Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 25-24

Amtsgericht Brühl 25 C 121/23 vom 03.06.2024 

1. Zur Schätzung der nach einem Unfall erforderlichen Mietwagenkosten ist der Mittelwert aus Schwacke und Fraunhofer geeignet.
2. Der Beklagten gelingt es mit den vorlegten Internetbeispielen nicht, geeignete Argumente gegen die Verwendung der Schwacke-Liste im Rahmen des Mischmodells anzubringen, u.a. da ein von der Klägerin vorgelegtes Internetangebot einen weit höheren Betrag enthält.
3. Auf den Grundbetrag ist ein Aufschlag wegen unfallbedingter Mehrleistungen in Höhe von 20 Prozent zuzusprechen.
4. Kosten der erweiterten Haftungsreduzierung sind schon deshalb erstattungsfähig, weil ein eventueller Schaden bei einem nahezu neuen Mietfahrzeug viel teurer werden könnte als beim eigenen in der Regel älteren Fahrzeug.
5. Der Beklagten ist nicht in der Ansicht zu folgen, eine Navigations-Ausstattung sei nicht erforderlich, weil der Geschädigte  sein Mobiltelefon hätte verwenden können.

Zusammenfassung: Das Amtsgericht Brühl wendet den Mittelwert aus den Listen an zuzüglich unfallbedingtem Aufschlag und Nebenkosten.

Bedeutung für die Praxis: In zwei Punkten gibt das Gericht ausführliche Antworten auf abenteuerliche Vorstöße der Beklagten: zur Haftungsreduzierung und zum Anspruch auf Ausstattung mit einem Navigationsgerät.
Das Anrecht des Geschädigten auf die vertraglich vereinbarte Reduzierung der Haftung für eventuelle Beschädigungen am Mietwagen und die Erstattung der entstehenden Kosten wird im Verfahren vom Versicherer – im Widerspruch zur BGH-Rechtsprechung – in Abrede gestellt. Das Gericht sieht das anders und begründet ausführlich, warum der Geschädigte einen Anspruch auf diese Absicherung hat. Das Mietfahrzeug habe in der Regel einen viel höheren Wert als das Fahrzeug des Geschädigten. Kommt es zu Schäden, sind die drohenden Kosten dann viel höher als beim eigenen Fahrzeug. Auch steige das Risiko eines Schadens, weil der Mietwagen (im Umgang und seinen Abmessungen) ungewohnt sei. Auch im Selbstzahler-Markt mieten Kunden mit niedriger Selbstbeteiligung an. Daher könne der Kläger die Erstattung der Kosten für Haftungsreduzierung verlangen.
Zur Ausstattung des Ersatzfahrzeuges mit Navigation verweist die Beklagte darauf, dass der Geschädigte sein Mobiltelefon dafür nutzen könnte und daher die Navigationsausstattung nicht erforderlich, Kosten dafür nicht ersatzfähig seien. Das Gericht verneint auch das, da die Funktionalität eine herabgesetzte sei, wie die Größe des Bildschirms, Bild- und Tongebung, und die Bedienung eines Mobiltelefons zum Navigieren eine Handyhalterung voraussetzen würde, um es dem Straßenverkehrsrecht entsprechend nutzen zu dürfen. Ein integriertes System ist daher erforderlich und dessen Kosten zu erstatten. 

Zitat: „Kosten Haftungsreduzierung sind vom Schädiger zu übernehmen“ 

Die Kosten für eine Vollkaskoversicherung sind zu ersetzen. Dies liegt darin begründet, dass die Kosten für einen Schaden am Mietwagen meist höher sind als die für den eigenen Wagen. Mietwägen sind in der Regel moderner als der eigene Wagen und dadurch kommt es auch zu höheren Reparaturkosten. Zudem sind die Fahrer eines Mietwagens zumeist an ihren eigenen Wagen gewöhnt und nicht an den Mietwagen. Dadurch bestehende Besonderheiten sind einem Mietwagenfahrer meist nicht sofort bekannt. Weiterhin ist es auch in Fällen der Anmietung eines Wagens über gängige Vermieter auf dem Markt nicht unüblich, dass die Kunden eine Vollkaskoversicherung mit einbeziehen. Zudem ist zu beachten, dass die Beklagte mit ihren Ausführungen, weswegen ein Zusatzfahrer nicht erstattungsfähig ist, sich widersprüchlich zu ihren Aussagen bezüglich der Vollkaskoversicherung verhält. Wenn aus ihrer Sicht angemerkt wird, dass die Kosten eines Zusatzfahrers nicht zu ersetzen sind, weil eine Vollkaskoversicherung abgeschlossen wurden ist, dann erkennt sie so indirekt doch selbst an, dass bestimmte extra Risiken bestehen, die abgesichert werden sollten.“ (Amtsgericht Brühl 25 C 121/23 vom 03.06.2024)

Zitat: „Kosten Navigation-Ausstattung sind vom Schädiger zu übernehmen“ 

„Auch die Kosten für ein Navigationssystem sind zu ersetzen. Dass die Beklagte darauf verweist, dass die Nutzung durch eine App auf einem Smartphone sinnvoller gewesen wäre, ändert daran nichts. Der Vorteil der einschlägigen Programme auf dem Smartphone liegt vor allem darin, auf aktuelle Staus, Unfälle oder ähnliche Probleme zu reagieren (wenn diese auftreten). Im Rahmen der üblichen Ansage der Fahrtstrecke, ergibt sich aber selten ein Vorteil. Die Wegführung dürfte in der Regel über ähnliche Strecken gehen. Die Straßenführung ändern sich nicht so schnell wie es die Technik tut. Zudem hat die Nutzung eines Smartphones für die Navigation den Nachteil, dass der Bildschirm im Verhältnis zum Navigationssystem in einem Auto kleiner ist. Die Erkennbarkeit ist zwar grundsätzlich möglich, aber es macht einen Unterschied, ob auf einen ca 6 Zoll oder auf einen ca 14 Zoll großen Bildschirm geschaut wird. Weiterhin wäre bei der Navigation über ein Smartphone regelmäßig noch eine Halterung notwendig, damit das Smartphone in einer Höhe sichtbar ist, die es erlaubt, auf das Gerät zu schauen, ohne erheblich vom Straßenverkehr abgelenkt zu sein. Eine solche Halterung hat nicht jede Person und würde selbst neue Kosten erzeugen. Weiterhin dürften die meisten Autofahrer sowohl die Bild- als auch Tonfunktion eines Navigationssystems nutzen. Im Rahmen dessen muss sichergestellt werden, dass die Person sich nicht zu sehr auf das Navigationssystem konzentriert, vgl. § 23 la Nr. 2 b) StVO. Ob dies durch die Umstände bei einem Smartphone nun besser ist als bei einem im Auto integrierten Navigationssystem erfolgen kann, ist zweifelhaft.“ (Amtsgericht Brühl 25 C 121/23 vom 03.06.2024)

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