Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 09-24

Oberlandesgericht Naumburg 3 U 54/23 vom 08.02.2024 
(Vorinstanz Landgericht Halle 6 O 334/22 vom 31.08.2023) 

1. Der Kläger kann weitere Mietwagenkosten nach einem Unfall vollständig erstattet verlangen. 
2. Anders als das Erstgericht sieht der Senat einen Erstattungsanspruch nach Vergleich der Mietwagenforderung mit Werten der Schwacke-Liste.
3. Bei zu erwartender längerer Mietdauer ist vom Wochentarif auszugehen.
4. Vorprozessuale Rechtsanwaltskosten sind nach einem Gebührensatz von 1,6 erstattungsfähig.

Zusammenfassung: Das OLG Naumburg wendet die Schwacke-Werte zur Bestimmung erstattungsfähiger Mietwagenkosten an. Nebenkosten für eine Reduzierung der Haftung kommen hinzu. Für die außergerichtliche anwaltliche Tätigkeit ist eine 1,6- Gebühr anzusetzen.

Bedeutung für die Praxis: Das OLG Naumburg entscheidet hier einen besonderen Fall, denn der Geschädigte hatte einen Anspruch auf ein Ersatzfahrzeug der Mietwagenklasse 08, ersatzweise gefahren ist er jedoch einen Mietwagen der Klasse 04. Grundsätzlich ging der Senat davon aus, dass er ein eigenes Schätzungsermessen habe und daher der Fraunhofer-Entscheidung des Landgerichtes nicht folgen müsse. Zwar habe der Geschädigte auch bei einer Eilsituation keine vollkommen freie Hand und könne sich telefonisch am regionalen Markt ein Vergleichsangebot einholen. Das ist wohl zu verstehen als Antwort auf die Frage, ob bei einer Eilsituation jedes auch viel zu teure Mietwagenangebot vom Schädiger zu erstatten wäre. Daher zieht der Senat hier die Grenze, dass dann eine Erkundigung im Rahmen der Gegebenheiten notwendig ist. Möglichweise wurde klägerseits die Variante "unfallbedingter Aufschlag" im Rahmen der Erforderlichkeit (§ 249 anstatt § 254) nicht bespielt. Durch diese Grenzziehung kommt der Senat zurück zur Schätzung der erstattungsfähigen Kosten auf der Basis von anerkannten Listen und sieht die klägerische Forderung als berechtigt an. Denn er vergleicht den grundsätzlichen Anspruch auf ein Ersatzfahrzeug der Mietwagenklasse 08 mit den Listenwerten Schwacke sowie nach dem Mischmodell und stellt zusätzlich einen Vergleich mit den regionalen Schwacke-Werten der Klasse des angemieteten Fahrzeuges her. Das Berufungsgericht sieht wegen der hingenommenen Einbuße durch Anmietung eines erheblich klassenniedrigeren Fahrzeuges keinen Grund für weitere Kürzungen. Im Ergebnis hält der Senat die geforderten Beträge für angemessen. 
Aufgrund der bereits vorprozessual umfangreichen anwaltlichen Tätigkeit nach zögerlicher Regulierung der Versicherung des Schädigers und deren Verweis auf zwingend notwendige Abrechnung zunächst über die Kaskoversicherung des Geschädigten sieht das Gericht eine 1,6-Gebühr als angemessen an.