Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 09-20

Amtsgericht Köln 268 C 153/19 vom 17.12.2019

1. Sofern der Geschädigte die Mietwagenrechnung bereits bezahlt hat oder die unbezahlte Mietwagenforderung selbst gegen den Schädiger durchsetzt, indiziert die Rechnung die erforderlichen Kosten.
2. Die Schätzung erforderlicher Mietwagenkosten kann anhand der Schwacke-Liste Automietpreisspiegel erfolgen.
3. Der Verweis der Beklagten auf die Fraunhofer-Liste und Internetbeispiele ist kein konkreter Sachvortrag gegen die Anwendung der Schwacke-Liste.
4. Ein unfallbedingter Aufschlag auf den Normaltarif ist bei Eilbedürftigkeit der Anmietung gerechtfertigt.
5. Die Geschädigten verstießen nicht gegen ihre Pflicht zur Schadengeringhaltung, weil sie die Vermittlung von Ersatzfahrzeugen durch die Beklagte ignorierten.

Zusammenfassung: Das AG Köln schätzt erforderliche Kosten mittels Schwacke und lehnt die Verwendbarkeit der Fraunhofer-Liste ab. Inhalte vorgelegter Internetscreenshots sind nicht vergleichbar und daher kein konkreter Sachvortrag. Die Anrufe und Schreiben der Beklagten zur Direktvermittlung von Ersatzwagen waren unkonkret. Es fehlte die Angabe des konkret anzumietenden Fahrzeuges und eine ausreichende Reduzierung der Haftung im Schadenfall. Daher konnten die Geschädigten bei der Klägerin anmieten und dieser sind die erforderlichen Kosten vom Haftpflichtversicherer zu ersetzen.

Bedeutung für die Praxis: Das Gericht stellt zunächst fest, dass der Geschädigte entgegen der Auffassung der Beklagten vor Anmietung nicht zur Erforschung des Marktes verpflichtet ist und keine überobligatorischen Anstrengungen für den Schädiger unternehmen muss, für ihn zu sparen. Auch wenn das Gericht die Schwacke-Liste anwendet und die Nebenkosten für Kasko, Winterreifen, Zustellung, Zusatzfahrer und Navigation zuspricht, verwehrt es für die allermeisten Schadenfälle den unfallbedingten Aufschlag. Denn es macht diesen abhängig von der Eil- und Notsituation. Das Gericht verkennt hier, dass der Aufschlag im Rahmen der Erforderlichkeit nach § 249 zu gewähren und an der Stelle eine Diskussion des § 254 BGB fehlerhaft ist. Denn es geht hier nicht um den Unfallersatztarif, sondern um typische Zusatzleistungen des Vermieters, die erforderlich sind, damit der Geschädigte überhaupt eine Ersatzmobilität erhalten kann, auch wenn er beispielsweise nicht in der Lage ist, eine Kaution zu stellen oder die Miete selbst vorzufinanzieren. Stattdessen verlangt das Gericht für einen unfallbedingten Aufschlag den Vortrag des Klägers, dass dem Geschädigten keine günstigeren Tarife zur Verfügung gestanden haben. Laut BGH ist dieser Nachweis jedoch nur notwendig, wenn es sich um einen Unfallersatztarif handelt, der teurer ist als ein Marktpreis zuzüglich Aufschlag.

Zitiervorschlag "Direktvermittlung"

Die Beklagte wendet schließlich unerheblich ein, dass die Geschädigten gegen ihre Pflicht zur Schadensminderung aus § 254 Abs. 2 S. 1 Fall 2 BGB verstoßen haben, indem sie das behauptete Angebot im Verweisungsschreiben bzw. Telefonat nicht angenommen hätten. (...)
Das Angebot (...) war für den Geschädigten nicht bindend, weil es die ihm zustehende Ersetzungsbefugnis unzumutbar beschränkte. Denn der Geschädigte durfte grundsätzlich ein Ersatzfahrzeug anmieten mit einer Vollkaskoversicherung ohne Selbstbeteiligung (...). Zudem wurde nicht dargelegt, welches konkrete Fahrzeug den Geschädigten zu welchen Konditionen einschließlich der Nebenleistungen angeboten wurde." Amtsgericht Köln 268 C 153/19 vom 17.12.2019
(Fettdruck durch den Unterzeichner)

Da der Versicherer inzwischen bezahlt hat, ist die Entscheidung rechtskräftig.