Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 28-15

 

Landgericht Köln 11 S 563/14 vom 23.06.2015 (Beschluss nach § 522 ZPO)

1. Wie das Amtsgericht schätzt die Kammer in ständiger Rechtsprechung Mietwagenkosten anhand der Schwackeliste Automietpreisspiegel.
2. Auch angesichts der geänderten Rechtsprechung des OLG Köln hält die Kammer daran fest, berechtigte Zweifel an der Schwackeliste sind nicht begründet.
3. Vorgelegte niedrigere Mietwagenangebote sind - wie das Amtsgericht zutreffend ausführt - nicht vergleichbar. Die Anmietzeiträume sind fest vorgegeben. Ob nicht nur reserviert, sondern auch tatsächlich gemietet werden kann, ist nicht erkennbar.
4. Der Umfang der Dienstleistung aus den Alternativangeboten entspricht nicht dem Bedarf des Geschädigten wie Höhe der Selbstbeteiligung, Sofortverfügbarkeit, ... .
5. Wird eine bestimmte Schätzgrundlage angewendet, sind die Parameter der Schätzgrundlage einzuhalten und nicht abzuändern, um eine Verfälschung wie bei einer Rosinenpickerei auszuschließen.

Zusammenfassung: Das Landgericht Köln bestätigt weiterhin die erstinstanzliche örtliche Rechtsprechung zur Mietwagenproblematik. Die geänderte Rechtsprechung des OLG Köln, Mietwagenkosten anhand des Mittelwertes aus Schwacke und Fraunhofer zu schätzen, wird weiterhin abgelehnt.

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Landgericht Köln 11 S 563/14 vom 23.06.2015
(Vorinstanz Amtsgericht Köln 268 C 138/14)


Beschluss


In dem Rechtstreit

XXX

gegen

XXX



weist die Kammer darauf hin, dass beabsichtigt ist, die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Amtsgerichts Köln vom 04.11.2014 nach § 522 Abs. 2. ZPO durch einstimmigen Beschluss zurückzuweisen.

Es besteht Gelegenheit, innerhalb von drei Wochen ab Zustellung dieses Beschlusses Stellung zu nehmen.



Gründe


I.

Die Berufung hat nach der einstimmigen Überzeugung der Kammer offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg (§ 522 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO). Die Entscheidung des Amtsgerichts beruht nicht auf einer Rechtsverletzung (§ 546 ZPO) und die gemäß § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen rechtfertigen keine andere Entscheidung (§ 513 ZPO).

Zur Vermeidung von Wiederholungen wird zunächst auf die zutreffenden Gründe der amtsgerichtlichen Entscheidung Bezug genommen. Im Hinblick auf die Berufungsbegründung ist Folgendes auszuführen:

Wie das Amtsgericht schätzt die Kammer in ständiger Rechtsprechung die nach § 249 Abs. 2 BGB ersatzfähigen Mietwagenkosten nach dem Schwacke-Mietpreisspiegel und sieht ihrerseits zu einer abweichenden Beurteilung vorliegend keinen Anlass. Die Kammer hält auch angesichts der Entscheidung des 15. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 30.07.2013, Az.: 15 U 212/12 (zit. nach juris), in der dieser nunmehr seine bisherige Rechtsprechung, nach der der Normaltarif gleichfalls anhand des gewichteten Mittels der Schwacke-Liste bemessen wurde, ausdrücklich aufgegeben hat, und den Normaltarif nach dem arithmetischen Mittel der Schwacke-Liste und des Fraunhofer-Mietpreisspiegel bestimmt, weil sich nach Ansicht des Senats die Anzeichen mehren, dass die Autovermieter bei ihren Preisangaben in den Fragebögen zur Erstellung der Schwacke-Liste von der Möglichkeit der Angabe überhöhter Normaltarife für Selbstzahler tatsächlich Gebrauch gemacht haben, an ihrer Rechtsprechung fest.

Berechtigte Zweifel daran, dass es sich bei dem sich aus der Schwacke-Liste ergebenden Mietpreis um den im konkreten Fall maßgeblichen Normalpreis handelt, sind nicht begründet.

Auch die vorgelegten Mietwagenangebote (Bl. 94 ff. GA) vermögen die Schwacke-Liste nicht zu erschüttern. Das Amtsgericht hat ausführlich dargelegt, warum diese Angebote nicht mit der konkreten Anmietsituation vergleichbar sind. Zutreffend hat das Amtsgericht darauf hingewiesen, dass bei sämtlichen vorgelegten Angeboten feste Anmietzeiträume ausgewiesen sind. Wie sich die Preise entwickeln, wenn der Anmietzeitraum nicht von vornherein feststeht, so wie es in der Unfallsituation üblich ist, lässt sich den vorgelegten Angeboten nicht entnehmen. Die Angebote der Firma Europcar weisen eine Reservierungsmöglichkeit aus; ob eine Anmietung des Fahrzeugs zu den genannten Konditionen möglich ist, ist den Angeboten nicht zu entnehmen. Ferner lässt sich den Angeboten nicht entnehmen, wie hoch die Selbstbeteiligung ausgestaltet ist. Das Feld Fahrzeug- und Tarifdetails ist nicht geöffnet, so dass hierüber keine Aussage getroffen werden kann, was eine Vergleichbarkeit des Angebots mit dem konkreten Anmietfall verhindert.

Bei den Angeboten der Firma Sixt beträgt die Selbstbeteiligung 850 € bis 1.050 €, wie das Amtsgericht zutreffend ausgeführt hat. Bei der konkreten Anmietung war die Selbstbeteiligung dagegen auf 150 € reduziert. Ferner ist dem Angebot der Firma Sixt auch nicht zu entnehmen, ob das Fahrzeug zur sofortigen Anmietung zur Verfügung steht oder ob Vorbuchungsfristen einzuhalten sind. Weitere Tarifdetails oder Anmietbedingungen sind nicht abgedruckt, so dass auch in diesem Fall eine Vergleichbarkeit mit der konkreten Anmietung nicht gegeben ist.

Auch die Angebote der Firma Avis weisen lediglich eine Verfügbarkeit für eine Reservierung aus; ob hierbei eine Vorbuchungsfrist einzuhalten ist, ist nicht erkennbar. Wie hoch die Selbstbeteiligung ist und welche Anmietbedingungen dem Angebot zugrunde liegen, ist nicht feststellbar, da das Fenster „Mehr Informationen" nicht geöffnet ist. Auch diesbezüglich ist eine Vergleichbarkeit mit der konkreten Anmietsituation nicht gegeben, so dass die vorgelegten Vergleichsangebote, bei denen es sich sämtlich um Internetangebote handelt, die nicht jedem Geschädigter zur Verfügung stehen und damit ebenfalls eine Vergleichbarkeit nicht zulassen, die Anwendbarkeit der Schwacke-Liste nicht zu erschüttern vermögen. Auch der insoweit substanzlose Vortrag, die vorstehenden Angebote seien auch an bestimmten, im Einzelnen benannten Mietstationen zu erhalten gewesen, ändert hieran nichts. Eine Verletzung des rechtlichen Gehörs, wie von Beklagtenseite gerügt, ist durch die Entscheidung des Amtsgerichts nicht gegeben, da das Amtsgericht ausführlich die fehlende Vergleichbarkeit der vorgelegten Angebote mit der konkreten Anmietsituation erörtert und begründet hat.

Soweit ferner mit der Berufungsbegründung gerügt wird, eine schlichte Addition der Zeitabschnitte in der Schwacke-Liste berücksichtige nicht, dass in diesen Werten Leistungen enthalten seien, die tatsächlich nur einmal anfielen, so führt diese Einwand ebenfalls nicht zum Erfolg der Berufung. Denn bei der Anwendung eine bestimmten Schätzgrundlage sind auch die Vorgaben dieser Schätzgrundlag einzuhalten und nicht teilweise abzuändern, denn dies würde zu einer Verfälschung der Schätzgrundlage führen.

II.

Auch die weiteren Voraussetzungen für eine Zurückweisung der Berufung durch Beschluss liegen vor. Weder hat die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts (§ 522 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 und 3 ZPO). Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung ist nicht geboten (§ 522 Abs. 2 S. 1 Nr. 4 ZPO).

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Bedeutung für die Praxis: Das OLG Köln und das OLG Düsseldorf sind von der Anwendung der Schwackeliste abgerückt. Die dazu von den beiden OLG's thesenhaft aufgestellten Begründungen tragen einfach nicht. Besonders deutlich wird das in Urteilen des Landgerichts Köln. Die entscheidenden Argumente des Gerichtes sind, dass aus zwei als fehlerhaft angesehenen Aussagen durch eine Vermischung denknotwendig nichts Korrektes entstehen kann sowie dass alle Argumente der beklagten Haftpflichtversicherungen mit dem konkreten Fall nicht vergleichbar bzw. nur unvollständig sind und damit den Anforderungen der höchstichterlichen Rechtsprechung nicht genügen.