Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 3-17

 

Amtsgericht Frankfurt am Main 30 C 2708/16 vom 10.01.2017

1. Ein Irrtum einer im Mietvertrag vereinbarten zu hohen Mietwagengruppe ist unschädlich, da die aus abgetretenem Recht vorgehende Klägerin ihre Abrechnung auf die niedrigere Mietwagengruppe korrigiert hat.
2. Der Mitverschuldens-Einwand der beklagten Haftpflichtversicherung gegen den Geschädigten wird zurückgewiesen.
3. Zwar trägt die Beklagte vor, sie habe dem Zedenten ein günstigeres Ersatzfahrzeug angeboten. Doch weist die Klägerin zu Recht und mit substantiiertem und umfangreichem Vorbringen darauf hin, dass auf dem örtlichen Markt zum Zeitpunkt der Anmietung auch im Internet kein günstigeres Angebot zu erhalten war.
4. Somit genügt es nicht, wenn die Beklagte bloß behauptet, es sei ein Angebot zu einem gravierend niedrigeren Preis unterbreitet worden, ohne konkrete Tatsachen zu einer möglichen Anmietung zum Anmietzeitpunkt vorzutragen.
5. Die Schätzung der erforderlichen Mietwagenkosten wird anhand der Schwackeliste vorgenommen.

Zusammenfassung: Aufgrund eines Mitverschuldens-Vorwurfes der Haftpflichtversicherung gegen den Geschädigten war zunächst die Frage zu entscheiden, ob der Geschädigte lediglich den vom Versicherer genannten Preis beanspruchen konnte. Das hat das Gericht zurückgewiesen. Entscheidend hierfür war es, dass der Kläger überzeugend dargestellt hat, dass - anders als von der Beklagten behauptet - zum Anmietzeitpunkt auf dem Markt der Autovermietung auch im Internet keine günstigeren Fahrzeuge angeboten wurden. Zur Entscheidung der Frage der erforderlichen Kosten wendet das Gericht die Vergleichswerte Schwackeliste an.

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Amtsgericht Frankfurt am Main 30 C 2708/16 (20) vom 10.01.2017

Im Namen des Volkes



Urteil



In dem Rechtsstreit

XXX

gegen

XXX

hat das Amtsgericht Frankfurt am Main durch die Richterin am Amtsgericht XXX
im schriftlichen Verfahren nach Schriftsatzschluss zum 20.12.2016

für Recht erkannt:

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 565,53 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 20.10.2016 nebst weiteren vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 124,00 € zu zahlen.

Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.


Tatbestand:

Entfällt gemäß § 313 a Abs. 1 Satz 1 ZPO.


Entscheidungsgründe



Die Klage ist begründet.

Die Klägerin hat aus abgetretenem Recht der XXX einen Anspruch gegen die Beklagte auf Zahlung im Umfang der Klagesumme aufgrund §§ 7 Abs. 1 ff. StVG, 115 VVG wegen der Beschädigung des Fahrzeugs der Zedentin anlässlich des Unfalls vom 23.03.2014 in Frankfurt am Main, der durch einen Versicherungsnehmer der Beklagten allein verursacht wurde.

Die Klägerin hat schlüssig dargelegt, dass durch die Anmietung eines klassengleichen Ersatzfahrzeugs Marke Porsche 911 C2 Coupé Tiptro für den Mietzeitraum vom 14. bis zum 17.04.2014 Mietwagenkosten nach Maßgabe des Mietvertrages vom 14.04.2014 in Höhe von 982,69 € entstanden sind. Die Abweichung des Mietwagenpreises zwischen dem Mietvertrag (Anlage K 2, BI. 6 d. A.) und der (korrigierten) Rechnung vom 02.07.2014 (Anlage K 4, BI. 9 d. A) hat die Klägerin schlüssig dadurch erklärt, dass erst in der korrigierten Rechnung die korrekte Einstufung in Fahrzeugklasse Nummer 9 vorgenommen worden sei. Entsprechend sei die ursprüngliche Mietwagenrechnung über 1.233,42 € aufgrund fehlerhafter Mietwagenklasse korrigiert worden. Der Umstand, dass offenbar nicht nur die bei der ersten Rechnung sondern sogar in dem zwischen der Zedentin und der Klägerin geschlossenen Mietvertrag selbst eine zu hohe Fahrzeugklasse zugrunde gelegt worden war, ist nach Auffassung des Gerichts unschädlich. Denn nachdem die Klägerin selbst die vereinbarten Preise nach unten korrigiert hat, hat sich der Umstand, dass die Zedentin ursprünglich einen Mietvertrag über ein Fahrzeug in einer zu hohen Mietwagenklasse abgeschlossen hat, nicht zu Ungunsten der Beklagten ausgewirkt. Bei der Betrachtung der Erforderlichkeit der abgerechneten Mietwagenkosten ist daher von dem in der Rechnung vom 02.07.2014 zugrunde gelegten Mietwagenpreis auszugehen.

Eine mitverschuldensbedingte Kürzung der Ansprüche der Klägerin kommt nicht in Betracht. Denn das Gericht ist aufgrund des beiderseitigen Parteivorbringens davon überzeugt, dass die Zedentin auch bei zumutbarem Aufwand ein günstigeres Angebot als das in Anspruch genommene nicht hätte erhalten können. Zwar hat die Beklagte vorgetragen, am Tag nach dem Unfall habe der Zeuge XXX, ein Angestellter der Beklagten, der Zedentin ein Angebot für ein Ersatzfahrzeug zum Preis von netto 78,00 € unterbreitet. Zu Recht weist die Klägerin aber insoweit auf ihr umfangreiches Vorbringen dazu hin, wonach auf dem örtlichen Markt zum fraglichen Zeitpunkt kein günstigeres Angebot zu erhalten gewesen wäre, wobei die Klägerin auch Ergebnisse einer Internetrecherche substantiiert vorgetragen hat. Vor dem Hintergrund dieses überdurchschnittlich aufwendigen Tatsachenvorbringens genügt die bloße Behauptung der Beklagten, es sei „ein Angebot“ unterbreitet worden, welches zudem vom Preis her so gravierend unter dem Durchschnitt der von der Klägerin nachgewiesenen Angebote liegt, nicht aus. Hier hätte es der Beklagten oblegen, konkrete Tatsachen vorzutragen, aus denen zu entnehmen gewesen wäre, dass zum fraglichen Zeitpunkt eine konkrete Anmietmöglichkeit zu dem behaupteten Tarif gegeben gewesen wäre.

Nachdem die Klägerin im Übrigen unwidersprochen vorgetragen hat, dass das streitbefangene Fahrzeug in der Fraunhofer-Tabelle nicht geführt wird bzw. dass über dieses Fahrzeug und andere Fahrzeuge dieser Fahrzeugkategorie keine Fahrzeugdaten bei Fraunhofer erhoben worden seien, war als Vergleichstarif der Schwacke­Mietpreisspiegel zugrunde zu legen. Dabei ergab sich, dass der von der Klägerin verlangte Tarif noch unter dem entsprechenden Schwacke-Normaltarif liegt. Die klagegegenständlichen restlichen Mietwagenkosten waren daher in vollem Umfang zuzuerkennen.

Hinsichtlich der Nebenforderungen in Form von Zinsen und vorgerichtlichen Rechtsverfolgungskosten ist die Klage begründet unter Verzugsgesichtspunkten (§§ 280 ff. BGB).

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 abs. 1 ZPO, diejenige über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus §§ 708, 713 ZPO.

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Bedeutung für die Praxis: Dem Kläger ist es durch aufwendige Darstellung der tatsächlich herrschenden Marktverhältnisse zum Anmietzeitpunkt gelungen, die Behauptungen der Beklagten zu erschüttern, dem Geschädigten sei es ohne Probleme möglich gewesen, ein Ersatzfahrzeug zu einem von ihr behaupteten Preis anzumieten. Da die Beklagte ihren Vortrag nicht konkretisieren konnte, verlor sie den Prozess.