Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 13-21

Amtsgericht Siegburg 119 C 27/20 vom 22.02.2021

1. Die Geschädigte hat nicht gegen ihre Obliegenheit zur Schadenminderungspflicht verstoßen, als sie trotz vorliegenden Direktvermittlungsschreibens der Beklagten bei der Klägerin angemietet hat.
2. Die Schätzung der erforderlichen Kosten zur Schadenbehebung nimmt das Gericht anhand des Mittelwertes der Listen vor.
3. Die Kosten einer erweiterten Haftungsreduzierung sind schadenersatzrechtlich erstattungsfähig.
4. Die Beklagte hat auch weitere Nebenkosten für Winterreifen und Zustellungen zu erstatten.
5. Ebenso sind die Kosten vorgerichtlicher Anwaltseinschaltung ein Teil der berechtigten Schadenersatzforderung.

Zusammenfassung: Das Amtsgericht in Siegburg weist den Vorwurf der Haftpflichtversicherung zurück, die Geschädigte hätte gegen ihre Schadenminderungspflicht verstoßen, nachdem sie ihr ein Angebot zu einem günstigen Preis genannt habe. Zur Bestimmung der erforderlichen Kosten greift das Gericht auf den Mittelwert der Listen zurück und spricht weitere Nebenkosten nach Schwacke zu.

Bedeutung für die Praxis: Der Haftpflichtversicherer hatte eine Mietwagenpreis-Vorgabe gemacht und dafür mehrere Autovermieter genannt. Sie behauptet, dass ein passender Ersatzwagen zu einem geringen Preis bei beiden genannten Unternehmen völlig unproblematisch erhältlich seien. Sie müsse sich nur dorthin wenden- das könne sie rund um die Uhr tun - und bekomme den vollen zustehenden Mobilitätsersatz. Dort hat sich jedoch kein Fahrzeug erhalten und auch die Beklagte war im Anschluss mehrfach nicht mehr telefonisch und auch nicht per eMail erreichbar. Der Fall zeigt, dass die Behauptungen der Haftpflichtversicherer, man könne immer und überall das Passende liefern oder vermitteln nicht korrekt ist. Nach vorliegenden Informationen geben die Vermieter auch keine hundertprozentige Liefergarantie ab, schon gar nicht für ein bestimmtes Fahrzeug. Schon von daher kann die immer wieder auch bei Gericht getätigte Behauptung nicht korrekt sein, man könne dem Geschädigten immer das Fahrzeug zur Verfügung stellen, das seinem schadenrechtlichen Anspruch entspricht. Diese Frage betrifft mithin nicht nur diesen Einzelfall, sondern generell die Frage, inwieweit der Versicherer gegenüber Geschädigten lediglich Behauptungen aufstellt, um in allen Fällen mit einem Verstoß gegen Schadenminderungsobliegenheiten zu argumentieren. Wenn es bereits am Anfang ggf. eine falsche Aussage darstellt, der Geschädigte könne unkompliziert und schnell mit wenig Aufwand das Benötigte zu günstigsten Preisen erlangen, dann kann man sich nicht auf den Standpunkt stellen, der Geschädigte könne ja im Einzelfall nachweisen, dass es nicht funktioniert habe.