Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 14/25

Amtsgericht Aue-Bad Schlema 1 C 223/24 vom 09.10.2024

  1. Die Höhe erstattungsfähiger Mietwagenkosten kann anhand der Schwacke-Liste bestimmt werden.
  2. Auf die Frage der betriebswirtschaftlichen Notwendigkeit des abgerechneten Tarifes kommt es nicht an.
  3. Dem Geschädigten obliegt keine generelle Pflicht zur Erkundigung nach Alternativen, sondern nur dann, wenn die Höhe des angebotenen Tarifes Zweifel an der Angemessenheit des Tarifes nahelegen.
  4. Ohne eine Erkundigungspflicht ergibt sich mit Blick auf die von der Beklagten vorgelegten günstigeren Internetangebote auch kein Anhaltspunkt für einer Verletzung der Schadenminderungspflicht.
  5. Davon abzuziehen sind 10 Prozent für ersparte Eigenaufwendungen des Geschädigten, da er sein eigenes Fahrzeug nicht nutzte.
  6. Die entstandenen Kosten für angefallene Nebenkosten für Zustellen und Abholen, Haftungsreduzierung, Zusatzfahrer-Erlaubnis sind ebenso vom Schädiger zu erstatten.

Zusammenfassung:

Das Amtsgericht in Aue-Bad Schlema wendet für den Grundpreis und die Nebenkosten die Schwacke-Liste zur Schätzung der Höhe der erstattungsfähigen Mietwagenkosten an. Das Gericht sieht keine generelle Erkundigungspflicht nach alternativen Angeboten und auch im konkreten Fall einer Abrechnung unterhalb des arithmetischen Mittels der Schwacke-Liste eine solche Erkundigungspflicht nicht. Die von der Beklagten vorgelegten Internetangebote sind aus mehreren Gründen nicht mit dem konkreten Fall vergleichbar. Es spiele keine Rolle, ob der Geschädigte persönlich Einblick nehmen kann in die Tabellen der Schwacke-Liste.

Bedeutung für die Praxis:

Im Einklang mit der BGH-Rechtsprechung stellt das Amtsgericht fest, dass die von der Beklagten behauptete Pflicht des Geschädigten zur Marktforschung vor der Anmietung nicht existiert. Dem Geschädigten obliegt lediglich eine Nachfrage nach günstigeren Alternativen, wenn ihm aufgrund seiner eigenen Markterfahrung auffallen muss, dass der Preis des angebotenen Fahrzeuges deutlich zu hoch ist. Weil es diese generelle Erkundigungspflicht nicht gibt, kommen auch nachträglich recherchierte günstigere Beispiele nicht als Argument gegen die Erstattungspflicht des Schädiger in Betracht.
Auch im konkreten Fall – also nicht nur generell – sieht das Gericht keine Pflicht zur Nachfrage. Denn der angebotene Tarif und erst recht der später abgerechnete degressiv gestaltete Preis lagen erheblich unterhalb der Werte des arithmetischen Mittels aus Schwacke.
Das Gericht wendete die Schwacke-Liste 2023 an, auch wenn diese zum Zeitpunkt der Anmietung noch nicht veröffentlicht war. Denn nur sie enthält die zeitnahen Erhebungsergebnisse der Normaltarife des regionalen Marktes. Auf die Zugriffmöglichkeit des Geschädigten auf die Werte der Schwacke-Liste kann es dabei nicht ankommen. Sie dient lediglich als spätere Messlatte für die Beantwortung der Frage der Angemessenheit der Abrechnung und Schadenersatzforderung.

 

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