Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 48-22

Amtsgericht Königswinter 12 C 36/22 vom 08.11.2022 (Datum mdl. Verhandlung)

1. Nachdem die Beklagte über die Hälfte der geforderten Schadensumme aufgrund Ersatzanmietung zurückbehalten hatte, wird sie vom erkennenden Gericht verurteilt, die Restsumme vollständig an den Kläger auszuzahlen.
2. Zur Schätzung der Höhe der erstattungsfähigen Mietwagenkosten greift das Gericht auf das arithmetische Mittel der Schwacke-Liste zurück, die auch nach der Rechtsprechung des OLG Köln grundsätzlich dafür geeignet ist.
3. Die Anwendung des Mischmodells Fracke scheidet insofern aus, dass die Fraunhofer-Liste für die Mietwagenklasse der Ersatzanmietung keine Werte zur Verfügung stellt.
4. Auf den Grundbetrag nach Schwacke ist ein unfallbedingter Aufschlag als gerechtfertigt anzusehen, da hier eine Ad-Hoc-Anmietung außerhalb normaler Öffnungszeiten erforderlich war.
5. Kosten für Nebenleistungen wie Haftungsreduzierung, Zusatzfahrer und Zustellen/Abholen sind ebenso erstattungsfähig.

Zusammenfassung: Das Amtsgericht weicht in der Frage der Anwendung der Schätzgrundlagen nach § 287 ZPO von der Linie der übergeordneten Gerichte ab, da eine Anwendung der Fracke-Werte nicht möglich ist. Fraunhofer weist häufig nur noch in 7 von 11 Mietwagenklassen einen Wert aus. Mangels Anknüpfungstatsachen zur Berechnung des Mittelwertes der Listen hat das Gericht die Schwacke-Werte verwendet. Zusätzlich wurden der Pauschalaufschlag von 20 Prozent und die Nebenkosten zugesprochen.

Bedeutung für die Praxis: Immer häufiger werden Fälle verhandelt, in denen Gerichte grundsätzlich das Mischmodell anwenden wollen, die Fraunhofer-Liste dafür jedoch keinen Schätzbetrag zur Verfügung stellt. Gerichte wenden dann die Werte der Schwacke-Liste an. Die Richterin verweist dazu auf den Umstand, dass die obergerichtliche Rechtsprechung (und im Übrigen auch der BGH) die Schwacke-Liste grundsätzlich als anwendbar ansehen. Aus Sicht der Kläger ist bereits der Umstand, dass Fraunhofer in niedrigen Mietwagenklassen keine Werte mehr ausweist ein Argument gegen die Richtigkeit der Liste. Denn in Schwacke gibt es die ja noch und wer ins Internet schaut, der fragt sich, in welchen (höheren) Mietwagenklassen die Klein- und Kleinstwagen landen, die man dort findet. Die Antwort ist, dass diese in höheren Klassen die Mittelwerte nach unten drücken. Das werden hoffentlich bald auch die Gerichte besser verstehen, so die Hoffnung (vgl. hierzu MRW 1-22 "Mietwagenklassen bei Fraunhofer: Kleine Autos in große Gruppen verschieben um damit den Mittelwert zu senken").

Zitiervorschlag: "Kein Fracke, wenn Fraunhofer keinen Wert liefert"

"Zur Ermittlung des Schadenshöhe greift das Gericht auf die Schwacke-Liste zurück und berechnet ausschließlich hiernach den ortsüblichen Tarif für die Anmietung eines Mietwagens im vorliegenden Fall, § 287 ZPO. Es folgt dabei der Rechtsprechung des OLG Köln insoweit, als dass dieses grundsätzlich in der Schwacke-Liste eine geeignete Schätzgrundlage für die Berechnung von Mietwagenkosten sieht, vgl. OLG Köln, Urteil vom 30.07.2013 (Aktenzeichen 15 U 212/12). Auf die hinlänglich bekannten Ausführungen des OLG Köln wird vollumfänglich Bezug genommen.
Abweichend vom dort entschiedenen Fall sieht das Gericht vorliegend jedoch keinen Anhaltspunkt dafür, den ortüblichen Tarif anhand des arithmetischen Mittels zwischen der Schwacke-Liste sowie der Fraunhofer-Liste zu berechnen. Denn unstreitig sieht die Fraunhofer-Liste keine Werte für die nach der Schwacke-Liste abgerechnete Mietwagenklasse 2 vor, welche zur Berechnung eines arithmetischen Mittels zugrunde gelegt werden könnten."
(Amtsgericht Königswinter 12 C 36/22 vom 08.11.2022)

Derzeit ist nicht bekannt, ob das Urteil rechtkräftig ist.