Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 49-21

Landgericht Stendal 21 O 304/20 vom 23.04.2021

1. Eine überlange Mietdauer aufgrund der Einholung mehrerer auch vom Versicherer veranlasster Sachverständigen-Gutachten zum Fahrzeugschaden geht zu Lasten des Schädigers.
2. Dem Geschädigten ist kein Verstoß gegen die Schadenminderungsobliegenheit vorzuhalten, weil er die Fahrzeugreparatur nicht aus eigenen Mitteln vorfinanziert hatte.
3. Der Normaltarif erstattungsfähiger Mietwagenkosten wird anhand des Mittelwertes der Listen geschätzt.
4. Auf den Grundbetrag ist ein 20-prozentiger Aufschlag wegen unfallbedingter Mehrleistungen des Vermieters zu erstatten, da der Autovermieter den Mietzins vorfinanzieren musste.
5. Ein Abzug wegen ersparter Eigenaufwendungen ist mit 10 Prozent zu bemessen.

Zusammenfassung: Das Landgericht Stendal schätzt erforderliche Mietwagenkosten nach einem Verkehrsunfall mittels der Fracke-Methode als Mittelwert aus den Mittelwerten der beiden Listen Fraunhofer und Schwacke. Auf diesen Grundbetrag wird ein unfallbedingter Aufschlag in Höhe von 20 Prozent als gerechtfertigt angesehen. In Bezug auf die lange Mietdauer stellt das Gericht klar, dass die Beklagte für die Verzögerungen verantwortlich gewesen ist und auch gewarnt war, dass diese zu hohen Ausfallkosten führen würden.

Bedeutung für die Praxis: Das Erstgericht bestätigt seine bisherige Linie zur Anwendung der Schätzgrundlage erstattungsfähiger Mietwagenkosten. Geschätzt wird mit dem Mittelwert, aber ein Aufschlag kann gerechtfertigt sein, wenn der Vermieter vorfinanzieren muss. Insoweit ist das als absolut BGH-konform anzusehen. Einen breiten Raum im Urteil nimmt die Beantwortung der Frage ein, ob der Geschädigte durch eine sehr lange Mietdauer gegen seine Schadenminderungs-Obliegenheiten verstoßen hat. Das wird vor allem mit der Begründung verneint, dass die Beklagte selbst ausführlich im Bilde war und durch die Veranlassung mehrfacher Besichtigungen und Gutachten den Grund für die hohen Mietwagenkosten selbst zu vertreten hat. Der Warnpflicht war der Geschädigte nachgekommen und den Besichtigungswünschen der Beklagten ebenso. Anders als die Beklagte wohl dachte, stellte sich heraus, dass Vorschaden und Schaden gut abgrenzbar gewesen sind.

Zitiervorschlag: "Zur Rechtfertigung eines unfallbedingten Aufschlages"

"... Mehrkosten sind nur dann ersatzfähig, wenn sie spezifische, im Normaltarif nicht berücksichtigte Leistungen abdecken, etwa die Vorfinanzierung des Mietpreises durch den Autovermieter, eine 24stündige Rufbereitschaft, ein Bring- und Holdienst. Liegen solche Umstände vor, wird man in der Regel einen Zuschlag von 20 % annehmen können (vgl. Palandt, BGB, 80. Auflage, § 249 Rn. 33 mit weiteren Nachweisen).

... hat die Werkstatt den Mietpreis ... vorfinanziert, sodann ein 20%iger Aufschlag gerechtfertigt ist."
(Landgericht Stendal 21 O 304/20 vom 23.04.2021)

Hinweis:
Das Urteil wurde vom OLG Naumburg nach Einlegung der Berufung durch die Beklagte per Beschluss bestätigt (Az. 7 U 28/21). Sodann nahm die Beklagte ihre Berufung zurück.
Zitat OLG Naumburg zur Vorfinanzierungspflicht von Schadenkosten durch den Geschädigten:
"Die Beklagten überspannen die Anforderungen, soweit die meinen, der Kläger sei als Geschädigter verpflichtet gewesen, zur Schadensbeseitigung einen Kredit aufzunehmen. Es ist grundsätzlich Sache des Schädigers, die vom Geschädigten zu veranlassende Schadenbeseitigung zu finanzieren. Der Geschädigte hat Anspruch auf sofortigen Ersatz und ist nicht verpflichtet, den Schaden zunächst aus eigenen Mitteln zu beseitigen ... Nur ausnahmesweise könnte eine solche Pflicht bejaht werden, wenn der Geschädigte sich diesen Kredit ohne Schwierigkeiten hätte beschaffen können..."
(Anmerkung: In einer Unfallsituation mit unklarem Regulierungsverhalten eines Gegnerversicherers wohl nachzu ausgeschlossen).

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