BGH zum Nutzungsausfallschaden

Fällt das Fahrzeug eines Geschädigten wegen eines Unfalls aus, besteht grundsätzlich ein Anspruch gegen den Schädiger und seinen Versicherer nicht nur auf Abschlepp- und Reparaturkosten, auf Ersatz der Kosten zur Feststellung der Höhe des Reparaturschadens / Kosten der Ersatzbeschaffung und Kosten der Rechtsberatung, sondern auch auf Erstattung des Ausfallschadens (Kosten zur Ersatzanmietung oder pauschal auf Nutzungsausfall).

Zwei eigentlich bekannte Ausnahmen besteht dann, wenn der Geschädigte in der Zeit des Ausfalls seines Fahrzeuges sehr wenig fährt (Grenze unter 20 km am Tag, dann z.B. Taxikosten zu erstatten, aber auch hier wieder Ausnahmen!) oder wenn er über mehrere Fahrzeuge verfügt und daher ein anderes Fahrzeug zur Verfügung steht.

Ein Porschefahrer fand das nun nicht angemessen und hat einen Rechtstreit um die Zumutbarkeit eines 3er BMW in allen drei Instanzen bis zum BGH verloren. Zwar ging es nicht um Schadenersatz nach einem Unfall, doch auch hier um die Entziehung der Gebrauchsmöglichkeit.

Zitat BGH VI ZR 35/22 vom 11.10.2022:

"Aus der vorübergehenden Entziehung der Gebrauchsmöglichkeit eines Kraftfahrzeugs kann sich zwar ein ersatzfähiger Vermögensschaden ergeben. Ein solcher scheidet jedoch vorliegend aus, weil der Klägerin nach den Feststellungen des Berufungsgerichts ein Zweitwagen zur Verfügung stand, dessen Nutzung ihr zumutbar war. (...) muss die Entbehrung der Nutzung auch deshalb "fühlbar" geworden sein, weil der Geschädigte das Fahrzeug mangels eines weiteren geeigneten Kraftfahrzeugs für seine alltägliche Lebensführung wirklich gebraucht hätte. (...) Die Unzumutbarkeit der Nutzung des weiteren Fahrzeugs und damit ein Schaden lassen sich nicht mit dem Argument begründen, dass das Fahrzeug, dessen Nutzung vorübergehend entzogen ist, gegenüber dem Zweitfahrzeug eine höhere Wertschätzung des Geschädigten erfahre, etwa weil ihm ein höheres Prestige zukomme, es ein anderes Fahrgefühl vermittle oder den individuellen Genuss erhöhe. Denn dabei geht es um die Lebensqualität erhöhende Vorteile, die keinen ersatzfähigen materiellen Wert darstellen. Die genannten Gesichtspunkte betreffen nicht die alltägliche Nutzbarkeit zur eigenwirtschaftlichen Lebensführung und entziehen sich daher einer vermögensrechtlichen Bewertung."

Daher wiederholen wir den Hinweis an Autovermietunternehmen und Verbraucher, die nach einem Unfall einen Mietwagen nutzen möchten, dass vor der Anmietung eines Ersatzwagens die Frage geklärt werden muss, ob der Geschädigte Zugriff auf einen eigenen Zweitwagen hat. Der muss allerdings für ihn nutzbar sein, ohne dass sich Familienmitglieder einschränken müssen. Nutzen Frau oder Kinder den Zweitwagen, müssen die sich nicht einschränken. Dann besteht der Anspruch auf den Ausfallschaden / Mietwagenkosten.