Das OLG Düsseldorf hat nachgeladen: Pro Fraunhofer bedeutet halber Nutzungsausfall

Das OLG Düsseldorf hat in einem weiteren Verfahren entschieden, dass nur die Fraunhoferliste als Schätzgrundlage in Frage komme. Weder die Anwendung der Schwackeliste (der BGH hatte die Anwendung dieser Liste ausdrücklich bestätigt) noch die Bildung eines rechnerischen Mittelwertes sind aus Sicht des Berufungsgerichtes angemessen.

Wie schon im ersten Urteil vom 24.03.2015 scheint anstatt des konkreten Rechtsbegehrens des Klägers nur das Ziel im Vordergrund zu stehen, bei der Frage der Erstattungsfähigkeit von Mietwagenkosten nach einem Unfall im Gerichtsbezirk des OLG Düsseldorf ausschließlich die Fraunhoferliste durchzusetzen. Denn es fehlt eine sachliche und ausführliche Begründung, warum weder Schwackeliste noch ein Mittelwert aus beiden Listen anwendbar seien. Zu diesem Eindruck gelangt man bereits auf den Seiten 5 und 6 des Urteils (III, 1.; III, 2. und III, 3.). Das Gericht verweist dort zunächst korrekt auf den BGH und dessen Vorgabe, nur dann den Bedenken gegen eine der Listen (Schwacke oder Fraunhofer) nachzugehen, wenn deutlich günstigere oder ungünstigere Angebote anderer Anbieter für den konkreten Zeitraum und den Ort der Anmietung aufgezeigt werden.

Diese Frage nach dem Vorliegen konkreten Sachvortrages hat das Landgericht Düsseldorf, das Gericht des ersten Rechtszuges, noch eindeutig mit "nein" beantwortet und ausführlich begründet (siehe dazu: http://openjur.de/u/694002.html). Das OLG Düsseldorf hingegen hat sich in der Berufung damit nicht weiter befasst, sondern zur Begründung seiner anderslautenden Auffassung und der Anwendung der Fraunhoferliste zunächst nur auf sein erstes in Bezug auf Fraunhofer gleichlautendes Urteil vom 24.03.2015 verwiesen und damit wohl gemeint, die Sache sei für immer entschieden. So findet sich auf Seite 6 oben dann auch die Formulierung: „...kann die in Streit stehende Frage, ob die Beklagte durch Vorlage von Vergleichsangeboten die Eignung der Schwackeliste als Schätzgrundlage im konkreten Fall erschüttert hat, dahinstehen.“

Wie bitte? Warum sollte das dahinstehen können, wenn der BGH genau das zur Bedingung gemacht hat, die Eignung einer Schätzgrundlage als überprüfungswürdig anzusehen? Hieraus ziehe ich ganz eindeutig den Schluss, dass es dem Gericht nicht um die Begründung der Entscheidung dieses Einzelfalles ging, sondern um das Abweisen einer Klage aus Prinzip nach dem Motto „Wir machen hier Fraunhofer, damit das im OLG-Bezirk (und darüber hinaus?) klar ist“.

An einer anderen Stelle wird die mangelnde Kompetenz des Gerichtes anhand der fehlerhaften Beantwortung einer einfachen Fachfrage deutlich. Das Fahrzeug eines Geschädigten im Fall Nr. 5, ein Maserati Quattroporte, wird durch das OLG mit der Mietwagengruppe 10 bestimmt. Die Parteien waren hierzu unterschiedlicher Auffassung. Das Gericht hat sich im Sinne des Versicherers für die Gruppe 10 entschieden. Dem Gericht hätte ein einfacher Blick in das Standardwerk zur Mietwagengruppierung genügt, um der Auffassung des Autovermieters zu folgen, dass das Fahrzeug in die Gruppe 11 einzugruppieren ist. Denn dort ist das ganz einfach nachzuschlagen (z.B. Ausgabe 1/14 der SchwackeListe-Automietwagenklassen, Seite 225).
Es handelt sich hier um einen äußerst peinlichen Fall der Offenbarung von richterlicher Ignoranz und Selbstgefälligkeit, einfach etwas laienhaft festzulegen, anstatt es zu prüfen und einen Fehler zuungunsten einer der Parteien zu vermeiden. Das hohe OLG will den „unteren“ Instanzgerichten Vorgaben in Mietwagensachen machen und ist noch nicht einmal in der Lage, die Mietwagengruppe eines Fahrzeuges korrekt zu bestimmen. Dabei handelt es sich zwar nicht um die entscheidende Frage in einem Mietwagenstreit. Bedeutung hat dieser Fauxpas aber dahingehend, dass er die mangelnde Kompetenz oder den Unwillen des Gerichtes aufzeigt, sich mit Mietwagensachen angemessen auseinanderzusetzen. Richter an Land- und Amtsgerichten haben häufiger solche Fälle zu beleuchten und sind mit diesen Dingen vielleicht besser vertraut (nur um hier eine gutwillige Interpretation anzubieten).

Damit verbunden hat das Gericht durch seine Festlegung der Gruppe 10 nebenbei ein im anderen Fall bestehendes gravierendes Problem gelöst. Nämlich die Frage der Konsistenz der Fraunhofer-Mietwagengruppen. In Fraunhofer gibt es gar keine Gruppe 11, solche Fahrzeuge sind dort gar nicht erfasst. Ein Schelm, wer noch Böseres bei dieser Peinlichkeit denkt. Da Richter eines OLG-Senates sicherlich alles andere als dumm sind, könnte man schlussfolgern, dass sie damit strategisch der Frage aus dem Weg gegangen sein könnten, wie man in einem solchen Fall der Mietwagengruppe 11 die Fraunhoferliste anwenden will. Das wäre dann nicht nur peinlich, sondern Rechtsbeugung und strafbar.

Letztlich spricht das Gericht hier ersatzfähige Mietwagenkosten im Rahmen der Nutzungsausfallwerte zu, teilweise weit darunterliegend. So bekäme der Geschädigte im Fall 5 genau 3.500 Euro Nutzungsausfallentschädigung. Vom OLG Düsseldorf werden nur 1.819,- Euro reine Mietwagenkosten inkl. Kaskoversicherung zugesprochen. Wir liegen damit also inzwischen bei der Halbierung des Nutzungsausfalls.

Warum ist die Fraunhofer-Anwendung konkret zu kritisieren:

Auch wenn wir keine weitreichende Dokumentation der Preise des bundesweiten Mietwagenmarktes zur Verfügung haben - außer, dass wir die Werte der Schwackeliste für realistisch für den Gesamtmarkt  halten - können wir auch für 2012 aufzeigen, dass Mietwagen selbst bei einer Buchung im Internet, Einhaltung der Vorbuchungsfrist, Einsatz einer Kreditkarte, Vorfinanzierung und Kaution usw. deutlich teurer angeboten wurden oder gar nicht verfügbar gewesen sind. So hier nur ein Beispiel, bezogen auf den Fall 8. Hier mietete der Geschädigte ein Fahrzeug der Gruppe 7 für 18 Tage an und es wurden reine Mietwagenkosten von ca. 1.576 Euro (netto; 1.876 brutto) in Rechnung gestellt. Das OLG hält nur 900 Euro (netto) für gerechtfertigt, wie sich auf Seite 12 des Urteils ergibt.

Dagegen kostete am 27.08.2012 ein Fahrzeug der Gruppe 7 im Zentrum von Düsseldorf pro Woche ca. 830 Euro (netto) bei einem der von Fraunhofer berücksichtigten Internetanbieter, als Internetpreis zu den oben beschriebenen Bedingungen. Das ergäbe nach der Berechnungsmethode des OLG Düsseldorf trotz Internetbedingungen inkl. Winterreifen, Zustellen und 20% Aufschlag wegen Anmietung nach einem Unfall 2.837 Euro. Das OLG gibt dem Kläger mit Verweis auf Fraunhofer aber nur 1.350 Euro, also weniger als die Hälfte. Noch größer ist der Unterschied, wenn man die Nebenkosten weglässt und nur den Grundtarif vergleicht: 900 Euro (OLG) zu 2.130 Euro (vorliegendes Beispiel-Internetangebot).

Dass das keine Ausnahme ist, zeigen andere Beispiele aus anderen Wochen (z.B. am 22.02.2012 702 Euro für eine Woche für dieselbe Mietwagengruppe, auch in Düsseldorf) und anderen Regionen. Der Wert in der Fraunhoferliste lautete in 2012  344,74 Euro.

Da bliebe noch der Nachweis, dass auch in 2012 Internetanbieter nicht immer liefern konnten. Das ist einfach manchmal so, je nach Auslastungssituation und Vorbuchungsfrist.

Beispiele:

Hertz KW 36-2012 in Düsseldorf oder eine Woche später an einer anderen Station Hertz KW 37-12 in Düsseldorf

oder kw40-12 europcar-kein angebot

Mehr braucht zur Einordnung des Urteils eigentlich nicht gesagt werden.

Ergänzend sei auf einen älteren Beitrag verwiesen, der sich mit einem Aufsatz eines Richters des Landgericht Saarbrücken befasst, der am OLG Düsseldorf wohl Spuren hinterlassen hat.
http://www.bav.de/vermietung-nach-unfall/allgemeines/2138-aufsatz-freymann-vogelgesang-in-zfs-10-14.html

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