Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 42-17

Amtsgericht Altenkirchen 71 C 95/17 vom 01.06.2017

1. Die Beklagte wird verurteilt, restlichen Schadenersatz wegen Ersatzwagenkosten nahezu vollständig an die Klägerin zu erstatten.
2. Die Schätzung der erforderlichen Kosten erfolgt anhand der SchwackeListe-Automietpreisspiegel.
3. Laut obergerichtlicher Rechtsprechung ist die Schätzgrundlage erschüttert, wenn konkreter Sachvortrag aufzeigt, dass dortige Preise nicht üblich sind.
4. Der Sachvortrag der Beklagten ist unkonkret, unspezifische Internetausdrucke entsprechen nicht den prozessualen Anforderungen.
5. Der Abzug wegen Eigenersparnis wird mit 10% auf den Grundmietpreis vorgenommen.
6. Nebenleistungen für Winterreifen sind zu erstatten, auch wenn der Vermieter ein verkehrstaugliches Fahrzeug zu stellen hat.

Zusammenfassung: Das Amtsgericht Altenkirchen wendet zur Schätzung von Mietwagenkosten die SchwackeListe an. Nebenkosten werden hinzugerechnet. Der Vortrag der Beklagten zum Nachweis, dass die Fraunhoferliste anzuwenden ist, wird zurückgewiesen.

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Amtsgericht Altenkirchen 71 C 95/17 vom 01.06.2017


IM NAMEN DES VOLKES

 


Urteil

 

In dem Rechtsstreit

XXX

gegen

XXX

wegen Forderung

hat das Amtsgericht Altenkirchen
im schriftlichen Verfahren gemäß § 495 a ZPO
nach Schriftsatzfrist bis zum 26.05.2017
durch den Richter am Amtsgericht XXX
am 01.06.2017 für Recht erkannt:

1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 528,36 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 18.02.2017.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Beklagte zu 93 %, die Klägerin zu 7 %.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
 

Entscheidungsgründe:

 

(Von der Darstellung eines Tatbestandes wurde gemäß § 313 a Abs. 1 ZPO abgesehen).

Die Klage ist im zuerkannten Umfang begründet, im Übrigen unbegründet.

In dieser Höhe hat die Klägerin gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung restlicher Mietwagenkosten aufgrund des streitgegenständlichen Unfallereignisses vom 06.12.2016 gemäß §§ 7 Abs. 1, 18 Abs. 1 StVG, 115 VVG, 398 BGB.

Die Beklagte ist verpflichtet, an die Klägerin weitere Mietwagenkosten in Höhe von 528,36 € zu zahlen. Der Klägerin steht aus abgetretenem Recht des Geschädigten ein Schadensersatzspruch in Gestalt von Mietwagenkosten in Gesamthöhe von 1.203,09 € zu. Hierbei handelt es sich um die zur Schadensbeseitigung erforderlichen Kosten im Sinne des § 249 BGB. Zum erforderlichen Herstellungsaufwand im Sinne des § 249 BGB gehört der Ersatz der Mietwagenkosten, die ein verständiger, wirtschaftlich denkender Mensch in der Lage des Geschädigten für zweckmäßig und notwendig halten darf. In diesem Zusammenhang ist der bei der Schadensabrechnung nach § 287 ZPO besonders freigestellte Tatrichter gehalten, den erforderlichen Schaden zu schätzen (vgl. u.a. BGH VI ZR 45/11). Dabei kann, was ständiger Rechtsprechung des erkennende Gerichts und auch des Landgerichts Koblenz (vgl. u.a. Urteil vom 18.06.2011, Aktenzeichen 2 S 262/16) entspricht, eine Schätzung des Normaltarifes auf Grundlage des arithmetischen Mittels des Schwacke-Mietpreisspiegels im Postleitzahlengebiet des Geschädigten erfolgen. Auch nach der Rechtsprechung des Oberlandesgerichts Koblenz (Aktenzeichen 12 U 925/13 und 12 U 1429/13) gilt lediglich, dass auf die Schwackeliste als Schätzungsgrundlage nicht mehr ohne Weiteres zurückgegriffen werden kann, wenn diese von der Beklagtenseite als valide Schätzgrundlage erschüttert wird. Für eine solche Erschütterung bedarf es aber einen konkreten Vortrag dazu, dass die angeführten Preise nicht die üblichen und erforderlichen Preise in der konkreten Anmietsituation darstellen. Ein solcher konkreter Sachvortrag der Beklagtenseite liegt nicht vor. Der Sachvortrag der Beklagtenseite zu etwaigen Alternativangeboten bezieht sich nicht auf die Anmietsituation, sondern auf hier üblicherweise verwendete Internetausdrucke von Angeboten großer Mietwagenunternehmen, die zu einem späteren Zeitpunkt eingeholt werden und nicht die Möglichkeit der Anmietung eines solchen Fahrzeuges zum erforderlichen Anmietzeitpunkt darstellen. Hier wäre es Sache der Beklagten gewesen, konkret vorzutragen, dass die Anmietung eines Mietwagen zu den Preisen aus dem Internetangebot auch zum Anmietzeitpunkt für den Geschädigten tatsächlich möglich und zumutbar gewesen wäre, wozu jedoch weiter konkreter Sachvortrag fehlt. Zudem ist zu beachten, dass die Abholung des fraglichen Fahrzeuges gemäß des vorgelegten Angebotes in Gummersbach hätte erfolgen müssen, wohingegen der Geschädigte in Windeck wohnhaft ist. Eine Abholung des Fahrzeuges in Gummersbach kann nach Auffassung des Gerichts nicht als zumutbar angesehen werden.

Folglich ist die Schwackeliste auch vorliegend als Schätzungsgrundlage geeignet und in Ansatz zu bringen. Unter Berücksichtigung des arithmetischen Mittels des Schwacke-Mietpreisspiegels der Gruppe 6, in der vorliegend angemietet wurde und zu der auch das beschädigte Fahrzeug gehörte, ergibt sich unter Zugrundelegung der Berechnung der Klägerseite aus einer Wochenpauschale von 702,00 €, heruntergerechnet auf einen Tagesmietpreis X 12 Tage, deren Anmietungserfordernis unstreitig ist, ein Betrag in Höhe von 1.203,43 €. Hiervon in Abzug zu bringen ist eine Eigenersparnis, da der Geschädigte in gleicher Gruppe angemietet hat, so dass sich 1.083,09 € ergeben. Hinzuzurechnen sind die Kosten für Winterausrüstung für 12 Tage in Höhe von 120,00 €. Diese Kosten sind auch gesondert in Ansatz zu bringen und nicht in der sonstigen Pauschale enthalten. Grundsätzlich müssen Mietwagen in der Winterzeit mit Winterreifen ausgestattet ein, da mit winterlichen Wetterverhältnissen zu dieser Zeit gerechnet werden muss. Der Autovermieter schuldet insoweit die Überlassung eines verkehrstauglichen, mit Winterreifen ausgerüsteten Fahrzeuges, was jedoch nicht bedeutet, dass für eine solche Ausstattung nicht auch eine besondere Vergütung verlangt werden kann (vgl. BGH a.a.O.). Entsprechend ist auch in der zugrunde gelegten Schwackeliste eine Ausstattung mit Winterreifen typischerweise gesondert zu vergüten. Daraus ergibt sich der insgesamt erstattungsfähige Betrag wie dargelegt. Unter Berücksichtigung der vorgerichtlichen Zahlung von 674,73 € ergibt sich ein verbleibender zu zahlender Betrag in Höhe von 528,36 €.

Im Übrigen ist die Klage nach dem Dargelegten unbegründet.

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 92, 708 Nr. 11, 711, 713 ZPO.

Streitwert: 569,43 €.

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Bedeutung für die Praxis: Die Eigenersparnis wird lediglich auf den Grundmietpreis bezogen. Das erscheint auch logisch, denn Nebenkosten sind zumeist Forderungen auf Leistungen, bei denen eine Ersparnis für das eigene Fahrzeug nicht ersichtlich ist. In Bezug auf die Winterreifendiskussion sieht das Gericht die Pflicht des Vermieters, das Fahrzeug verkehrssicherer anzubieten. Doch ist daraus nicht zu schlussfolgern, dass hierfür kein Entgelt verlangt werden darf. Da während der Winterzeit mit winterlichen Verhältnissen gerechnet werden muss, sind Kosten für Winterreifen erstattungsfähig.