Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 13/25

- Dem Geschädigten kann kein Vorwurf der Verletzung der Schadenminderungspflicht oder eines Auswahlverschuldens einer falschen Werkstatt gemacht werden. Die verlängerte Mietwagendauer wegen Reparaturverzögerung hat er nicht zu vertreten, denn das Werkstattrisiko und in der Folge das Mietwagenrisiko liegen beim Schädiger.
- Für Geschädigte besteht keine allgemeingültige Pflicht zur Preiserkundigung bei alternativen Anbietern.
- Da dem Geschädigten auch in Bezug auf die Höhe der Mietwagenrechnung kein Auswahlverschulden des Mietwagenanbieters vorzuhalten ist, kann die Detailfrage der Angemessenheit der Höhe der Mietwagenkosten offen bleiben.
- Der Vorwurf der Beklagten geht ins Leere, der Mietwagenpreis für einen Werkstattersatzwagen sei zu hoch gewesen.
- Bei klassengleicher Anmietung ist ein Abzug für ersparte Eigenaufwendungen in Höhe von 10 Prozent vorzunehmen.
Zusammenfassung:
Das Amtsgericht Kerpen sieht kein Auswahl- oder Überwachungsverschulden des Geschädigten in Bezug auf einen Mietwagen, für den ggf. die korrekte Zulassung nicht nachgewiesen wurde und auch nicht für eine längere Mietdauer nach verzögerter Reparatur. Das Werkstattrisiko wird dem Schädiger zugeordnet, der sich aus der Vorteilsausgleichsabtretung an die Werkstatt halten kann. Die Angemessenheit der Höhe der Mietwagenkosten müsse vor dem Hintergrund des Mietwagenrisikos nicht geklärt werden, solange auch hier dem Geschädigten kein Auswahlverschulden anzulasten ist.
Bedeutung für die Praxis:
Der Bundesgerichtshof hat Anfang 2024 eine bedeutende Linie in der Schadenersatzrechtsprechung wiederbelebt. Kurz gesagt lautet sie so: Solange dem Geschädigten nichts vorzuwerfen ist, hat der Versicherer zunächst alles an den Rechnungsaussteller zu bezahlen und eine eventuelle Überzahlung kann er sich von diesem zurückholen.
Diese höchstrichterliche Vorgabe bahnt sich ihren Weg durch die Instanzgerichte. Das begann natürlich bei der Fahrzeugreparatur, findet sich bereits in vielen Urteilen rund um die Höhe der Sachverständigenkosten und Inhalte von Gutachten und kommt inzwischen auch bei der Mietwagenfrage an.
Bereits in mehreren Mietwagenurteilen ging es um die Frage, ob der Geschädigte sich auf das Mietwagenrisiko berufen kann, wenn sich die Mietwagenrückgabe wegen längerer Reparatur verzögerte. Die Gerichte haben den Streit aus dem Verfahren Geschädigter gegen Haftpflichtversicherer herausgehalten, wenn dem Geschädigten kein Auswahl- oder Überwachungsverschulden zuzuschreiben war. Das ist nur in Ausnahmefällen denkbar, wenn offensichtlich die Reparaturdauer ausufert und der Geschädigte sich a) nicht nach den Ursachen erkundigt und b) seine deshalb nicht vorliegenden Erkenntnisse eine Beschleunigung hätten bewirken können.
Das Amtsgericht Kerpen hatte hier nun auch darüber zu entscheiden, ob dem Geschädigten hätte auffallen müssen, dass ihm – wie der Versicherer meint – ein zu teurer Mietwagen angeboten wurde. Dann hätte er das Fahrzeug, Stichwort Auswahlverschulden, dort nicht anmieten dürfen, sondern sich anderweitig umschauen müssen. Diesen Vorwurf hat das Gericht zurückgewiesen und die Mietwagenkosten bei einem geringfügigen Eigenersparnisabzug zugesprochen.
Nach hiesiger Auffassung gehört der Streit um die Höhe der Mietwagenkosten auch unter das gedankliche Dach des Mietwagenrisikos, denn die Frage Auswahl- oder Überwachungsverschulden kann als logische Fortsetzung der Fragen rund um die Erkundigungspflicht gesehen werden. Ob der gegnerische Haftpflichtversicherer mit einer Klage auf Basis der Abtretung – in seinen Augen bestehender Überzahlungsansprüche – gegen den Autovermieter erfolgreich wäre, müsste sich in einem weiteren Verfahren zeigen, welches der Versicherer gegen den Vermieter führen könnte. Der Vermieter hat zunächst den kompletten Betrag erhalten und wird nach diesem neuen Modell der Rechtsprechung für einen Teil des Betrages abwarten müssen, ob da was kommt.
Geschädigte könnten mithilfe ihrer Anwälte in Zukunft die Mietwagenprozesse häufiger selbst führen. Denn mit der neuen BGH-Linie dürfte das für den Anwalt des Geschädigten viel einfacher als früher sein. Er muss lediglich dem Versicherer die Vorteilsausgleichsabtretung zukommen lassen und dazu vortragen, dass der Geschädigte nichts falsch gemacht hat. Keinem Geschädigten dürfte ernsthaft vorwerfbar sein, einen Preis im Rahmen Mischmodell akzeptiert zu haben. Man kann sich auch auf den Standpunkt stellen „Mischmodell Fracke + 20 Prozent unfallbedingter Aufschlag oder gar Schwacke“, weil eine BGH-anerkannte Schätzgrundlage.
Für Autovermieter, die sodann den Gesamtbetrag vom Versicherer erhalten, obwohl es keine Auseinandersetzung mit der Frage Schwacke – Fracke – Fraunhofer gegeben hat, gilt, dass sie von einem solchen Gesamtbetrag eine Reserve zur Seite legen sollten. Über die Zeit könnten einige solche Vorgänge vorkommen und damit eine gewisse Summe dafür anzusetzen sein.