Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 16-22

Amtsgericht Schweinfurt 3 C 1059/21 vom 10.03.2022

1. Eine Schätzung des erforderlichen Herstellungsaufwandes für - zur Aufrechterhaltung der Mobilität - aufzuwendende Mietwagenkosten erfolgt mittels Schwacke-Automietpreisspiegel, Verweis auf BGH.
2. Dem Geschädigten ist zur Einhaltung des Wirtschaftlichkeitsgebotes keine Marktforschung zuzumuten.
3. Ein von der Beklagten im Nachhinein recherchiertes günstiges Internetangebot, das zudem inhaltlich nicht vergleichbar ist, ist kein ausreichend konkreter Sachvortrag, um eine Diskussion der angewendeten Schätzgrundlage erforderlich zu machen.
4. Der Abzug für ersparte Eigenaufwendungen des Geschädigten während der Nutzung eines Ersatzfahrzeuges wird mit 3 Prozent bemessen.
5. Aufgrund der Notwendigkeit einer sofortigen Anmietung ist ein Aufschlag auf den Normaltarif-Grundpreis in Höhe von 20 Prozent für unfallbedingte Mehrleistungen des Autovermieters erstattungsfähig.
6. Die Kosten der vereinbarten Nebenleistung Zustellen und Abholen des Mietwagens sind vom Schädiger zu erstatten.

Zusammenfassung: Das Amtsgericht Schweinfurt wendet zur Schätzung der Höhe der erforderlichen Mietwagenkosten die Schwacke-Liste an. Zumindest bei Sofortbedarf der Ersatzmobilität ist ein hierauf bezogener 20-prozentiger Aufschlag erstattungsfähig. Auch die Kosten erforderlicher Nebenleistungen sind zu erstatten. Der Abzug für Eigenersparnis beträgt 3 Prozent vom Grundpreis aus der Normaltarif-Schätzgrundlage Schwacke.

Bedeutung für die Praxis: Die Schweinfurter Gerichte wenden weiter Schwacke an und weisen mittels Fraunhofer und Internetscreenshot dagegen gehaltenen Vortrag als unbegründet ab, da lediglich allgemein und nicht konkret auf den Fall bezogen. Im Streitfall lag ein Sofortbedarf vor, weshalb auch ein Aufschlag für unfallbedingte Mehrleistungen zugesprochen wurde. Ob ein solcher Aufschlag - wie vom BGH vorgegeben - zum Beispiel auch aus Gründen der Vorfinanzierung des Mietzinses durch den Autovermieter auch zugesprochen werden würde, wenn es sich nicht um eine Not- oder Eilsituation gehandelt hätte, ist dem Fall nicht zu entnehmen.
Die Bemessung des Eigenersparnis-Abzuges wird durch das Gericht korrekt vorgenommen, nämlich lediglich bezogen auf den Grundwert des Normaltarifes und nicht auf den Gesamtbetrag inklusive der Nebenleistungen.
Auch dieses Gericht lässt sich ein klein wenig verunsichern. Dass die Anmietung grundsätzlich erforderlich ist, begründet es mit einer mit dem Mietwagen zurückgelegten Wegstrecke im 4-stelligen Bereich und der Notwendigkeit von täglichen Fahrten zur Arbeit. Dabei ist bereits der Ausfall des vor der Tür stehenden eigenen Fahrzeuges grundsätzlich ausreichend dafür, einen Schadenersatzanspruch für fortgesetzte Mobilität zu begründen. Und wenn es denn mehr als die durschnittlichen 20 km pro Tag sind, ist kein Raum für weitere Diskussionen. Denn der Geschädigte ist so stellen - sprich so mobil zu stellen - wie er es vor dem Unfall war, ohne km-Begrenzung und andere Phantasien der zahlungsunwilligen Haftpflichtversicherer.