Gründe für zu niedrige Werte bei Fraunhofer

Auch wenn die genaue Methode Fraunhofer bisher weitgehend unbekannt geblieben ist (wer kann es genau erklären, ich kenne niemanden, der das je getan hätte), ein paar Gründe liegen auf der Hand, mit denen sich die extrem niedrigen Internetpreise erklären lassen.

1. Mietwagenklassen

Da wäre zunächst die Frage nach den Fahrzeugklassen. Das Grundproblem ist hier die Unmöglichkeit der Zuordnung in Schwacke-Mietwagenklassen. Fraunhofer gibt die Anzahl der Nennungen für einen veröffentlichten Durchschnittswert einer Klasse an (eigentlich bilden sie Durchschnitte und dann nochmal den Durchschnitt, aber das soll jetzt nicht das Thema sein). An den Nennungen erkennt man, dass Fahrzeuge weit hoch in höhere Klassen geschoben werden. Damit sinkt der Durchschnitt in niedrigeren Klassen.

2. Mehrere weitere Kriterien für einen niedrigen Preis

Das sind die Vorbuchungsfrist, die Mehrfachnennungen, die Unklarheiten darüber, ob alle Werte in die Erhebung aufgenommen werden oder hier ausgewählt wird, die fehlenden Nebenkosten, die wenigen Anbieter, Unklarheiten bzgl. der konkreten Anmietzeiträume usw. Das ist alles mehrfach gesagt und geschrieben.

3. Besondere „Extras“

Hier und heute soll auf die Preispolitik der „Extras“ hingewiesen werden.

Beispiel eines Preisangebotes in Mannheim am 13.08.2025

Darin sind folgende Buchungsdetails berücksichtigt:

  • Grundpreis für eine Woche kleinstes Fahrzeug 458,96 Euro brutto
  • Versicherungsschutz für Scheibe, Glas und Reifen 49,40 Euro brutto
  • Innenraumschutz 35,13 Euro brutto
  • Auslandsfahrt 37,77 Euro brutto
  • Jungfahrer-Gebühr 113,68 Euro brutto
  • Aufhebung KM-Begrenzung 87,25 Euro brutto.

Die unteren fünf Positionen sind als „Sonder-Extras“ anzusehen, die nicht zu vergleichen sind mit Zusatzleistungen, die Selbstzahler und Unfallgeschädigte üblicherweise mit dem Autovermieter vereinbaren, Beispiel Kasko/Haftungsreduzierung oder Zweitfahrer-Erlaubnis.

Diese Sonder-Extras sind jedoch – wenn sie vom Anbieter als besondere Bedingungen gelistet sind – relevant für eine Preiserhebung des Normaltarifes und für eine Preisabfrage eines Internetpreises unbedingt zu berücksichtigen.

Im Einzelnen:

Versicherungsschutz für Scheibe, Glas und Reifen

Mietet der Geschädigte ein nahezu neues Ersatzfahrzeug an, ist ihm das vom Schädiger durch das Unfallereignis aufgezwungen worden. Geht bei der Miete etwas schief, sodass die Scheibe, anderes Glas oder Reifen beschädigt werden, muss er den Schaden beim Vermieter ggf. ersetzen. Hierfür bietet der Internetvermieter eine separate Versicherung an, weil es nicht im Umfang der Haftungsreduzierung enthalten sein muss. Diese Leistung kann der Geschädigte in Anspruch nehmen, weil ihm dieses Risiko im Umgang mit dem Mietwagen nicht zuzumuten ist. Bei der Nutzung des eigenen Fahrzeuges hätte er die Möglichkeit gehabt, Schäden, die nicht die Verkehrssicherheit betreffen, einfach zu ignorieren, dem Vermieter muss er sie bezahlen. Um das Internetangebot vergleichbar mit dem Schadenersatzanspruch und den Werten aus der Schwacke-Liste zu machen, ist der Betrag in einen Internet-Grundtarif einzubeziehen.

Innenraumschutz

Dasselbe lässt sich für den „Innenraumschutz“ sagen. Auch hier ist daher ein Internetpreis nur inklusive dieses „Sonder-Extra“ zu diskutieren.

Auslandsfahrt

Für das Fahrzeug des Geschädigten, das durch den Unfall außer Funktion gesetzt ist, ist es undenkbar, dass der Geschädigte damit nicht ins Ausland fahren darf. Beschließt er das, kann er damit in der nächsten Minute über eine Grenze fahren. Nicht so bei einem gemieteten Auto. Will man Preise miteinander vergleichen, funktioniert das nicht, wenn man Äpfel und Birnen hernimmt. Die Leistung, das Produkt muss vergleichbar sein. Und daher gehört auch dieses „Sonder-Extra“ einbezogen, bevor ein Internetpreis bestimmt wird.

Jungfahrer-Gebühr

Jeder Autofahrer kommt als Geschädigter infrage, auch der Fahranfänger (Fahrerlaubnis erst vor kurzem erhalten) oder der vom Alter her noch junge Fahrer. Der Internet-Autovermieter lässt sich (verständlicher Weise) das höhere Risiko bezahlen, die Werte von Schwacke enthalten den Preis für ein solches Risiko nicht.
Die Rechtsprechung, die den korrekten Schadenersatzbetrag sucht, wird auch dieses „Sonder-Extra“ als Teil des Internetpreises berücksichtigen müssen, um einen Vergleichswert zur Hand zu haben, mit dem eine Entscheidung möglich ist, welche Listen angewendet werden können oder welche Erhebungsergebnisse überhaupt realistisch sind. Tut sie das nicht, beginnt die Rosinenpickerei, gilt Schadenrecht nur noch für den Durchschnitts-Geschädigten mit Eigenschaften, die nicht jeder Geschädigte mitbringt (womit wir sehr schnell bei einer Diskussion wären, die wir hier jetzt nicht führen wollen: Vorfinanzierung, Kaution, Kreditkarte).

Aufhebung KM-Begrenzung

Der Geschädigte kann mit einem eigenen Auto entscheiden, so viele Kilometer in einer Woche zu fahren, wie es ihm gerade beliebt. Und so muss es auch für einen Mietwagen gelten. Eine nachträgliche Diskussion, ob sein Kilometerverbrauch überhaupt über eine Begrenzung hinausging, verbietet sich ex ante. Auch zur (annähernden) Vergleichbarkeit mit Schwacke-Werten ist es zwingend notwendig, diese Position einzubeziehen.

So wird aus einem Grundpreis von ca. 450 Euro ein Gesamtpreis von ca. 780 Euro, ohne dass überhaupt die üblichen Nebenleistungen wie

  • Winterreifen,
  • Zustellen,
  • Abholen,
  • Zweitfahrer,
  • Anhängezugvorrichtung,
  • Navigation und
  • Reduzierung der Selbstbeteiligung

berücksichtigt sind.

Lässt man all das oben als „Sonder-Extra“ Benannte weg, ergibt sich kein Preis, der den Selbstzahler nach einem Unfall so mobil hält, wie er es vor dem Unfall mit seinem eigenen Auto gewesen ist.

Und zur Abrundung hier der Preis für dieses Angebot inklusive Nebenkosten, also Haftungsreduzierung auf Null Euro, Zweitfahrer usw. Es ergibt sich ein Gesamtpreis für eine Woche Mietwagenklasse 04 (kleinste verfügbare Klasse) von 1.290,94 Euro brutto pro Woche (bei Preis-minimierender Vorkasse, Kaution, …).

Und so werden in Zeiten sehr niedriger Internetpreise aus dem Grundpreis ohne Sonder-Extras und ohne Nebenkosten bei 264 Euro pro Woche 925 Euro pro Woche für dasselbe Auto am selben Ort zur selben Zeit, hier am 13.08.25 in Augsburg, siehe beide Werte oben rechts. Das ist nahezu das 4-fache.

 

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