Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 39-21

Oberlandesgericht Dresden 1 U 1381/20, Urteil vom 02.06.2021
(Vorinstanz: Landgericht Chemnitz 2 O 517/19 vom 05.06.2020)

1. Die Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen, sodass die Klägerin einen Anspruch hat auf eine vollumfängliche Erstattung restlicher Mietwagenkosten.
2. Eine Erkundigung vor Anmietung nach verfügbaren und vergleichbaren Fahrzeugen und Preisen ergab, dass andere Angebote zwar zumindest teilweise verfügbar, aber nicht günstiger, sondern teurer gewesen wären.
3. Die Höhe der erstattungsfähigen Mietwagenkosten wird daher nicht anhand der Erforderlichkeit (§ 249) und damit nicht nach Listenwerten geschätzt, sondern diese aus dem Blickwinkel der subjektbezogenen Schadenbetrachtung vollständig zugesprochen (§ 254 BGB).

Zusammenfassung: Das Oberlandesgericht Dresden - der 1. Senat, der sonst Fracke anwendet - hat dem Autovermieter sämtliche restliche Mietwagenkosten zugesprochen, weil der Geschädigte nach entsprechender Erkundigung kein so günstigeres Fahrzeug bekommen konnte, wie Haftpflichtversicherer regelmäßig - wie auch hier die Beklagte - behaupten. Umliegende alternative Anbieter hatten zwar teilweise auch vergleichbare Fahrzeuge zur Verfügung, jedoch nicht günstiger, als der hier klagende mittelständische Autovermieter.

Bedeutung für die Praxis: Aus Sicht der Haftpflichtversicherer argumentiert es sich in der Regel sehr einfach. Fraunhofer wird mit ein paar unkonkreten Screenshots unterlegt und das soll zeigen, dass Schwacke zur Schätzung erforderlicher Mietwagenkosten nicht richtig sein kann. Das führte langfristig zur Etablierung der Fracke-Werte. Der Fall zeigt, dass, unabhängig von der Frage, unter welchen speziellen Bedingungen die Fraunhofer-Werte erhoben wurden (z.B. Vorbuchungsfrist), mitnichten immer und überall Fraunhofer-Preise gelten. Eine Prüfung der Marktlage vor Ort ist laut OLG Dresden durchaus unter aktiver Mithilfe des Vermieters denkbar, um nachzuweisen, dass eben nicht an jeder Ecke das 20-Euro-Ersatzfahrzeug herumsteht. Wenn - wie hier - die klägerische Forderung im Rahmen der Schwacke-Werte liegt und die Erkundigung nach "günstigeren" Alternativen ergibt, dass die "marktbeherrschenden überregionalen" Vermieter teurer gewesen wären, dann gibt es keine deutlicheren Hinweise darauf, dass Fraunhofer den tatsächlichen Markt nicht abbilden kann.