Mercedes-Organisation: Zweifelhafte Empfehlung an die Mercedes-Werkstätten

Die Mercedes Benz Vertriebsorganisation Deutschland (MBVD) und der HDI empfehlen den eigenen Reparaturbetrieben zum Umgang mit Kasko- UND HAFTPFLICHTKUNDEN eine vertragliche Vereinbarung mit dem HDI, siehe Datei am Ende.

Darin verpflichtet sich der HDI, Schäden, die schon im Mercedes-Betrieb angekommen sind, nicht wegzusteuern. Mietwagen sollen jedoch vom HDI kommen. Nur wenn das im Einzelfall nicht möglich ist, darf der Reparaturbetrieb selbst vermieten. Dafür erhält er eine Vergütung in der Größenordnung der Nutzungsausfallentschädigung.

Das allein ist schon zweifelhaft, aber es geht noch weiter.

Für das Versprechen, Kunden mit einem verunfallten Mercedes zugesteuert zu bekommen (wohin sollte der unschuldig Verunfallte mehrheitlich sonst gehen?), soll der Betrieb seinerseits freiwillig dort erscheinende Kunden sofort und unverzüglich an den HDI melden.

Der Grund:
Dann kann das HDI-Schadenmanagementkonzept starten. Einen Anwalt braucht man dabei nicht, und einen Sachverständigen noch weniger. Von nun an soll ja auch im Haftpflichtschadenfall zwischen den Unfallgegnern alles unkompliziert und freundschaftlich ablaufen.

Unfallopfer, die vom HDI zum Schadenmanagement überredet wurden, werden an den Betrieb gesteuert. Sie erhalten vom Mercedes-Betrieb schnellstmöglich einen Kostenvoranschlag, dazu wird die Werkstatt per Vertrag verpflichtet. Totalschäden werden vom HDI in die Restwertbörsen eingestellt, bei kostenloser Aufbewahrung des Wracks für 10 Tage durch den Reparaturbetrieb. Abzüge der Reparaturkosten gegenüber der Werkstatt werden dem Betrieb vom HDI gern erläutert.
 
Kostenloses Abschleppen innerhalb 50 km, Rabatt auf Ersatzteile und vom HDI vorgegebene Stundenverrechnungssätze sind weitere Highlights dieser Wunschliste des HDI. Die Werkstatt verpflichtet sich nun noch, den HDI-Mitarbeitern uneingeschränkten Zugang zu Fahrzeugen von Haftpflichtgeschädigten zu gestatten. 
 
Und zum Schluss:

Die Mietwagenrechnung bekommen Werkstatt und Unfallopfer nicht zu sehen, dazu verpflichtet sich die Werkstatt. Bedenkt man, dass Mercedes-Kunden mehrheitlich zum Vorsteuerabzug berechtigt sind, wirkt das Vorenthalten einer Rechnung schon arg befremdlich.

Wie ist das zu werten?

Alles in allem ist der Inhalt des Empfehlungsschreibens aus Sicht des Geschädigten unglaublich. Seine Rechte werden zukünftig nicht nur mehr durch die Versicherung, sondern auch auf Empfehlung des Fahrzeugherstellers durch seine Werkstatt des Vertrauens auf das Gröbste mit Füßen getreten. Jeder Reparaturbetrieb, der diese Verpflichtung unterschreibt, sollte sich diese Details zuvor bewusst machen. Leider steht viel zu häufig die Hoffnung auf verlässliche hohe Auslastung im Vordergrund der Entscheidung oder (noch weniger logisch) der Wunsch, dem Druck der Versicherer hierdurch ausweichen zu können.

Die Gegenbewegung läuft wohl bereits:
Vielen Betrieben wird heute immer klarer, dass stattdessen die Organisation der Interessenwahrung des Geschädigten das Gebot der Stunde ist. Eine Reparatur nach Stand der Technik zu auskömmlichen Reparaturpreisen (die der Versicherer nach wie vor zu zahlen hat) nach Vorgabe eines 100%-Gutachtens und bei Durchsetzung durch den Fachanwalt sind die Bausteine, die den Kundeninteressen entsprechen. Für viele Betriebe kommt der Punkt deshalb immer näher, an dem sie sich für eine der beiden Seiten entscheiden müssen: Für den Geschädigten ODER den Schädiger und seine Versicherung.

Die Instrumente sind da, auch auf der Seite des Geschädigten erfolgreich arbeiten zu können.

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