Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 47-22


Amtsgericht Salzgitter 21 C 111/ 22 vom 03.08.2022

1. Erstattungsfähige Mietwagenkosten sind nach dem Mischmodell aus den Listen von Schwacke und Fraunhofer (Fracke) zu schätzen.
2. Von der Beklagten vorgelegte Internetangebote stellen keine konkreten Einwendungen gegen die Anwendung der Fracke-Werte dar.
3. Der Abzug für ersparte Eigenaufwendungen des Geschädigten ist mit 10 Prozent zu bemessen, sofern er ein klassengleiches Ersatzfahrzeug angemietet hat.
4. Einen unfallbedingten Aufschlag auf den Normaltarifs sieht das Gericht lediglich im Fall einer Eil- und Notsituation als berechtigt an.
5. Die Kosten erforderlicher Nebenleistungen für Haftungsreduzierung, Winterreifen, Zustellen und Zusatzfahrer sind vom Schädiger zu erstatten und bemessen sich nach der Nebenkostentabelle der Schwacke-Liste.
6. Der Kläger kann Schadenersatz inkl. der Umsatzsteuer verlangen, da er nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt ist, auch wenn das beschädigte Fahrzeug ein Leasingfahrzeug ist.

Zusammenfassung: Im Fall eines Ausfallschadens aufgrund der Beschädigung eines Leasingfahrzeuges bemisst sich der Schadenersatzbetrag für ein Mietfahrzeug inkl. der Umsatzsteuer und nicht netto, wie die Beklagte unter Verweis auf die vorsteuerabzugsberechtigte Leasinggesellschaft argumentiert hatte. Die Schätzung der Höhe der erforderlichen Kosten erfolgt darüber hinaus mittels Fracke-Vergleichswert und Nebenkosten.

Bedeutung für die Praxis: Wird ein Leasingfahrzeug beschädigt, ist der Leasinggeber als Vorsteuerabzugsberechtigter anzusehen. Versicherer verweisen dann darauf, lediglich Netto-Beträge regulieren zu müssen. Doch der Leasingnehmer hat einen eigenen Ausfallschaden und ist der selbst nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt, ist - anders als die Beklagte meint - brutto zu regulieren. Da auch der Besitz vor einer Störung geschützt ist und der Leasingnehmer ein berechtigter Besitzer ist, ist er ebenso wie der Leasinggeber als Geschädigter zu betrachten. 
Bei der Anwendung des Mischmodells aus den Listen hebt das Gericht sehr ungewöhnlich auf die Ergebnisse der Telefonerhebung ab. Auch wenn es diese Passage auf beide Listen zu beziehen scheint, gibt es solche nur in der Fraunhofer-Liste und dort nur für extrem große Regionen, von hier ca. 180 Kilometern Ausdehnung.
Die von der Beklagten vorgelegten Internetbeispiele werden als nicht vergleichbar zurückgewiesen.
Dass ein Schadenersatzanspruch oberhalb des durchschnittlichen Normaltarifes vom Gericht lediglich im Fall einer Not- und Eilsituation als erstattungsfähig angesehen wird, entspricht nicht der höchstrichterlichen Rechtsprechung. Zwischen Unfallersatztarif und Normaltarif hat der BGH den unfallbedingten Aufschlag etabliert, der auch bei anderen unfallbedingten Mehrleistungen erstattungsfähig ist, wenn diese aus Sicht des Geschädigten als erforderlich zur Erlangung der Ersatzanmietung zu gelten hat. Beispiele sind die Vorfinanzierung durch den Vermieter oder der Verzicht auf eine Kaution, die ein Mieter üblicherweise zu zahlen hat.