Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 28-21

Landgericht Hannover 17 O 215/19 vom 30.04.2021

1. Der aus abgetretenem Recht in 11 Schadenfällen klagende Autovermieter ist in allen Fällen aktivlegitimiert, wegen restlichem Schadenersatz bzgl. Mietwagenkosten gegen die Haftpflichtversicherung der Schädiger vorzugehen.
2. Die den Geschädigten zur Unterzeichnung vorgelegte "Abtretung erfüllungshalber" ist wirksam vereinbart und begründet keinen Verstoß gegen das Rechtsdienstleistungsgesetz und auch keine unangemessene Benachteiligung (§ 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB).
3. Die Inhalte der hier verwendeten Abtretungserklärungen sind mit der von der Beklagten diskutierten BGH-Entscheidung zur Abtretung von Schadenersatzansprüchen aufgrund Sachverständigengutachten (BGH VI ZR 274/17) nicht vergleichbar.
4. Von der Beklagten vorgelegte Internetscreenshots sind kein konkretes Argument gegen die Anwendung der Fracke-Liste, da die Beispiele nicht repräsentativ und auch nicht vergleichbar mit den Anmietfällen sind.
5. Die Höhe der erforderlichen Mietwagenkosten zur Wiederherstellung werden mit Fracke und den Schwacke-Nebenkosten geschätzt.
6. Ein Abzug für ersparte Eigenaufwendungen in Höhe von 5 Prozent ist ausreichend.

Zusammenfassung: Das Landgericht in Hannover bestätigt die Formulierungen einer Abtretungserklärung erfüllungshalber bzgl. Schadenkosten nach Ersatzwagenanmietung. Eine Regelung zur Rückabtretung war nicht enthalten, ebenso wenig eine Klausel zu der Frage, wie es sich mit dem Mietzinsanspruch verhält, wenn der Versicherer einen Teil des Schadenersatzanspruches an den Zessionar auszahlt. Das Gericht wendet den arithmetischen Mittelwert aus Schwacke und Fraunhofer an und setzt die Kosten erforderlicher Nebenleistungen hinzu.

Bedeutung für die Praxis: In Bezug auf die Formulierungen von Abtretungsvereinbarungen existieren allein für den Mietwagenbereich bereits viele verschiedene Varianten. Hier wurde eine Version einer "Abtretung erfüllungshalber" als wirksam bestätigt, wie sie - mit teilweise geringfügig anderen Worten - der BAV 2008 zur Einführung des Rechtsdienstleistungsgesetztes entwickelt und bis 2019 empfohlen hatte. Das Landgericht sieht diese als wirksam an. Im Übrigen wird die Linie des OLG Celle eingehalten: Fracke plus Nebenkosten.

Zitiervorschlag: "Internetbeispiele kein konkreter Sachvortrag"

"Soweit die Beklagtenseite zum Normaltarif verschiedene Angebote (Enterprise Autovermietung Deutschland GmbH, Sixt GmbH & Co. Autovermietung KG, Avis Budget Autovermittlung GmbH und Co. KG) anführt, sei auf das Urteil des OLG Celle (14 U 186/18) vom 26.06.2019 verwiesen, dessen Ausführungen sich das Gericht anschließt.. Dort wird Folgendes ausgeführt: Die Beklagte hat nur auf lnternet­ Anfragen von großen Anbietern (hier Fa. Avis, Europcar, Hertz und Sixt) verwiesen. Damit hat sie jedoch nicht im Sinne der Anforderungen des Bundesgerichtshofs (vgl. BGH, NJW 2013, 1539 ff. - juris Rn. 12) hinreichend dargelegt, dass der zur Schadensbehebung erforderliche maßgebende Normaltarif zum Zeitpunkt der Anmietung tatsächlich deutlich günstiger gewesen sein könnte als der aus dem arithmetischen Mittel der Schwacke-Liste und der Fraunhofer-Tabelle ermittelte Normaltarif. Die vorgelegten Angebote sind zur Bildung eines Durchschnittspreises schon deswegen nicht geeignet, weil die Beklagte lediglich Angebote von vier großen Unternehmen vorlegt, andere Anbieter aber nicht abgefragt hat. Insoweit liegt eine hinreichend repräsentative Umfrage nicht vor. Dabei müssen nämlich die Befragten so ausgewählt werden, dass sie die gesamte zu befragende Gruppe repräsentieren. Um das zu erreichen, müssten die Befragten ausgewogen ausgewählt, d. h. nicht nur große Internetanbieter, sondern z. B. auch kleinere örtliche Anbieter einbezogen werden. Der dort entschiedene Fall ist mit dem hiesigen vergleichbar, zudem stammen die hier vorgelegten drei Angebote aus dem Postleitzahlgebiet 33XXX und nicht aus der jeweiligen Anmietregion. Die Beklagte kann daher mit ihren Angeboten nicht gehört werden. (Landgericht Hannover 17 O 215/19 vom 30.04.2021)"

Zitiervorschlag: "Abtretung wirksam"

"Die  Klägerin  ist  aktivlegitimiert.  Die  Abtretungserklärung  ist  nicht  wegen  des Verstoßes gegen ein gesetzliches Verbot unwirksam. Die Einziehung einer an ein Mietwagenunternehmen abgetretenen Schadensersatzforderung des Geschädigten auf Erstattung von Mietwagenkosten ist gemäß § 5 Abs. 1 Satz 1 RDG grundsätzlich erlaubt, wenn, wie hier, allein die Höhe der Mietwagenkosten streitig ist (BGH, Urteil vom 31.01.2012 - VI ZR 143/11). Dies gilt auch hinsichtlich des Falls drei, in welchem lediglich die Berechnung an sich streitig ist, jedoch nicht die Höhe der Haftung.
Die in Form einer allgemeinen Geschäftsbedingung gefasste Abtretungserklärung ist auch im Übrigen wirksam. Eine Abtretung ist nur wirksam, wenn die Forderung, die Gegenstand der Abtretung ist, bestimmt oder wenigstens bestimmbar ist (vgl. BGH, Urteil vom 7. Juni 2011 - VI ZR 260/10, VersR 2011, 1008 Rn. 6 mwN). Dies ist hier der Fall, weil nur die Schadensersatzansprüche auf Erstattung der Mietwagenkosten nach dem konkret benannten Schadensereignis abgetreten wurden und für die Klägerin auch hinreichend deutlich ist, unter welchen Umständen sie durch die Abtretung nicht von einer Verpflichtung zur Zahlung befreit wird. Eine Bezifferung des Schadensersatzanspruchs war im Zeitpunkt der Abtretungserklärung weder möglich noch erforderlich. Die - nach § 5 Abs. 1 Satz 1 RDG erlaubte - Geschäftspraxis der Klägerin weicht auch nicht von wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung ab (§ 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB) (vgl. BGH, Urteil vom 31. Januar 2012 - VI ZR 143/11 - , BGHZ 192, 270-279, Rn. 18).
Diese Abtretungsklausel ist auch nicht vergleichbar mit der Klausel welche Grundlage des Urteils des BGH vom 17.07.2018 (VI ZR 274/17) war. Die dortige gegen das (...) begründet, dass die Rechtslage für den dortigen Zedenten noch weiter kompliziert wurde, in dem auch das Recht zur Weiterabtretung der Forderung ausdrücklich vereinbart wurde. Dies ist bei der vorliegenden Klausel indes nicht der Fall. (Landgericht Hannover 17 O 215/19 vom 30.04.2021)"