherer lange nach dem Unfall noch wissen oder gar beweisen sollte, dass eben kein konkretes und annahmefähiges Angebot abgegeben wurde. Ergo: Mietwagenangebot per Telefon sind grundsätzlich ungeeignet und Versicherer können für den Vorwurf der Schadenminderungspflichtverletzung nicht darauf berufen.
Die Abrechnung des Grundpreises zuzüglich Haftungsreduzierung und Zustellen/Abholen lag unterhalb der Normaltarife nach Schwacke und so wurde der Schadenersatzbetrag zugesprochen.