Die Innenraumveränderung beim Mietwagen
NUR FÜR MITGLIEDER
von Rechtsanwältin Nicole Vater, Regensburg
Bringt der Mieter oder ein Dritter das Mietfahrzeug zurück und wird ein verschmutzter oder sogar beschädigter Innenraum des Fahrzeugs bemerkt, stellt sich die Frage, wie damit umzugehen ist. Hätte das Fahrzeug gereinigt werden müssen? Wer haftet? Und für was wird Ersatz geschuldet?
Mietvertragliche Reinigungspflicht
Ist in den Vermietbedingungen, wie meist, keine Regelung über eine Innenraumreinigung getroffen worden, kommt zunächst das allgemeine Mietvertragsrecht über Sachen nach dem BGB zur Anwendung. § 546 BGB, der die Rückgabe der Mietsache regelt, trifft selbst keine Aussage darüber, welchen Zustand die Mietsache hierbei haben muss. Wird daher ein Fahrzeug mit verschmutztem oder beschädigtem Innenraum zurückgegeben, ist die Rückgabeverpflichtung dennoch erfüllt. Jedoch können Schadensersatzansprüche folgen.
Da den Mieter während der Mietzeit Obhutspflichten treffen, hat er die Mietsache auch in einem dementsprechenden Zustand zurückzugeben.1 Eine Endreinigung ist bei der Raummiete durchaus geläufig, beim Mietfahrzeug hingegen ist eine Reinigung in der Praxis eher selten der Fall. Deshalb wird eine Verpflichtung hierzu teilweise nach der Verkehrssitte verneint.2 Sicherheit verschafft letztendlich eine klarstellende Klausel in den jeweiligen Vermietbedingungen.
Möchte der Vermieter wegen der Verschmutzung des Innenraums nicht den Mieter in Anspruch nehmen, sondern den hierfür eigentlich verantwortlichen Dritten (zumeist wohl einen nicht mit dem Mieter identischen Nutzer), können die dargestellten Grundsätze aus dem Mietvertrag nicht vollumfänglich übertragen werden.3
Der Mietvertrag kann zwar zu Gunsten des Dritten Schutzwirkungen entfalten,4 nachteilige Regelungen dürfen andererseits auf ihn nicht übertragen werden. Ansonsten wäre diesbezüglich ein unwirksamer Vertrag zu Lasten eines Dritten geschlossen worden. Der Dritte hat sich nicht vertraglich zur Reinigung verpflichtet. Dennoch ist er nicht völlig außen vor, wie im Nachfolgenden aufgezeigt wird.
Sonstige Haftung bei Veränderungen des Innenraums
Zu klären bleibt, wer und in welchem Umfang darüber hinaus haftet.
Grundsätzlich hat der Mieter für die Rückgabe des Fahrzeugs den Zustand wiederherzustellen, den das Fahrzeug bei der Übergabe hatte.5 Davon ist bei der vorliegenden Gebrauchsüberlassung auf Zeit notwendigerweise eine Ausnahme zu machen: Veränderungen und Verschlechterungen der Mietsache infolge des vertragsmäßigen Gebrauchs, mithin Abnutzungen, sind nach § 538 BGB nicht zu vertreten.
Was indes unter vertragsgemäßen Gebrauch fällt, kann streitig werden. In den meisten Vermietbedingungen verpflichtet sich der Mieter zu einem schonenden Umgang mit dem Fahrzeug. Doch auch dieser Begriff ist dehnbar und je nach Fahrzeugart unterschiedlich zu beurteilen.
Sowohl der Mieter als auch der Dritte haften prinzipiell nach dem Deliktsrecht für eine unerlaubte Handlung gemäß § 823 BGB. Allerdings wirken die mietvertraglichen Regelungen hierauf ein.6 Schutzvorschriften des Mietvertrags gelten auch zu Gunsten eines Dritten, der bestimmungsgemäß mit dem Mietfahrzeug in Berührung kam. Somit ist klar, dass Abnutzungen durch den vertragsgemäßen Gebrauch, für den schon mietvertraglich keine Haftung besteht, auch hier nicht zu einem Schadensersatzanspruch führen können.
Nach § 823 Abs. 1 BGB ist derjenige, der vorsätzlich oder fährlässig das Eigentum des Vermieters am Fahrzeug widerrechtlich verletzt, für den Ersatz des hieraus entstehenden Schadens verantwortlich.
Eine Eigentumsverletzung liegt bei einer Substanzverletzung, wozu die Zerstörung und die Beschädigung zählen, vor.7 Geschützt wird das Interesse des Eigentümers an der körperlichen Unversehrtheit der Sache. Eine Zerstörung, welche eine völlige Aufhebung der Gebrauchsfähigkeit bezeichnet, wird selten vorliegen. Relevant ist in der Praxis vielmehr die Beschädigung der Sachsubstanz. Darüber hinaus wird eine Verletzung des Eigentums auch bei einer erheblichen Verunreinigung ohne Substanzverletzung angenommen, wenn die Beseitigung beträchtliche Kosten mit sich bringt.8 Bei extremen Verschmutzungen kann also ein deliktischer Anspruch gegeben sein. Doch liegt das am Ende in der Wertung durch das Gericht.
Weiter haftet der Mieter oder der Dritte bei einer Schutzgesetzverletzung nach den Vorgaben des § 823 Abs. 2 S. 1 BGB. Die Sachbeschädigung nach § 303 Abs. 1 oder Abs. 2 StGB stellt ein Schutzgesetz im Sinne dieser Vorschrift dar, da sie neben dem Schutz der Allgemeinheit auch dem Schutz des Einzelnen dient.
Voraussetzung für eine Sachbeschädigung nach § 303 Abs. 1 StGB ist eine vorsätzliche Zerstörung oder Beschädigung einer fremden Sachen. Wie bei § 823 Abs. 1 BGB bezeichnet eine Beschädigung eine Einwirkung auf die Sachsubstanz, die die Brauchbarkeit nachhaltig beeinträchtigt.9 Bei Veränderungen des Erscheinungsbildes bspw. durch ausgelaufene Farbe oder Klebstoff, welche anschließend nur durch einen Eingriff in die Substanz entfernt werden, wird letztendlich auch hier eine Substanzbeeinträchtigung bejaht.10 Hingegen führt ein nur verdreckter Innenraum ohne Substanzeinwirkung und leichter Entfernbarkeit ebenso zu keiner Beschädigung in Sinne dieser Vorschrift.11
Der Tatbestand kann nur vorsätzlich erfüllt werden, Fahrlässigkeit genügt nicht. Ausreichend ist bedingter Vorsatz. D.h. die Eigentumsverletzung muss zumindest billigend in Kauf genommen worden sein.
§ 303 Abs. 2 StGB stellt die vorsätzliche, unbefugte, nicht nur unerhebliche und vorübergehende Veränderung des Erscheinungsbildes einer fremden Sache unter Strafe. Der wesentliche Unterschied zu § 303 Abs. 1 StGB besteht darin, dass gerade die Fälle einer Verunstaltung oder Verdreckung, welche nicht den Grad der Substanzverletzung erreichen, erfasst werden.12
Die vorsätzliche Veränderung muss erheblich sein. Sofern der ursprüngliche Zustand nicht wieder hergestellt werden kann oder die Herstellung nicht mit minimalem Zeit-, Arbeits- oder Kostenaufwand möglich ist, kann die Erheblichkeit bejaht werden.13 Vergeht die Veränderung von selbst wieder oder kann sie eben ohne Aufwand binnen kurzer Zeit entfernt werden, ist sie lediglich vorübergehend.14 Verschmutzungen des Mietfahrzeugs, die leicht entfernt werden können, etwa durch Abwischen oder durch Wegsaugen, erfüllen somit den Tatbestand nicht.
Demzufolge besteht gegenüber einem Dritten weder mietvertraglich noch deliktisch ein Anspruch auf Schadensersatz für eine kurze, einfache Innenraumreinigung.
Abschließend empfiehlt es sich, bei der Geltendmachung dieses Schadensersatzanspruchs den Umfang der Veränderungen und der Reinigungs- oder Beseitigungsmaßnahmen genau darzulegen (und vor der Reinigung zu dokumentieren!), um den gesetzlichen und prozessualen Anforderungen zu genügen.
1) Vgl. Staudinger – Emmerich, 2014, § 546, Rn. 23; Schmidt-Futterer – Streyl, 2015, § 546, Rn. 49.
2) Vgl. Schmidt-Futterer – Streyl, 2015, § 546, Rn. 49.
3) Vgl. AG Bensheim vom 12.05.2016, 6 C 207/16 (16).
4) Vgl. LG Regensburg vom 15.10.2013, 1 O 167/13 (1).
5) Vgl. Staudinger – Emmerich, 2014, § 546, Rn. 21; Palandt – Weidenkaff, 2016, § 546, Rn. 5.
6) Vgl. Palandt – Sprau, 2016, Einf v § 823, Rn. 5.
7) Vgl. Palandt – Sprau, 2016, § 823, Rn. 7; Prütting-Wegen-Weinreich – Schaub, 2016, § 823, Rn. 37.
8) Vgl. BGH, DB 1964, 65; MüKo – Spindler, 2012, § 823, Rn. 42.
9) Vgl BGH vom 12.02.1998, 4 StR 428/97; OLG Dresden vom 27.05.2004, 1 Ss 48/04.
10) Vgl. OLG Dresden vom 27.05.2004, 1 Ss 48/04.
11) Vgl. MüKo – Wiek-Noodt, 2014, § 303, Rn. 44.
12) Vgl. Fischer, 2016 § 303, Rn. 17.
13) Vgl. MüKo- Wiek-Noodt, 2014, § 303, Rn. 57.
14) Vgl. OLG Jena vom 27.04.2007, 1 Ss 337/06.
aus: MRW 3-2016, Seite 47 f.