Oberlandesgericht Düsseldorf I-1 U 208/20 vom 17.01.2023
(Vorinstanz Landgericht Krefeld 3 O 146/19 vom 08.10.2020)
1. Bei einer vom Sachverständigen geschätzten Reparaturdauer von 14 Tagen ergeben sich unter Berücksichtigung einer Überlegungsfrist keinerlei Bedenken gegen eine Gesamtmietdauer von 16 Tagen, wie sie vom Kläger zur Grundlage seiner Forderungen gemacht wurde.
2. Die Höhe des Schadenersatzanspruchs bezüglich Mietwagenkosten (Grundbetrag) ist anhand des Mischmodells Fracke aus den Listen von Fraunhofer und Schwacke zu ermitteln.
3. Über den Grundbetrag hinaus kann der Geschädigte Kosten für Nebenleistungen für eine weitergehende Haftungsreduzierung, für Winterreifen-Ausstattung, für einen Zusatzfahrer und für das Zustellen/Abholen erstattet verlangen.
4. Für ersparte Eigenaufwendungen muss sich der Geschädigte einen pauschalen Abzug von 5 Prozent gefallen lassen.
Zusammenfassung: Das Oberlandesgericht Düsseldorf bestätigt seine Rechtsprechung zur Schätzung erstattungsfähiger Mietwagenkosten. Der Senat wendet die Werte des Mischmodells zuzüglich der Nebenkosten aus der Schwacke-Tabelle an. Im Übrigen vertritt der Senat weiterhin eine Sondermeinung in Bezug auf den Vorteilsausgleich und auf die Prüfungsreihenfolge, womit er von der BGH-Rechtsprechung abweicht und das kompromisslose Regulierungsverhalten der Versicherer befördert.
Bedeutung für die Praxis: Das OLG Düsseldorf hat seine Auffassung, den Geschädigten stehe grundsätzlich bzgl. Mietwagenpreise lediglich ein Schadenersatzanspruch im Rahmen der Interneterhebung der Fraunhofer-Liste zu vor einiger Zeit über Bord geworfen. Seit dem wird der Mittelwert aus den Listen von Schwacke und Fraunhofer gebildet (Mischmodell).
Bevor der Senat jedoch den Marktpreis und damit die erstattungsfähige Höhe nach § 287 ZPO schätzt, wird der Geschädigte regelmäßig mit der Feststellung bedacht, er habe sich ja nicht erkundigt daher sei sein Anspruch zu begrenzen. Der BGH-Linie entspricht das nicht. Denn diese lautet, wer nicht zu teuer anmietet, brauche sich auch nicht nach günstigeren Alternativen erkundigen. Damit setzt das OLG Düsseldorf weiter ein Zeichen für die Versicherungswirtschaft, die unablässig behauptet, dass der Geschädigte sich nicht erkundigt habe und daher zu teuer anmiete und nicht mehr verlangen könne, als die Damen und Herren für angemessen halten. Klärung kann dann meist nur vor Gericht erfolgen, was es den Geschädigten, ihren Anwälten und den Vermietern schwerer macht als nötig. Eine Änderung der Prüfungsreihenfolge § 249 (Erforderlichkeit) vor § 254 (mangelnde bzw. behauptete Ohne-Weiteres-Zugänglichkeit) - anders herum nur dann, wenn die Parteien zum § 254 konkret vortragen - würde vielleicht den Streit etwas befrieden. Ein solcher konkreter Vortrag wäre gegeben, wenn die Klägerseite meint, dass sie zwar teuer angemietet habe, aber nichts anderes verfügbar war und das beweisen kann. Für die Beklagtenseite wäre ein solcher konkreter Sachvortrag gegeben, wenn sie beweisen kann, dass der Geschädigte ein vergleichbares, dem Schadenersatzanspruch entsprechendes und verfügbares Fahrzeug zu einem niedrigeren Preis ausgeschlagen habe.
Auch in Bezug auf den Abzug für Eigenersparnis geht das OLG Düsseldorf weiter einen Sonderweg. Die 5 Prozent werden vom Gesamtbetrag abgezogen, obwohl in ihm maßgebliche Kostenbestandteile für dieses Vorgehen ungeeignet sind. Das sind zum Beispiel Kosten der Haftungsreduzierung, für Zustellen/Abholen und für den Zusatzfahrer. Für keine dieser Kostenpositionen ergibt sich für den Geschädigten eine Einsparung auf der Seite seines eigenen Fahrzeuges. Daher sind diese Kostenbestandteile der Mietwagenrechnung im Rahmen der Schätzung der Höhe der berechtigten Forderung außerhalb des Eigenersparnisabzugs zu sehen. Die 5 Prozent sind lediglich für den Grundbetrag in Abzug zu bringen.