Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 16-15

Landgericht Meiningen (66) 4 S 94/14 vom 26.03.2015

1. Kein Autovermieter bietet einem Geschädigten, der die Mietkosten nicht vorfinanzieren kann und eine Kaution nicht stellen kann, einen Ersatzwagen zum Normaltarif zur Verfügung. Ein Normaltarif ist dem Geschädigten dann nicht zugänglich.
2. Der Anspruch des Geschädigten auf einen wegen Unfallbesonderheiten erhöhten Tarif schließt eine Erkundigungspflicht nach einem solchen günstigen Tarif nicht aus. Das Gericht nimmt Bezug auf einen Standardtarif eines überregionalen Anbieters, ohne Kaution, ohne Vorbuchungsfrist, mit offener Mietdauer und ohne Vorkasse.
3. Der Geschädigte hat einen Anspruch auf ein vergleichbares Ersatzfahrzeug in Bezug auf Typ, Komfort, Größe, Bequemlichkeit und Leistung, welches über dieselbe Mietwagengruppe zu bestimmen ist. Eine Herabstufung wegen Alters des beschädigten Fahrzeuges ist ungerechtfertigt, da der Gebrauchswert vom Alter nicht beeinträchtigt wird (anders als beim Nutzungsausfall).
4. Die Kosten einer Vollkaskoversicherung sind zu ersetzen und nicht etwa wegen hohen Alters des beschädigten Fahrzeuges zu versagen.
5. Die Kosten einer erforderlichen Zusatzleistungen für das Zustellen/Abholen sind zu erstatten.
6. Die Kosten einer erforderlichen Zusatzleistungen für die Erlaubnis zur Führung durch einen weiteren Fahrer sind schadenersatzrechtlich ebenso nicht zu beanstanden und durch den Haftpflichtversicherer zu erstatten, auch wenn zwar das beschädigte Fahrzeug von mehreren Personen genutzt wurde, im Nachhinein aber das Ersatzfahrzeug nur vom Geschädigten.

Zusammenfassung:  Das Berufungsgericht stellt die BGH-Linie grundsätzlich in Frage, da es - wie es der Lebenswirklichkeit ja auch entspricht - feststellt, dass ein Geschädigter, der kein Normalkunde ist, auch nirgends einen Normaltarif erhält. Mangels einer nach § 287 ZPO verwendbaren Mietpreisliste "Unfallersatztarif" wird auf eine Standardpreisliste eines überregionalen Anbieters zurückgegriffenden, die den Gegebenheiten nach einem Unfall entspricht (keine Vorfinanzierung, Mietdauer unklar, keine Kaution, keine Vorreservierung, ...).

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Landgericht Meiningen (66) 4 S 94/14 vom 26.03.2015
(Vorinstanz Amtsgericht Meiningen 14 C 520/13)

Im Namen des Volkes



Urteil



In dem Rechtsstreit

XXX

gegen

XXX

wegen Mietwagenkosten nach Verkehrsunfall

hat die 4. Zivilkammer des Landgerichts Meiningen durch den Präsidenten des Landberichts XXX, die Richterin am Landgericht XXX sowie den Richter XXX am Landgericht aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 26.02.2015

für  R E C H T  erkannt:

1.     Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Amtsgerichts Meiningen vom 05.05.2014 abgeändert und wie folgt neu gefasst: Das Versäumnisurteil des Amtsgerichts Leipzig vom 12.04.201 wird insoweit aufrechterhalten, als die Beklagte verurteilt wurde, an den Kläger 1.029,20 Euro zuzüglich Zinsen in Höhe von 15 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 08.01.2013 an die Firma Autovermietung XXX zu bezahlen und den Kläger von nicht gesondert festsetzbare Kosten anwaltlicher Beauftragung gemäß Rechnung des Rechtsanwaltes XXX Nr.45/13 vom 01.02.2013 in Höhe von 116,02 Euro durch Zahlung freizustellen.

2.     Im Übrigen wird das Versäumnisurteil des Amtsgerichts Leipzig vom 12.04.2013 aufgehoben und die Klage abgewiesen.

3.     Die darüber hinausgehende Berufung wird zurückgewiesen.

4.     Von den erstinstanzlichen Kosten des Rechtsstreits haben der Kläger 15 % und die Beklagte 85 % zu tragen. Von den Kosten des Berufungsverfahrens haben der Kläger 11 % und die Beklagte 89 % zu tragen. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

5.     Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.


Gründe



A
Die Parteien streiten um restlichen Schadensersatz aus einem vom Versicherungsnehmer der Beklagten allein verursachten Verkehrsunfall vom 08.11.2012 gegen 06:45 Uhr in XXX, bei dem das Fahrzeug des Klägers und Berufungsbeklagten (nachfolgend nur noch Kläger), ein VW Golf Variant 1.9 TDI Edition, Erstzulassung 20.11.2000. Im Sinne eines wirtschaftlichen Totalschadens beschädigt wurde. Der Kläger unterzeichnete noch am Unfalltag gegen 10:00 Uhr einen Kraftfahrzeugmietvertrag mit der Autovermietung XXX. Ausweislich dieses Mietvertrags wurde ein Kraftfahrzeug BMW 318i an den Kläger vermietet. Als Mietpreis wurden für die Tage 1 bis 14 zunächst 115 Euro angegeben. Dieser Preis wurde jedoch durchgestrichen und in 89 Euro abgeändert. Zuzüglich vereinbart wurden Kosten für einen Zusatzfahrer für 13 Tage zu je 11 Euro, Haftungsbefreiungskosten von 25 € je Tag sowie Zustell-•und Abholkosten von 60 Euro. Das Fahrzeug wurde ausweislich dieses Mietvertrages am 20.11.2012 um 18:00 Uhr zurückgegeben. Einschließlich Mehrwertsteuer entstanden damit Mietwagenkosten in Höhe von 2.005,15 Euro, die mit Rechnung vom 23.11.2012 in dieser Höhe abgerechnet wurden. Hierauf regulierte die Beklagte und Berufungsklägerin (nachfolgend nur noch Beklagte) 714,00 Euro. Streitgegenständlich sind nur noch diese restliche Mietwagenkosten in Höhe von 1,217,96 € nebst Zinsen zzgl. Vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten in Höhe von 116,02 Euro, die mit Klage vom 14.03.2013 zunächst am Amtsgericht Leipzig geltend gemacht und in der Hauptsache wie folgt berechnet wurden:

Rechnungsbetrags Mietwagenrechnung     2.005,15 Euro
abzgl. Eigenersparnis von 5,63 Euro/Tag     73,19 Euro
abzgl. Zahlung                                              714,00 Euro
Rest                                                              1.272,92 Euro


Nachdem die Beklagten unter dem 23.04.2013 gegen das klageantragsgemäß ergangene Versäumnisurteil des Amtsgericht Leipzig vom 12.04.2013 Einspruch eingelegt und die örtliche Unzuständigkeit gerügt hat, wurde das Verfahren mit Beschluss vom 11.06.2013 an das AG Meiningen verwiesen. Die Beklagte ist der Auffassung, dass die geforderten Mietwagenkosten die marktüblichen Preise übersteigen würden. Der Kläger habe es rechtswidrig unterlassen, Vergleichsangebote einzuholen, eine Eil-/Notsituation habe nicht vorgelegen. Der Kläger habe daher nach einem Angebot der Firma Sixt einen VW Golf für 13 Tage zu 436,99 Euro anmieten können. Die Zahlung der Beklagten liege deutlich darüber. Aufgrund des Alters des verunfallten Fahrzeugs habe eine Vollkaskoversicherung Im Rahmen der Haftungsbefreiung nicht in Anspruch genommen werden können. Aus dem gleichen Grund hätte allenfalls ein Fahrzeug der Gruppe 3 angemietet werden dürfen, Zustell- und Abholkosten seien nicht entstanden, einen Zusatzfahrer habe es nicht gegeben. Es sei eine Eigenersparnis von mindestens 10 % anzunehmen. Die geltend gemachten außergerichtlichen Kosten überhöht.

Das Amtsgericht hat den Kläger in der mündlichen Verhandlung vom 05.05.2014 angehört. Dieser gab dort an, dass er nach dem Verkehrsunfall mit dem defekten Auto direkt zum Gutachter gefahren sei, der das Fahrzeug begutachtet habe und dann das Mietfahrzeug bei der Firma XXX mit der der Gutachter zusammenarbeite, bestellt habe. Das Fahrzeug sei dann zu ihm nach Hause gebracht worden, wo er auch den Mietvertrag unterschrieben habe, nachdem er in einen von der Firma XXX vorgelegten Mietspiegel gesehen habe. Über Preise sei nicht verhandelt worden. Er sei auch nicht gefragt worden, ob er eine Kaution hinterlegen könne oder wolle. Aus welchem Grund im Mietvertrag der Betrag von 115 € durch den Betrag von 89 € ersetzt worden sei, könne er nicht sagen, er sei noch am selben Tag mit dem Mietfahrzeug zur Arbeit gefahren. Das geschädigte Fahrzeug sei sowohl von seiner Frau, als auch vom Kläger selbst geführt worden. Das Mietfahrzeug habe jedoch nur er gefahren. Zu seinen wirtschaftlichen Verhältnissen befragt, erklärte der Kläger, dass er damals ein monatliches Einkommen von ca. 950 € gehabt habe, Er habe zum damaligen Zeitpunkt keine Kreditkarte gehabt und sei auch nicht im der Lage gewesen, den Unfallschaden vorzufinanzieren. Er habe nur über ein Girokonto verfügt, welches sich zum damaligen Zeitpunkt im Minus befunden habe. Geldreserven habe er nicht gehabt. Mit dem angefochtenen Urteil vom 23.06.2014 hat das Amtsgericht das Versäumnisurteil des Amtsgerichts Leipzig vom 12.04.2013 aufrechterhalten, soweit die Beklagte in Ziff. 1) verurteilt wurde, an den Kläger 1.153,46 Euro zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 08.01.2013 an die Firma Autovermietung XXX zu bezahlen sowie, soweit die Beklagte in Ziff. 2) verurteilt wurde, den Kläger von nicht gesondert feststellbaren Kosten anwaltlicher Beauftragung des Rechtsanwalts XXX Nr. 45/13 vom 01.02.2013 in Höhe von 116,02 Euro freizustellen. Im Übrigen hat das Amtsgericht das Versäumnisurteil des Amtsgerichts Leipzig vom 12.04.2013 aufgehoben und die Klage abgewiesen.
Zur Begründung hat das Amtsgericht im Wesentlichen ausgeführt, dass sich der Kläger auf die Empfehlung des Gutachters habe verlassen dürfen, nicht gegen eine Erkundigungspflicht verstoßen habe und auch klassengleich habe anmieten dürfen. Auch die Kosten einer Vollkaskoversicherung bezüglich des angemieteten Fahrzeugs seien zu ersetzen. Da nach der Beweisaufnahme das Fahrzeug zugestellt und abgeholt worden sei, seien auch die diesbezüglich angemessenen Kosten gerechtfertigt. Das gleiche gelte für die Position Zweitfahrer. Hinsichtlich der Eigenersparnis folge das Amtsgericht der Auffassung, dass diese auf 10 % zu schätzen seien. Damit habe der Kläger Mietwagenkosten in Höhe von 1.867,47 Euro für zweckmäßig und notwendig erachten dürfen. Abzüglich der durch die Beklagte geleisteten Zahlung in Höhe von 714 Euro ergebe sich deshalb ein Restbetrag in Höhe von 1.153.46 Euro. Wegen der weiteren Einzelheiten der Begründung wird auf das angefochtene Urteil Bezug genommen.

Gegen dieses wendet sich die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten vom 25.07.2014, welche unter dem 03.09.2014, eingegangen beim Landgericht Meiningen am 04.09.20141 begründet wurde. Mit dieser verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter. Es habe entgegen der Ansicht des Amtsgerichts keine Eil-/Notsituation vorgelegen, so dass der Kläger verpflichtet gewesen wäre, vor Anmietung 2 bis 3 Vergleichsangebote einzuholen. Auf eine ersichtlich „provisionsorientierte Empfehlung“ seines Gutachters habe er sich gerade nicht verlassen dürfen. Rechtsfehlerhaft nehme das Amtsgericht an, dass der Kläger berechtigt gewesen sei, klassengleich anzumieten und Kosten für einen Zusatzfahrer entstehen zu lassen. So habe bezüglich Letzterem der Kläger in seiner Anhörung selbst eingeräumt, dass nur er das Mietfahrzeug gefahren habe. Die AVIS-Tabelle, die im Übrigen einen höheren Preis für den Zusatzfahrer beinhalte, könne als Schätzgrundlage von der Kammer nicht herangezogen werden. Im Übrigen wird auf die Berufungsbegründung vom 03.09.2014 und den nachgelassenen Schriftsatz vom 27.02.2015 Bezug genommen.

Die Beklagte beantragt:
das Urteil des Amtsgerichts 14 C 520/13, verkündet am 23.06.2014, abzuändern und die Klage insgesamt kostenpflichtig abzuweisen.

Der Kläger beantragt:

die Berufung der Beklagten zurückzuweisen,

Der Kläger verteidigt das amtsgerichtliche Urteil. Auf seinen Schriftsatz vom 02.02.2015 wird Bezug genommen.

B
Die zulässige Berufung ist teilweise begründet.

I     Zwischen den Parteien sind nur noch restliche Mietwagenkosten streitig, die der Kläger nach der Rechtsprechung der Kammer im tenorierten Umfang beanspruchen kann.

1.    Der durch die Instandsetzung eines beschädigten Fahrzeugs bedingte Nutzungsausfall ist regelmäßig ein nach § 249 Abs. 2 BGB zu ersetzender Schaden. Der Schädiger hat ihn jedoch nicht unbegrenzt zu ersetzen. Nach zwischenzeitlich gefestigter Rechtsprechung des BGH, der die Kammer folgt, sind auch Mietwagenkosten grundsätzlich nur insoweit zu ersetzen, als dies tatsächlich zur Herstellung des Zustands erforderlich ist, der ohne die Schädigung bestehen würde. Zur Herstellung erforderlich sind deshalb nur die Aufwendungen, die ein verständiger, wirtschaftlich denkender Mensch in der Lage des Geschädigten für zweckmäßig und notwendig halten darf. Der Geschädigte ist dabei gehalten, im Rahmen des ihm Zumutbaren von mehreren möglichen den wirtschaftlicheren Weg der Schadensbeseitigung zu wählen. Davon, wie sich der Nutzungsbedarf des Geschädigten im Einzelfall während der Entbehrung tatsächlich gestaltet hat, hängt u. a. ab, ob dieser sich im Zweifel mit dem inzwischen in der Praxis eingespielten Pauschalbetrag begnügen muss oder ob er einen höheren Aufwand für Mietwagen oder Taxen beanspruchen kann. So kann sich daraus, dass ein Fahrzeug nur für geringe Fahrleistungen benötigt wird, die Unwirtschaftlichkeit der Anmietung eines Ersatzfahrzeuges ergeben, wenn nicht andere Umstände, z.B. die Notwendigkeit der ständigen Verfügbarkeit eines Kraftfahrzeugs die Anmietung eines Ersatzfahrzeugs rechtfertigt (BGH, DAR 2013, 194 = NJW 2013, 1149 VersR 2013, 515 -517 = MDR 2013, 516 = Schadenpraxis 203, 187 = NZV 2013. 282 = ZfSch 2013, 322 = RuS 2013, 407 m.w.N. - zitiert nach juris).

2.    Die Verpflichtung, den wirtschaftlichsten Weg der Schadensbeseitigung zu wählen, ergibt sich unabhängig von § 254 BGB bereits aus § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB und ist auch bei der Frage, welcher Aufwand für die Nutzung eines Mietwagens zu ersetzen ist, beachtlich (Palandt/Grüneberg, BGB 73. Aufl., § 249, Rn. 32). Nach dem aus dem Grundsatz der Erforderlichkeit hergeleiteten Wirtschaftlichkeitsgebot kann der Geschädigte für die Anmietung eines vergleichbaren Ersatzfahrzeugs von mehreren auf dem örtlich relevanten Markt - nicht nur für Unfallgeschädigte - erhältlichen Tarifen, grundsätzlich nur den günstigeren Mietpreis verlangen (BGH MDR•2013, 334 - zitiert nach juris).

a)    Das bedeutet, dass von einem Unfallgeschädigten grundsätzlich erwartet werden kann, sich zumindest in groben Zügen einen Überblick über die Mietwagenpreise zu verschaffen, so dass er insofern grundsätzlich zunächst verpflichtet ist, Konkurrenzangebote einzuholen. Hierzu ist ein vernünftiger und wirtschaftlich denkender Geschädigter schon unter dem Aspekt des Wirtschaftlichkeitsgebots gehalten. Auch liegt eine Nachfrage im eigenen Interesse des Geschädigten, weil er andernfalls Gefahr läuft, dass ihm ein nach den oben dargelegten Grundsätzen ein überhöhter Tarif nicht in vollem Umfang erstattet wird. Diese Pflicht entfällt nur dann, wenn aufgrund besonderer Umstände eine sofortige Anmietung eines Ersatzfahrzeugs dringend erforderlich ist, um einen noch größere Schaden zu verhindern (BGHZ 163, 19 = VersR 2005, 850 = NJW 2005, 1933 = NZV 2006, 357 = Schaden-Praxis 2005, 234 = BGHReport 2005, 1039 = DAR 2005, 438 = RuS 2005, 351 = MDR 2005, 1105; ThürOLG, Schaden-Praxis 2008, 223 = OLGR Jena, 2007, 985 - zitiert  nach juris) . Die Nachfrage nach einem günstigeren Tarif ist allerdings keine selbstständig durchsetzbare Pflicht, sondern eine Obliegenheit, deren Befolgung im eigenen Interesse des Geschädigten liegt.

b)    Weiterhin ist hier zu berücksichtigen, dass Kfz-Vermieter neben dem sog. Normaltarif häufig sog. Unfallersatztarife anbieten, die dadurch gekennzeichnet sind, dass deren Preise erheblich über den für Selbstzahler angebotenen Normaltarifen liegen (BGH, ZIP 2004, 2435 = NJW 2005, 51 = RuS 205, 41 =  NZV 2005, 32  Schaden-Praxis 2005, 11= DAR 2005, 21 . Zur Schadensbeseitigung erforderlich im Sinne von § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB ist deshalb hier grundsätzlich nur eine Anmietung nach den Sätzen des Normaltarifs, also regelmäßig ein Tarif, der für Selbstzahler Anwendung findet und daher unter marktwirtschaftlichen Gesichtspunkten gebildet wird (BGH a.a.O.; OLG Celle, MDR 2012, 760; ThürOLG, Schaden-Praxis 2008, 223 =  OLGR Jena 2007, 985, zitiert nach juris). Allein die Feststellung, dass der Geschädigte zu den Sätzen des Unfallersatztarifs angemietet hat, reicht jedoch noch nicht automatisch für die Annahme eines Verstoßes gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot, denn in Ausnahmefällen kann auch der wesentlich teurere Unfallersatztarif zu ersetzen sein. So können die Unfallsituation und Besonderheiten dieses Tarifs (etwa die Vorfinanzierung oder der Einsatz einer Kreditkarte, das Risiko eines Ausfalls mit der Ersatzforderung wegen falscher Bewertung der Anteile am Unfallgeschehen durch den Kunden oder das Mietwagenunternehmen u. ä.) allgemein einen gegenüber dem Normaltarif höheren Preis rechtfertigen, weil der Tarif auf Leistungen des Vermieters beruhen, die durch die besondere Unfallsituation veranlasst und infolgedessen zur Schadensbehebung nach § 249 Abs. 2 S. 1 BGB erforderlich sind (BGH, ZIP 2004, 2435 = NJW 2005, 51 = RuS 2005, 41 = NZV 2005, 32 Schaden-Praxis 2005, 11 = DAR 2005, 21, MDR  2013, 648  =  VersR 2013, 730  =  NJW 2013, 1870 = Schaden-Praxis  2013, 222 = DAR 2013, 378 = NZV 2013, 383  m.w.N.; ThürOLG   Schaden-Praxis 2008, 223 = OLGR Jena 2007,  985 - jeweils zitiert nach  juris). Die Rechtfertigung eines "Unfallersatztarifs" erfordert dabei jedoch nicht die Darlegung der betriebswirtschaftlichen Kalkulation des konkreten Mietwagenunternehmens im Einzelfall. Die Prüfung kann sich vielmehr darauf beschränken, ob spezifische, in der Situation der Anmietung eines "Unfallersatzfahrzeugs" regelmäßig anfallende Mehrleistungen beim Kfz-Vermieter aus betriebswirtschaftlicher Sicht allgemein einen (pauschalen) Aufschlag rechtfertigen (BGH, NJW 2008. 2910, VersR 2008, 1370 = MDR 2008, 1154 = Schaden-Praxis 2008, 367 = DAR 2008, 643), wobei alleine die ggf. ungewisse Dauer der Anmietzeit für sich keinen Aufschlag rechtfertigt (OLG Köln, Urteil vom 10. Juli 2012, 15 U 204/11 -, juris). Darüber hinaus muss die Anmietung des Fahrzeuges aber in einer typischen Situation der "Unfallersatzanmietung" erfolgen, da nur dann ein kausaler Zusammenhang zwischen einerseits der Anmietung des jeweiligen Fahrzeugs und andererseits dem gerade mit Blick auf die Situation der Unfallersatzanmietung typischerweise anfallenden und pauschal kalkulierten Zusatzaufwand besteht (OLG  Köln, a.a.O.)

Auch wenn der Geschädigte danach allein zu einem "Unfallersatztarif“ hat anmieten können, ist die Pflicht zur Schadensgeringhaltung aber auch denn gleichwohl verletzt, soweit er zu einem übererhöhten Unfallersatztarif angemietet hat. Denn auch dann, wenn nach Unfallersatztarif angemietet werden kann, entfällt die Erkundigungspflicht nach dem günstigsten Unfallersatztarif grundsätzlich nicht.

b)    Ergibt sich danach, dass der ''Unfallersatztarif“ auch mit Rücksicht auf die Unfallsituation nicht im geltend gemachten Umfang zur Herstellung "erforderlich" war, kann der Geschädigte oder dessen Rechtsnachfolger im Hinblick auf die gebotene subjektbezogene Schadensbetrachtung den übersteigenden Betrag nur ersetzt verlangen, wenn ihm ein günstigerer Normaltarif nicht ohne Weiteres zugänglich war. Auf die Frage der Zugänglichkeit kommt es also erst an, wenn und soweit eine Erhöhung des "Unfallersatztarifs" gegenüber dem "Normaltarif' nicht durch die besondere Unfallsituation gerechtfertigt ist. Hierfür haben der Geschädigte bzw. sein Rechtsnachfolger dazulegen und erforderlichenfalls zu beweisen, dass dem Geschädigten unter Berücksichtigung seiner individuellen Erkenntnis- und Einflussmöglichkeiten sowie der gerade für ihn bestehenden Schwierigkeiten unter zumutbaren Anstrengungen auf dem in seiner Lage zeitlich und örtlich relevanten Markt kein wesentlich günstigerer Tarif zugänglich war (BGHZ 163, 19 = VersR 2005, 850 =NJW 2005, 1933 = NZV 2005,!357 = Schaden-Praxis 2005, 234 = BGHReport 2005, 1039 = DAR 2005, 436 = RuS 2005, 351= MDR 2005, 1105, ThürOLG. Schaden-Praxis 2008, 223 = OLGR Jena 2007, 985 - zitiert nach juris).

Nach der Rechtsprechung des BGH kann sich die Erforderlichkeit eines Unfallersatztarifs zwar auch daraus ergeben, dass dem Geschädigten aufgrund einer besonderen Eilbedürftigkeit in der konkreten Anmietsituation nicht zuzumuten war, sich vor Anmietung nach günstigeren Tarifen zu erkundigen. Allein die Anmietung am Unfalltag begründet für sich genommen aber noch keine Eil- und Notsituation, die die Erkundigungspflicht entfallen lässt (BGH, NJW 2013, 1870 zitiert nach juris. Weiterhin ist hier zu beachten, dass dem Geschädigten auch der Einsatz einer Kreditkarte bzw. die Stellung einer Kaution zuzumuten ist, so dass zur Bestimmung der allein ersatzfähigen notwendigen Mietkosten auch auf Angebote zurückgegriffen werden kann, die nur gegen Kreditkarte/Kaution verfügbar sind, es sei denn, der insoweit jedenfalls sekundär darlegungspflichtige Geschädigte trägt konkret vor, dass ihm eine Vorleistung (z.B. via Kreditkarte oder Kaution) wegen damit verbundener Einschränkung der gewohnten Lebensführung nicht zumutbar gewesen wäre (BGH, VersR 2007, 706 = NJW 2007, 1676 = NZV 2007, 290 = DAR 2007, 328 = BGHReport 2007, 596 = Schaden-Praxis 2007, 254 MDR 2007, 94  = RuS 2007, 342; OLG Hamm, RuS 2011, 536 SchadenPraxis 2012, 75; OLG Bamberg, Schaden-Praxls 2009, 19, ThürOLG, Schaden-Praxis 2008, 223 = OLGR Jena 2007, 985,•OLG München, Schaden-Praxis 2006, 137 = NZV 2006, 381•- zitiert nach juris).


c)    Ist danach der konkret geltend gemachte Betrag nicht zu ersetzen, ist der berechtigte Schadensersatzanspruch zu ermitteln. Die Bemessung der Höhe des Schadensersatzanspruchs ist nach gefestigter Rechtsprechung des BGH in erster Linie Sache des nach § 287 ZPO besonders frei gestellten Tatrichter. Die Art der Schätzungsgrundlage gibt § 267 ZPO nicht vor. Die Schadenshöhe darf lediglich nicht auf der Grundlage falscher oder offenbar unsachlicher Erwägungen festgesetzt werden und ferner dürfen wesentliche, die Entscheidung bedingende Tatsachen nicht außer Betracht bleiben. Auch darf das Gericht in für die Streitentscheidung zentrale Fragen auf nach Sachlage unerlässliche fachliche Erkenntnisse nicht verzichten. Gleichwohl können in geeigneten Fällen Listen oder Tabellen bei der Schadensschätzung Verwendung finden. Nach diesen Grundsätze ist der Tatrichter grundsätzlich weder gehindert, seiner Schadensschätzung die Schwacke-Liste noch den Fraunhofer-Mietpreisspiegel zugrunde zu legen. Die genannten Listen haben zwar wegen unerklärlicher Preissteigerungen (Schwacke) oder der Methodik und Bandbreite der Erhebungen, d. h. Zahl der per Internet oder Telefon angefragten Mietwagenunternehmen (Fraunhofer), zum Teil heftige Kritik erfahren. Der Umstand, dass die vorhandenen Markterhebungen im Einzelfall zu deutlich voneinander abweichenden Ergebnissen führen können, genügt jedoch nicht, um Zweifel an der Eignung der einen oder anderen Erhebung als Schätzgrundlage zu begründen. Die Listen dienen dem Tatrichter nur als Grundlage für seine Schätzung nach § 287 ZPO. Er kann im Rahmen seines Ermessens unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls z. B. für die Ermittlung eines zu ersetzenden Unfallersatztarifs von diesen - etwa durch Abschläge oder Zuschläge auf den sich aus ihnen ergebenden Normaltarif - abweichen (BGH, VersR 2011 769 = MDR 2011, 722 = Schaden-Praxis 2011, 219 = NJW 2011, 1947 = RUS 2011, 265 = VerkMitt 2011, Nr. 51 = ZfSch 2011, 441 = DAR 2011, 459 = VRS 121, 82 = NZV 2011, 385 - zitiert nach juris). Die Eignung von Listen oder Tabellen, die bei der Schadenschätzung Verwendung finden können, bedarf allerdings dann, aber auch nur dann, der Klärung, wenn mit konkreten Tatsachen aufgezeigt wird, dass gegen geltend gemachte Mängel der Schätzgrundlage sich auf den zu entscheidenden konkreten Fall in erheblichem Umfang auswirken. Die Anwendung der Listen durch den Tatrichter begegnet also nur dann Bedenken, wenn die Parteien deutlich günstigere bzw. ungünstigere Angebote anderer Anbieter für den konkreten Zeitraum am Ort der Anmietung aufzeigen (BGH, MDR 2013, 334 zitiert nach juris).

aa)    Ausgangspunkt für die Bestimmung des Schadens ist zunächst die Ermittlung der Fahrzeugklasse des beschädigten Kraftfahrzeugs, wobei die Zuordnung richterlichem Ermessen unterfällt (Woitkewitsch, MDR 2013, 437, 438 m.w.N.). Grundsätzlich darf ein Geschädigter eine gleichartige und gleichwertige Sache, insbesondere ein nach Typ, Komfort, Größe, Bequemlichkeit und Leistung gleiches Fahrzeug anmieten. Dies gilt grundsätzlich auch für ältere Kraftfahrzeuge, deren Gebrauchswert allein durch ihr Alter nicht beeinträchtigt wird (OLGR Hamm 2000, 244 = Schaden-Praxis 2000, 312 = NZV 2001, 217 - zitiert nach juris, Geigel, Der Haftpflichtprozess, 26. Aufl. Kap. 3, Rn. 68 m.w.N.). Anders als bei der Nutzungsausfallentschädigung kommt hier eine Herabstufung wegen höheren Alters das verunfallten Fahrzeugs grundsätzlich nicht in Betracht. Die Interessen des Geschädigten bei Anmietung eines Ersatzfahrzeuges sind nämlich nicht mit denjenigen bei Geltendmachung eines Nutzungsausfallschadens g1eichzusetzen. Bei Geltendmachung des Nutzungsausfallschadens hat der Geschädigte Anspruch auf Ersatz des wirtschaftlichen Werts der entgangenen Nutzungsmöglichkeit, beim Anspruch auf Ersatz der Kosten für ein (vergleichbares) Mietfahrzeug geht es aber um den Gebrauchswert des schädigungsbedingt nicht nutzbaren Fahrzeuges. Dieser Gebrauchswert wird im Unterschied zum wirtschaftlichen Wert der Nutzungsmöglichkeit aber nicht oder nur geringfügig vom Alter des Fahrzeuges bestimmt. Hier kommt es allein auf die an die Fahrzeugklasse gebundene faktischen Gebrauchsmöglichkeiten an, die denjenigen zu entsprechen haben, die das  unfallbeschädigte Fahrzeug hatte (so zutreffend AG Frankfurt, DV 2014  53; OLG Dresden, MRW 2012, 51 - zitiert nach juris). Hierzu kommt, dass ein Geschädigter eines Verkehrsunfalls bei Inanspruchnahme eines Ersatzfahrzeugs aufgrund der Ausstattung bzw. des Alters der Fuhrparks von Vermietungsunternehmen kaum jemals überhaupt die Möglichkeit haben wird, ein auch altersmäßig „vergleichbares" Fahrzeug anzumieten. Die Flotten der der Mietwagenunternehmen sind gerichtsbekannt praktisch durchweg mit jungen Fahrzeugen bestückt, da die Fahrzeuge mit relativ hoher Fluktuation nach nur kurzer Laufzeit abgegeben werden. Bedenkt man weiter, dass die Notwendigkeit einer Anmietung dem Geschädigten durch den Schädiger aufgezwungen wurde, besteht kein Anlass, dem Geschädigten in tatsächlicher oder finanzieller Hinsicht für den Umstand einstehen zu lassen, dass er ein seinem Fahrzeug vergleichbares „altes Modell" überhaupt nicht anmieten kann (LG Nürnberg-Fürth, Schaden-Praxis 2011, 401). Nur wenn ein in seinem Gebrauchswert tatsächlich bereits deutlich beschränktes Kraftfahrzeug beschädigt wird (was nicht allein aus dem Alter des Fahrzeugs abgeleitet werden kann), kann von dem Geschädigten erwartet werden, auf ein klassenniedrigeres Fahrzeug zurückzugreifen. Dies ist vom Schädiger darzulegen und ggf. zu beweisen (OLG Celle, NJW-RR 2012, 802 zitiert nach juris). Das gleiche gilt, wenn ein verständiger, wirtschaftlich denkender Mensch in der Lage des Geschädigten zum Ausgleich des Gebrauchsentzugs seines Fahrzeugs die aufgewendeten Mietwagenkosten nicht mehr für erforderlich halten durfte, so z. B. wenn ein typgleiches Fahrzeug nur zu einem  besonders hohen  Mietzins zu haben ist und nur für eine kurze Zelt benötigt wird. Dann kann der Geschädigte gehalten sein, sich mit einem weniger komfortablen Wagentyp zu begnügen (vgl. u.a. LG Nürnberg-Fürth, Urteil vom 29.09.2011, Az.: 2 S 185/11 – zitiert nach juris). Dabei verkennt die Kammer nicht, dass sie in Übereinstimmung mit Teilen der Rechtsprechung in der Vergangenheit eine Herabstufungsnotwendigkeit des mietbaren Ersatzwagens wegen höheren Alters des geschädigten Fahrzeuges vorgenommen hat. Sie schließt sich jedoch der hierzu geänderten Rechtsprechung auch anderer Gerichte (vgl. u.a. LG Nürnberg-Fürth, Urteil vom 29.09.2011, Az.: 2 S 185/11 - zitiert nach juris•) aus den vorgenannten Gründen an und gibt ihre bisherige Rechtsprechung hierzu auf.

bb)    Vom so ermittelten reinen Mietkostenwert sind sodann weitere Zu-•und Abschläge vorzunehmen, wenn diese beim Mietkostenwert selbst noch nicht berücksichtigt wurden.

(1)    So muss sich der Geschädigte im Wege des Vorteilsausgleichs ersparte, eigene Aufwendungen anrechnen lassen, da er während des Zeltraumes der Anmietung des Ersatzfahrzeuges sein eigenes Fahrzeug nicht abnutzt. Nach derzeit herrschender Ansicht sind hierfür pauschal 10 % der Mietwagenkosten zu veranschlagen (BGH, VersR 2010, 545 = NJW 2010, 1445 Schaden-Praxis 2010, 185; MDR 2010, 567 - zitiert nach juris).

(2)    Die Prämie für eine Haftungsfreistellung ist grundsätzlich zu ersetzen (Palandt/Grüneberg, BGB, 73. Aufl., § 249, Rn. 38. Üblicherweise setzt das Berufungsgericht als Haftungsbefreiung pro angefangener Mietwoche 50,00 Euro netto an. AVIS sieht im Falle einer Beschädigung des Fahrzeugs eine Selbstbeteiligung von 600,00 Euro vor. Der Betrag von 50,00 Euro erscheint (gerade) noch verhältnismäßig, um das Risiko der Selbstbeteiligung vorsorglich auszuschließen.

(3)    Auch Verbringungskosten sind zu ersetzen, wenn eine Verbringung des Mietwagen tatsächlich erfolgte (OLG Celle, MDR 2013, 1340 = Schaden-Praxis 2014, 127 – zitiert nach juris). Die Kosten für Zustellung und Abholung werden in Anlehnung an den AVIS-Tarif auf regelmäßig 60,00 Euro geschätzt.

(4)    Eine kostenpflichtige Zweitfahrerberechtigung ist grundsätzlich erstattungsfähig, da private PKW regelmäßig nicht nur von dem offiziellen Halter und Eigentümer genutzt, sondern auch Familienangehörigen oder Freunden zur Verfügung gestellt werden. Der Geschädigte darf auch während der Anmietungsdauer eine umfassende Nutzungsmöglichkeit des Ersatzfahrzeugs, auch zugunsten Dritter erwarten. Ob dann tatsächlich auch eine Nutzung durch den Zweitfahrer erfolgt, ist unerheblich. Aus versicherungsrechtlichen Gründen, insbesondere Kosten der Zusatzversicherung, lassen sich die Vermieter die Zweitfahrerberechtigung typischerweise zusätzlich vergüten. Nach § 249 Abs. 2, Satz 1 BGB sind deshalb Kosten für einen zweiten Fahrer zu ersetzen, wenn auch das beschädigte Fahrzeug durch einen zweiten Fahrer genutzt wurde, denn der Geschädigte ist grundsätzlich so zu stellen, als wenn der zum Ersatz verpflichtete Umstand nicht eingetreten wäre (§ 249 Abs. 1 BGB). Hierzu reicht es für die Geltendmachung der Kosten im Rahmen des § 249 BGB aus, dass der Geschädigte vorträgt, dass das geschädigte Fahrzeug von Dritten genutzt wurde. Dem kann der Schädiger nur substantiiert entgegentreten. Ein einfaches Bestreiten oder ein pauschaler Vortrag, der Geschädigte sei auf diese Leistungen gar nicht angewiesen gewesen, reicht für die Berücksichtigung als Einwand gemäß § 254 BGB nicht aus (OLG Köln, Schaden-Praxis 2013, 361 = MRW 2013, 47 = NZV 2014, 314, OLG Köln, NZV 2010, 614; (LG Stuttgart, MRW 2013, 28; LG Stuttgart, MRW 2012, LG Frankfurt, MRW 2014, 58, AG Krefeld, Urteil vom 18.09.2014, 3 C 108/14 jeweils mit weiteren Nachweisen, zitiert nach juris).

II    Unter Berücksichtigung dessen hat die Berufung in geringem Umfang Erfolg.

1.    Entgegen der Auffassung des Klägers lag unter Berücksichtigung des Vorgenannten schon nach seinen eigenen Darlegungen keine so genannte ad hoc Anmietung vor, wozu allein die Anmietung am Unfalltag nicht reicht. Es ist weder vorgetragen noch ersichtlich, warum der Kläger zur Vermeidung eines größeren Schadens zeitlich nicht in der Lage gewesen sein soll, Vergleichsangebote einzuholen.

2.    Gleichwohl konnte der Kläger zum sog. Unfallersatztarif anmieten, war jedoch auch hier verpflichtet, entsprechend Vergleichsangebote innerhalb dieses Tarifgefüges einzuholen, was er jedoch unterlassen hat. Wie sich aus den Angaben Klägers in seiner Anhörung vor dem Amtsgericht an deren Richtigkeit die Kammer keinen Zweifel hat, ergibt, war er nicht in der Lage, die Mietwagenkosten vorzufinanzieren. Er hatte danach weder Geldreserven, noch eine Kreditkarte zur Verfügung. Diese Angaben des Klägers stimmen auch mit der Bestätigung seiner kontoführenden Bank vom 30.11.2012 überein. Der entscheidenden Kammer ist aus vielen ähnlich gelagerten Fällen und Beweisaufnahmen bekannt, dass einem Unfallgeschädigten, der - wie vorliegend - Anspruch auf vollständigen Schadensersatz hat, grundsätzlich nur ein sog. Unfallersatztarif angeboten wird. Ein im hiesigen Landgerichtsbezirk ansässiges Unternehmen bietet einem durch einen Unfall Geschädigten kein Auto zu einem Normaltarif an, es sei denn, dieser ist in der Lage, es mit einer Kreditkarte oder anderweitig vorzufinanzieren. Das war vorliegend nicht der Fall.

3.    Wie dargelegt, war der Kläger auch berechtigt, ein Fahrzeug der gleichen Klasse anzumieten, soweit die Beklagte zur Begründung ihrer gegenteiligen Auffassung auf Palandt/Grüneberg, BGB, 73. Aufl., Rn. 34 zu § 249 verweist, wird zu dieser Problematik dort nichts ausgeführt. Soweit die Rn. 44 zu § 249 gemeint sein sollten, trägt auch dies die Auffassung der Beklagten nicht, denn die dortigen Ausführungen betreffen ausschließlich die Nutzungsausfallentschädigung und nicht den Mietwagenersatz.

4.     Bei dieser Sachlage war die Höhe der erstattungsfähigen Mietwagenkosten gemäß § 287 ZPO auf der Grundlage des Unfallersatztarifs zu schätzen, da ein Normaltarif dem Kläger nicht zugänglich war. Entgegen der Auffassung des Klägers in der Berufungserwiderung ist das Berufungsgericht hierzu auch schon deshalb berechtigt, weil das Amtsgericht keine eigene Schätzung vorgenommen, sondern dem auf der Grundlage der geltend gemachten Mietwagenkosten Rechnung erhobenen Anspruch unter Abzug eines anderen Eigenkostenanteils stattgegeben hat. Unabhängig davon wäre die Berufungskammer auch nicht an eine Schätzung des Amtsgerichtes gebunden. Es kann im Fall einer auf §287 gründenden Entscheidung auch nach der Reform des Rechtsmittelrechts durch das Gesetz zur Reform des Zivilprozesses vom 27.07.2001 (BGBl. I S. 1887) den Prozessstoff auf der Grundlage der nach § 529 ZPO berücksichtigungsfähigen Tatsachen ohne Bindung an die Ermessensausübung des erstinstanzlichen Gerichts selbständig nach allen Richtungen von Neuem prüfen und bewerten. Selbst wenn es die erstinstanzliche Entscheidung zwar für vertretbar hält, darf es nach seinem Ermessen eine eigene Bewertung vornehmen (BGH, VersR 2011, 769 = MDR 2011, 722 = Schaden-Praxis 2011, 219 = NJW 2011, 1947 = RuS 2011, 265 = VerkMitt 2011, Nr. 51 = ZfSch 2011, 441 = DAR 2011, 459 VRS 121, 82 = NZV 2011, 385). Die Kammer schätzt in vergleichbaren Fällen in ständiger Rechtsprechung nach dem sogenannten AVIS-Tarif. Bei AVIS handelt es sich um eine überörtliche Autovermietung. Niederlassungen finden sich auch im hiesigen Bezirk. Damit ist gewährleistet, dass ein Unfallgeschädigter einen Mietwagen zu AVIS-tarifen auch tatsächlich hätte erhalten können. Der hier seit dem 2010 unverändert geltende Standardtarif PLUS ist ein Unfallersatztarif, er setzt eine Vorfinanzierung nicht voraus. Er kann auch heute als Schätzgrundlage herangezogen werden. Dem steht auch nicht entgegen, dass einzelne Tarifteile, wie vorliegend beispielsweise die zusätzlichen Kosten für den Zweitfahrer, gegebenenfalls sogar höher sind als die geltend gemachten. Erfolgt wie vorliegend eine Schätzung auf Grundlage eines erhältlichen Tarifes, dann kann denknotwendigerweise nur die gesamte Tarifstruktur dieses Tarifes Geschäftsgrundlage sein. Dass in dieser gegebenenfalls einzelne Tarifbestandteile höher sind als in dem Tarif, in dem angemietet wurde, ist dabei unerheblich, weil es nicht möglich ist, sich aus verschiedenen Tarifen verschiedener Anbieter die jeweils günstigsten Bestandteile zusammenzustellen (Verbot der Anwendung der sog. „Rosinentheorie“). Der Kläger hat nachvollziehbar vorgetragen, dass das beschädigte Fahrzeug grundsätzlich auch von seiner Ehefrau gesteuert wurde. Aus den vorgenannten Gründen sind deshalb auch die Kosten für einen Zweitfahrer zu ersetzen.

Dass dieser dann das Fahrzeug im Mietzeitraum tatsächlich nicht gesteuert hat, ist unerheblich.

5.    Danach ergibt sich für den hier zu entscheidenden Fall folgende Berechnung:

Mietwagenklasse 5,                                                                       AVIS „Standardtarif plus“   
7 Tage pauschal                                                                            705,53 Euro
6 Tage zu je 100,79 Euro                                                                604,74 Euro
Zwischensumme                                                                           1.310,27 Euro
abzgl. 10 % Eigenersparnis                                                          131,03 Euro
Zwischensumme                                                                           1.179,24 Euro
zzgl. Haftungsbefreiung je angefangene Woche 50,00 Euro        100,00 Euro
zzgl. Zustellung und Abholung                                                       60,00 Euro
zzgl. 13 Tage Zusatzkosten Zweitfahrer 14,28 Euro/Tag              185,64 Euro
Zwischensumme                                                                            1.484,88 Euro
zzgl. 19 % MWSt.                                                                            278,33 Euro
Mietwagenkosten gesamt                                                               1.743,20 Euro
abzgl. Zahlung                                                                                 714,00 Euro
Rest                                                                                                1.029,20 Euro

Die hierüber hinausgehende Verurteilung des Amtsgerichts war deshalb aufzuheben, Übrigen die Berufung zurückzuweisen.

C
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 92, 97 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708, Nr. 10, 711, 713, ZPO.

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Bedeutung für die Praxis: Auch wenn die Preisliste eines Anbieters keine tragfähige Schätzgrundlage nach § 287 ZPO sein mag, entspricht die Linie des Gerichtes sehr viel eher der Lebenswirklichkeit, als hunderte andere Gerichtsentscheidungen der letzten Jahre. Das Gericht hat erkannt, dass der Geschädigte bis auf wenige Ausnahmen keinen Zugang zum Normalmarkt hat. Das beginnt bereits mit der Frage, wer für ihn die passende Mietwagengruppe entsprechend seines Schadenersatzanspruches feststellt. Das bereits ist auch bei möglicher Vorfinanzierung eine Leistung, die den Normaltarif ausschließt. Das Gericht gibt einige weitere interessante Klarstellungen zu Irrmeinungen rund um Zusatzleistungen der Ersatzvermietung.