LG Darmstadt mit zweifelhafter Mittelwertbildung

Das Landgericht Darmstadt hat in einem Berufungsverfahren in Bezug auf die Mietwagenkosten-Schätzgrundlage zunächst die beiden Listen Schwacke und Fraunhofer diskutiert, in beiden erhebliche Probleme ausgemacht und anschließend den Mittelwert gebildet, nicht ohne zuvor geschickt anzumerken, dass beide Liste verwendbar seien.

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Az. 21 S 75/09 vom 10.02.2010

An diesem Urteil ist erheblich zu zweifeln. Das Schätzungsermessen nach §287 ZPO kann nicht Grundlage für willkürliche Schätzungen sein, in welchen zunächst Listen verworfen werden, um in Anschluss daran, auf diesen aufbauend, mittels einfachen Rechenverfahren den Mittelwert zu bilden.

Mit den konkreten Vorteilen und Defiziten der Listen und den Auswirkungen auf den Fall hat sich das Berufungsgericht nicht beschäftigt. Aufgrund einer erheblichen Abweichung der sich aus den Listen ergebenden Werte von 764 Euro und 2050 Euro wird einfach behauptet, dass beide problematisch sein müssen, allein, weil es Gerichte gibt, die in die eine oder andere Richtung geurteilt haben.

Die dem Urteil zu entnehmenden Rechenwege berücksichtigen nicht, dass die von der Beklagten behaupteten Fraunhofer-Preise keine Endpreise darstellen. Es sind deshalb (unabhängig von der Kritik an den Tages-,..bis Wochentarifen der Fraunhofer-Liste) Werte miteinander verrechnet worden, die fehlerhaft waren. Siehe Seite 7: "Wochentarif mit Winterreifen"; einen solchen Tarif enthält die Fraunhofer-Liste nicht. Die Nebenkostenposition für Haftungsreduzierung fehlt. Die Nebenkostenposition Zustellen/Abholen wird in Ermangelung eines Wertes bei Fraunhofer doch wieder aus Schwacke entnommen.

Die Kritik an der Fraunhofer-Erhebung wird genannt, die Folgen jedoch ausgeblendet. Es ist nicht ersichtlich, wie mit dem Problem der unterstellten Vorbuchungsfrist umzugehen ist. Viele anderen Kritikpunkte und deren Bedeutung fehlen. Die Fraunhofer-Liste wird sodann als verwendbare Schätzgrundlage benannt.

Dagegen ist die allgemeine und falsche Aussage, dass die Schwacke-Liste gar nicht anonym erhoben wurde, für das Gericht ausreichend, sie nicht zu verwenden (... und sie im Anschluss doch auch als verwendbar darzustellen).

Die Reduzierung der Forderung auf ein weiteres Rechenmodell "Woche durch Sieben mal Anmietdauer" widerspricht aktueller BGH-Rechtsprechung. Der BGH hat u.a. in Entscheidungen des VI. Zivilsenates und auch mit Urteil XII ZR 117/07 vom 25.03.2009 bestätigt, dass die von den Schätzgrundlagen verwendeten Pauschalierungen z.B. von einer Woche anzuwenden sind, ja bei unklarer Mietdauer oder Verländerungen gar im Bereich von Tagessätzen angewendet werden müssen. Warum wird dann nicht ein Monat durch 30 mal Anmietdauer verwendet? Das wäre ebenso denkbar, wenn Fraunhofer es in seine Listen aufnimmt.