Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 39-17

 

Amtsgericht Böblingen 20 C 737/17 vom 02.08.2017

1. Der Schädiger wird zur Zahlung restlicher Mietwagenforderungen verurteilt und trägt die Kosten des Verfahrens.
2. Entsprechend der Auffassung des zuständigen Berufungsgerichtes ist die SchwackeListe der Fraunhofer zur Bestimmung erforderlicher Mietwagenkosten nach einem Unfall vorzuziehen.
3. Bei Anmietung eines klassenniedrigeren Fahrzeuges muss sich der Geschädigten keinen Abzug wegen Eigenersparnis abziehen lassen.
4. Ein Verstoß gegen die Schadenminderungspflicht ist nicht gegeben. Der Hinweis an den Geschädigten auf ein Angebot zu Sonderkonditionen bindet ihn nicht.
5. Die hierzu bezüglich Unfallschadenreparatur aufgestellten Regeln gelten ebenso für die Anmietung eines Ersatzfahrzeuges.

Zusammenfassung: Das Amtsgericht Böblingen wendet zur Schadenschätzung bzgl. Mietwagenkosten die SchwackeListe an. Der Vorwurf des Haftpflichtversicherers, der Geschädigte hätte sein Angebot annehmen müssen oder es als Preisvorgabe verstehen und damit nicht mehr als den genannten Preis verlangen dürfen, wird zurückgewiesen.

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Amtsgericht Böblingen 20 C 737/17 vom 02.08.2017


IM NAMEN DES VOLKES

 

Urteil

 

In dem Rechtsstreit

XXX

gegen

XXX

wegen Forderung


hat das Amtsgericht Böblingen durch den Richter am Amtsgericht XXX am 02.08.2017 ohne mündliche Verhandlung gemäß § 495a ZPO für Recht erkannt:


1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 565,85 € nebst 5 Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz aus dem Teilbetrag von 288,58 € seitdem 14.8.2016, nebst 5 Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz aus dem Teilbetrag von 277,27 € seit dem 19.8.2016 zu bezahlen.

2. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.


Streitwert: Bis 1.000,00 €

 

Entscheidungsgründe

 

(Ohne Tatbestand gem. 313a ZPO)


Die Klage ist begründet.

Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung von Schadensersatz in Höhe von insgesamt 565,85 € aus den §§ 7, 17 StVG, 823 BGB, 3 Pflichtversicherungsgesetz.

Nach § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB kann der Geschädigte vom Schädiger als erforderlichen Herstellungsaufwand den Ersatz der Mietwagenkosten verlangen, die ein verständiger, wirtschaftlich vernünftig denkender Mensch in der Lage des Geschädigten für zweckmäßig und notwendig halten dürfte. Bei Anmietung eines vergleichbaren Ersatzfahrzeuges kann der Geschädigte grundsätzlich nur den günstigeren Mietpreis erstattet verlangen (BGH NJW 2008, 1519). Hierbei kann nach § 287 ZPO auf entsprechende Listen oder Tabellen Bezug genommen werden (BGH NJW-RR 2010, 1251).

Nach Auffassung des Landgerichts Stuttgart (Urteil vom 17.12.2015, Aktenzeichen 5 S 146/15) stellt hierbei der Schwacke-Mietpreisspiegel die richtige Schätzungsgrundlage dar. So soll die Schwacke-Liste eine genauere geografische Differenzierung durch die 3-stelligen Postleitzahlenbereiche ermöglichen und damit den ortsüblichen Markt besser abbilden. Der Mietspiegel nach dem Fraunhofer Institut beinhaltet hingegen teilweise nur 1-stellige Postleitzahlengebiete. Zudem beschränkt sich die Schwacke-Liste nach Auffassung des Landgerichts im Gegensatz zu dem Mietspiegel nach dem Fraunhofer Institut nicht im wesentlichen auf Internetportale mit verbindlicher Buchungsmöglichkeit. Dementsprechend ist vorliegend der Abrechnung die Schwacke-Liste zugrunde zu legen. Die Mietwagenkosten zum Verkehrsunfall vom 6.2.2016 aus der Rechnungsnummer der Klägerin 0163/2016 belaufen sich daher unter Zugrundelegung der Schwacke-Liste unstreitig auf 740,78 €. Nachdem beklagtenseits hierauf lediglich 452,20 € bezahlt worden sind, besteht noch ein Anspruch auf Zahlung der Differenz in Höhe von 288,58 €. Hinsichtlich des Verkehrsunfalls vom 28.6.2016 zu Rechnungsnummer der Klägerin 0347/2016 errechnen sich die Mietwagenkosten unter Zugrundelegung der Schwacke-Liste unstreitig zu 1.169,77 €. Nachdem beklagtenseits hieraus 892,50 € bezahlt worden sind, besteht noch ein Anspruch auf Zahlung der Differenz in Höhe von 277,27 €.

Nachdem jeweils unstreitig ein klassentieferes Fahrzeug angemietet worden ist, hat sich der Geschädigte auch keine Eigenersparnis anrechnen zu lassen.

Die Beklagte kann sich auch nicht darauf berufen, dass der Geschädigte gegen seine Schadensminderungspflicht verstoßen hat, nachdem er keinen Mietwagen der Fa. Europcar angemietet hat. Es finden hier die Regeln Anwendung, die zu Sonderkonditionen der Beklagten bei Kfz-Vermietern entwickelt worden sind. Hierauf muss sich der Geschädigte nicht einlassen. So ist anerkannt, dass sich der Geschädigte auch bei Durchführung von Reparaturarbeiten nicht auf Fachwerkstätten verweisen lassen muss, welche die Reparaturarbeiten zu Sonderkonditionen mit dem  Haftpflichtversicherer des Schädigers durchführen (BGH Versicherungsrecht 2010, 225; 923; 1280). Dies muss gleichermaßen bei Anmietung eines Unfallersatzfahrzeuges Anwendung finden. Auch hier ist dem Geschädigten letztlich nicht zuzumuten, sich auf Sonderkonditionen einzulassen. Grundsätzlich ist der Geschädigte Herr des Restitutionsgeschehens (BGH Versicherungsrecht 2010, 225). Dies gilt auch für die Anmietung von Ersatzfahrzeugen. Der Klage war daher stattzugeben.

Die Berechtigung des geltend gemachten Zinsanspruches ergibt sich aus den §§ 286ff BGB.

Die Kostenentscheidung folgt § 91 ZPO, die Entscheidung hinsichtlich der vorläufigen Vollstreckbarkeit § 708 Nr. 11 ZPO.

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Bedeutung für die Praxis: Zu beachten ist die Klarstellung, dass die Frage des Vorliegens von Sonderkonditionen nicht nur bei der Frage der Auswahl der Reparaturwerkstatt, sondern ebenso bei anderen Schadenersatz-Positionen wie den Mietwagenkosten eine wichtige Rolle spielt. Sofern es sich um Sonderkonditionen handelt, muss der Geschädigte die Preisvorgabe aus dem Telefonat oder einem Anschreiben des Haftpflichtversicherers nicht beachten. Die Beweispflicht für die Beachtlichkeit des Angebotes liegt dabei beim Schädiger. 

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