Rechtszeitschrift MRW

Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 19-23

Amtsgericht Fürstenfeldbruck 1 C 191/23 vom 21.04.2023

1. Die erstattungsfähigen Mietwagenkosten nach Unfall können anhand der Schwacke-Liste geschätzt werden.
2. Der Verweis der Beklagten auf die niedrigeren Werte der Fraunhofer-Liste stellen keinen konkreten Sachvortrag dar.
3. Die Werte der Schwacke-Liste enthalten den Normaltarif und nicht wie behauptet einen Unfallersatztarif.
4. Auch wenn das beschädigte Fahrzeug neun Jahre alt ist, ist dafür ein Abzug vom Schadenersatzanspruch des Geschädigten nicht gerechtfertigt.
5. Auch ein Abzug für Eigenersparnis wäre unbillig, da hier bereits ein klassenkleineres Fahrzeug angemietet wurde.

Zusammenfassung: Das Amtsgericht Fürstenfeldbruck bestätigt seine Mietwagenrechtsprechung und wendet die Schwacke-Liste an. Der Vortrag der Beklagten, die auf die Werte der Fraunhofer-Liste hinwies, wurde zurückgewiesen. Die Schwacke-Werte seien ein Blick auf den Normaltarif des Mietwagenmarktes und der BGH habe die Anwendbarkeit der Schwacke-Werte explizit bestätigt. Es kämen auch keine Abzüge für Eigenersparnis oder für die Tatsache infrage, dass das Fahrzeug des Geschädigten neun Jahre alt gewesen ist, als es zum Unfall kam.

Bedeutung für die Praxis: Örtliche Gerichte im Bezirk des OLG München schauen immer wieder eher zum BGH nach Karlsruhe als zum OLG in der Landeshauptstadt. Der BGH hat die Anwendbarkeit der Schwacke-Liste gebilligt und auch konkret die Methode der Datenerhebung der Firma Schwacke bestätigt. Das war hier die Grundlage, um der beklagten Haftpflichtversicherung zu attestieren, dass es kein konkreter Sachvortrag sein kann, lediglich auf die Alternative Fraunhofer zu verweisen. Der Versicherer empfand die zu erstattenden Mietwagenkosten auch deshalb als zu hoch, weil der Geschädigte für sein neun Jahre altes Fahrzeug während dessen Ausfalles ein nahezu neuwertiges Fahrzeug anmietete. Das Gericht lehnte einen darauf basierenden Abzug mit der Begründung ab, dass dem Geschädigten nichts anderes übrig blieb, da neun Jahre alte Fahrzeuge üblicherweise nicht als Ersatzwagen zu haben sind und ihm diese Miete vom Schädiger aufgezwungen wurde.

Hinweis: Über die Rechtskraft des Urteils ist nichts bekannt.

 

Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 29-23

Amtsgericht Schleiden 9 C 13/22 vom 10.07.2023

1. Die Vorwürfe der Beklagten gegen den Geschädigten, er habe durch die Missachtung einer ihm angebotenen günstigen Anmietmöglichkeit gegen seine Schadenminderungsobliegenheit verstoßen, wird zurückgewiesen.
2. Die Behauptung der Beklagten dazu, dass dem Geschädigten überhaupt ein Mietwagenangebot unterbreitet wurde, erweist sich (mal wieder) als vollkommen aus der Luft gegriffen.
3. Erforderliche Kosten der Ersatzmobilität werden nach dem Mittelwert der Listen Fracke plus unfallbedingtem Aufschlag in Höhe von 20 Prozent bestimmt.
4. Kosten von erforderlichen Zusatzleistungen für Haftungsreduzierung, Zustellen/Abholen und wintertaugliche Bereifung sind ebenso vom Schädiger bzw. seinem Haftpflichtversicherer zu erstatten.

Zusammenfassung: Der Streit vor dem Amtsgericht Schleiden um die Frage, ob dem Geschädigten ein günstigeres Mietwagenangebot unterbreitet wurde, ergibt, dass sich die Beklagte das Direktvermittlungsangebot entweder ausgedacht hat oder sie das zumindest trotz einer von der Schadenregulierungsabteilung gefertigten einseitigen Gesprächsnotiz nicht beweisen kann. Denn der Geschädigte verneinte eindeutig, ein solches Angebot überhaupt erhalten zu haben. Sodann entscheidet das Gericht nach Mischmodell plus Aufschlag und Nebenkosten.

Bedeutung für die Praxis: Der Streit um die Frage der Verletzung der Schadenminderungspflicht nimmt zu. Gibt es wie hier den frühen Kontakt der Schädigerversicherung mit dem ahnungslosen Geschädigten, erhält dieser meist aber kein konkretes Ersatzwagenangebot und ist daher an den genannten Preis nicht gebunden. 
Hier jedoch hat es das behauptete Mietwagenangebot nicht gegeben. Über einen ähnlichen Fall von Märchenerzählerei hatten wir bereits mit einem Newsletter in 2022 aufmerksam gemacht.
https://www.bav.de/vermietung-nach-unfall/allgemeines/3651-mietwagenrechtswissen-mrw-aktuell-9-22.html
Wer auch einen solchen Fall kennt, macht sich hier sehr beliebt, wenn er diesen an uns weitergibt.
Das einseitig gefertigte Gesprächsprotokoll offenbart außerdem, dass - wenn das Gespräch denn stattgefunden hätte - der Geschädigte eine viel zu niedrige Mietwagenklasse erhalten hätte, denn diese ist im Protokoll als "4" festgehalten. Der Anspruch bestand jedoch für ein Fahrzeug der Gruppe 07, gemietet wurde klassenkleiner die Gruppe 06. Auch hier hat der Versicherer also versucht, den Geschädigten über den Tisch zu ziehen und seinen bestehenden Schadenersatzanspruch unrechtmäßig zu beschneiden.
Und so liegt letztlich der von der Beklagten zu erstattende Betrag drei Mal höher als das, was sie zuvor freiwillig bezahlt hatte.

 

 

 

Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 18-23

Amtsgericht Bonn 115 C 221/22 vom 15.12.2022

1. Die Schätzung der Höhe der erforderlichen Mietwagenkosten erfolgt anhand der Schwacke-Werte, da in den Fraunhofer-Tabellen für die betreffende Mietwagenklasse keine Werte enthalten sind.
2. Das Gericht muss daher nicht darüber entscheiden, ob die Fraunhofer-Liste grundsätzlich noch im Rahmen der Fracke-Mittelwertbildung herangezogen werden kann.
3. Aufgrund besonderer unfallbedingter Leistungen ist ein Aufschlag auf den Grundpreis in Höhe von 20 Prozent zu erstatten.
4. Kosten erbrachter Nebenleistungen sind schadenrechtlich ebenso erstattungsfähig, soweit diese erforderlich gewesen sind.
5. Da klassenkleinere Fahrzeuge angemietet wurden, entfällt der Abzug für ersparte Eigenaufwendungen des Geschädigten.

Zusammenfassung: Das Amtsgericht Bonn beurteilte die erstattungsfähige Höhe der Mietwagenkosten nach einem Unfall bisher anhand der Fracke-Werte. Ob das auch zukünftig so bleibt, wurde offen gelassen. Im konkreten Fall jedoch wurde nach Schwacke geschätzt, da die Fraunhofer-Liste keine Werte enthielt. Darüber hinaus werden der unfallbedingte Aufschlag und die Nebenkosten zugesprochen, ebenso die Kosten der außergerichtlichen anwaltlichen Tätigkeit.

Bedeutung für die Praxis: An einigen Gerichten wird intensiv um die Frage gestritten, ob die FRACKE-Linie der Obergerichte noch angewendet werden kann. Denn die Kläger bezweifeln mittels des BAV-Gutachtens zu Fraunhofer-Liste und anderer neuer Argumente deren weitere Verwendbarkeit im Rahmen der Fracke-Werte. Die Kläger nehmen für sich in Anspruch, mit dem BAV-Gutachten die BGH-Vorgaben zu erfüllen, konkreten auf den Fall bezogenen Sachvortrag zu halten, der sich auch maßgeblich auf den Fall auswirkt. Das Amtsgericht Bonn hat diese generelle Frage in hier in einem Fall offen gelassen, weil sich zwangsweise bereits durch das Fehlen der konkreten Werte der Mietwagenklasse in der Fraunhofer-Liste ergibt, dass ein Fracke-Wert nicht berechnet werden kann.

 

Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 17-23

Landgericht Berlin 50 O 113/22 vom 14.04.2023

1. Das Gericht bestätigt die Auffassung der Klägerin, dass die zu erstattenden Mietwagenkosten anhand der Werte der Schwacke-Liste zu schätzen sind. Der marktübliche Normaltarif ist als Mindestbetrag anzusehen.
2. Für die Verwerfung einer Liste komme es darauf an, ob behauptete Mängel mit konkreten Tatsachen unterlegt sind, die sich erheblich auf den Fall auswirken.
3. Ein Verweis auf Fraunhofer ist kein konkreter Sachvortrag, da dortige Werte nicht mit den konkreten Angeboten der Klägerin vergleichbar sind. 
4. Dass den Geschädigten günstigere Angebote zur Verfügung standen, die sie nur nicht wahrgenommen hätten, hat die Beklagte lediglich behauptet
(Internet-Screenshots), aber nicht bewiesen.
5. Die Kosten der erforderlichen Nebenleistungen für Haftungsreduzierung, Winterreifen, Navigation, Zusatzfahrer und Zustellen/Abholen sind von der Beklagten zu erstatten.
6. Ein Abzug für ersparte Eigenkosten entfällt bei klassenkleinerer Anmietung.
7. Die aus abgetretenem Recht erhobenen Ansprüche sind nicht durch Zahlung erfüllt, wenn die Beklagte anstatt an den Forderungsinhaber an den Geschädigten zahlt.

Zusammenfassung: Das Landgericht Berlin schätzt die erforderlichen Mietwagenkosten nach Unfall anhand der Schwacke-Liste. Die Anwendung der Fraunhofer-Liste und die Bildung des Mittelwertes Fracke werden abgelehnt. Die Auffassungen der Beklagten zu Beweislastregeln, zur Erkundigungspflicht und zur Auffassung des Kammergerichts zur Anwendung von Fracke werden durch das Gericht zurückgewiesen. Der Anspruch auf Erstattung von Nebenkosten wird bestätigt, ebenso für außergerichtliche Anwaltskosten.

Bedeutung für die Praxis: Hervorzuheben sind einige vom Gericht genannte grundlegende Prinzipien des Schadenrechts, die hier und da in Vergessenheit zu geraten drohen. Wenn die Beklagte behauptet, dass alles viel zu teuer sei und auf aktuelle Internet-Screenshots verweist, hat sie die Beweislast dafür, dass die Geschädigten, die zu marktüblichen Preisen angemietet haben, gegen ihre Schadenminderungs-Obliegenheit verstoßen haben. Das geht weit über das bloße Vorlegen von Screenshots hinaus. Auch die Korrektur der Auffassung der Beklagten zur angeblichen Erkundigungspflicht des Geschädigten ist bedeutsam. Wenn die Geschädigten lediglich Kosten im Rahmen der Marktpreise verursachen, obliegt ihnen keine solche Nachfragepflicht nach günstigeren Angeboten und auch nicht die Darlegungs- und Beweislast, dass es nicht auch günstigere Angebote gegeben habe.
Das Gericht korrigiert die Auffassung der Beklagten, dass die Rechtsprechung des Kammergerichts eine Schätzung anhand der Fracke-Werte gebiete. Lediglich hat das Kammergericht eine Anwendung des Mischmodells nicht verworfen.
Die Werte der Fraunhofer-Erhebung sieht das Landgericht Berlin nicht als vergleichbar mit der konkreten Vermietung an. Denn die konkrete Leistung, die der Vermieter erbringt, entspricht nicht den Angeboten, die Fraunhofer berücksichtigt. Die dortigen Details erscheinen dem Gericht unklar.
Lediglich wenn die Geschädigten einen Preis oberhalb der Erforderlichkeit eines Normaltarifs beanspruchen (BGH: einen weit überhöhten Tarif), haben sie für eine Erstattung dieses höheren Preises nachzuweisen, dass sie sich nach günstigeren Anmietmöglichkeiten erkundigt haben.

Hinweis: Ob das Urteil rechtskräftig ist, ist nicht bekannt.

 

Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 16-23

Oberlandesgericht Oldenburg 9 U 52/22 vom 27.03.2023
(Vorinstanz Landgericht Osnabrück 5 O 2529/21 vom 08.07.2022)

1. Entgegen der Auffassung der Vorinstanz ist ein unterschlagenes Fahrzeug an den Kläger herauszugeben, da kein gutgläubiger Erwerb durch den Beklagten gegeben ist.
2. Die Zuständigkeit des deutschen Gerichtes und die Beurteilung nach deutschem Recht ergibt sich aus der Wohnsitzstellung des Beklagten in Deutschland und der Kaufabwicklung in Deutschland.
3. Der Beklagte, der sich darauf beruft, das Fahrzeug gutgläubig erworben zu haben, handelte nach Beurteilung der konkreten Umstände grob fahrlässig, denn dass für die in Spanien lebende Verkäuferin der Verkauf in Deutschland vermittelt werde, bedürfe beim Privatverkauf der Überprüfung durch den Käufer.
4. Auch, wenn für den gutgläubigen Erwerber keine allgemeine Nachforschungspflicht besteht, obliegt dem Käufer eine Pflicht zur Nachfrage, wenn der bei einem Privatverkauf auftretende Verkäufer nicht mit der Person in der Zulassungsbescheinigung übereinstimmt.

Zusammenfassung: Das Oberlandesgericht Oldenburg korrigiert eine erstinstanzliche Entscheidung zur Frage des gutgläubigen Erwerbs eines ehemaligen Mietfahrzeuges. Der Käufer muss Fahrzeug und Schlüssel an den Kläger zurückgeben. Denn im Verlauf seines Kaufes des Fahrzeuges hätte er Anlass für Rückfragen zu nicht übereinstimmenden Personen und Namen gehabt. Da er dies unterließ, handelte er auch im Anbetracht weiterer Zweifel hervorrufender Umstände des Vorgangs grob fahrlässig und kaufte nicht im guten Glauben.

Bedeutung für die Praxis: Die Entscheidung betrifft ein erhebliches Risiko der Vermietung von Fahrzeugen, mit dem Autovermieter täglich umgehen müssen. Wird ein Fahrzeug gestohlen oder unterschlagen, wird es oft in Verkaufsportalen angeboten und fällt beim Versuch der Zulassung zur Nutzung im öffentlichen Straßenverkehr auf, dass es zur Fahndung ausgeschrieben ist.
Der Käufer kann es nicht bei der Zulassungsstelle ummelden. Sodann beruft er sich auf den gutgläubigen Erwerb und fordert vom ehemaligen Eigentümer Originalpapiere und Schlüssel. Die Rechtslage zum gutgläubigen Erwerb macht es dem ursprünglichen Eigentümer sehr schwer. Doch lohnt es sich immer wieder, alles gegen den angeblich im guten Glauben handelnden Käufer zu unternehmen. Denn der Käufer ist oft von einer Kaufgelegenheit so geblendet, dass er normale Überprüfungspflichten von Namen, Unterlagen, Schlüsseln, Fahrgestellnummer vernachlässigt sowie ihn die Umstände der Besichtigung, Straßenverkauf und Inzahlungnahme auf der Straße usw. ohne die gebotene Vorsicht hinnimmt. So auch hier. Die in den gefälschten Zulassungsbescheinigungen eingetragene Person im Ausland war nicht die Verkäufer. Die Verkäufer gaben sich als Vermittler aus. Zur in den Unterlagen eingetragenen Person hatte der Käufer keinen Kontakt. 
Laut Vorinstanz habe der Käufer das Fahrzeug jedoch gutgläubig erworben, da ihm nicht positiv bekannt gewesen sei, dass der Veräußerer nicht der Eigentümer war und grobe Fahrlässigkeit nicht festgestellt werden könne. Das hat das Berufungsgericht korrigiert. 
Ergänzend ist allerdings zu berücksichtigen: Beim Kauf vom Autohändler ist es der Normalfall und bedarf keiner Rückfragen, dass der Verkäufer und der Vorbesitzer nicht identisch sind. 

 

 

Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 15-23

Landgericht Stuttgart 5 S 67/22 vom 09.03.2023 (Datum mündliche Verhandlung)
(Vorinstanz Amtsgericht Stuttgart-Bad Cannstatt 10 C 2188/21 vom 31.03.2022)

1. Die Anwendung der Schwacke-Liste zur Schätzung erforderlicher Mietwagenkosten durch das Erstgericht wird bestätigt.
2. Einwendungen der Beklagten mittels Verweises auf die Fraunhofer-Liste sind kein konkreter Sachvortrag, der geeignet wäre, von der Schwacke-Liste abzurücken.
3. Die von der Beklagten aufgezeigten Internetbeispiele sind zur Erschütterung der Schätzgrundlage schon deshalb ungeeignet, weil sie aus einem anderen Anmietzeitraum stammen.
4. Gegen die Berücksichtigung der im Fall vorgelegten Internetangebote spricht zudem, dass sie mit der tatsächlichen Anmietung nicht vergleichbar sind, da sie kein offenes Mietende enthalten.
5. Die Kosten erforderlicher Nebenleistungen für Winterreifen sind erstattungsfähig.
6. Ist das beschädigte Fahrzeug vollkaskoversichert, ergibt sich schon dadurch eine Zahlungspflicht des Schädigers für die Kosten einer erweiterten Haftungsreduzierung.

Zusammenfassung: Das Landgericht Stuttgart bestätigt seine Linie zur Schätzung erstattungsfähiger Ersatzwagen-Kosten. Es wird die Schwacke-Liste angewendet. Der Beklagtenvortrag mittels Fraunhofer und Internet-Beispielen ist zu unkonkret. Nebenkosten kommen hinzu.

Bedeutung für die Praxis: Das Urteil aus Stuttgart lässt eine Verärgerung der Berufungskammer erkennen. Wenn - wie in diesem Fall - ein Versicherer zum x-ten Mal mit den immer gleichen Argumenten ein Berufungsverfahren durchlaufen will und dabei Prozesskosten verursacht, kann die Kammer das nicht nachvollziehen.
In Bezug auf die Internetangebote, auf die sich die Berufung stützt, macht das Gericht deutlich, dass diese kein konkreter maßgeblicher Vortrag sein können. Denn dort ist immer ein End-Datum vorgegeben. Die Klägerin hat mit offenem Miet-Ende vermietet. Daher sind die Internetbeispiele nicht mit dem konkreten Fall vergleichbar.

 

Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 14-23

Landgericht Leipzig 9 O 948/20 vom 06.02.2023

1. Die von der Klägerin erstellte Vergleichsberechnung der erhobenen Schadenersatzforderung mit den Werten der Schwacke-Liste ist nicht zu beanstanden.
2. Von der Beklagten aufgezeigten Internetangebote sind kein konkreter Sachvortrag, sind zeitlich unpassend und vor allem inhaltlich nicht vergleichbar mit dem konkreten Mobilitätsbedarf des Geschädigten.
3. Die Kosten für die erforderlichen Nebenleistungen, hier einer erweiterten Haftungsreduzierung, sind vom Schädiger zu erstatten.
4. Auch die Gebühren vorgerichtlicher Anwaltseinschaltung sind schadenrechtlich als erstattungsfähige Kosten anzusehen.

Zusammenfassung: Das Landgericht Leipzig verurteilt die Beklagte zur vollständigen Zahlung der aufgewendeten Mietwagenkosten. Die Erstattungsfähigkeit wird anhand der Schwacke-Werte beurteilt, ebenso die Nebenkosten. Ein Abzug wegen ersparter Eigenaufwendungen muss im konkreten Fall nicht erfolgen.

Bedeutung für die Praxis: Das Landgericht Leipzig schätzt Mietwagenkosten mittels Schwacke und lässt die Werte der Internetbeispiele nicht gelten, auf die die Beklagte mit dem Argument der Verletzung der Schadenminderungspflicht verweist. Die Beispiele sind nicht relevant, weil sie aus anderen Zeiträumen stammen und weil die dort erkennbaren konkreten Inhalte und Bedingungen der Vermietung nicht mit der konkret erbrachten Leistung vergleichbar sind. Der Versicherungsschutz sei ein anderer und die notwendige Zahlung per Vorkasse sei ein Grund, eine mangelnde Vergleichbarkeit festzustellen.
Und doch gibt es drei Aspekte der Urteilsbegründung zu monieren.
Den Grund der Erstattungspflicht der Kosten einer Haftungsreduzierung sieht das Gericht in Abhängigkeit von der Versicherung des Geschädigtenfahrzeuges. Das ist eine Sondermeinung und nicht von der BGH-Rechtsprechung gedeckt. Der BGH gesteht dem Geschädigten auch dann die Kosten einer Haftungsreduzierung auf 0 Euro zu, wenn sein eigenes Fahrzeug nicht vollkaskoversichert ist. Denn er trägt mit dem Mietfahrzeug immer ein höheres Kostenrisiko.
Des Weiteren wird zwar die Auffassung der Klägerin bestätigt, dass ein Eigenersparnis-Abzug nicht zu erfolgen hat. Das jedoch mit der Begründung, dass die Kosten insgesamt unterhalb der Schätzgrundlage liegen. Das hat nichts miteinander zu tun, ist lediglich Ergebnis korrekt, weil im konkreten Fall klassenniedriger vermietet wurde.
Und zu guter Letzt formuliert das Gericht , dass der Geschädigte "den günstigsten Mietpreis" ersetzt verlangen kann, das mit Einschränkungen wie "innerhalb eines gewissen Rahmens" usw. Dabei zitiert es den BGH, konkret das Urteil zum Az. VI ZR 563/15. Liest man das Urteil, steht da ein anderer Begriff, Zitat: "Der Geschädigte ist hierbei nach dem aus dem Grundsatz der Erforderlichkeit hergeleiteten Wirtschaftlichkeitsgebot gehalten, im Rahmen des ihm Zumutbaren von mehreren möglichen Wegen den wirtschaftlicheren Weg der Schadensbehebung zu wählen. Das bedeutet, dass er von mehreren auf dem örtlich relevanten Markt - nicht nur für Unfallgeschädigte - erhältlichen Tarifen für die Anmietung eines vergleichbaren Ersatzfahrzeugs (...) grundsätzlich nur den günstigeren Mietpreis als zur Herstellung objektiv erforderlich ersetzt verlangen kann..." Es geht dabei um das Detail, ob es lediglich der günstigste am Markt verfügbare Preis sein darf, den der Geschädigte verlangen kann. Ein günstigerer Preis ist etwas anderes, z.B. ein Mittelwert, mit dem entsprechend § 287 ZPO geschätzt wird, was das Gericht ja auch macht. Versicherer formulieren gern die Anforderung vom "günstigsten" Preis, Gerichte übernehmen das immer wieder falsch.

Es ist nicht bekannt, ob das Urteil rechtskräftig geworden ist.

 

Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 13-23

Amtsgericht Köln 268 C 77/22 vom 21.02.2023 (Datum der mündlichen Verhandlung)

1. Die Beklagten blieb beweisfällig für ihre Behauptung, den Geschädigten rechtzeitig konkrete und annahmefähige Mietwagenangebote unterbreitet zu haben, die als vergleichbar zum Ersatzanspruch der Geschädigten anzusehen sind.
2. Die Schätzung der erforderlichen Mietwagenkosten für Ersatzmobilität nach einem Unfall kann anhand des Mischmodells der Listen von Schwacke und Fraunhofer erfolgen.
3. Die Einwendungen der Klägerin gegen die Verwendbarkeit der Fraunhofer-Werte im Rahmen des Mischmodells führen nicht zur Aufgabe der Mittelwertrechtsprechung.
4. Kosten für Nebenleistungen, die nach den Grundsätzen des Schadenrechts erforderlich sind, sind zu erstatten und nach den Werten der Schwacke-Liste zu messen.
5. Außergerichtlich entstandene Rechtsanwaltskosten sind ebenso als Teil der Schadenersatzforderungen erstattungsfähig.

Zusammenfassung: Das Amtsgericht Köln schätzt weiter mit dem Mischmodell der Listen zuzüglich angefallener Nebenkosten. In Bezug auf die in zwei Fällen erfolgten Preisvorgaben sieht das Gericht keine annahmefähigen Angebote und damit auch keinen Verstoß gegen die Schadenminderungsobliegenheit nach § 254 Abs. 2 BGB.

Bedeutung für die Praxis: Soweit die Beklagte mehrere der Geschädigten angerufen hat, um ihnen Preisvorgaben zu machen, sind diese für die Geschädigten aus Sicht des Gerichte nicht bindend. Dass die angeblichen Mietwagenangebote dem Anspruch der Geschädigten entsprachen, hat die Beklagte nicht hinreichend substantiiert dargelegt. Das anzumietende Fahrzeug war dem Geschädigten gegenüber auch nicht konkret benannt. Das Gericht stellt daher fest, dass kein Verstoß gegen die Schadenminderungsobliegenheit darin besteht, dass die Geschädigten bei der Klägerin zu Marktpreisen anstatt zu minimalen Direktvermittlungspreisen angemietet haben.
Das Gericht schätzte weiterhin mit dem Mischmodell. Es ließ sich auch mit neuem, erheblichem und vor allem konkretem Sachvortrag gegen die Werte der Fraunhofer-Liste nicht von seiner Mittelwert-Linie abbringen. Die Linie scheint so eingefahren, dass Richter nicht einsehen, dass ein konkreter Sachvortrag auch zu einer Änderungen der Rechtsprechung führen kann. Der Kläger hatte sehr genau die Fehler der Fraunhofer-Methode zum Beispiel bei der Eingruppierung von Fahrzeugen dargestellt. Auch die Auswirkungen der unsinnigen Herangehensweise der Fraunhofer-Gesellschaft wurden mit einem Gutachten bzgl. Internetpreisen plausibilisiert. Das Gutachten nahm das Gericht zur Kenntnis, sah zu wenige Informationen zur Gutachten-Methodik. Die Methodik ist jedoch ausführlich in 13 Punkten beschrieben. Zudem sind alle verwendeten Werte der Berechnungen des Gutachtens als Anlage zum Gutachten beigefügt, sodass es keiner weiteren Erklärungen bedarf. An den im Gutachten getroffenen Aussagen, dass die Fraunhofer-Werte im Vergleich zur Realität nur halb so hoch sind, kommt das Gericht eigentlich nicht vorbei. In dem Fall war die Klägerische Forderung allerdings trotz Anwendung des Mischmodells erfüllt, sodass eine Berufung zur Klärung der Anwendbarkeit der Fraunhofer-Liste nicht möglich ist.

Es ist nicht bekannt, ob das Urteil rechtskräftig ist.

 

Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 12-23

Landgericht Landshut 12 S 1359/21 vom 08.09.2021 (Hinweisbeschluss) 
(Vorinstanz Amtsgericht Eggenfelden 1 C 671/20 vom 12.04.2021)

1. Die Schätzung der Höhe erstattungsfähiger Mietwagenkosten des Erstgerichts mittels Schwacke-Liste wird bestätigt.
2. Lediglich allgemein gehaltenen Angriffen gegen die Anwendung der Schätzgrundlage hat das Gericht nicht nachzugehen.
3. Die vom Amtsgericht vorgenommene Reduzierung des Schätzbetrages um 10 Prozent, die wegen der fehlenden Zulassung des vermieteten Fahrzeuges als Vermietfahrzeug für Selbstfahrer vorgenommen wurde, wird nicht aufrechterhalten.
4. Die üblichen Preise für Werkstattersatzwagen sind andere als die Preise des Mietwagenmarktes gewerblich und gewinnorientiert tätiger Autovermieter.
5. Das Gericht sieht sich außer Stande, den Marktpreis für Werkstattersatzwagen ohne Einholung eines Sachverständigenbeweises zu schätzen.

Zusammenfassung: Das Landgericht Landshut bestätigt die grundsätzliche Anwendung der Schätzgrundlage Schwacke durch das Erstgericht. Allerdings verwirft die Kammer einen 10%igen Abzug wegen Nicht-Zulassung des Ersatzfahrzeuges als Selbstfahrervermietfahrzeug. Einen pauschale Vorgehensweise eines prozentualen Abzuges vom Normaltarif der Schätzliste für Selbstfahrer-Preise sind das Gericht nicht als von § 287 ZPO gedeckt an. Das Gericht sieht jedoch einen Preisunterschied und kündigt die Beauftragung eines Sachverständigengutachtens zur Ermittlung des Marktpreises für Werkstattersatzwagen an.

Bedeutung für die Praxis: Es wird her wird lediglich ein Hinweisbeschluss diskutiert. Der Ausgang des Verfahrens ist leider nicht bekannt. Möglicherweise haben sich die Parteien (eine gelbe Versicherung in München und ein Reparaturbetrieb, der seine vermieteten Fahrzeuge wohl nicht als Selbstfahrervermietfahrzeug zugelassen hat(te)) nach diesem Hinweis geeinigt.
Interessant ist, dass das Gericht davon ausgeht, dass bei einer nicht korrekten Zulassung des vermieteten Fahrzeuges als Selbstfahrervermietfahrzeug die üblichen Listen zur Schätzung erstattungsfähiger Mietwagenkosten nicht angewendet werden können, auch nicht per Abschlag vom Schätzwert des Normaltarifes. Statt dessen sucht das Gericht die Frage zu klären, wie hoch der übliche regionale und vermutet viel niedrigere Preis für die Vermietung von Werkstattersatzwagen ist. Das Vorgehen anderer Gerichte mit prozentualen Abzügen von üblichen Schätzgrundlagen lehnt das Gericht ab, weil es sich hier um einen anderen Markt handele (von § 287 ZPO nicht mehr gedeckt).
Der Hintergrund ist die verordnungsrechtliche Verpflichtung zur korrekten Zulassung vor der ersten gewerbsmäßigen Vermietung eines Fahrzeuges. Natürlich hat das schadenrechtlich eigentlich keine Relevanz und ist das Urteil daher insoweit nicht korrekt. Ähnlich wie beim Werkstattrisiko müsste sich der Versicherer vom Geschädigten einen Rückforderungsanspruch abtreten lassen... also zumindest bei Klage des Geschädigten selbst, bei Abtretung sieht das neuerdings etwas anders aus, BGH VI ZR 147/21). Denn der Geschädigte weiß von diesen Differenzierungen nichts.
Aber immer mehr Gerichte sehen die Praxis von Reparaturbetrieben kritisch, Fahrzeuge nach Unfällen zu vermieten und dann die üblichen Preise des Mietwagenmarktes zu verlangen. Versicherer tragen hier zwar nach hiesiger Auffassung falsch vor, doch ist auch die Vermietung falsch zugelassener Fahrzeuge nicht korrekt. Reparaturbetriebe, die solche Fahrzeuge vermieten, müssen zunehmend damit rechnen, dass Gerichte ihnen lediglich einen Bruchteil der üblichen Schadenersatzbeträge zusprechen und Gerichtsverfahren aufgrund der Einschaltung eines Sachverständigen erheblich teurer werden, letztlich nichts übrig bleibt. Das ist auch das Kalkül der Haftpflichtversicherer. Wer die Fahrzeuge korrekt zulässt, wird üblicherweise auch den Normaltarif nach Schätzliste zuzüglich Nebenkosten und - wenn richtig vorgetragen wird und die Gerichte die BGH-Linie verstanden haben - auch einen unfallbedingten Aufschlag zugesprochen bekommen. Abschließend soll der Hinweis nicht fehlen, dass die Vermietung "unter falscher Flagge" abgemahnt und eine Unterlassung gefordert werden kann, was einerseits eine teure Angelegenheit und andererseits ein Risiko für die Erlaubnis der Zulassungsstelle zur Verwendung von Roten Kennzeichen ist.

 

Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 11-23

Amtsgericht Berlin-Mitte 105 C 127/21 V vom 06.03.2023

1. Die Klägerin ist aktivlegitimiert, die Wirksamkeit der Abtretungsvereinbarung zur Mietwagen-Forderung wurde von der Beklagten im Verlauf des Verfahrens nicht mehr weiter bestritten.
2. Die Geschädigte muss sich keinen Verstoß gegen ihre Pflichten zur Geringhaltung des Schadens vorwerfen lassen.
3. Die Schätzung der Höhe der erforderlichen Kosten zur Wiederherstellung der Mobilität erfolgt anhand des Mischmodells Fracke.
4. Kosten erforderlicher Nebenleistungen für Haftungsreduzierung, Zustellen/Abholen und Ausstattung mit Navigationsgerät werden zugesprochen.

Zusammenfassung: Das Amtsgericht Berlin-Mitte weist die Auffassung der Beklagten zurück, ein Anruf einer Sachbearbeiterin bei der Geschädigten habe für die Geschädigte die Verpflichtung ausgelöst, ein Vermittlungsangebot anzunehmen oder jedenfalls nicht teurer als telefonisch genannt anzumieten. Die Schätzung der erforderlichen Kosten erfolgt anhand des Mittelwertes aus den Listen zuzüglich Nebenkosten aus der Schwacke-Tabelle.

Bedeutung für die Praxis: Das Gericht stellt klar, dass sich die Geschädigte hier nicht auf ein etwaiges günstigeres Angebot der Beklagten verweisen lassen musste. Die Beklagte blieb beweisfällig. Sie legte lediglich einen Aktenvermerk vor, aus dem sich ein Telefonat mit der Geschädigten ergeben sollte, in welchem ihr ein günstigeres Angebot unterbreitet worden sein soll. Das Gericht sah diesen Aktenvermerk nicht als Urkunde an. Und ein solcher Vermerk wäre selbst als Urkunde lediglich ein Nachweis für die Existenz der Eintragungen im System des Versicherers gewesen, jedoch kein Beweis für den Kontakt mit der Geschädigten und den Inhalt des Gespräches. Zudem sei grundsätzlich zweifelhaft, ob telefonisch übermittelte rudimentäre Informationen als hinreichend konkretes und verwertbares Vermittlungsangebot im Sinne des § 254 BGB gewertet werden könnten.

Hinweis:
Es ist nicht bekannt, ob das Urteil bereits rechtskräftig geworden ist.

 

Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 9-23

Landgericht Hannover 19 O 77/22 vom 19.01.2023

1. Die Einwendungen der Beklagten gegen die Aktivlegitimation der aus abgetretenem Recht vorgehenden Klägerin sind zurückzuweisen.
2. Das verwendete Abtretungsformular ergibt keinen Verstoß gegen das Rechtsdienstleistung-Gesetz, die Abtretung ist wirksam aufgrund ihrer Bestimmbarkeit, es liegt auch kein Verstoß gegen das Transparenzgebot vor und der Vertragspartner wird auch nicht unangemessen benachteiligt.
3. Die Schätzung der erforderlichen Mietwagenkosten kann anhand des Mischmodells der Listen von Schwacke und Fraunhofer erfolgen.
4. Die Kosten erforderlicher Nebenleistungen sind entsprechend der Nebenkostentabelle der Schwacke-Liste von der Beklagten zu erstatten.
5. Für ersparte Eigenaufwendungen ist ein Abzug in Höhe von 5 Prozent vorzunehmen.

Zusammenfassung: Das Landgericht Hannover entscheidet erstinstanzlich, dass der Klägerin die eingeforderten restlichen Schadenersatzbeträge bzgl. Mietwagenkosten vollständig zuzusprechen sind. Es bestätigt ausführlich die Gültigkeit der verwendeten Abtretung und schätzt die Höhe der erforderlichen Kosten mittels Fracke zuzüglich Nebenkosten und zieht 5 Prozent für Eigenersparnis ab.

Bedeutung für die Praxis: Das Urteil ist vor allem wegen der Ausführungen zur Frage der Aktivlegitimation bedeutend. Denn eine andere Kammer des Landgerichts hatte eine gegenteilige Auffassung und die Aktivlegitimation mit falschen Argumenten verneint, die Revision zum BGH trotz Antrag der Klägerseite verwehrt. Mit diesem Fehlurteil reist ein Versicherer von Gericht zu Gericht. Es geht dabei vor allem um die Fragen, (a) ob im Abtretungsformular eine Rückabtretung der Schadenersatzforderung für den eventuell eintretenden Fall immer bereits enthalten sein muss, dass die/der Geschädigte ihren/seinen Mietzins ganz oder teilweise selbst bezahlt und (b), wie das dann in Bezug auf den Zeitpunkt der Rückabtretung transparent zu formulieren ist.
Versicherer nutzen für eine aktuelle Kampagne zwei BGH-Urteile zur Abtretung von Sachverständigenkosten. Der BGH hatte die Aktivlegitimation eines Inkassobüros verneint. Bereits zum Zeitpunkt der Beauftragung wurde schriftlich festgehalten, dass der die Dienstleistung erbringende Sachverständige die Schadenersatzforderung an ein Inkassobüro weiter abtreten würde. Laut BGH habe das zur Folge, dass im Fall der Zahlung der Gutachterkosten durch den Geschädigten, dieser die Schadenersatzforderung nicht zurückerhalten könne. Insofern war das Konstrukt nicht nur fehlerhaft, sondern benachteiligte den Geschädigten / Auftraggeber unangemessen.
Das Landgericht hat in dem hier in Bezug auf die Vermietung eines Ersatzfahrzeuges zu entscheidenden Fall erkannt, dass der verwendeten Abtretung eine völlig andere Sachlage zugrunde liegt. Die Schadenersatzforderung wurde nicht - wie allerdings in den beiden BGH-Fällen - weiterabgetreten. Die konkrete Formulierung der Abtretung stellt keinen Verstoß gegen das Rechtsdienstleistungsgesetz RDG dar, weil sich aus § 5 RDG eine Erlaubnis zur Rechtsdienstleistung als Nebenleistung zur Hauptleistung Autovermietung ergibt (solange nur über die Höhe der Kosten gestritten wird). Die Abtretungsvereinbarung ist auch nicht deshalb unwirksam, weil die Höhe der Forderung zu unbestimmt ist. Denn es wurde nur die "Schadenersatzforderung" abgetreten, deren Höhe ex post bestimmbar ist. Und die Abtretungsvereinbarung ist auch kein Verstoß gegen § 307 BGB, da der/dem Geschädigten transparent verdeutlicht ist, unter welchen Umständen sie/er trotz Abtretungsvereinbarung den Mietzins selbst zu zahlen hätte.

Ob die Entscheidung rechtkräftig ist, ist nicht bekannt.

 

Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 8-23

Oberlandesgericht Frankfurt/Main 7 U 158/22, Beschluss vom 15.02.2023
(Vorinstanz Landgericht Wiesbaden 1 O 62/22)

1. Der Senat bestätigt seine Rechtsprechung zur Anwendung des Mischmodells bezüglich erstattungsfähiger Mietwagenkosten nach Unfall.
2. Die Beklagte wird abermals in ihrer Auffassung zur Prüfungsreihenfolge (Zugänglichkeit vor Erforderlichkeit) korrigiert, bei welcher sie die Vorgaben des BGH falsch interpretiert.
3. Wird lediglich ein Schadneersatzanspruch im Rahmen der üblichen Marktpreise erhoben, muss der Geschädigte nicht darlegen, warum er nicht günstiger gemietet hat.
4. Die Beklagte hat keine konkreten, erheblichen und fallbezogenen Tatsachen vorgetragen, die das Gericht zu einer konkreter Prüfung der Erhebungsmethode einer Liste verpflichten würden.
5. Insbesondere reicht dazu die pauschale Ablehnung einer Liste mit dem Hinweis auf eine andere Schätzgrundlage nicht aus.
6. Angefallene marktübliche Kosten für die Ausstattung mit Winterreifen sind von der Beklagten ebenso zu ersetzen.

Zusammenfassung: Das Oberlandesgericht bestätigt per Beschluss nach § 522 BGB nochmals die inzwischen gefestigte Rechtsprechung des Vorgerichtes Landgericht Wiesbaden zur Schätzung der Mietwagenkosten mittels Fracke-Liste. Der Beklagten wird ihre falsche Rechtsauffassung zu den Beweislastregeln deutlich gemacht. Kosten erforderlicher Nebenleistungen sind erstattungsfähig.

Bedeutung für die Praxis: Insbesondere wird die Beklagte noch einmal darauf hingewiesen, dass sie die BGH-Rechtsprechung in der Frage der Prüfungsreihenfolge nicht verstanden habe. Wie das OLG Düsseldorf (kritisch dazu MRWaktuell 6-23) geht die Beklagte davon aus, der Geschädigte habe sich grundsätzlich zu erkundigen und von sich aus darzutun, warum er nicht günstiger angemietet habe. Aufgrund der dann folgenden Behauptung, dass es zum Anmietzeitpunkt niedrigere Preise gegeben habe, wird (falsch) geschlussfolgert, der Geschädigte verlange mehr als ihm zustehe. Der BGH allerdingt sieht im Rahmen der subjektbezogenen Schadenbetrachtung keine Erkundigungspflicht, sofern der Mietwagentarif ein Normaltarif im Rahmen des Marktpreis (Schätzliste, § 287) und nicht deutlich überhöht ist. Da in diesem Verfahren lediglich Fracke + Nebenkosten gefordert werden, wird dem klägerischen Anspruch stattgegeben.

Hinweis: Rechtskraft unbekannt

Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 7-23

Amtsgericht Varel 5 C 171/22 vom 03.01.2023

1. Die Schätzung der erforderlichen Mietwagenkosten kann anhand des Mietwagenspiegels der Firma DAT vorgenommen werden.
2. Die geforderten Mietwagenkosten für Ersatzmobilität unterhalb des mit der DAT-Liste geschätzten durchschnittlichen Marktpreises sind von der beklagten Haftpflichtversicherung zu erstatten.
3. Die in Rechnung gestellten Desinfektionskosten stellen einen auf den Unfall zurückzuführenden und damit ersatzfähigen Schaden dar.

Zusammenfassung: Das angerufene Gericht schätzt die zu erstattenden Mietwagenkosten mittels der Liste von DAT. Auf der Basis dieser Werte hatte der Kläger seinen Anspruch begründet und das Gericht keinen Grund gesehen, davon abzuweichen. Zumal die Beklagte dagegen nichts konkretes vorgetragen hatte, werden die Kosten in Bezug auf die Ersatzmobilität vollständig zugesprochen.

Bedeutung für die Praxis: Seit mehreren Jahren bietet die Firma DAT eine weitere Mietpreisliste an, die dritte Alternative. Deren erhobene Werte liegen ca. im Bereich von Schwacke. Die Gerichte haben sich bisher wenig mit der Methode und den Werten befasst. Grundsätzlich lässt sich auch auf dieser Basis der zu erstattende Betrag nach § 287 ZPO schätzen. Will die Klägerseite damit arbeiten und ihren Anspruch begründen, wird ein elektronischer Zugang benötigt. Die Firma DAT bietet das System nach hier vorliegender Erfahrung auch zum Test an.

 

Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 6-23

Oberlandesgericht Düsseldorf I-1 U 208/20 vom 17.01.2023
(Vorinstanz Landgericht Krefeld 3 O 146/19 vom 08.10.2020)

1. Ein Anspruchsübergang an die eingeschaltete und zahlende Vollkaskoversicherung steht einer Aktivlegitimation des Klägers im Prozess gegen die gegnerische Haftpflichtversicherung nicht entgegen.
2. Die über die vom Sachverständigen prognostizierte Dauer der Reparatur hinausgehende Mietdauer ist bereits durch die Überlegungsfrist ausgeglichen und daher nicht zu beanstanden.
3. Der Grundpreis schadenrechtlich erstattungsfähiger Mietwagenkosten ist mittels des Mischmodells der Listen zu bestimmen.
4. Kosten der Haftungsreduzierung für Schäden am Mietwagen sind schadenrechtlich erstattungsfähig, wenn der Geschädigte auch für sein eigenes Fahrzeug eine Vollkaskoversicherung abgeschlossen hat.
5. Weitere Kosten für erforderliche Nebenleistungen sind im Rahmen der Listenwerte (Schwacke) zu erstatten.
6. Für ersparte Eigenaufwendungen des Geschädigten ist ein Gesamtabzug von dem erstattungsfähigen Mietwagenkosten in Höhe von 5 Prozent vorzunehmen.

Zusammenfassung: Das OLG Düsseldorf spricht dem Kläger in Bezug auf Mietwagenkosten die geforderte Restsumme (im Rahmen einer 50%-Quote) fast vollständig zu. Der Grundbetrag der Mietwagenkosten wird mit Fracke geschätzt, Nebenkosten kommen hinzu und für Eigenersparnis werden 5 Prozent in Abzug gebracht.

Bedeutung für die Praxis: Auch wenn das Ergebnis des Streits in Bezug auf die Mietwagenkosten freundlich erscheint, im Detail ist das Urteil zweifelhaft.
Der 1. Senat in Düsseldorf geht regelmäßig so vor: Zunächst wird der Geschädigte als Abzocker hingestellt, der sich vor dem Abschluss eines Mietvertrages noch nicht einmal nach günstigeren Alternativen erkundigt habe (Hinweis: laut BGH muss er das jedoch nicht). Im zweiten Schritt wird ihm dann aber der volle Betrag auf Basis einer Schätzung des Marktpreises zugesprochen, in der Höhe hier fast identisch zur Höhe der Mietwagenabrechnung. Es wird also immer wieder der Kläger ge"scholten", um dann das Geforderte als vollkommen berechtigt festzustellen.
Statt dessen sollte die Frage öfter einmal an die Beklagte gerichtet werden, warum sie nicht einfach bezahlt, was die Gerichte seit Jahren zusprechen.
Des Weiteren wird die Erstattungsfähigkeit der Kosten einer Haftungsreduzierung entgegen der gefestigten BGH-Rechtsprechung vom Senat immer wieder davon abhängig gemacht, ob der Geschädigte auch für sein verunfalltes Fahrzeug eine Vollkaskoversicherung abgeschlossen hatte. Auch das steht eindeutig im Widerspruch zum BGH.
Und es befeuert die Aktivitäten von Versicherern, es dem Senat in Düsseldorf gleichzutun. Was interessiert uns der BGH, wenn selbst ein OLG-Senat es anders macht, mag man dort denken. In der Folge müssen Gerichte dauerhaft Mietwagenstreitigkeiten kleinteilig aufarbeiten, obwohl manche Details längst höchstrichterlich entschieden sind.
Ähnlich kann man fragen, wenn es um den Abzug für ersparte Eigenkosten geht. Das muss logisch etwas damit zu tun haben, was der Geschädigte überhaupt während der Reparatur seines eigenen Fahrzeuges sparen kann, weil er es in der Zeit nicht selbst nutzt. Doch gibt es diese Einsparungen beim Geschädigten überhaupt? Und wenn man diese Grundsatzdiskussion nicht führen will, welches tatsächliche Ausmaß an Einsparungen ist da überhaupt möglich? In einigen - den Positionen der Mietwagenrechnung entsprechenden Kategorien - kann noch nicht einmal 1 Cent gespart werden. Das sind zum Beispiel Kosten der Versicherung des Geschädigten-Fahrzeuges. Während es repariert wird, überweist nicht etwa der Haftpflichtversicherer einen Teil der Jahresprämie zurück, weil der Geschädigte ja in der Zeit der Reparatur mit am versicherten Fahrzeug keinen Schaden verursachen kann. Also macht es überhaupt keinen Sinn, für die Versicherung des Mietwagens, für Zustell- und Abholkosten usw.  etwas abzuziehen. Abzüge sind daher wenn überhaupt nur für den Grundbetrag der Mietwagenkosten einer logischen Erklärung zugänglich.
Aktuelle BGH-Entscheidungen sind hier sicherlich auch hilfreicher für eine Entscheidungsfindung, als OLG-Urteile aus 1994 und 1998, denen sich das OLG Düsseldorf bedient.

 

Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 5-23

Landgericht Karlsruhe 19 S 39/22 vom 24.01.2023 (Beschluss)
(Vorinstanz Amtsgericht Pforzheim 2 C 1513/21 vom 17.03.2022)

1. Die Kammer beabsichtigt die Zurückweisung der Berufung der beklagten Haftpflichtversicherung.
2. Die aufgrund der langen Ausfalldauer entstanden Kosten hat die Beklagte zu tragen, die rechtzeitig und deutlich auf den Umstand hingewiesen wurde, dass der Geschädigte die Reparatur nicht finanzieren kann.
3. Der Geschädigte ist grundsätzlich nicht verpflichtet, für einen sofortigen Reparaturbeginn seine eigene Vollkasko-Versicherung oder einen Kredit in Anspruch zu nehmen, um dem Schädiger Kosten zu ersparen oder dessen Versicherung von der Verpflichtung zu einer zügigen Regulierung zu befreien.
4. Die Schätzung des Erstgerichtes mittels Mischmodell Fracke und der Kosten für Nebenleistungen nach Schwacke ist nicht zu beanstanden.
5. Ein Abzug für ersparte Eigenaufwendungen entfällt bei gruppenkleinerer Anmietung

Zusammenfassung: Die Berufungskammer des Landgerichts Karlsruhe sieht den Geschädigten nicht in der Pflicht, zur Beauftragung der Fahrzeugreparatur einen Kredit aufzunehmen oder eine eigene Vollkaskoversicherung in Anspruch zu nehmen. Lediglich ist ein Hinweis an den Schädiger notwendig, dass er die Reparatur nicht vorfinanzieren kann und auf die Regulierung durch den Versicherer warten muss, um die Reparatur zu beauftragen. Kommt der Versicherer mit der Regulierung nicht in Gang, hat er höhere Kosten des Ausfallschadens zu tragen. Eine Schätzung mittels Fracke und Nebenkosten wird nicht beanstandet.

Bedeutung für die Praxis: Der Beklagten wird attestiert, die aktuelle BGH-Rechtsprechung (Az. VI ZR 569/19 v. 17.11.2020) zu ignorieren. Sie hatte auf uneinheitliche obergerichtliche Entscheidungen zu der Frage verwiesen, wie der Geschädigte auf die fehlende Vorfinanzierungsmöglichkeit hinweisen muss und ob er die Schadenbehebung zunächst auch aus eigenen Mittel finanzieren müsse. Zwar befindet sich die Beklagte damit in Gesellschaft des OLG Düsseldorf (Az. 1 U 77/20 v. 09.03.2021), doch die Berufungskammer in Karlsruhe ist dem BGH da anscheinend nicht nur räumlich näher, als der 1. Senat in Düsseldorf. Der BGH hat diese Fragen bereits in 2020 eindeutig beantwortet mit dem Grundsatz, dass der Versicherer zu warnen sei, wenn eine verzögerte Regulierung zu höheren Kosten führt und ansonsten der Geschädigte weder vorfinanzieren, Kredit aufnehmen oder die eigene Kaskoversicherung bemühen müsse.

Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 4-23

Landgericht Stuttgart 54 O 90/22 vom 12.01.2023

1. Die Klägerin konnte per Zeugenbeweis glaubhaft machen, dass sich die im Vergleich zur vom Sachverständigen prognostizierten Ausfalldauer ganz erheblich längere Mietwagendauer ausschließlich wegen Lieferschwierigkeiten von Ersatzteilen verlängerte.
2. Die Schätzung des vergleichbaren Marktpreises für den Grundpreis der Mietwagenkosten erfolgt anhand der Werte der Schwacke-Liste und nicht mittels der von der Beklagten favorisierten Fraunhofer-Liste.
3. Der Auffassung der Beklagten wird widersprochen, der Geschädigte habe gegen seine Schadenminderungsobliegenheit nach § 254 BGB verstoßen, weil er sich nicht nach alternativen Ersatzfahrzeugangeboten erkundigt habe.
4. Internetbeispiele, die die Beklagte vorlegte, sind nicht mit der Anmietung vergleichbar und daher nicht relevant.
5. Marktgerechte Kosten erforderlicher Nebenleistungen sind ebenso vom Schädiger bzw. seinem Versicherer zu erstatten.
6. Ein Eigenersparnis-Abzug von 10 Prozent entfällt im Fall der Anmietung eines klassenkleineren Fahrzeuges.

Zusammenfassung: Das Landgericht Stuttgart entscheidet erstinstanzlich zur Erforderlichkeit der Mietwagenkosten mit der Schwacke-Liste und lehnt die Auffassung der Beklagten zur alleinigen Anwendbarkeit der Fraunhofer-Liste ab. Die Kosten der vom Vermieter erbrachten Nebenleistungen für Winterreifen-Ausrüstung, Navigation und Zustellung werden dem Kläger ebenfalls zugesprochen. Auch die Dauer der Anmietung wird bestätigt, nachdem die Reparaturwerkstatt die Gründe für eine erhebliche Reparaturverzögerung dargestellt hatte.

Bedeutung für die Praxis: Der Beklagten gelang es weder mit ihrer Auffassung zur generellen Erkundigungspflicht, noch mit eingeholten Internet-Beispielen, das Gericht von Verwendbarkeit der Fraunhofer-Liste zu überzeugen. Das Landgericht bleibt bei Schwacke und gibt den Anwälten der Schädigerversicherung auf, ihre Behauptungen zu beweisen, dass der Geschädigte ohne weiteres hätte günstiger mobil sein können. Dazu benennt das Gericht das Problem sehr klar: Der Geschädigte hat keine Beweislast dazu zu erbringen, dass ihm nicht auch eine günstigere Alternative verfügbar gewesen wäre. Also braucht er sich auch nicht nach Alternativen erkundigen, solange der Preis des von ihm realisierten Angebotes nicht weit überhöht gewesen ist.

Es ist nicht bekannt, ob oder wann das Urteil rechtskräftig geworden ist.

 

Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 3-23

Landgericht Berlin 41 S 48/22 vom 16.12.2022 (Beschluss)
(Vorinstanz Amtsgericht Berlin-Mitte 111 C 128/21 V)

1. Die Klägerin ist aktivlegitimiert, insbesondere birgt die Abtretung erfüllungshalber keinen Verstoß gegen das Transparenzgebot des § 307 BGB.
2. Forderungen unterhalb der Werte der Schwacke-Liste sind erstattungsfähig, lediglich generelle dagegen vorgebrachte Einwendungen sind als unerheblich zu bewerten.
3. Dem Geschädigte obliegt es nicht grundsätzlich, vor Anmietung eines Ersatzwagens eine Marktrecherche nach dem günstigsten Angebot zu betreiben.
4. Es ist an der Beklagten, ihre Behauptung zu beweisen, der Anspruchsteller hätte in seiner speziellen Situation nach einem Unfall ein Mietfahrzeug günstiger anmieten können.

Zusammenfassung: Das Landgericht Berlin bestätigt eine erstinstanzliche Entscheidung zur Aktivlegitimation aus abgetretenem Recht und zur Schätzung der erstattungsfähigen Mietwagenkosten anhand der Werte der Schwacke-Liste. Die Beklagte hatte ihre Behauptungen nicht beweisen können, dem Geschädigten hätte ein günstigeres Fahrzeug zur Verfügung gestanden und er habe daher gegen seine Schadenminderungspflicht verstoßen. Das Gericht stellte zudem klar, dass der Geschädigte sich nicht nach Alternativen erkundigen muss, wenn ihm ein Mietwagen zum Marktpreis angeboten wird.

Bedeutung für die Praxis: Die Beklagte reist mit einem für sie selbst positiv erstrittenen Landgerichtsurteil ihres Heimatgerichts von Landgericht zu Landgericht (hier nun Berlin) und versucht dort jeweils, die Richter von Ihrer Rechtsauffassung zu überzeugen, dass die bei der Ersatzwagenanmietung üblichen Abtretungsformulare unwirksam formuliert sind. Sie stützt sich in ihre Argumentation auf zwei BGH-Entscheidungen zur Abtretungsproblematik an (BGH VI ZR 274/17 und VI ZR 135/19). Doch die dort verhandelten Formulare waren gänzlich anders und daher hat das Landgericht Berlin hier keinen Zusammenhang gesehen. Die Verunsicherung der Gerichte scheint der Beklagten jedoch immer wieder mal zu gelingen, hier in diesem Fall hält das Landgericht dagegen explizit fest, dass die Formulierung der "Abtretung erfüllungshalber" bzgl. Mietwagenkostenforderung zu einer wirksam vereinbarten Abtretung führt. Unter anderem wurde erkannt, dass die Formulierungen vom BGH bereits in einer Entscheidung bestätigt worden sind, ausdrücklich auch in Bezug auf das Transparenzgebot.

Hinweis: Es ist nicht bekannt, ob das Verfahren damit abgeschlossen ist.

Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 2-23

Landgericht Stade 4 S 30/22 vom 26.10.2022
(Vorinstanz Amtsgericht Stade 61 C 346/21 vom 09.06.2022)

1. Kosten einer Ersatzmiete für ein gewerblich genutztes Fahrzeug, mit dem unmittelbar Umsatz erwirtschaftet wird, sind grundsätzlich schadenersatzrechtlich erstattungsfähig.
2. Die Höhe des erstattungsfähigen Schadenersatzbetrages für ein Ersatz-Taxi ist nicht durch den Betrag des Gewinn-Entgangs begrenzt.
3. Zur Erstattungsfähigkeit der Mietwagenkosten hat der Kläger darzustellen, warum er aus betrieblichen Gründen zwingend auf die Fahrtkapazitäten angewiesen ist (Erfüllung vertraglicher Verpflichtungen, guter Ruf bzgl. Zuverlässigkeit, Aufrechterhaltung von Kundenbeziehungen, ...) und daher die Ersatzmiete erforderlich gewesen ist.
4. Vom Grundbetrag der Mietwagenkosten ist ein Abzug für ersparte Eigenaufwendungen des Klägers in Höhe von 5 % vorzunehmen.
5. Kosten erforderlicher Nebenleistungen für Haftungsreduzierung, Zusatzfahrer und Zusatzleistung "Tarifeinstellung" sind ebenso zu erstatten.

Zusammenfassung: Das Berufungsgericht bestätigt per Beschluss vollständig ein erstinstanzliches Urteil, in dem die Höhe der Kosten einer Ersatzanmietung eines Taxis zugesprochen wurden. Die grundsätzliche Erstattungsfähigkeit der Kosten oberhalb des sonst entgangenen Gewinns ergibt sich aus unternehmerischen Überlegungen des Geschädigten. Die Höhe der Kosten werden - da Schätzlisten nicht zur Verfügung stehen - mittels sachverständiger Hilfe geschätzt und hier als marktüblich angesehen. Auch Nebenkosten der Taxi-Ersatzmiete wie zum Beispiel für Haftungsreduzierung und eine Zusatzfahrer-Pauschale sind zu erstatten.

Bedeutung für die Praxis: Auch der gewerbliche Fahrzeugnutzer, der direkt mit dem Fahrzeuge sein Geld verdient, kann im Fall des unfallbedingten Ausfalls ein Ersatzfahrzeug mieten und ist in Bezug auf einen Schadenersatz nicht auf den Gewinn-Entgang beschränkt. Die erstattungsfähigen Kosten können daher auch den Betrag des zu erzielenden Gewinns erheblich übersteigen. Nichtsdestotrotz müssen die anfallen Kosten marktüblich sein. Gerichte können zur Schätzung des erforderlichen Betrages nach § 287 ZPO bei der Schätzung der Kosten für ein Ersatz-Taxi nicht auf Schätzlisten wie Schwacke oder DAT zugreifen. Stattdessen wird ein Sachverständigengutachten zu der Frage herangezogen, ob der Preis für das Miet-Taxi marktüblich gewesen ist. Zu den Kosten der Grundmiete und den Nebenkosten (wie die Haftungsreduzierung) kommt bei Taxi-Ersatzmieten die Anpassung der Einbauten an die regionalen Abrechnungskriterien nach den behördlichen Vorgaben hinzu, die daher auch vom Schädiger zu ersetzen sind.

 

Vorschau MRW 3-2022

An dieser Stelle erhalten Sie einen ersten Blick auf die Inhalte der MRW 3-2022.

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Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 1-23

Landgericht Hagen 1 S 52/22 vom 09.12.2022
(Vorinstanz Amtsgericht Hagen 15 C 14/21 vom 11.05.2022)

1. Das Berufungsgericht sieht keinen Rechtsverstoß in den Formulierungen der mit dem Geschädigten vereinbarten Abtretung der Schadenersatzforderung an den Autovermieter.
2. Die Schätzung der erforderlichen und daher vom Schädiger zu erstattenden Mietwagenkosten erfolgt anhand des Mischmodells der Listen "Fracke".
3. Auf den Grundbetrag des Normaltarifes nach Fracke wird für unfallbedingte Mehrleistungen ein Betrag in Höhe von 5 Prozent aufgeschlagen.
4. Kosten des Geschädigten für die mietvertraglich vereinbarte Reduzierung seiner Haftung bei Beschädigung des Mietwagens sind nicht erstattungsfähig.
5. Anwaltskosten für außergerichtliche Tätigkeiten des Rechtsanwaltes gehören zu den vom Schädiger zu ersetzenden Schadenkosten. 

Zusammenfassung: Das Landgericht Hagen hebt eine erstinstanzliche Entscheidung auf, in der dem Kläger die Aktivlegitimation abgesprochen wurde. Laut Berufungsgericht ist die Abtretung der Mietwagenforderung jedoch wirksam und liegt insbesondere kein Verstoß gegen den Bestimmtheitsgrundsatz oder das transparentgebot vor. Die Schätzung der Höhe erforderlicher Mietwagenkosten erfolgt anhand Mischmodell zuzüglich Aufschlag und Nebenkosten.

Bedeutung für die Praxis: Das Berufungsgericht orientiert sich in der Mietwagenkosten-Rechtsprechung grundsätzlich an der Mittelwertrechtsprechung der OLG in Hamm, Düsseldorf und Köln. Zur der Frage des unfallbedingten Aufschlages liegen gravierende Missverständnisse vor. Der BGH meint, ein solcher Aufschlag sei gerechtfertigt, wenn unfallbedingte Mehrleistungen im Vergleich zu einem Selbstzahlertarif erforderlich sind, um den Geschädigten mobil zu halten. Solche Beispiele sind die Vorfinanzierung des Mietzinses durch den Vermieter oder die Eilbedürftigkeit, das offene Mietende oder Zusatzrisiken des Vermieters weil der Mieter keine Kaution stellt.
Missverständnis Nummer 1 liegt darin, dass die Berufungskammer einen Unfallersatztarif mit dem unfallbedingten Aufschlag gleichsetzt. Eine Erstattungsfähigkeit eines Unfallersatztarifs einerseits ergibt sich über § 254 BGB, wenn der Geschädigte beweist, dass ihm keine Alternative zum Marktpreis zur Verfügung stand. Dagegen regelt sich andererseits der unfallbedingte Aufschlag über die Erforderlichkeit und damit über § 249 BGB. Damit verbunden sind andere Beweislastregeln und die Tatsache, dass der unfallbedingte Aufschlag nach § 287 ZPO im Rahmen der Schätzung der erforderlichen Kosten abgehandelt wird.
Missverständnis Nr. 2 liegt darin, dass das Gericht seine 5%-ige Bemessung des Aufschlages aus der falsch verstandenen Vorfinanzierung ableitet. Die Vorfinanzierung ist einer der Aufschlagsgründe, ja. Aber es geht hier nicht um den Zins auf die noch nicht bezahlten Mietwagenkosten. Denn über diese Verzinsung ("5% über Basiszinssatz") wird am Ende entsprechend §§ 280, 286, 288 BGB nochmals separat entschieden, auch in diesem Urteil. Hintergrund des Aufschlagsgrundes "Vorfinanzierung" ist stattdessen die Überlegung, dass der Vermieter ein zusätzliches Zahlungsausfall-Risiko eingeht, wenn er eine Leistung erbringt, die sich auf Unfallhergangsschilderungen stützt und er gleichzeitig auf die sofortige Bezahlung mittels Bargeld oder Kreditkarte verzichtet. Er geht das Risiko ein, dass der Versicherer begründet nicht zahlt und der Mieter nicht zahlen kann. Anders als es das Gericht formuliert, ist es außerhalb der Vermietung nach einem Unfall völlig unüblich, jemandem ein Auto zu vermieten und auf Vorkasse + Kaution zu verzichten. Nächstes Problem: Die Frage des unfallbedingten Aufschlages bringt das Gericht sodann in den Zusammenhang mit der Haftungsreduzierung, dabei geht es nicht um eine Sicherheitsleistung FÜR den Mieter, sondern DURCH den Mieter, auf die hier verzichtet wird, weil er diese nicht erbringen kann und anderenfalls während der Reparatur zu Fuß gehen müsste.
Eine weitere besondere Sichtweise hat das Gericht in Bezug auf die Erstattungsfähigkeit der Kosten einer weitgehenden Haftungsreduzierung. Zwar wird die BGH-Rechtsprechung zum Teil richtig widergegeben, aber dann doch die Erstattungsfähigkeit verneint. Das Gericht will einen speziellen Vortrag zum Altersunterschied des Geschädigtenfahrzeuges zum Mietfahrzeug sehen. Statt dessen geht es doch in der Frage der Erstattung der Kosten der Haftungsreduzierung um den Punkt, dass eine Beschädigung des Mietfahrzeuges, dessen Nutzung dem Geschädigten vom Schädiger durch den Unfall aufgezwungen wurde, zur sofortigen Kostenerstattungspflicht inkl. Wertminderung, ggf. Gutachterkosten, Mietausfall ... gegenüber dem Vermieter führen würde. Würde er sein eigenes Fahrzeug selbst beschädigten, könnte er damit weiterfahren.

 

Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 51-22

Landgericht Bonn 8 S 39/22 vom 06.12.2022
(Vorinstanz Amtsgericht Bonn 113 C 270/21 vom 22.02.2022)

1. Den Geschädigten ist kein Verstoß gegen die Schadenminderungsobliegenheit vorzuwerfen, denn die Mietwagenangebote der Beklagten waren nicht annahmefähig.
2. Die Schätzung des örtlichen Grundwertes der erforderlichen Mietwagenkosten für die benötigte Ersatzmobilität erfolgt anhand des Mischmodells aus Schwacke und Fraunhofer.
3.Der Abzug für ersparte Eigenaufwendungen des Geschädigten, der sein Fahrzeug vorübergehend nicht nutzen konnte, ist auf 4 Prozent des Grundbetrages zu bemessen.
4. Auf den Grundwert der erforderlichen Mietwagenkosten ist ein Aufschlag für unfallbedingte Mehrleistungen in Höhe von 20 Prozent zu erstatten.
5. Kosten erforderlicher Nebenleistungen für Haftungsreduzierung, Zusatzfahrer, Zustellen, Winterreifen, Navigation und Anhängezugvorrichtung sind schadenrechtlich ebenso erstattungsfähig und daher zuzusprechen.

Zusammenfassung: Das Landgericht Bonn bestätigt seine Auffassung zu den Anforderungen an Direktvermittlungsangebote der Versicherer an Geschädigte (Mietwagenkosten). Ein Anruf des Versicherers kann den Geschädigten ebenso wenig an den  genannten Preis binden, wie ein unkonkret formuliertes schriftliches Angebot. Der zu erstattende marktübliche Preis wird anhand der Werte aus den Listen (Fracke) geschätzt, zuzüglich unfallbedingtem Aufschlag und Nebenkosten.

Bedeutung für die Praxis: Das Gericht konkretisiert die Kriterien, die an ein für den Geschädigten in Bezug auf den Preis verbindliches Mietwagenangebot des gegnerischen Versicherers zu stellen sind. Ein telefonisch übermitteltes "Angebot", wie es Geschädigten häufig bereits noch auf der Unfallkreuzung von speziell geschulten Versicherungsmitarbeitern untergejubelt werden soll, ist per se kein annahmefähiges Angebot. Diese Auffassung ist auch ohne weiteres nachvollziehbar bereits durch die Vorstellung, dass der Fahrer, der unschuldig in einen Unfall verwickelt wurde, noch in der Situation am Unfallort ganz sicher keine ausreichenden Möglichkeiten hat, sich vom Versicherer des Schädigers dessen Vorstellungen der Schadenregulierung zu merken, zu notieren oder sonst auf eine für ihn später nachvollziehbare Weise zu verarbeiten. Ganz sicher wird der Geschädigte erheblich aufgeregt sein, ggf. sind Termine zu verschieben, die Schwiegermutter zu den Kindern zu beordern, ist die Polizei vor Ort, ist der Verkehr behindert, steht der Unfallgegner daneben oder muss der Unfall noch per Foto oder Skizze dokumentiert werden. Ein Anruf der vermeintlich helfenden Hand des Schädigerversicherers, dient nur dazu, dem Geschädigten später Preisvorgaben vorhalten zu können. In der Situation ist davon auszugehen, dass der Geschädigte kein Angebot annehmen kann. Dem Landgericht reicht für die Annahme, dass telefonisch übermittelte Preise irrelevant sind, bereits aus, dass der Inhalt des Gespräches letztlich im Streit nicht geklärt werden kann. Dem Geschädigten würden Beweismöglichkeiten gegenüber Behauptungen des Gegnerversicherers fehlen.
Darüber hinaus hat die Beklagte auch die Anforderungen an schriftlich übermittelte Preisvorgaben nicht erfüllt. Dazu ist es notwendig, dass sich die behaupteten Angebote auf den konkreten Anmietort und die Anmietzeit beziehen. Inhaltlich müssen sie das abdecken, worauf der Geschädigte einen Anspruch hat, inklusive der damit verbundenen Selbstbeteiligung der Haftungsreduzierung und des konkret zu vermietenden Fahrzeuges. Der Hintergrund ist der, dass der Geschädigte einen Anspruch auf ein zu seinem eigenen vergleichbares Fahrzeug hat. Die Nennung irgendeines Modells kann daher nicht ausreichend sein, da jedes Fahrzeugmodell mit unterschiedlichen Varianten in verschiedenen Mietwagenklassen eingruppiert wird. Ein Golf der Klasse 05 kann kein vergleichbarer Ersatz für einen Kia der Klasse 07 sein.
Das Gericht bezieht die 4-prozentige Eigenersparnis auf den Grundbetrag und nicht auf Nebenkosten, bei denen eine solcher Abzug nicht nachvollziehbar wäre. Denn wo zum Beispiel wäre eine Ersparnis bei den Versicherungskosten des Geschädigten-Fahrzeugs, wenn der Geschädigte einige Tage nicht mit seinem eigenen Auto fährt?

Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 50-22

Amtsgericht Königswinter 10 C 23/22 vom 29.11.2022

1. Die Schätzung erforderlicher Mietwagenkosten nach Unfall ist im konkreten Fall anhand der Schwacke-Liste Automietpreisspiegel vorzunehmen.
2. Die am Gericht übliche Anwendung des Mischmodells Fracke scheidet aus, da selbst die Internetscreenshots der Beklagten aufzeigen, dass die Fraunhofer-Werte zu niedrig sind.
3. Eine Anwendung der Fracke-Werte - also des Mischmodells unter Einbeziehung von Fraunhofer - ist ebenso abzulehnen.
4. Die Klägerin hat mit einem Privatgutachten des Bundesverband der Autovermieter vorgetragen, dass die dortigen Internetwerte, erhoben nach einer Methode wie sie Fraunhofer anwendet, zu erheblich höheren Durchschnittwerten führen, zumeist im doppelten Bereich.
5. Die Kosten erforderlicher Nebenleistungen für Haftungsreduzierung, Winterreifen, Navigation und Zustellen/Abholen sind von der Beklagten zu erstatten.

Zusammenfassung: Das Amtsgericht Königswinter lehnt die Anwendung der Fraunhofer-Werte auch als Teil des Mischmodells in einem neuen Fall ab, obwohl es bisher in ständiger Rechtsprechung mit den Werten aus beiden Listen geschätzt hat. Hintergrund sind erhebliche und neue Zweifel an der Fraunhofer-Liste. Diese Zweifel haben sich für das Gericht durch den Vortrag der Beklagten selbst ergeben sowie durch Internetbeispiele der Klägerin, vorgetragen mit dem Gutachten des Bundesverbandes der Autovermieter. Das Urteil wäre berufungsfähig gewesen, doch die Beklagte hat lieber bezahlt.

Bedeutung für die Praxis: Nochmals in kurzer Folge im MRW-Newsletter das AG Königswinter... da das Urteil inhaltlich sehr interessant ist. In einem berufungsfähigen Mietwagenfall hat das Amtsgericht die Anwendung der Fracke-Methode abgelehnt. Grund ist, dass die von beiden Seiten im Prozess vorgelegten konkreten Internetangebote ganz erheblich höher lagen, als die Mittelwerte der Frannhofer-Liste 2021, mit denen das Gericht üblicherweise in den letzten Monaten geschätzt hatte. Die Richterin wendet - auch aufgrund des konkreten Sachvortrages der Klägerin gegen die Anwendung der Fraunhofer-Liste und der Fracke-Liste - die Schwacke-Mittelwerte an. Die Aussage des BAV-Gutachtens "Gutachten Mietwagenpreise Internet 2021 - Region Bonn -" lautete: "Das Gutachten kommt trotz vergleichbarer Berücksichtigung von Internetpreisen zu völlig anderen Ergebnissen als die Fraunhofer-Liste. Die Ergebnisse der Fraunhofer-Liste 2021 für das PLZ-Gebiet 53 (Bonn) entsprechen demnach nicht der Wirklichkeit." Die Beklagte ließ die Aussagen so stehen und trat dem Vortrag der Klägerin bzgl. des Gutachtens nicht entgegen.
Der Autor des Gutachtens (und dieser Zeilen) geht davon aus, dass das strategisch aus deren Sicht auch nicht verkehrt ist. Denn eine Diskussion der Gutachtenergebnisse und der Gutachten-Methode im Vergleich zur Fraunhofer-Liste würde unweigerlich zu einer Diskussion der Fraunhofer-Methode selbst führen. Das wären Fragen zur Fraunhofer-Erhebung wie:
- Warum sind für den Mittelwert Zwischen-Mittelwerte pro Station errechnet worden und warum hat daher nicht jeder Wert eine gleiche direkt Wirkung auf den veröffentlichten Mittelwert?
- Wie hat Fraunhofer aus Acriss-Mietwagenklassen die Einteilung in Schwacke-Mietwagenklassen "gezaubert"?
- Fehlen Werte in 4 Mietwagenklassen, weil Fraunhofer die Erhebungsergebnisse in zu hohe Meitwagenklassen sortiert??
- Was bedeutet "typische Selbstbeteiligung, zumeist zwischen 750 und ..."?
- Was bedeutet es, wenn Aufschläge für Winterreifen als zu vermeiden bezeichnet werden?
- Welcher (die Höhe der Kosten erheblich beeinflussender) Zahlungszeitpunkt für die Vorkasse wurde unterstellt?
- Welchen Einfluss erfährt die als "ganzjährig zu verwenden" zu verstehende Aussage durch die Erhebung in wenigen Sommermonaten?
- Was bedeutet eine unterstellte Kilometerbegrenzung für den Preis, den Fraunhofer in seine Listen übernimmt?
usw.
Das Gutachten ist sehr transparent. Es enthält alle konkret verwendeten Internetangebote als Screenshot. Sie sind ein Teil des Gutachtens. So fällt es dem Gericht sehr leicht, deren konkreten Inhalt und ihre Relevanz im Vergleich zu Fraunhofer zu prüfen. Der erhebliche Preisunterschied zum Fraunhofer-Mittelwert ist leicht zu erkennen und eine Erklärung dafür nicht greifbar.

Zitiervorschlag: "Kein Fracke und kein Fraunhofer, denn Internetscreenshots zeigen erheblich höhere Werte"

"Diesen Erwägungen schließt sich das Gericht überwiegend an. Abweichend von der Entscheidung des OLG Köln sieht das Gericht vorliegend jedoch keinen Anhaltspunkt dafür, den ortüblichen Tarif anhand des arithmetischen Mittels zwischen der Schwacke-Liste sowie der Fraunhofer-Liste zu berechnen. Denn das Gericht zweifelt vor dem Hintergrund der seitens der Beklagten selber vorgelegten Internet-Angebote sowie dem seitens der Klägerin vorgelegten „Gutachten Mietwagenpreise Internet 2021 - Region Bonn" an der Eignung der Fraunhofer-Liste als Schätzgrundlage, welche zur Berechnung eines arithmetischen Mittels zugrunde gelegt werden könnte. Konkret hat die Beklagte zwei Internetangebote der Unternehmen Sixt (...) und Europcar (...) beigefügt. Unabhängig von der Frage, ob diese Angebote der Geschädigten im vorliegenden Fall konkret vorgelegt wurden bzw. ob die Anmietung auch ohne Vorlaufzeit von einer Woche und mit offenem Mietende hätte erfolgen können, liegen diese beiden Angebote deutlich über dem seitens der Fraunhofer-Liste ermittelten Wertes. ... mithin etwa ein Viertel bis ein Drittel geringer als die von ihr selber beispielhaft genannten Internetangebote.
Zu deutlich höheren Abweichungen gelangt das seitens der Klägerin vorgelegte Gutachten (...). In diesem Gutachten stellt der Bundesverband der Autovermieter Deutschlands e.V. fest, dass die Erhebungen des Fraunhofer Instituts nicht die tatsächlich erhältlichen Internet­-Preise abbilden. Letztere liegen nach dem Ergebnis des Gutachtens deutlich über den Fraunhofer-Werten, zumeist im Bereich des doppelten Preises. Zur Ermittlung der tatsächlichen Werte ist das Gutachten entsprechend den Angaben des Fraunhofer-Instituts durch Internet-Recherche bei den größten Autovermittlern vorgegangen, um eine Vergleichbarkeit beider Werte herzustellen. Den Feststellungen des Gutachtens ist die Beklagte nicht entgegengetreten."
(Amtsgericht Königswinter 10 C 23/22 vom 29.11.2022)

 

Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 49-22

Amtsgericht Kempten (Allgäu) 6 C 753/22 vom 16.11.2022

1. Wenn der Geschädigte einen Ersatzwagen mietet, sind Nutzungswille und Nutzungsmöglichkeit gegeben.
2. Der Geschädigte kann nach freier Entscheidung entweder fiktiven Ausfallschaden (Nutzungsausfall-Wert) oder konkrete Kosten der Ersatzanmietung erstattet verlangen.
3. Sofern Nutzungsausfallentschädigung verlangt wird, ist es unerheblich, ob der Geschädigte tatsächlich einen Ersatzwagen angemietet hatte.

Zusammenfassung: Das Amtsgericht in Kempten spricht dem Kläger den geforderten Nutzungsausfallbetrag für drei Tage zu. Dass er tatsächlich einen Ersatzwagen angemietet hatte und die Beklagte bereits einen geringen Teil der Mietwagenkosten (ca. ein Drittel der Nutzungsausfallentschädigung) bezahlt hatte, ist dabei nicht relevant. Das Gericht verweist auf die höchstrichterliche Rechtsprechung, nach der auch bei zunächst verlangten Mietwagenkosten ein Wahlrecht besteht, statt dessen auf Nutzungsausfallentschädigung umzustellen.

Bedeutung für die Praxis: Der BGH hat mit Urteil vom 05.02.2013 (Az. VI ZR 290/11) geurteilt: "Ein Anspruch auf Nutzungsausfallentschädigung kann demjenigen Geschädigten zustehen, der Ersatz der Kosten für einen Mietwagen nicht beanspruchen kann. Der Anspruch auf Nutzungsausfallentschädigung kann im Rechtsstreit (konkludent) hilfsweise geltend gemacht werden,..". Folgerichtig sprechen Gerichte Nutzungsausfallentschädigung zu, auch wenn während der Ausfalldauer ein Mietwagen genutzt wurde und egal auch, ob und woher ein solches Fahrzeug genommen wurde. Gerade bei längeren Mieten kann es sinnvoll sein, sich die Nutzungsausfallentschädigung vom Schädiger-Versicherer erstatten zu lassen, anstatt von ihm auf den nackten Fraunhofer-Wochenwert heruntergekürzt zu werden und einen aufwendigen Prozess um die richtige Schätzmethode führen zu müssen.
Hier hatten wir für 2019 einmal einige Tabellen erstellt, die einen Vergleich der Werte je nach Mietwagenklasse / Nutzungsausfallklasse und Ausfalldauer ermöglichte: https://www.bav.de/vermietung-nach-unfall/allgemeines/3398-vergleichstabelle-nutzungsausfall-und-fraunhofer.html
Bevor ein Anspruch aufgegeben oder ausgebucht wird, weil es zu schwierig erscheint, sich in die komplexe Materie der Durchsetzung von Mietwagenkosten einzuarbeiten, kann es im Einzelfall sinnvoll sein, eine solche Vergleichsrechnung aufzustellen und auf die Nutzungsausfallentschädigung umzustellen.

 

Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 48-22

Amtsgericht Königswinter 12 C 36/22 vom 08.11.2022 (Datum mdl. Verhandlung)

1. Nachdem die Beklagte über die Hälfte der geforderten Schadensumme aufgrund Ersatzanmietung zurückbehalten hatte, wird sie vom erkennenden Gericht verurteilt, die Restsumme vollständig an den Kläger auszuzahlen.
2. Zur Schätzung der Höhe der erstattungsfähigen Mietwagenkosten greift das Gericht auf das arithmetische Mittel der Schwacke-Liste zurück, die auch nach der Rechtsprechung des OLG Köln grundsätzlich dafür geeignet ist.
3. Die Anwendung des Mischmodells Fracke scheidet insofern aus, dass die Fraunhofer-Liste für die Mietwagenklasse der Ersatzanmietung keine Werte zur Verfügung stellt.
4. Auf den Grundbetrag nach Schwacke ist ein unfallbedingter Aufschlag als gerechtfertigt anzusehen, da hier eine Ad-Hoc-Anmietung außerhalb normaler Öffnungszeiten erforderlich war.
5. Kosten für Nebenleistungen wie Haftungsreduzierung, Zusatzfahrer und Zustellen/Abholen sind ebenso erstattungsfähig.

Zusammenfassung: Das Amtsgericht weicht in der Frage der Anwendung der Schätzgrundlagen nach § 287 ZPO von der Linie der übergeordneten Gerichte ab, da eine Anwendung der Fracke-Werte nicht möglich ist. Fraunhofer weist häufig nur noch in 7 von 11 Mietwagenklassen einen Wert aus. Mangels Anknüpfungstatsachen zur Berechnung des Mittelwertes der Listen hat das Gericht die Schwacke-Werte verwendet. Zusätzlich wurden der Pauschalaufschlag von 20 Prozent und die Nebenkosten zugesprochen.

Bedeutung für die Praxis: Immer häufiger werden Fälle verhandelt, in denen Gerichte grundsätzlich das Mischmodell anwenden wollen, die Fraunhofer-Liste dafür jedoch keinen Schätzbetrag zur Verfügung stellt. Gerichte wenden dann die Werte der Schwacke-Liste an. Die Richterin verweist dazu auf den Umstand, dass die obergerichtliche Rechtsprechung (und im Übrigen auch der BGH) die Schwacke-Liste grundsätzlich als anwendbar ansehen. Aus Sicht der Kläger ist bereits der Umstand, dass Fraunhofer in niedrigen Mietwagenklassen keine Werte mehr ausweist ein Argument gegen die Richtigkeit der Liste. Denn in Schwacke gibt es die ja noch und wer ins Internet schaut, der fragt sich, in welchen (höheren) Mietwagenklassen die Klein- und Kleinstwagen landen, die man dort findet. Die Antwort ist, dass diese in höheren Klassen die Mittelwerte nach unten drücken. Das werden hoffentlich bald auch die Gerichte besser verstehen, so die Hoffnung (vgl. hierzu MRW 1-22 "Mietwagenklassen bei Fraunhofer: Kleine Autos in große Gruppen verschieben um damit den Mittelwert zu senken").

Zitiervorschlag: "Kein Fracke, wenn Fraunhofer keinen Wert liefert"

"Zur Ermittlung des Schadenshöhe greift das Gericht auf die Schwacke-Liste zurück und berechnet ausschließlich hiernach den ortsüblichen Tarif für die Anmietung eines Mietwagens im vorliegenden Fall, § 287 ZPO. Es folgt dabei der Rechtsprechung des OLG Köln insoweit, als dass dieses grundsätzlich in der Schwacke-Liste eine geeignete Schätzgrundlage für die Berechnung von Mietwagenkosten sieht, vgl. OLG Köln, Urteil vom 30.07.2013 (Aktenzeichen 15 U 212/12). Auf die hinlänglich bekannten Ausführungen des OLG Köln wird vollumfänglich Bezug genommen.
Abweichend vom dort entschiedenen Fall sieht das Gericht vorliegend jedoch keinen Anhaltspunkt dafür, den ortüblichen Tarif anhand des arithmetischen Mittels zwischen der Schwacke-Liste sowie der Fraunhofer-Liste zu berechnen. Denn unstreitig sieht die Fraunhofer-Liste keine Werte für die nach der Schwacke-Liste abgerechnete Mietwagenklasse 2 vor, welche zur Berechnung eines arithmetischen Mittels zugrunde gelegt werden könnten."
(Amtsgericht Königswinter 12 C 36/22 vom 08.11.2022)

Derzeit ist nciht bekannt, ob das Urteil rechtkräftig ist.

 

Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 47-22


Amtsgericht Salzgitter 21 C 111/ 22 vom 03.08.2022

1. Erstattungsfähige Mietwagenkosten sind nach dem Mischmodell aus den Listen von Schwacke und Fraunhofer (Fracke) zu schätzen.
2. Von der Beklagten vorgelegte Internetangebote stellen keine konkreten Einwendungen gegen die Anwendung der Fracke-Werte dar.
3. Der Abzug für ersparte Eigenaufwendungen des Geschädigten ist mit 10 Prozent zu bemessen, sofern er ein klassengleiches Ersatzfahrzeug angemietet hat.
4. Einen unfallbedingten Aufschlag auf den Normaltarifs sieht das Gericht lediglich im Fall einer Eil- und Notsituation als berechtigt an.
5. Die Kosten erforderlicher Nebenleistungen für Haftungsreduzierung, Winterreifen, Zustellen und Zusatzfahrer sind vom Schädiger zu erstatten und bemessen sich nach der Nebenkostentabelle der Schwacke-Liste.
6. Der Kläger kann Schadenersatz inkl. der Umsatzsteuer verlangen, da er nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt ist, auch wenn das beschädigte Fahrzeug ein Leasingfahrzeug ist.

Zusammenfassung: Im Fall eines Ausfallschadens aufgrund der Beschädigung eines Leasingfahrzeuges bemisst sich der Schadenersatzbetrag für ein Mietfahrzeug inkl. der Umsatzsteuer und nicht netto, wie die Beklagte unter Verweis auf die vorsteuerabzugsberechtigte Leasinggesellschaft argumentiert hatte. Die Schätzung der Höhe der erforderlichen Kosten erfolgt darüber hinaus mittels Fracke-Vergleichswert und Nebenkosten.

Bedeutung für die Praxis: Wird ein Leasingfahrzeug beschädigt, ist der Leasinggeber als Vorsteuerabzugsberechtigter anzusehen. Versicherer verweisen dann darauf, lediglich Netto-Beträge regulieren zu müssen. Doch der Leasingnehmer hat einen eigenen Ausfallschaden und ist der selbst nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt, ist - anders als die Beklagte meint - brutto zu regulieren. Da auch der Besitz vor einer Störung geschützt ist und der Leasingnehmer ein berechtigter Besitzer ist, ist er ebenso wie der Leasinggeber als Geschädigter zu betrachten. 
Bei der Anwendung des Mischmodells aus den Listen hebt das Gericht sehr ungewöhnlich auf die Ergebnisse der Telefonerhebung ab. Auch wenn es diese Passage auf beide Listen zu beziehen scheint, gibt es solche nur in der Fraunhofer-Liste und dort nur für extrem große Regionen, von hier ca. 180 Kilometern Ausdehnung.
Die von der Beklagten vorgelegten Internetbeispiele werden als nicht vergleichbar zurückgewiesen.
Dass ein Schadenersatzanspruch oberhalb des durchschnittlichen Normaltarifes vom Gericht lediglich im Fall einer Not- und Eilsituation als erstattungsfähig angesehen wird, entspricht nicht der höchstrichterlichen Rechtsprechung. Zwischen Unfallersatztarif und Normaltarif hat der BGH den unfallbedingten Aufschlag etabliert, der auch bei anderen unfallbedingten Mehrleistungen erstattungsfähig ist, wenn diese aus Sicht des Geschädigten als erforderlich zur Erlangung der Ersatzanmietung zu gelten hat. Beispiele sind die Vorfinanzierung durch den Vermieter oder der Verzicht auf eine Kaution, die ein Mieter üblicherweise zu zahlen hat.

 

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Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 46-22

Amtsgericht Siegburg 128 C 33/22 vom 25.08.2022

1. Die Beklagte hat den Schaden des Geschädigten aufgrund Kosten für Ersatzmobilität der Klägerin vollständig und wie von ihr gefordert auszugleichen.
2. Die Höhe des zu erstattenden Schadenersatzanspruchs schätzt das Gericht - üblicherweise mittels Mischmodell Fracke - hier anhand der Schwacke-Liste Automietpreisspiegel.
3. Eine Anwendung des Mischmodells ist auszuschließen, sofern sich für den konkreten Einzelfall lediglich in der Schwacke-Liste die notwendigen Anknüpfungstatsachen finden lassen.
4. Wurde ein klassenkleineres Ersatzfahrzeug angemietet, entfällt ein Abzug für ersparte Eigenaufwendungen des Geschädigten.
5. Auf den Grundbetrag des Normaltarifs nach Schwacke ist vom Schädiger zusätzlich ein unfallbedingter Aufschlag zu erstatten, sofern unfallbedingte Mehrleistungen erforderlich gewesen sind.
6. Sind zwischen Geschädigtem und Vermieter schadenrechtlich gerechtfertigte Nebenleistungen vereinbart, ist die Erstattungsfähigkeit der dafür veranschlagten Kosten nach der Schwacke-Liste zu bemessen.

Zusammenfassung: Das Amtsgericht in Siegburg wendet in einem konkreten Fall die Schwacke-Liste an, obwohl es grundsätzlich die Anwendung des Mischmodells aus den beiden Listen Fraunhofer und Schwacke bevorzugt. Hintergrund ist, dass die Fraunhofer-Tabelle für die relevante Mietwagenklasse keine Werte zur Verfügung stellt. Auf den Grundbetrag nach Schwacke wird ein 20%-iger Aufschlag wegen unfallbedingter Zusatzleistungen des Vermieters zugesprochen und die Kosten weiterer Nebenleistungen schadenersatzrechtlich anerkannt.

Bedeutung für die Praxis: Das erkennende Gericht wendet im Einzelfall Schwacke an, obwohl es grundsätzlich der Fracke-Linie des Berufungsgerichtes folgt. Es bestätigte die Argumentation des Klägers, dass die Fraunhofer-Liste nicht anwendbar ist, wenn sie für die konkret Mietwagenklasse keinen Wert bereitstellt. Ein Rückgriff auf andere Mietwagenklassen, die an den Tatsachen des konkreten Falles vorbeigehen, würde außerhalb des Schätzungsermessens des Gerichtes liegen. Die Prüfung der Angemessenheit eines unfallbedingten Aufschlages durch das Gericht könne sich darauf beschränken, ob spezifische in der Unfallersatzsituation regelmäßig anfallende Mehrleistungen des Vermieters allgemein einen Aufschlag rechtfertigen. Unabhängig von einer Eil- und Notsituation liegen hier typische Merkmale einer Unfallersatzanmietung bereits dadurch vor, dass der Vermieter die Mietwagenkosten vorfinanzieren musste und auf eine Kaution verzichtete.

Zitiervorschlag: "Kein Fracke, wenn Fraunhofer keinen Wert liefert"

"Die Art der Schadensschätzung wird von § 287 ZPO nicht vorgegeben. Die Schadenshöhe darf lediglich nicht auf der Grundlage falscher oder offenbar unsachlicher Erwägungen festgesetzt werden und ferner dürfen wesentliche, die Entscheidung bedingende Tatsachen nicht außer Acht bleiben (BGH NJW 2011, 1947). (...) Im vorliegenden Fall war (...) allein die Schwacke-Liste als Schätzgrundlage heranzuziehen. Denn gerichtsbekannt enthält die aktuelle Fraunhofer-Liste für die hier betroffene Fahrzeugklasse und den hier betroffenen Postleitzahlenbereich keine Daten. Ein Mittelwert kann daher nicht gebildet werden."
Amtsgericht Siegburg 128 C 33/22 vom 25.08.2022

 

Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 45-22

Amtsgericht München 341 C 920/22 vom 27.07.2022

1. Bei der Ermittlung des Wiederbeschaffungsaufwandes für ein gebraucht erworbenes und einem Totalschaden unterliegenden Flottenfahrzeuges ist schadenrechtlich nicht zu unterstellen, dass der Flottenhalter einen Großkundennachlass auf Gebrauchtfahrzeuge bekommt.
2. Der Schädiger kann Neufahrzeug-Preisnachlässe, die dem Geschädigten möglicherweise gewährt werden, nicht auf die Ermittlung des Wiederbeschaffungswertes eines Gebrauchtfahrzeuges übertragen. Auch wenn Autovermieter bei Neufahrzeugen nennenswerten Nachlass erhalten, kommt es für den Wiederbeschaffungswert auf die Situation am Gebrauchtwagenmarkt an.
3. Selbst wenn das beschädigte Gebrauchtfahrzeug mit Rabatt gekauft worden wäre, ließe sich nicht der Schluss ziehen, dass die Ersatzbeschaffung wiederum mit einem Rabatt auf den Gebrauchtfahrzeugpreis möglich wäre.
4. Bei der Ermittlung des Wiederbeschaffungsaufwands ist der volle Wiederbeschaffungswert eines Gebrauchtfahrzeuges anzusetzen, sofern die Geschädigte ein mittelständisches Autovermietunternehmen ist.

Zusammenfassung: Die von Versicherungen unterstellte Gewährung von Rabatten des Kfz-Handels an Autovermieter ist in der Pauschalität nicht hinzunehmen. Zumindest wenn es sich um eine Schadenregulierung für ein gebraucht erworbenes Flottenfahrzeuges handelt, ist der vollständige Wiederbeschaffungswert zu unterstellen.

Bedeutung für die Praxis: Die Schädigerversicherung zahlte nur einen Teil des Wiederbeschaffungsaufwandes nach Totalschaden und Restwertvermarktung für ein Flottenfahrzeug eines mittelständischen Autovermieters. Der Vermieter hatte sich im regionalen Gebrauchtwagenmarkt ein Flottenfahrzeug beschafft und per Zeugenaussage angegeben, dass hier wegen einer lediglich losen Geschäftsbeziehung kein Rabatt zu erzielen war. Der Versuch der Versicherer, die Rabattgewährung im Reparaturmarkt auf den Wiederbeschaffungsaufwand für Flotten zu übertragen, ist schadenrechtlich nicht haltbar. Daher war wurden den Autovermieter restliche Schadenkosten in Bezug auf den Wiederbeschaffungsaufwand (Wiederbeschaffungswert abzüglich Restwert) zugesprochen.
Über dieses Urteil hinaus gilt das auch dann, wenn der Autovermieter das beschädigte Fahrzeug als Neuwagen erworben hatte. Denn der Wiederbeschaffungswert ist keine Kaufpreisersatz, sondern der Betrag, der aufgewendet werden muss um "so ein" (nun also ein Gebrauchtfahrzeug) am Markt zu erwerben. Allenfalls, wenn ein Neufahrzeug sofort erhältlich wäre und mit dem Rabatt billiger wäre, als der Gebrauchte, könnte die Schadenminderungspflicht gebieten, statt des Gebrauchten einen Neuen zu nehmen (vgl. AG Bad-Hersfeld, Urteil vom 06.04.2022, Az. 10 C 687/21 (20)).

Es ist nicht konkret bekannt, ob das Urteil rechtkräftig geworden ist.

 

Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 44-22

Landgericht Duisburg 5 S 11/22 vom 02.09.2022 (Beschluss)
(Vorinstanz Amtsgericht Dinslaken 30 C 5/21 vom 28.12.2021)

1. Der Geschädigte war während der Ausfalldauer auf Ersatzmobilität per Mietwagen angewiesen, auch wenn die Beklagte das anders sah.
2. Es besteht keine grundsätzliche Verpflichtung für den Geschädigten zur Vorfinanzierung der Ersatzbeschaffung, die Beweislast für eine ohne Weiteres mögliche Kreditfinanzierung liegt beim Schädiger.
3. Zur Höhe der erforderlichen Mietwagenkosten stellt das Amtsgericht korrekt auf das Mischmodell ab.
4. Auf den Grundbetrag des Normaltarifes nach Fracke ist ein 20-prozentiger Aufschlag für unfallbedingt erforderliche Mehrleistungen des Vermieter gerechtfertigt.
5. Davon unterscheidet der BGH einen Unfallersatztarif (§ 254 BGB) wenn der abgerechnete Betrag mit mindestens 100 Prozent deutlich überhöht ist, der lediglich außerhalb der Erforderlichkeit nach § 249 BGB und ausnahmsweise zuzusprechen sein kann.

Zusammenfassung: Das Berufungsgericht in Duisburg bestätigt eine erstinstanzliche Entscheidung in Bezug auf die Frage, ob der Geschädigte einen Ersatzwagen anmieten durfte und zu welchem Preis die Schadenersatzforderung gerechtfertigt ist. Dazu wird Fracke angewendet zuzüglich des unfallbedingten Aufschlages. Der Geschädigte hat auch nicht gegen seine Schadenminderungsobliegenheit verstoßen, weil er zur Schadenbeseitigung keinen Kredit aufgenommen hat.

Bedeutung für die Praxis: Zunächst wurde um die Notwendigkeit der Ersatzwagenanmietung an sich gestritten. Nach Auffassung der Beklagten reichten dafür durchschnittlich pro Tag gefahrene 37 km nicht aus. Der Geschädigte habe gegen seine Schadenminderungspflicht verstoßen, da er sich nicht mit einem anderen Auto seiner Familie beholfen oder ein Taxi genommen habe. Die Möglichkeit sich ein anderes Fahrzeug mit dem Rest seiner Familie zu teilen, hatte der Kläger jedoch zurückgewiesen und die Beklagte dazu keinen konkreten Sachvortrag mehr gehalten. Auch der Verweis auf insgesamt günstigere Taxiskosten überzeugte das Gericht nicht, denn diese seien je nach Uhrzeit nicht immer gleich und die Nutzung eines Taxis nicht so verlässlich, wie das Auto vor der Tür, wie vor dem Unfall. Hinzu trete, dass taxikosten auch dadurch unerwartet hoch sein könnten, dass das Fahrzeug während der Fahrt im Verkehr stecken bleibt. Insgesamt müsse eine solche Entscheidung ex ante getroffen werden und da scheide in der konkreten Sicht des Geschädigten der Verzicht auf den Mietwagen und stattdessen die Nutzung eines Taxis jedenfalls aus schadenrechtlichen Gründen aus.
Die Beklagte behauptete außerdem, der Geschädigte hätte einen Kredit aufnehmen müssen, um die Vorfinanzierung der Ersatzanschaffung zu organisieren. Die Behauptung, das wäre dem Kläger möglich gewesen, wurde vom Gericht als in Blaue hinein zurückgewiesen. Die Beklagten hätte hierzu substantiiert vortragen müssen. Sie verwies lediglich auf missverständliche Rechtsprechung des OLG und LG Düsseldorf zur Schadenminderungspflicht, die durchaus als "nicht BGH-konform" bezeichnet werden kann. Auch der Hinweis auf die Möglichkeit eines Dispositionskredites konnte nicht verfangen, weil gerade dieser erheblich teurer ist und schon gar nicht die geforderte Summe zur Anschaffung eines Autos trage.
Auf den Grundwert des Normaltarifs für Mietwagenkosten sprach das Berufungsgericht einen Aufschlag zu. Hierfür sah es eine Vielzahl von unfallbedingten Mehrleistungen des Vermieters, wie die Vorfinanzierung des Mietzinses über viele Monate und die mangelnde Vorbuchungsmöglichkeit eines Mieters, der von jetzt auf gleich nach einem Unfall mit Totalschaden auf Ersatzmobilität angewiesen ist.
Diese höhere Mietwagenpreis im Rahmen Normaltarif + Aufschlag bringe keine Aufklärungspflicht des Vermieters darüber mit sich, dass Versicherer ggf. den Preis nicht zahlen würden. Eine solche Pflicht ergebe sich erst bei einem Unfallersatztarif, der deutlicher über dem Normaltarif liegen muss.

Das Verfahren ist abgeschlossen, die Beklagte hat die Berufung zurückgenommen.

Zitiervorschlag: "Normaltarif + Aufschlag ist kein Unfallersatztarif"

"Auch die Ausführungen des Amtsgerichts hinsichtlich eines Aufschlags von 20% für einen sog. Unfalltarif sind nicht zu beanstanden. Es handelte sich bei der Anmietung um ein nicht planbares ad hoc Geschäft und der Kläger hat eine Vorfinanzierung ohne Sicherheitsleistung in Anspruch genommen. Der Kläger musste mithin aufgrund des Schadensereignisses und seiner wirtschaftlichen Situation eine Vielzahl von unfallbedingten Mehrleistungen in Anspruch nehmen. Ein Aufschlag von mindestens 20% in derartigen Situationen ist nach Auffassung des Bundesgerichtshofes, der sich die Kammer anschließt, angemessen (BGH NJW 2010, 2569). Der Umstand, dass der Kläger von den Autovermietungen  nicht darüber aufgeklärt worden sein mag, dass der  Tarif  über  einem  Normaltarif  liegt,  ist  unerheblich.  Ausweislich  der Rechtsprechung des Bundesgerichtshof, der sich die Kammer auch in diesem Fall anschließt, muss eine Aufklärung nur dann erfolgen, wenn der verlangte Mietzins deutlich über dem Normaltarif liegt. Zwar legt der BGH diesbezüglich keine starre Grenze für eine „deutliche Erhöhung" fest. Aus dem Urteil ergibt sich aber, dass der BGH davon ausgeht, dass Unfalltarife durchschnittlich um mindestens 100% über dem örtliche Normaltarif lägen. Zuschläge von bis zu 200% seien keine Seltenheit (BGH Urteil vom 28.06.2006 - XII ZR 50/04, zitiert nach juris). Die Kammer sieht in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des BGH eine „deutliche Erhöhung" vorliegend mithin nicht als gegeben an." (Landgericht Duisburg 5 S 11/22 vom 02.09.2022, Beschluss)

 

 

Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 43-22

Oberlandesgericht Frankfurt/Main 7 U 23/22 vom 28.09.2022
(Vorinstanz Landgericht Wiesbaden 2 O 143/21 vom 01.03.2022)

1. Der Geschädigte hat entsprechend des Wirtschaftlichkeitsgebotes nach § 249 BGB im Rahmen des Zumutbaren immer den wirtschaftlicheren Weg der Schadenbehebung auszuwählen.
2. Die vom Schädiger zu beweisende Frage, dass der Geschädigte hätte eine günstigere Alternative anmieten können, betrifft die Schadenminderungspflicht nach § 254 BGB.
3. Beansprucht der Kläger einen Betrag wie hier zunächst nach Schwacke und später nach der Fracke-Methode, handelt es sich um einen Normaltarif, stellt sich die Frage nicht im Rahmen der Erforderlichkeit, ob dem Geschädigten ein günstigerer Tarif zugänglich gewesen ist.
4. Ist der Vortrag der Beklagten wie hier ohne konkreten Vortrag in Bezug auf den konkreten Fall (Internetscreenshots), ist das Gericht nicht verpflichtet, die Schätzmethode zu überprüfen.
5. Lediglich hinsichtlich der Erstattungsfähigkeit der Kosten für Winterreifen begründet die Beklagte ihre Einwendungen, die jedoch keinen Erfolg haben können.

Zusammenfassung: Das Oberlandesgericht Frankfurt/Main wendet wiederholt das Mischmodell zur Schätzung der erforderlichen Grundwerte des Normaltarifes an. Der Beklagten wird mitgeteilt, dass ihre Auffassung von den Beweislastregeln nicht korrekt ist, sie müsse beweisen, dass der Geschädigte eine günstigere Mietwagenalternative ausgeschlagen habe. So lange der Geschädigte einen Normaltarif verlange, müsse er selbst nicht beweisen, dass es nicht auch günstiger gegangen wäre. In Bezug auf die Kostenerstattung für Winterreifen stellt das OLG klar, dass diese zwischen O und O vom Schädiger zu ersetzen sind.

Bedeutung für die Praxis: Das Berufungsgericht weist die Berufung der Beklagten gegen das erstinstanzliche Landgerichtsurteil zurück. In der Frage, was Kläger und Beklagte vortragen und beweisen müssen, gibt es immer wieder Verwirrung. Das OLG klärt zunächst nochmals Vortrags- und Beweislast-Regeln rund um die Frage der Mietwagenkostenerstattung in Bezug auf den Normaltarif, einen Betrag über dem Normaltarif, unter dem Normaltarif und zum über allem liegenden Unfallersatztarif. Da der Kläger einen Normaltarif verlangte und die Beklagte beweisfällig dafür blieb, dass den Geschädigten ein ohne Weiteres zugängliches günstigeres Angebot zur Verfügung stand, ist der verlangte Schadenersatzbetrag zu erstatten. Es reiche nicht, wenn die Beklagte behauptet, der Geschädigte hätte günstiger anmieten können, dafür auf nicht vergleichbare Internetscreenshots verweist und zum Beweis ein Gerichtsgutachten beantragt.
In Bezug auf die Frage der Erforderlichkeit von Kosten für Winterreifen stellt das Berufungsgericht zunächst klar, dass in den Wintermonaten eine Ausstattung mit Winterreifen notwendig ist und daher die Kosten, die mietvertraglich dafür vereinbart wurden, zum Schwacke-Vergleichsbetrag auch als Schadenersatz vom Schädiger zu erstatten sind. Dabei ist die Erforderlichkeit grundsätzlich von Oktober bis Ostern anzunehmen. Die Frage der tatsächlichen Ausstattung des beschädigten und in Reparatur oder Ersatz befindlichen Fahrzeuges des Geschädigten mit Winterreifen ist dafür nicht relevant.

Zitiervorschlag: "Kosten Winterreifen von O bis O erstattungsfähig"

"Dies gilt insbesondere auch hinsichtlich der Nebenkosten, gegen die sich die Beklagte lediglich pauschal "wendet". Eine zureichende, mit einer Begründung versehene Berufungsrüge ist insoweit lediglich hinsichtlich der Winterreifenpauschale erhoben. Gesondert in Rechnung gestellte Kosten für
Winterreifen sind jedoch bis zur Höhe der Schwacke-Nebenkostentabelle erstattungsfähig. Aufschläge für Winterreifen sind jedenfalls dann erforderlich i.S.d. S 249 BGB, wenn das Fahrzeug zwischen "Oktober und Ostern" (bis Ende April) angemietet worden ist. Die Erforderlichkeit ist dabei nicht nur dann von vornherein zu bejahen, wenn das verunfallte Kfz seinerseits mit Winterreifen ausgestattet war, sondern auch dann, wenn während der Mietdauer ernstlich mit der Möglichkeit von Wetterlagen gerechnet werden musste, die mit Rücksicht auf § 2 Abs. 3 a StVO eine Winterausrüstung des Mietwagens erforderlich machen. Da der Mieter Verantwortung für fremdes Eigentum übernehmen muss, ist ihm in der kalten Jahreszeit die Haftung für den Mietwagen ohne Winterreifen selbst dann nicht zuzumuten, wenn er sein eigenes Fahrzeug nicht mit Winterreifen ausgerüstet hat. Dies ist im Zeitraum zwischen Oktober und April jedenfalls der Fall."
(Oberlandesgericht Frankfurt/Main 7 U 23/22 vom 28.09.2022)

 

 

 

Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 42-22

Landgericht Aschaffenburg 12 O 44/22 vom 28.09.2022 

1. Die überlange Mietdauer ist aufgrund der mangelnden Liefermöglichkeit eines sicherheitsrelevanten Ersatzteils zur Instandsetzung des Unfallfahrzeuges gerechtfertigt.
2. Da die Beklagte nicht auf die Bitte um Unterstützung bei Ersatzteilbezug und Mietwagenvermittlung reagierte, hat sie die Mietwagenkosten vollständig nach dem Mischmodell aus Fraunhofer und Schwacke zu erstatten.
3. Die Höhe der Mietwagenkosten bestimmt sich aus den Pauschalen Woche, 3 Tage und Einzeltage.
4. Kosten der Nebenleistung Winterreifen sind zwischen Oktober und Ostern erstattungsfähig.
5. Ein Bestreiten der Aktivlegitimation des Klägers ist ohne eine weitere Substantiierung ausgeschlossen, da die Beklagte ihm gegenüber vorgerichtlich teilweise regulierte.

Zusammenfassung: Das Landgericht Aschaffenburg verurteilt die Allianz-Versicherung zu weiterem Schadenersatz aufgrund Mietwagenkosten und außergerichtliche Rechtsanwaltskosten. Insbesondere die mehrmonatige Dauer der Anmietung wird nicht beanstandet, da einerseits ein sicherheitsrelevantes Ersatzteil nicht lieferfähig gewesen ist und die Beklagte zur Reduzierung der Schadenkosten um geeignete Maßnahmen gebeten wurde. Auch die Kosten der erforderlichen Ausstattung mit Winterreifen sind vom Schädiger zu ersetzen. 

Bedeutung für die Praxis: Das Landgericht in Aschaffenburg sprach dem Geschädigten die restlichen geforderten Schadenaufwendungen bzgl. Mietwagenkosten und Rechtsanwaltskosten vollständig zu. Die hier angefallene überlange Mietdauer hat der Geschädigte nicht zu vertreten. Denn ein Verschulden nach § 254 BGB ist ihm nicht anzulasten, wenn einerseits notwendige Teile zur Unfallschadenreparatur fehlten und andererseits die Beklagte auf diesen Hinweis nicht reagierte. Im Rahmen seiner Ersetzungsbefugnis entstehende Mehraufwendungen, die sich seinem Einflussbereich entziehen, können nicht zu Lasten des Geschädigten gehen.
Die Kosten der Ausstattung des Mietwagens mit Winterreifen sind schadenrechtlich für eine Miete zwischen Oktober und Ostern zu ersetzen. Das Gericht macht diese Kosten nicht von der Ausstattung des Geschädigtenfahrzeuges abhängig und auch nicht von konkret zu beweisenden winterlichen Straßenverhältnissen. Das erscheint auch sachgerecht, denn es ist bei einer mehrtätigen Miete in dieser Zeit immer damit zu rechnen, dass die Temperaturen fallen. Es wäre unzumutbar und kaum zu organisieren, wenn Mieter massenhaft am Tag vor Frost Mietfahrzeuge oder Räder des Mietfahrzeuges tauschen wollten. Es entspricht grundsätzlich der Pflicht des Mieters, das Fahrzeug nur mit witterungs-konformer Bereifung zu nutzen. Daher hat er das Recht, wenn Winterwetter auftreten kann (in Deutschland anzunehmen von "O bis O"), auch ein Fahrzeug mit Winterreifen anzumieten und die Zusatzkosten vom Schädiger erstattet zu bekommen.
Bis in den Prozess hinein stritt man noch um weitere Positionen, wie Mietwagengruppe, Zweitfahrer-Gebühr, korrekte Mietwagenzulassung und die Frage, wie das verunfallte Fahrzeug versichert war, bis die Beklagte diese Positionen unstreitig stellte. Teilweise begab man sich auf Klägerseite dabei wohl aus Gründen der Prozess-Ökonomie in nicht zwingend notwendige Erklärungen. Weder besteht ein Zusammenhang zwischen Zulassung des Mietfahrzeuges als Mietwagen für Selbstfahrer und das Schadenersatzrecht, noch hat die Versicherung des Geschädigtenfahrzeuges etwas mit der Erstattungsfähigkeit weitgehender Haftungsreduzierungskosten aus dem Mietvertrag zu tun.

Zitiervorschlag: "Kosten Winterreifen von O bis O erstattungsfähig"

"Winterreifen sind auch bereits ab Mitte Oktober als erforderlich anzusehen. Der Zeuge XXX hat insoweit in seiner Zeugeneinvernahme ausgeführt, dass diese regelmäßig von "O bis O", d.h. von Oktober bis Ostern aufgezogen werden. Der zweite Mietwagen mit Winterreifen wurde am 14.10.2021 übergeben. Zu diesem Zeitpunkt waren Winterreifen erforderlich." (Anmerkung: Die Vermietung mit Winterreifen erfolgte im konkreten Fall Mitte Oktober) (Landgericht Aschaffenburg 12 O 44/22 vom 28.09.2022)

Zitiervorschlag: "Anwendung der Listenpauschalen, nicht Woche durch 7 mal Mietdauer"

"Die Berechnung des Mietwagentarifs nach Wochentarif und Zusatztag-Wochentarif ist ebenfalls nicht zu beanstanden. Grundsätzlich ist bei der Abrechnung der Mietwagenkosten bei mehrtägiger Vermietung die nach der Schwacke Automietpreisspiegel ausgewiesenen Reduzierungen nach Wochen-, 3-Tages- und Tagespauschalen zu berücksichtigen. (...)  Die Autovermietung ist nicht gehalten, hinsichtlich des Einzeltages den Tarif anteilig aus dem Wochentarif zu berechnen." (Landgericht Aschaffenburg 12 O 44/22 vom 28.09.2022)

Das Urteil ist rechtskräftig.

Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 41-22

Landgericht Düsseldorf 22 S 119/22 vom 11.08.2022 (Beschluss)
(Vorinstanz Amtsgericht Düsseldorf 39 C 123/21 vom 12.05.2022)

1. Der Kläger und Berufungskläger ist aktivlegitimiert, kein Verstoß gegen §§ 1,2,3 oder 5 RDG.
2. Zur Schätzung des erforderlichen Grundwertes des Normaltarifes wird das Mischmodell aus den Werten der Schwacke-Liste und der Fraunhofer-Liste angewendet.
3. Im Fall der Anmietung noch am Unfalltag wird ein pauschaler Aufschlag wegen unfallbedingter Mehrleistungen im Rahmen der Erforderlichkeit als erstattungsfähig angesehen.
4. Zum Grundpreis und unfallbedingten Aufschlag kommen Kosten der Nebenleistungen hinzu, wie für Haftungsreduzierung, Navigation, Winterreifen und Zustellen/Abholen, geschätzt nach Schwacke-Mittelwert.
5.  Ein Abzug für Eigenersparnis kommt nicht in Betracht, wenn sich der Geschädigte mit einem kleineren Fahrzeug begnügt hat.
6. Die Wiederbeschaffungsdauer von 23 Tagen anstatt standardmäßiger 14 Tage ist wegen vorliegenden Feiertagen und wegen einer während Corona längeren Suche nach einem alternativen Fahrzeug nicht zu beanstanden.

Zusammenfassung: Das Berufungsgericht in Düsseldorf hebt eine erstinstanzliche Entscheidung auf und spricht zusätzlichen Schadenersatz bzgl. Mietwagenkosten zu. Zum Grundbetrag des Normaltarifs nach Fracke wird im Fall der Anmietung am Unfalltag ein 20-prozentiger Aufschlag als berechtigt angesehen. Die Nebenkosten sind erstattungsfähig (nach Schwacke) und ein Eigenersparnis-Abzug entfällt bei klassenkleinerer Anmietung.

Bedeutung für die Praxis: Das Berufungsgericht bestätigt zunächst die Fracke-Linie in Düsseldorf. Bei klassenkleinerer Ersatzwagen-Anmietung unterliegt die Forderung des Geschädigten nicht noch zusätzlich einem Abzug wegen ersparter Eigenkosten. In dieser Frage klärt das Berufungsgericht für sich einen Streit, in dem das OLG Düsseldorf ohne eine tragfähige Begründung anders entschieden hatte.
Das Gericht wendet sich gegen die - auch anderswo immer wieder anzutreffende - Auffassung des Erstgerichtes, eine Erstattungsfähigkeit der Kosten einer weitgehenden Haftungsreduzierung hänge davon ab, ob für das eigene Fahrzeug des Geschädigten eine ebenso niedrige Selbstbeteiligung vereinbart sei.
Leider hat die Kammer den Unterschied zwischen dem Ausnahmefall "Unfallersatztarif" (Prüfung über § 254 BGB Schadenminderungspflicht) und dem Normalfall von Grundpreis + Aufschlag nach Zusatzleistungen bei der Vermietung an Unfallgeschädigte (20%-Aufschlag im Rahmen der Erforderlichkeit / § 249 BGB) nicht verstanden. Das Gericht spricht den im Rahmen der Erforderlichkeit zu prüfenden Aufschlag ausgerechnet in dem Fall der Eilbedürftigkeit zu. Braucht jemand aber sofort einen Ersatzwagen, ist tendenziell eher die Frage zu stellen, ob ein eigentlich zu teures Angebot ausnahmsweise doch erstattungsfähig ist (Unfallersatztarif). Die vom BGH aufgestellten Grundsätze zur Erforderlichkeit eines Aufschlages aufgrund unfallbedingter Mehrleistungen hat das Gericht nicht beachtet. So sieht der BGH u.a. in der Notwendigkeit der Vorfinanzierung  des Mietzinses durch den Autovermieter für den Geschädigten einen Aufschlagsgrund. Das hatte der Kläger hier auch vorgetragen.

Zitiervorschlag: "Kein Eigenersparnis-Abzug bei klassenkleinerer Anmietung"

"Von diesen Beträgen ist - anders als das Amtsgericht meint - kein pauschaler Abzug iHv 5% der Mietkosten im Wege der Vorteilsausgleichung vorzunehmen, weil der Geschädigte regelmäßig Eigenaufwendungen erspart (zB von so genannten "beweglichen Betriebskosten" wie Öl-Nachfüllkosten, Reparatur, Wartung und Reifen wie auch den so genannten "ersparten Verschleißkosten" durch die vorübergehende Nichtbenutzung des eigenen Fahrzeugs (...). Hier liegt jedoch eine Ausnahme wegen Anmietung eines klassentieferen Fahrzeugs vor. (vgl. hierzu OLG Schleswig, Urteil vom 28.11.2019 - 7 U 39/19, ... Rz. 26). Mietet der Geschädigte ein einfacheres Fahrzeug, dessen Miete um 10 % geringer ist als die Miete für einen gleichwertigen Pkw, entfällt der Eigenersparnisabzug, da der Abzug der Billigkeit wiedersprechen würde und die Vorteilsausgleichung nicht zu einer unbilligen Entlastung des Schädigers führen darf (vgl. BGH, Urt. v. 5.3.2013 - VI ZR 245/11... Rz. 26)."
Landgericht Düsseldorf 22 S 119/22 vom 11.08.2022 (Beschluss)

Zitiervorschlag: "Mietdauer / Wiederbeschaffungsdauer wegen Corona länger"

"Die vom Geschädigten vorgenommene Anmietzeit von 23 Tagen begegnet im Ergebnis keinen Bedenken. Zwar ist üblicherweise für die Neubeschaffung eines Fahrzeuges in der Regel keine Mietzeit von mehr als zwei Wochen zuzugestehen. Hier war aber zu beachten, dass sich zum einen die Begutachtung etwas verzögerte, zum anderen noch das Pfingstfest mit dem hiermit verbundenen Feiertag während der Anmietzeit und vor allem auch die Corona-Situation die Suche nach einem Ersatzfahrzeug deutlich erschwerte.
Zitiert aus Ersturteil, bestätigt von Landgericht Düsseldorf 22 S 119/22 vom 11.08.2022

 

Das Verfahren ist abgeschlossen, die Beklagte hat entsprechend des Beschlusses bezahlt.

 

Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 40-22

Amtsgericht Pirna 12 C 210/22 vom 22.09.2022

1. Eine Verwendung der Fraunhofer-Liste zur Schätzung erforderlicher Mietwagenkosten ist aus mehreren Gründen nicht denkbar, wie u.a. Vorbuchungsfrist, Internetlastigkeit, Beauftragung durch Versicherer.
2. Stattdessen ist die Schwacke-Liste Schätzgrundlage als geeignete anzusehen und vorzuziehen.
3. Vorgelegte Internetbeispiele begründen daran keine Zweifel, da diese aus vielerlei Gründen keinen konkreten Sachvortrag darstellen. So sind zum Beispiel keine konkreten Fahrzeuge benannt.
4. Dass die Schwacke-Liste als Schätzgrundlage nicht jedem ohne weiteres zugänglich ist, ist für deren Anwendbarkeit nicht relevant.
5. Kosten der Reduzierung einer Haftung für den Mieter im Fall der Beschädigung des Mietfahrzeuges sind vom Schädiger unabhängig davon zu erstatten, ob der Geschädigte sein eigenes Fahrzeug ebenso kaskoversichert hatte.
6. Ein Abzug für ersparte Eigenkosten entfällt bei klassenkleinerer Anmietung.

Zusammenfassung: Das Amtsgericht Pirna wendet allein die Schwacke-Liste zur Schätzung für ein Ersatzfahrzeug erforderlicher Mietwagenkosten an. Mit Blick auf die Fraunhofer-Liste sieht das Gericht erhebliche Bedenken in mehreren Teilbereichen der Erhebungsmethode. Zudem sei diese mit den Kraftfahrtversicherern zusammen ersonnen worden. Die von der Beklagten aufgezeigten Internetbeispiele sind samt und sonders nicht als konkreter Sachvortrag zu werten, nicht nur weil sie aus einer anderen Zeit und von zu weit entfernten Stationen stammen. Zum Grundwert des Normaltarifes nach Schwacke kommt noch die Kostenposition Haftungsreduzierung hinzu, die schadenrechtlich vom Schädiger zu ersetzen ist und nach der Nebenkostentabelle der Schwacke-Liste bemessen wird.

Bedeutung für die Praxis: Das Amtsgericht wendet sich in aller Deutlichkeit gegen die Methode der Fraunhofer-Liste, im Internet lediglich bei internationalen Unternehmen Preisangaben zu recherchieren. Dabei werden ganz konkret die Details der Vorgehensweise hinterfragt, wie die einwöchige Vorbuchungsfrist oder die Unterstellung einer festen Mietdauer. Liegen solche Zweifel vor und ist der Beklagtenvortrag in Bezug auf die Internetscreenshots als unkonkret zu bewerten, bleibt einem Gericht wohl wie hier lediglich die Anwendung der Schwacke-Liste.
Das Gericht begegnet dem Unsinns-Vortrag, dass die Online-Schwacke-Liste nicht anwendbar sei, da diese nicht frei öffentlich verfügbar sei. Das sei eine gedruckte Version auch nicht und bei Fraunhofer - egal ob digital oder gedruckt - auch nicht.

 

Anlagen MRW 3-22 Aufsatz Brabec Landgericht Wuppertal Fussnote 22

Preisbeispiele 2021 Zweitfahrer Europcar und Sixt

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Anlagen MRW 3-22 Aufsatz Brabec Landgericht Wuppertal Fussnote 21

Preisbeispiele 2021 Winterreifen Sixt und Europcar

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Anlagen MRW 3-22 Aufsatz Brabec Landgericht Wuppertal Fussnote 20

Weitere Preisbeispiele 2021 Haftungsreduzierung auf Selbstbeteilligung unter 500 Euro

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Anlagen MRW 3-22 Aufsatz Brabec Landgericht Wuppertal Fussnote 19

Preisbeispiel 2021 Haftungsreduzierung auf Selbstbeteilligung unter 500 Euro / Hertz

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Anlagen MRW 3-22 Aufsatz Brabec Landgericht Wuppertal Fussnote 18

Preisbeispiele 2021 Grundpreise zur Ermittlung des durchschnittlichen Tagespreises

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Anlagen MRW 3-22 Aufsatz Brabec Landgericht Wuppertal Fussnote 10

Preisbeispiele 2019 Navigationssystem / Kosten pro Tag / Europcar und Sixt

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Anlagen MRW 3-22 Aufsatz Brabec Landgericht Wuppertal Fussnote 9

Preisbeispiele 2019 Zusatzfahrer/ Kosten pro Tag / Europcar und Sixt

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Anlagen MRW 3-22 Aufsatz Brabec Landgericht Wuppertal Fussnote 8

Preisbeispiele 2019 Winterreifen / Kosten pro Tag / Sixt und Europcar

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Anlagen MRW 3-22 Aufsatz Brabec Landgericht Wuppertal Fussnote 7

Preisbeispiele 2019 Haftungsreduzierung unter 500 Euro Selbstbeteiligung / Kosten pro Tag / Sixt und Europcar Autovermietung

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Anlagen MRW 3-22 Aufsatz Brabec Landgericht Wuppertal Fussnote 6

Preisbeispiele 2019 Haftungsreduzierung unter 500 Euro Selbstbeteiligung / Kosten pro Tag / Hertz Autovermietung

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Anlagen MRW 3-22 Aufsatz Brabec Landgericht Wuppertal Fussnote 5

Vier Preisbeispiele 2019 vergleichbare Mietwagenklassen / Grundpreis

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Anlagen MRW 3-22 Aufsatz Brabec Landgericht Wuppertal Fussnote 4

Vier Anlagen zu der Frage, ob das Preisniveau in Düsseldorf und Wuppertal vergleichbar ist.

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Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 39-22

Amtsgericht Augsburg 25 C 957/22 vom 17.06.2022

1. Die Mietwagenkosten oberhalb eines nach § 287 ZPO zu schätzenden Normaltarifes sind zu erstatten.
2. Der Geschädigte hat glaubhaft machen können, sich mithilfe der Streitverkündeten nach günstigen Angeboten umgesehen zu haben. Weder der Reparaturbetrieb, noch überregionale Autovermieter konnten ein Fahrzeug vermieten.
3. Der Geschädigte kann sich der Mithilfe des Autovermieters zur Erkundigung nach alternativen Angeboten bedienen.
4. Entscheidend bleibt, dass sich der Geschädigte mit den Ergebnissen der Preiserkundigung selbst auseinandersetzt hat und die Anmiet-Entscheidung selbst trifft.

Zusammenfassung: Das Amtsgericht in Augsburg spricht den geforderten restlichen Schadenersatz wegen einer Ersatzanmietung vollständig zu. Die geforderte Summe lag oberhalb vergleichbarer Fraunhofer-Werte und auch über Fracke-Werten. Doch konnte der Geschädigte nachweisen, dass er sich vor der Ersatzanmietung nach Alternativen erkundigt hatte und solche nicht zu finden waren. Zur Erkundigung erhielt er Unterstützung von seinem Autovermieter, der versucht hatte, mit seinem Wissen um die Marktvorgänge möglichst transparent und neutral mit dem Geschädigten gemeinsam die konkrete Marktsituation herauszufinden und zu dokumentieren.

Bedeutung für die Praxis: Dass die überregionalen Autovermieter nicht immer lieferfähig sind, ist eine Binsenweisheit. Die Häufigkeit der "ausverkauft"-Situationen dürfte sich 2021 und 2022 nochmals verstärkt haben. Für die Macher und Nutzer der Fraunhofer-Liste und allgemein für die Schadenregulierung und Schätzung erforderlicher Kosten im Rahmen der Schätzung nach § 287 ZPO spielt das bisher erstaunlicherweise keine Rolle. Für mittelständische Vermietunternehmen bedeutet das, dass sie in solchen Fällen dagegen angehen können, auf einen niedrigen Listen-Vergleichswert zurückzufallen. Wenn es sich beweisen lässt, dass Minimal-Angebote im regionalen Markt zur Anmietzeit nicht vorhanden gewesen sind, kann nicht mit Liste geschätzt werden.
Geschädigte sind dabei weder willens noch in der Lage, die Vorgänge zu durchschauen. Daher kann der Vermieter bei einem transparenten und (damit es auch bei Gericht trägt: neutralen) Vorgang der telefonischen Preiserkundigung dessen Hand führen. In Fällen, in denen ein Gericht üblicherweise eher der Verwendung von Fraunhofer-Werten zugeneigt ist und daher den geforderten Betrag im Vergleich zu Fraunhofer als Unfallersatztarif ansehen würde (obwohl Preis vielleicht im Rahmen Schwacke), lässt sich auf diesem Weg der Listen-Diskussion begegnen.
Wichtig erscheint, dass der Geschädigte den Vorgang verstehen kann und seine Entscheidung zur Anmietung selbst und bewusst trifft.
Im Ergebnis sind quasi als Nebeneffekt die Internetscreenshots des Versicherers, die in nahezu allen Prozessen verbunden mit der Behauptung "die gibt es immer und überall" (sinngemäß) vorgelegt werden, als Schuss ins Blaue entlarvt. Die waren eben nicht da, diese Fahrzeuge zu diesem Preis am Anmietort. Es waren ggf. keine Fahrzeuge zum konkreten Bedarf oder gar keine Fahrzeuge da.

 

Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 38-22

Amtsgericht Bonn 114 C 230/21 vom 12.04.2022

1. Anders als die Beklagte sieht das Gericht in dem Verweis auf günstigere Angebote durch die Beklagte und auch aufgrund der telefonisch erteilten freundlichen Hinweise an den Geschädigten keinen Verstoß gegen die Schadenminderungs-Obliegenheit, wenn Fahrzeuge zum Marktpreis angemietet wurden.
2. Die Schätzung des Grundpreises marktüblicher Mietwagen erfolgt anhand des Mischmodells aus den Listen "Fracke".
3. Auf den Grundpreis ist ein Aufschlag in Höhe von 20 Prozent gerechtfertigt für unfallbedingte Mehrleistungen des Vermieters im Rahmen der Erforderlichkeit nach § 249 BGB.
4. Wegen außerdem erforderlicher Zusatzleistungen wie Haftungsreduzierung, Winterreifen u.a. sind die dafür entstandenen Kosten in Höhe der Vergleichswerte nach Schwacke erstattungsfähig.
5. Die Kosten der außergerichtlichen Kosten einer rechtlichen Vertretung sind ebenso erstattungsfähig.

Zusammenfassung: Das Amtsgericht Bonn weist den Vorwurf der Beklagten zurück, der Geschädigte hätte die von ihr mitgeteilten günstigeren Angebote realisieren können. Eine Verletzung der Schadenminderungspflicht sieht das Gericht nicht, wenn dem Geschädigten kein konkretes Angebot unterbreitet wird. Das Gericht bezieht sich dabei auf die Rechtsprechung des OLG Köln. Die Höhe des vom Unfallgegner zu erstattenden Betrages wird mittels Fracke, unfallbedingtem Aufschlag und Nebenkosten geschätzt.

Bedeutung für die Praxis: Versicherer suchen weiter den sofortigen telefonischen Kontakt zum Geschädigten, möglichst noch am Unfallort. Solche Telefonate sind aus verschiedenen Gründen problematisch. In den meisten Fällen wird es sich um eine Ausnahmesituation handeln, in der die Angerufenen überfordert sind, auch noch Einwände und Hinweise entgegenzunehmen, die sie rechtlich binden und die Höhe ihres Anspruches beschneiden sollen. Daneben besteht das Problem, dass der Geschädigte später nicht beweisen kann, was gesagt wurde bzw. was nicht gesagt wurde. Gerichte glauben manchmal allzu leicht den Versicherern und ihren selbst erstellten Aufzeichnungen. Hier haben sich schon Ungereimtheiten ergeben, zum Beispiel mit wem man telefoniert haben will. Außerdem kann der Versicherer so schnell gar kein konkretes Angebot abgeben. Er kennt weder den konkreten Mobilitätsbedarf, noch kann er sicher sagen, wann und wo er welches konkret passende Fahrzeug zur Verfügung stellen will. So wird die Höhe nach dem üblichen Strickmuster Fracke plus plus geschätzt.

Zitiervorschlag: "Kein konkretes Angebot"

"Entgegen der Auffassung der Beklagten müssen sich die Geschädigten und damit auch die Klägerin nicht auf einen günstigen Tarif verweisen lassen. Dies wäre unter dem Gesichtspunkt der Schadensminderungspflicht gemäß § 254 Abs. 2 S. 1 BGB nur dann angezeigt, wenn den Betroffenen seitens der Beklagten konkrete Preise, die genaue Verfügbarkeit und die genauen Konditionen in einem ohne weiteres annahmefähigen Angebot ausreichend transparent gemacht worden sind (OLG Köln Beschluss vom 27.3.2017 - 15 U 34/17 -, juris m.w.N.). Ein Angebot dieser konkreten und bestimmten Art behauptet die Beklagte selbst nicht. Soweit sie hierzu Internetangebote jeweils für einen späteren Zeitraum vorlegt, haben diese - da schlicht zeitlich nicht einschlägig - selbstverständlich außer Betracht zu bleiben. Soweit die Beklagte teilweise vorträgt, die Geschädigten seien vor der Anmietung telefonisch über günstigere Möglichkeiten informiert worden, reicht auch dies den vorgenannten Anforderungen nicht aus, da es sich jedenfalls nicht um vollständige, ohne weiteres annahmefähige Vertragsangebote gehandelt hat."
Amtsgericht Bonn 114 C 230/21 vom 12.04.2022

Zitiervorschlag: "Unfallbedingt erforderlicher Aufschlag"

"Unabhängig von der vorgenannten besonderen Eilbedürftigkeit in der Anmietsituation (so ausdrücklich OLG Köln, Urteil vom 1-6. Juni 2015 - 15 U 220/14 -, Rn. 17, juris) kann die Erforderlichkeit eines Unfallersatztarifs aber auch aus den Besonderheiten dieses Tarifs mit Rücksicht auf die Unfallsituation (etwa die Vorfinanzierung, wenn der Geschädigte zur Vorleistung etwa durch Einsatz einer Kreditkarte nicht verpflichtet ist; das Risiko eines Ausfalls mit der Ersatzforderung wegen falscher Bewertung  der Anteile am Unfallgeschehen durch den Kunden oder das Mietwagenunternehmen u.Ä.) allgemein einen gegenüber dem Normaltarif höheren Preis rechtfertigen, weil sie auf Leistungen des Vermieters beruhen, die durch die besondere Unfallsituation veranlasst und infolgedessen zur Schadensbehebung nach § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB erforderlich sind (BGH, Urteil vom 05. März 2013 - VI ZR 245/11 -, Rn. 15, juris). Als weiteres derartiges besonderes Merkmal mit Rücksicht auf die Unfallsituation kommt eine reparaturbedingt flexible Laufzeit des Mietvertrags in Betracht (OLG Köln a.a.O.; LG Bonn a.a.O.)."
Amtsgericht Bonn 114 C 230/21 vom 12.04.2022

Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 37-22

Amtsgericht Siegburg 125 C 206/21 vom 02.06.2022

1. Entgegen der Auffassung der Beklagten liegt kein Verstoß des Geschädigten gegen die Obliegenheit der Minderung des Schadens vor.
2. Telefonisch erteilte Mietwagenhinweise können kein konkretes und annahmefähiges Angebot sein.
3. Die Schätzung der erforderlichen Kosten der Ersatzmobilität erfolgt anhand des Mischmodells aus Schwacke und Fraunhofer.
4. Aufgrund des unklaren Rückgabezeitpunktes ist ein pauschaler Aufschlag in Höhe von 20 Prozent wegen unfallbedingter Mehrleistungen des Vermieters zu erstatten.
5. Die Kosten der üblicherweise nicht in den Grundpreisen enthaltenen Nebenleistungen sind gesondert zu erstatten und können mittels der Schwacke-Nebenkostentabelle geschätzt werden.

Zusammenfassung: Das Amtsgericht in Siegburg sieht keinen Verstoß gegen die Schadenminderungspflicht, wenn die/der Geschädigte eine allgemeine telefonische Information der Beklagten ignoriert und über den Reparaturbetrieb bei einem spezialisierten Autovermieter zum Marktpreis anmietet. Das Gericht schätzt mit Fracke zuzüglich Aufschlag und Nebenkosten. Auch die Kosten der außergerichtlichen anwaltlichen Tätigkeit sind zu erstatten.

Bedeutung für die Praxis: In der Regel beinhalten die "Aufklärungsschreiben" der Haftpflichtversicherer schon keine konkreten Angebote für einen Ersatzwagen. Denn ein allgemeines "wir können jedes Auto liefern und alles ist inklusive" ist kein konkretes Angebot. Der Geschädigte kann anhand der vorliegenden Informationen keinen Preisvergleich mit anderen Angeboten anstellen und auch nicht erkennen, wann ihm welches (vergleichbare) Fahrzeug wo für welchen Preis zur Verfügung gestellt werden soll. Das Amtsgericht Siegburg betrachtet den Fall der telefonischen Übermittlung der Vorgaben des Versicherers. Diese seien per se ungeeignet, ihn an ein Ersatzwagenangebot bzw. einen Preis zu binden.
Völlig unglaubwürdig erscheint die Behauptung der Beklagten, sie habe den Geschädigten telefonisch auf den Normaltarif hingewiesen. Hier zeigt sich, wie verschoben die Auffassungen sind und wie weit die schadenrechtlichen Überzeugungen auseinanderliegen. Spricht der Versicherer vom Normaltarif, handelt es sich doch tatsächlich um den Direktvermittlungstarif, den er mit einem oder mehreren Kooperationspartnern für solche Fälle als Großkunde vereinbart hat. Der Normaltarif ist dagegen nach Lesart der BGH-Rechtsprechung der Tarif, den ein Selbstzahler mit oder ohne Vorreservierung angeboten bekommt.

Zitiervorschlag: "Kein konkretes Angebot"
"Im Schadensfall 6 vermag der Beklagte nicht mit dem Einwand durchdringen, er habe den Geschädigten vorab über günstigere Anmietungsmöglichkeiten informiert.
Gegen die gegen die Ersatzfähigkeit eines Unfallersatztarifs kann zwar sprechen, dass der Haftpflichtversicherer des Schädigers den Geschädigten auf die Anmietung zum Normaltarif oder zum Unfallersatztarif hingewiesen hat (BGH, NJW 2016, 2402 Rn. 9, beck-online). An einen entsprechenden Hinweis seitens des Versicherers sind jedoch gewisse Anforderungen zu stellen, dessen Erfüllung der Beklagte nach den Regeln der Darlegungs- und Beweislast nachzuweisen hat. Erst durch das vorlegen eines konkreten Preises für das Mietverhältnis durch den Versicherer können diese Anforderungen als erfüllt betrachtet werden. Dass ein den Anforderungen genügendes Angebot seitens des Versicherers erfolgte, steht nicht zur Überzeugung des Gerichts fest. Der Vortrag des Beklagten über das Telefongespräch vom 09.12.2020 lässt bereits jegliche Details über ein konkret vorgelegtes Angebot missen. Nur auf telefonisch unterbreitete, und damit für den Geschädigten nicht dokumentierte und beweisbare, Vermittlungsangebote muss sich der Geschädigte nicht einlassen. Derartige „Angebote" sind nicht beweisbar, erst recht wenn auf diesem Weg Selbstbeteiligungen geregelt werden sollen, auch fehlen naturgemäß Detailangeben zur den Zusatzkosten und Zusatzleistungen.."
(Amtsgericht Siegburg 125 C 206/21 02.06.2022)

 

Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 36-22

Landgericht Köln 11 S 553/21 vom 02.08.2022 (Datum mündliche Verhandlung)
(Vorinstanz Amtsgericht Köln 263 C 109/20 vom 09.03.2021)

1. Die wegen Lieferverzögerung eines Ersatzteils weit über die zunächst veranschlagte Mietdauer hinausgehende Gesamtmietdauer ist nicht zu beanstanden.
2. Die Frage der Höhe erforderlicher Mietwagenkosten ist nicht zu vermengen mit Fragen der Obliegenheit für den Geschädigten zur Geringhaltung des Schadens.
3. Zur Bestimmung der Höhe erforderlicher Mietwagenkosten wird das Mischmodell Fracke angewendet.
4. Es ist in beiden Listen auf die statistische Größe arithmetisches Mittel abzustellen. 
5. Vom Grundwert nach dem Mischmodell ist bei klassengleicher Anmietung ein Abzug für ersparte Eigenaufwendungen in Höhe von 10 Prozent vorzunehmen.
6. Kosten erforderlicher und vom Vermieter erbrachter Nebenleistungen sind zu erstatten.

Zusammenfassung: Das Berufungsgericht in Köln sieht die Miete über die gesamte - wegen fehlender Teile verlängerte - Reparaturdauer als gerechtfertigt an. Das Erstgericht hatte mit einer extrem strengen Interpretation des Reparaturablaufes befunden, dass der Werkstatt ein Verschulden an der Verlängerung der Fahrzeugmiete zuzuweisen sei und daher den erstattungsfähigen Mietzeitraum für den Ersatzwagen erheblich gekürzt. Dem Geschädigten wurde auf dieser Basis wegen Verstoßes gegen die Schadenminderungspflicht ein weiterer Schadenersatzanspruch versagt. Das korrigierte das Berufungsgericht. Das Landgericht Köln schließt sich sodann der Mietwagenrechtsprechung des Amtsgerichtes Köln an und ändert seine Rechtsprechung zur Anwendung der Mietwagenlisten auf das Mischmodell. Die Kosten erforderlicher Nebenleistungen sind vom Schädiger zu erstatten.

Bedeutung für die Praxis: Zunächst ist der erste Teil des Urteils relevant, in dem die Kammer dem Erstgericht bescheinigt, die Rechte des Geschädigten auf eine sehr kleinliche Weise beschnitten zu haben. Weil nach Ansicht des Erstrichters davon auszugehen sei, dass eine frühere Nachfrage nach einem alternativen, eigentlich unpassenden Ersatzteil ganz sicher einen sofortigen Reparaturbeginn ermöglicht hätte, sei in der Werkstatt falsch vorgegangen worden, so das Amtsgericht. Der Geschädigte habe daher gegen die Schadenminderungspflicht verstoßen und müsse auf Teilen der Mietwagenkosten sitzenbleiben. Das Ergebnis der Berufung dagegen lautet, dass die Mietdauer nicht zu kürzen sei, da die Werkstatt stetig und wiederkehrend beim Lieferanten nach dem Ersatzteil gefragt hatte und jedes Mal die Auskunft erhielt, dass mit der Lieferung täglich gerechnet werden könne. In dieser Situation sei der Werkstatt kein Vorwurf zu machen, so lautet die Begründung der im Ergebnis erfreulichen Korrektur des Urteils der ersten Instanz.
Sofern dazu vorgetragen wurde, wäre ein 
eventueller Fehler der Reparaturwerkstatt für die Mietdauer und die Erstattungsfähigkeit der Mietwagenkosten jedoch unerheblich gewesen. Fehler der Werkstatt sind das Risiko des Schädigers und nicht des Geschädigten. Kommt es nach Ansicht des Schädigers und des Erstgerichtes zu Reparaturverzögerungen, heißt das ja nicht, dass der Geschädigte hätte etwas daran ändern können. Zwar wird ihm bei erheblichen Verzögerungen grundsätzlich eine Nachfrage zuzumuten sein, doch kann das nicht so weit gehen, der Werkstatt im Detail von Kundenseite Vorgaben zu machen, wie oft und wie intensiv nachzufragen und nach Alternativen zu suchen ist. Es ist das Risiko des Schädigers, wenn der Geschädigte eine Werkstatt beauftragt, deren möglicherweise zu beanstandenden Reparaturabläufe nicht optimal sind (auch wenn für eine solche Beanstandung hier bei dem konkreten Vorgehen der Werkstatt kein Raum ist, so sinngemäß das Berufungsgericht).
Das Landgericht Köln 
hätte das Vorbringen des Schädigers gegen die Länge der Mietdauer also damit beantworten können, dass der Geschädigte keinen ausreichenden Einblick in die und auf die Reparaturabläufe hat und daher die Mietdauer von ihm nicht zu beeinflussen ist. Insoweit hätte die Beklagte eine Abtretung von eventuellen Schadenersatzansprüchen des Geschädigten gegenüber der Werkstatt an sich verlangen und sodann versuchen können, in einem separaten Schadenersatzverfahren zu beweisen, dass die Werkstatt fehlerhaft agierte und sie den entstandenen Schaden der längeren Miete zu ersetzen habe. 
Im zweiten Teil des Urteils wird die Höhe des Schadenersatzanspruchs nach § 287 ZPO geschätzt. Die Kammer begründet nicht, warum sie von nun an das Mischmodell und nicht wie bisher die Werte der Schwacke-Liste anwendet. Diese fehlende Begründung erstaunt sehr. Denn jahrelang wies sie die Angriffe der Versicherer als unkonkret zurück und zählte die Zweifel an den Werten der Fraunhofer-Liste und die Vorteile der Schwacke-Liste auf. Die Entscheidung enthält kein einziges Argument, mit dem dieser Wandel nachvollziehbar wird, bis auf die Vereinheitlichung der Rechtsprechung. Damit macht es sich das Gericht sehr leicht und vermeidet, dass die Begründung für diese Änderung der Auffassung im Licht der früheren Urteilsbegründungen erheblich kritisiert werden könnte. Es ließe sich bereits bei der Frage "Modus oder arithmetisches Mittel" einhaken, die die Kammer in der Vergangenheit intensiv diskutierte, wovon sie nun nichts mehr zu wissen scheint.  

 

 

 

Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 35-22

Amtsgericht Trier 6 C 355/21 vom 10.08.2022

1. Zur Bemessung der Höhe des Schadenersatzanspruches wegen Ersatzwagenanmietung ist der Normaltarif des regionalen Mietwagenmarktes mittels Schwacke-Liste Automietpreisspiegel zu bestimmen.
2. Die Beklagte, die auf die alleinige Anwendbarkeit der Werte der Fraunhofer-Liste verweist, hat nicht bewiesen, dass der Geschädigte zum angegebenen Preis einen Ersatzwagen hätte anmieten können.
3. Grundsätze des Schadenrechts wären auf den Kopf gestellt, wenn in Bezug auf Vortrags- und Beweislast-Regeln dem Geschädigten im Rahmen der Schadenminderungspflicht mehr Pflichten auferlegt würden, als dem Schädiger.
4. Die vom Beklagten behaupteten Alternativangebote sind unpassend, vage und werden daher als unkonkreter Sachvortrag zurückgewiesen, da sie nicht den Substituierungsanforderungen zur Erschütterung einer Schätzgrundlage genügen.
5. Der insgesamt unkonkrete Sachvortrag der Beklagten verpflichtet das Gericht nicht dazu, zur Frage der Angemessenheit der geforderten Mietwagenkosten ein Sachverständigengutachten einzuholen.
6. Bei Anmietung binnen einer Woche nach dem Unfallereignis ist ein unfallbedingter Aufschlag auf den Normaltarif in Höhe von 20 Prozent angemessen.
7. Weitere Nebenkosten der Anmietung für Haftungsreduzierung, Navigations-Funktion, Winterreifen und Zustellen/Abholen des Fahrzeuges sind erforderlich anzusehen und daher erstattungsfähig.

Zusammenfassung: Das Amtsgericht in Trier spricht der aus abgetretenem Recht klagenden Autovermietung die weiteren geforderten Mietwagenkosten nach Unfall vollständig zu. Zur Schätzung des Normaltarifes werden die Schwacke-Mittelwerte angewendet, zuzüglich eines Pauschalaufschlages von 20 Prozent für unfallbedingte Mehrleistungen. Auch die Nebenkosten seien vom Schädiger schadenersatzrechtlich zu erstatten. Insgesamt bescheinigt das Gericht der Beklagten, dass ihr Vortrag mittels Internetscreenshots unzureichend ist. Sie müsse ihre Behauptung belegen, dass der Geschädigte in seiner konkreten Situation den behaupteten Preis konkret hätte erlangen können.

Bedeutung für die Praxis: Das Amtsgericht Trier orientiert sich an der ständigen Rechtsprechung der Berufungsgerichtes. Im Ergebnis gilt Schwacke + 20 + Nebenkosten. Der übliche Vortrag der Versicherer wird ganz korrekt zu verstanden, dass der Versicherer beweisen muss, dass der von ihm behauptete Normalpreis für eine vergleichbare Leistung zum Anmietzeitpunkt im regionalen Markt des Anmietorts gegolten hat. Irgendwelche nicht vergleichbaren Internetscreenshots können die Anwendung der Schätzgrundlage Schwacke daher nicht infrage stellen. Behauptet der Versicherer zudem, der Geschädigte habe mit der Art der Schadenbehebung gegen seine Pflicht zur Geringhaltung des Schadens verstoßen, müsse er das auch konkret beweisen. Ein Gutachten, verlang vom Gericht, wäre als ein Ausforschungsbeweis zu bewerten, wenn die Beklagte - wie hier - zu etwaigen Mängeln der Schätzgrundlage lediglich unkonkret vorgetragen hat.
Den unfallbedingten Aufschlag spricht das Gericht zu, wenn der Geschädigte innerhalb einer Woche einen Ersatzwagen anmietet. Das wird damit begründet, dass der Vermieter zusätzliche Risiken zu tragen hat, zum Beispiel weil Verursachungsanteile am Unfallereignis und damit Haftungsfragen noch fraglich sein könnten oder weil Anbieter Mehrkosten zu tragen haben, um flexibel und schnell auf den Ersatzbedarf zu reagieren.

 

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Bundesverband der Autovermieter Deutschlands e.V.

Wir stellen uns vor.

Der Bundesverband der Autovermieter Deutschlands e.V. (BAV) wurde am 05. April 1954 gegründet. Er ist eine Interessenvertretung von Unternehmen, die Pkw, Anhänger, Transporter und Lkw vermieten. Der BAV repräsentiert ca. zwei Drittel des Gesamtmarktes der Autovermietung. Er steht den Mitgliedern für alle branchenrelevanten Aufgaben zur Verfügung.

Alles Wissenswerte haben wir für Sie in einer Verbandsbroschüre aufbereitet. Bitte schauen Sie hinein. Sie erfahren wer wir sind und welche Aufgaben der BAV für die Branche der Autovermietung übernommen hat. Sie sehen, wie erfolgreich wir dabei bisher gewesen sind und warum es sich lohnt, unserer Interessengemeinschaft beizutreten und in Zukunft mit uns zusammenzuarbeiten.

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Urteilsdatenbank des BAV

Der BAV bietet den Zugriff auf eine Datenbank für Gerichtsurteile und Fachartikel bzgl. Mietwagen an.

Meinung der Nutzer (10.08.2022):
„Die Datenbank des BAV ist für die Mitglieder von großem Nutzen. Hier kann sich der Autovermieter oder sein Anwalt jederzeit über den aktuellen Stand der lokalen Rechtsprechung informieren. Von unschätzbarem Wert ist die Datenbank für die überregionale bundesweite Rechtsprechung. Wenn ein Autovermieter nicht lokal Klagen kann, sondern am entfernten Unfallort oder am Sitz der Versicherung klagen muss, bietet die Datenbank wichtige Informationen über die dortige Rechtsprechung und insbesondere die möglichen Erfolgsaussichten einer Klage fern der Heimat.“

In der Datenbank sind - zumeist im Format PDF - enthalten:
- alle wichtigen BGH-Urteile der letzten Jahre
- alle wichtigen und uns bekannten Urteile der Oberlandesgerichte und der Landgerichte seit 2008
- jeweils mindestens ein Urteil einer Abteilung eines Amtsgerichtes seit 2008, soweit bekannt und von Bedeutung
- alle aktuellen uns bekannten Urteile seit Mitte 2010

Mitte 2022 befinden sich ca. 6.600 Dokumente in der Datenbank. Für ...

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