Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 26-15

Landgericht Berlin 45 S 46/15 vom 14.04.2015 (Beschluss nach § 522 ZPO)

1. Obergerichte wie BGH und Kammergericht Berlin haben Schwacke ausdrücklich als Schätzgrundlage für Mietwagenkosten zugelassen.
2. Das Amtsgericht musste das Argument der Internetangebote nicht prüfen, weil diese nicht vergleichbar waren.
3. Die Beklagte hat hier nicht vorgetragen, dass deutlich günstigere bzw. ungünstigere Angebote anderer Anbieter zum streitgegenständlichen Unfallzeitpunkt, für den konkreten Zeitraum am Ort der Anmietung vorgelegen haben.

Zusammenfassung: Es wird angeregt, die Berufung zurückzunehmen, da die Argumente der Beklagten keinen konkreten, auf den Fall bezogenen Sachvortrag gegen die Anwendung der Schwackeliste darstellen.

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Landgericht Berlin 45 S 46/15 vom 14.04.2015
(Vorinstanz Amtsgericht Mitte 4 C 3089/13)

Beschluss

In dem Rechtstreit

XXX

gegen

XXX


1.    weist die Kammer darauf hin, dass sie nach dem Ergebnis der Vorberatung beabsichtigt, die Berufung durch Beschluss nach § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen.
2.    Der Beklagte erhält Gelegenheit, zu den nachfolgend genannten Gründen innerhalb von drei Wochen Stellung zu nehmen.

Gründe

Die Kammer ist einstimmig davon überzeugt, dass das Rechtsmittel offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg bietet, die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat, weder die Rechtsfortbildung noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordern und eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist (§ 522 Abs. Satz 1 Nr. 1 bis 4 ZPO).

Die Berufung hat offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg. Das Amtsgericht hat der Klage in dem angegriffenen Umfang aufgrund der in dem angegriffenen Urteil angegebenen Rechtsgrundlagen zu Recht stattgegeben. Hieran ändern die in der Berufungsbegründung vorgetragenen Argumente nichts:

Zunächst ist es auch im Licht der obergerichtlichen Rechtsprechung nicht zu beanstanden, dass das Amtsgericht seine Ermittlungen auf der Grundlage des „Schwacke-Mietpreisspiegels“ anstellt. Hieran ändert auch das von der Berufung angezogene Urteil des Kammergerichts vom 8. Mai 2014 - 22 U 119/13 - nichts; vielmehr führt das Kammergericht ausdrücklich aus, dass für die erforderliche Schätzung nach § 287 ZPO der Schwacke-Automietpreisspiegel herangezogen werden kann (a. a. O., bei juris Rn. 6), wie dies auch der Bundesgerichtshof in dem vom Kammergericht a. a. O. angezogenen Urteil (vgl. NJW-RR 2010, 1251) und in den weiteren in der Berufungsbegründung angegebenen Urteilen ausgesprochen hat.

Das Urteil des Amtsgerichts ist auch nicht deshalb fehlerhaft, weil es sich nicht mit dem in der Klageerwiderung auf Seite 7 f. (BI. 34 1. d. A.) mitgeteilten Preisrecherche auseinandergesetzt hat. Die Anwendung der Listen durch den Tatrichter begegnet dann Bedenken, wenn die Parteien deutlich günstigere bzw. ungünstigere Angebote anderer Anbieter für den konkreten Zeitraum am Ort der Anmietung aufzeigen. Hierzu ist der Vortrag erforderlich, dass zu einem Betrag in dieser Größenordnung auch im streitgegenständlichen Unfallzeitpunkt ein Fahrzeug hätte angemietet werden können (vgl. zuletzt BGH NJW 2013, 1539 <1540>, Rn. 11 f.). Dem steht insbesondere der Vortrag der Beklagten in der Klageerwiderung auf Seite 7 oben (BI. 34 d. A) nicht gleich, dass die Internetpreisauskünfte für einen späteren, jedoch vergleichbaren Zeitraum beigebracht würden. Die nach dem zuvor Aufgezeigten erforderliche, auf den konkreten Mietzeitraum bezogene Behauptung ist hierin nicht enthalten.

Die weiteren Argumente der Berufung gegen das angegriffene Urteil sind im Hinblick auf § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 und 3 ZPO unbeachtlich. Sie lassen nicht erkennen, dass sie auf den Streitfall zugeschnitten sind (vgl. Heßler in: Zöller, ZPO, 29. Aufl., 2012, § 520, Rn. 35). Dies gilt insbesondere für die Monierungen, das Amtsgericht überdehne die Anforderungen an das Vorbringen zur Erschütterung der Schätzgrundlage (Seite 4 der Berufungsbegründung, Bl. 105 d. A.), es sei verwunderlich, dass das Amtsgericht meine, zu den verschiedenen Nebenpositionen sei nicht ausreichend substantiiert vorgetragen worden (a. a. O.) und die Ausführungen unter 4.) bis 6.) auf Seite 6 ff. a. a. O., BI. 107 ff. d. A.; entsprechende Ausführungen hat das Amtsgericht nicht gemacht. Rechtsverfolgungskosten sind überhaupt nicht zugesprochen worden.

Die Kammer regt an, die weitere Durchführung der Berufung zu überdenken und - nicht zuletzt im Kosteninteresse - die Rücknahme des Rechtsmittels zu erwägen, durch die sich die vierfache gerichtliche Verfahrensgebühr auf eine zweifache Gebühr ermäßigen würde (KV-Nr. 1222 zum GKG).

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Bedeutung für die Praxis: Das Berufungsgericht widerspricht der Auffassung der Beklagten, sie habe mit ihren Internetbeispielen ausreichend konkret dazu vorgetragen, dass der Geschädigte auch zu einem anderen niedrigeren Preis hätte anmieten können, hätte er sich informiert. Da einigen Gerichten unkonkrete und nicht vergleichbare Angebote aus anderen Orten, zu anderen Zeiten oder zu nicht vergleichbaren Fahrzeugen als ausreichend anzusehen scheinen, kommt dieser deutlichen Stellungnahme des Landgerichtes Berlin eine Bedeutung zu.