Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 22-24
Amtsgericht Königswinter 15 C 2/24 vom 08.05.2024
1. Den Maßstab für die wirtschaftliche Erforderlichkeit für Mietwagenkosten bildet der am Markt übliche Normaltarif nach der Schwacke-Liste.
2. Das Gericht ändert seine bisherige Rechtsprechung in der Frage der heranziehbaren Listen mit Verweis auf den BGH ausdrücklich und hält die Fraunhofer-Liste nicht mehr für anwendbar und die Anwendung des Mischmodells nicht mehr für gerechtfertigt.
3. Die Beklagte hat weder mit dem Hinweis auf angebliche Vorzüge von Fraunhofer noch mit allgemeiner Kritik an Schwacke und auch nicht mit Internetbeispielen die Anforderungen an den konkreten Sachvortrag zur Erschütterung der Verwendbarkeit einer Schätzgrundlage erfüllt.
4. Dem Geschädigten ist grundsätzlich nicht zuzumuten, im Internet oder anderswo nach besonders günstigen Anbietern zu suchen, da lediglich der Normaltarif nach Schwacke gefordert wird.
5. Der erstattungsfähige Betrag ist im Rahmen der Addition von Pauschalen (Woche + 3 Tage + Tag) zu ermitteln, Kosten erforderlicher Nebenkosten kommen hinzu.
6. Die Klägerin – eine Autovermietung – durfte sich eines Rechtsanwalts zur Durchsetzung ihrer Forderungen bedienen, weshalb auch die außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten von der Beklagte zu erstatten sind.
Zusammenfassung: Das Amtsgericht Königswinter schließt sich dem Landgericht Bonn an und beendet die Ära des Mischmodells Fracke. Aus zwei vermeintlich falschen Erhebungen könne man nicht eine richtige machen und die neueren Argumente der Klägerin in Bezug auf die jüngsten Ausgaben der Fraunhofer-Liste führen zur kompletten Abkehr von der Auffassung, man könne Fraunhofer im Rahmen der Schadenschätzung einsetzen.
Bedeutung für die Praxis: Das Amtsgericht Königswinter folgt dem Landgericht Bonn bei der Änderung der Mietwagen-Rechtsprechung im Listenstreit. Zur Begründung werden die Fehler und methodischen Kniffe der Fraunhofer-Liste genannt. Das Überwiegen der Internet-Preise bei wenigen Anbietern schließt es aus, dass die Fraunhofer-Werte den Markt angemessen repräsentieren. Der Mieter eines Fahrzeuges nach einem Unfall kann nicht auf Internetangebote verwiesen werden, zum Beispiel weil deren Miete nicht mit offenem Miet-Ende erfolgen kann. Der BGH hat den Internetmarkt als Sondermarkt angesehen. Internetangebote sind nicht allgemein für jeden zugänglich. Dem Geschädigten steht daher der regionale Markt zur Verfügung. Die Vorbuchungszeit – die die Höhe der Preise beeinflusst – kann der Geschädigte meist nicht einhalten. Die Werte im Internet sind Lockvogelangebote, eine Reservierung keine sichere Buchung (invitatio ad offerendum).
Die Methode der Schwacke-Liste hingegen ist breiter angelegt, berücksichtigt auch Preisangaben im Internet und anders als es die Beklagte behauptet, führt die Durchführung einer nicht anonyme Befragung, nicht zur Unbrauchbarkeit der Schwacke-Werte. Die immer wieder behaupteten falschen Angaben der Vermieter sind eine Unterstellung, d.h. es liegen dafür keine Belege vor.