Kein Mittel zwischen Fraunhofer und Schwacke

Einige wenige Gerichte wissen sich nicht anders zu helfen, als den Mittelwert zwischen den bei Fraunhofer und Schwacke ausgewiesenen Beträgen als Maß zu nehmen. Das kann nicht richtig sein.

Begründungen:

 

1. Wenning NZV 10-2009, "Fraunhofer und die Rechtsprechung", Seite 473 ff:

"Da die Nebenkosten auch bei den von Fraunhofer ermittelten Internet-Preisen einen erheblichen Teil des Endpreises darstellen, fehlt ein wesentlicher Bestandteil zur Ermittlung eines Marktpreises (als Endpreis). Dieser Preisbestandteil kann auch nicht übergangen oder vernachlässigt werden, weil er bei den von Fraunhofer ermittelten Internet-Anbietern zum Teil erheblich teurer ist, als die Nebenkosten-Preise, die Schwacke (Anmerkung: durchschnittlich) ermittelt." ... mit dortigen Nachweisen.

"Ein Vergleich der beiden Preis-Erhebungen ist also auch diesbezüglich nicht möglich."

 

2. Landgericht Koblenz 14 S 6/08 vom 14.05.2009:

"Die Geeignetheit einer Schätzgrundlage wird zudem nicht dadurch in Zweifel gezogen, dass abweichende Ergebnisse anderer Schätzgrundlagen vorgetragen werden. Dies gilt um so mehr vor dem Hintergrund, dass Sinn des § 287 ZPO ist, durch Heranziehung einer Schätzgrundlage eine umfassende Beweisaufnahme für jeden Einzelfall zu vermeiden. Auch deshalb ist der 'Schwacke-Mietpreisspiegel' in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes trotz unvermeidbarer Ungenauigkeiten, die durch das Wesen einer Schätzung bedingt sind, als Schätzgrundlage grundsätzlich anerkannt. Durch Vornahme weiterer Erhebungen könnten zudem immer neue abweichende Ergebnisse präsentiert werden. Würde dies dann jeweils dazu führen, dass die bisher angewandte Schätzgrundlage zu überprüfen ist, so würde es nahezu unmöglich, eine geeignete Schätzgrundlage ausfindig zu machen".

 

3. Brabec MRW 1-2010, "Analyse statt Schlagworte: Fraunhofer im Detail hinterfragt", Seite 3:

"Gerichten und Anwälten, die nur selten mit dem Spezialgebiet „Schätzgrundlage der Mietwagenkosten“ befasst sind, fehlt häufig die Argumentation der Geschädigtenseite. Da die durch Fraunhofer und Schwacke ermittelten Marktpreise sehr weit auseinander liegen, kommt der Gültigkeit der gewählten Methodik eine sehr hohe Bedeutung zu. Es kann nur eine von beiden Listen richtig sein".

Und in der dazugehörigen Fußnote:

"Die Wahl eines Mittelwertes aus beiden Listen ist abzulehnen, da es dogmatisch nicht richtig sein kann, zunächst beide – im Ergebnis sehr weit voneinander entfernt liegende - Listen abzulehnen, weil in beiden erhebliche Probleme gesehen werden, um dann einen rechnerischen Mittelwert daraus zu ermitteln. Gerichte, wie das Landgericht Bielefeld (21 S 27/09 vom 09.10.2009) oder das Amtsgericht Essen (12 C 229/09 vom 03.11.2009) gehen wohl aufgrund zunehmender Überlastung zum Mittel zwischen Fraunhofer und Schwacke über, vor allem, um sich mit den Grundlagen beider Erhebungen nicht im Detail auseinandersetzen zu müssen. Es wäre auch dann nicht richtig, zur Beilegung von Streit die Mitte zu wählen, wenn eine der Listen vollständig abzulehnen wäre."

 

4. Landgericht Frankenthal, 2 S 139/09 vom 23.12.2009:

"An die von der Amtsrichterin vorgenommene Schadensschätzung auf einen Mittelwert zwischen den Preisen der Schwacke-Liste und der Liste des Fraunhofer-Institutes ist die Kammer... nicht gebunden. Die Fehlerhaftigkeit einer solchen Schätzung rügen beide Parteien zu Recht. Welche der beiden Liste sie für richtig hält, hat die Amtsrichterin nicht dargelegt, vielmehr hat sie Zweifel an der Geeignetheit beider als Schätzgrundlage geäußert.

Einen Erfahrungssatz des Inhaltes, dass 'die Wahrheit in der Mitte liege', gibt es in diesem Zusammenhang nicht. Die Kammer kann deshalb eine eigene Schätzung vornehmen."

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5. Landgericht Dortmund, 4 S 47/09 vom 25.11.2009:

"Insbesondere ist es nicht geboten, gar noch eine dritte Schätzbasis in Höhe etwa des Mittelwertes zwischen dem Schwacke-Automietpreisspiegel und der Tabelle des Fraunhofer IAO einzuführen."

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6. Landgericht Siegen, 1 S 49/09 vom 17.11.2009:

"Die Nachteile, die den jeweiligen Zahlenwerken anhaften, lassen sich auch nicht dadurch aufheben, dass man aus beiden einen Mittelwert bildet (so aber LG Bielefeld, Urteil vom 09.10 2009, Az,: 21 S 27/09 und AG Essen, Urteil vom 03.11.2009, Az.: 12 C 229/09). Im übrigen würde ein solches Vorgehen die Berechnung im Einzelfall noch komplizierter gestalten (entgegen AG Essen, aaO.)."

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7. AG Minden, 19 C 127/09 vom 23.03.2010:

Das Amtsgericht Minden hat entschieden, dass sich die für die Anmietung eines Mietwagens erforderlichen Kosten auf Grundlage des sog. Mietpreisspiegel der Fa. Euratax-Schwacke ermitteln lässt. Das Gericht erteilt der Auffassung, dass ein Mittelwert aus Schwacke und Fraunhofer zu bilden sei, eine Absage, da hierdurch der Geschädigte eines Verkehrsunfalls völlig überfordert werde.

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Das Landgericht Aachen hat den Weg zur Entscheidungsfindung gewiesen (12 O 39/10 vom 11.03.2010):

"Nach der höchst- und obergerichtlichen Rechtsprechung kann der Schädiger bzw. sein Haftpflichtversicherer die Schätzgrundlage dadurch erschüttern, dass er im einzelnen Fall einen günstigeren, dem Geschädigten ohne weiteres zugänglichen Tarif konkret darlegt.
Diese Linie überzeugt alleine dadurch, dass, wenn der Fraunhofer-AMP eine sachgerechte Schätzgrundlage darstellte, es kein Problem für die Haftpflichtversicherer sein sollte, das Vorliegen eines entsprechenden allgemein zugänglichen Vergleichsangebotes darzulegen."

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