Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 13-16

Amtsgericht Sinzig 10 C 415/15 vom 03.02.2016

1. Geltend gemachte Mietwagenkosten für eine 25-tägige Anmietung sind in voller Höhe ersatzfähig.
2. Der Beklagten ist in der Frage der Erschütterung der Schätzgrundlage Schwackeliste Automietpreisspiegel nicht zu folgen. Nach dem BGH ist die Anwendung der Schwackeliste grundsätzlich zulässig.
3. Mängel, die sich erheblich auf den konkreten Fall auswirken, hat die Beklagte nicht vorgetragen. Vorgelegte andere Angebote sind nicht vergleichbar, zum Beispiel da eine Kreditkarte zur Vorfinanzierung benötigt und eine Kaution verlangt würde.
4. Zu ersetzen ist auch ein 20-%iger Aufschlag auf den Normaltarif wegen unfallbedingter Mehrleistungen.
5. Ein Abzug wegen Eigenersparnis entfällt wegen der Inanspruchnahme eines klassenniedrigeren Fahrzeuges.
6. Angefallene Kosten erforderliche Nebenleistungen sind zu erstatten.

Zusammenfassung: Das Gericht verwendet die Schwackeliste zur Schätzung der Schadenersatzansprüche wegen Ersatzmietwagenkosten, da diese vom BGH zugelassen und in dem Verfahren nicht überzeugend angegriffen wurde. Internetscreenshots der beklagten Haftpflichtversicherung wurden als nicht vergleichbar mit dem konkreten Fall zurückgewiesen. Die konkreten Umstände der Anmietung rechtfertigen zudem einen unfallbedingten Aufschlag auf den Normaltarif und die Zusprechung von Nebenkosten.

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Amtsgericht Sinzig 10 C 415/15 vom 03.02.2016

Im Namen des Volkes



Urteil



In dem Rechtsstreit

XXX

gegen

XXX

wegen Forderung

hat das Amtsgericht Sinzig durch die Richterin am Amtsgericht XXX auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 13.01.2016 für Recht erkannt:

1.    Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 1.283,51 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 19.06.2015 sowie außergerichtliche Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von 169,50 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 10.08.2015 zu zahlen.

2.    Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.

3.    Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.



Tatbestand



Der Klägerin, einem Autovermietungsunternehmen, wurden nach einem Verkehrsunfall vom 27.04.2015 im Bezirk des Amtsgerichts Sinzig seitens des Geschädigten Ansprüche auf Ersatz von Mietwagenkosten gegenüber dem Beklagten abgetreten. Der Geschädigte mietete vom 27.04. - 22.05.2014, nachdem sein Fahrzeug durch den vom Unfallgegner, der zu diesem Zeitpunkt bei der Beklagten haftpflichtversichert war, allein verschuldet wurde, nicht mehr fahrfähig war, ein Fahrzeug, die Klägerin stellte Mietwagenkosten in einer Gesamthöhe von 2.676,51 € in Rechnung, hierauf zahlte die Beklagte 1.393,00 €.

Nach dem Verkehrsunfall wurde das Fahrzeug des Geschädigten durch einen Sachverständigen begutachtet, der am 30.04.2015 sein Gutachten erstellte, welches dem Geschädigten am 5.05.2015 vorlag. Der Geschädigte wohnte zum Zeitpunkt des Unfalls in Düsseldorf.

Die Klägerin trägt vor, das Fahrzeug sei dem Geschädigten nach dem Verkehrsunfall in Sinzig zugestellt worden und nach Ablauf der Mietvertragsdauer an dessen Wohnort in Düsseldorf wieder abgeholt worden.

Sie beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an sie 1.283,51 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 19.06.2015 sowie außergerichtliche Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von insgesamt 169,50 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 10.08.2015 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie vertritt die Auffassung, dass über die bereits geleisteten Zahlungen hinausgehend die geltend gemachten Mietwagenkosten nicht ersatzfähig seien.

Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstandes wurde auf die von den Parteien zur Gerichtsakte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen. Das Gericht hat Beweis erhoben nach Maßgabe des Beweisbeschlusses vom 13.01.2016.

Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Sitzungsprotokoll vom gleichen Tag Bezug genommen.



Entscheidungsgründe



Die Klage ist begründet.

Die Beklagte schuldet anlässlich des Verkehrsunfalls vom 27.04.2015 weiteren Schadensersatz in Höhe der ausgeurteilten Mietwagenkosten gem. §§ 7, 17 StVG, 115 VVG, 398 BGB.

Dass die Beklagte für den unfallbedingten Schaden in vollem Umfang dem Grunde nach eintrittspflichtig ist, war zwischen den Parteien unstreitig.

Die geltend gemachten Mietwagenkosten sind auch der Höhe nach ersatzfähig.

Sofern die Beklagte die Dauer der Inanspruchnahme von 25 Tagen rügt, lag das erforderliche Sachverständigengutachten vom 30.04.2015 dem Geschädigten unstreitig erst am 5.05.2015 vor, unter Berücksichtigung des Feiertages vom 14.05.2015 hat er die im Sachverständigengutachten angegebene Wiederbeschaffungsdauer von 14 Arbeitstagen eingehalten.

Auch soweit die Beklagte auf das Vorlegen günstigerer Mietwagenangebote verweist und die Berechnung der Mietwagenkosten durch die Klägerin moniert, ist ihr hierin nicht zu folgen.

Bei der Bemessung des insoweit ersatzfähigen Schadens gem. §287 ZPO ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes grundsätzlich eine Schätzung aufgrund des Schwacke-Mietpreisspiegels zulässig. Das Mängel dieser Schätzungsgrundlage sich auf den hier zu entscheidenden Fall in erheblichem Umfang ausgewirkt hätten, hat die Beklagte nicht hinreichend dargetan.

Soweit die Beklagte weitere Mietwagenangebote zur Akte gereicht hat, waren diese vorliegend nicht vergleichbar. Unter anderem - unstreitig - wurde bei einem Anbieter die Zahlung mit Kreditkarte sowie eine Kaution verlangt, was einer Vergleichbarkeit der Ersatzangebote, die lediglich mit sogenannten Screenshots belegt war, mit dem hier tatsächlich in Anspruch genommenen Fahrzeug mit den Leistungen der Klägerin ausschließt.

Zu ersetzen ist auch der sogenannte Aufschlag in Höhe von 20 % auf den normalen Tarif zur Abgeltung der durch die besondere Unfallsituation veranlassten Leistungen, die die Klägerin hinreichend dargelegt hat.

Diesen Darlegungen ist die Beklagte nicht in erheblicher Form entgegen getreten. Der Abzug für ersparte Eigenaufwendungen scheidet vorliegend ebenfalls aus, da der Geschädigte unstreitig ein Fahrzeug aus einer niedrigeren Fahrzeugklasse als das verunfallte Fahrzeug angemietet hat.

Letztlich sind auch die für Zustellung und Abholung in Ansatz gebrachten Kosten ersatzfähig, insoweit hat der Zeuge XXX, Prokurist der Klägerin und u. a. auch für Mietwagenabrechnungen zuständig, nachvollziehbar und überzeugend bekundet, dass er anhand der ihm vorliegenden Unterlagen eindeutig nachvollziehen könne, dass das Fahrzeug sofort nach dem Unfall am 27.04.2015 dem Geschädigten in Sinzig zugestellt worden sei. In diesem Rahmen seien 2 Mitarbeiter von dem Büro in Bonn aus zum Schadensort gefahren, auf dem Rückweg sei der Mitarbeiter, der das Mietfahrzeug geführt habe, von dem anderen Mitarbeiter wieder mitgenommen worden. In gleicher Weise sei bei Abholung des Fahrzeuges in Düsseldorf verfahren worden, auch hier seien 2 Mitarbeiter mit der Abholung befasst gewesen.

Die gelten gemachten Nebenforderungen schuldet die Beklagte als Verzugsschaden gem. §§ 280, 281, 286, 288 BGB.

Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91, 709 ZPO.

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Bedeutung für die Praxis: Entscheidend ist die Diskussion der Vergleichbarkeit der vom Versicherer recherchierten Internetangebote. Das Gericht hat sich die Frage gestellt, ob der Geschädigte diese Angebote hätte realisieren können. Die Anmietbedingungen hätten das ausgeschlossen bzw. es sind entscheidende Fragen offen geblieben, damit handelte es sich um unkonkreten Sachvortrag.

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